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Bösartige Tumoren des Hypopharynx
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Risikofaktoren für die Entstehung von Tumoren des Hypopharynx
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Der Hypopharynx ist der unterste Abschnitt des Rachens. Bösartige Tumoren
des Hypopharynx sind häufig auf langfristigen ausgeprägten Alkoholkonsum und
starkes Rauchen zurückzuführen. Außerdem kann eine genetisch bedingte
Veranlagung für die Tumorentstehung bestehen, weil beispielsweise
krebsauslösende Stoffe nicht effektiv abgebaut oder Zellschäden nicht
wirkungsvoll repariert werden. Ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines
bösartigen Hypopharynxtumors besteht bei Patienten mit einem
sogenannten Plummer-Vinson-Syndrom. Dabei kommt es (wahrscheinlich) zu einem
Vitaminmangel (und ein Eisenmangel) mit daraus resultierender
Schleimhautverdünnung. Das macht sich durch schmerzhafte Schluckbeschwerden,
trockenen Hals, Zungenbrennen sowie Verkrampfungen von Speiseröhren- und
Teilen der Magenmuskulatur bemerkbar.
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Häufigkeit
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Bösartige Tumoren des Hypopharynx machen acht bis zehn Prozent aller
bösartigen Tumoren im Kopf- und Halsbereich aus. Insgesamt treten bösartige
Tumoren des Hypopharynx mit einer Häufigkeit von einem Erkrankungsfall pro
hunderttausend Einwohner pro Jahr auf. Allerdings bestehen regionale
Unterschiede bezüglich der Erkrankungshäufigkeit. So findet sich
beispielsweise in Frankreich und in Indien eine Häufigkeit von acht bis
fünfzehn Erkrankungsfällen pro hunderttausend Einwohner pro Jahr.
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Männer sind häufiger betroffen
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Von bösartigen Tumoren des Hypopharynx sind insbesondere Patienten
betroffen, die in ungünstigen sozialen und/oder wirtschaftlichen
Verhältnissen leben. Das mittlere Erkrankungsalter liegt für Männer bei
fünfundfünfzig Jahren und für Frauen bei sechzig Jahren, wobei die meisten
Patienten (und zwar fünfundneunzig Prozent) Männer sind.
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Symptome
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In Abhängigkeit von der Tumorausbreitung machen sich bösartige Tumoren
des Hypopharynx durch folgende Symptome bemerkbar:
- Schluckschwierigkeiten
- Schmerzen beim Schlucken
- Halsschmerzen
- vermehrter Speichelfluss
- blutiger Auswurf
- Fremdkörpergefühl im Rachen
- Mundgeruch
- Schmerzen, unter Umständen mit Ausstrahlung in die Ohren
- Heiserkeit
- Luftnot
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Beschwerden treten oft erst spät auf
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Die Symptome treten bei vielen Patienten jedoch erst in einem
fortgeschrittenen Erkrankungsstadium in Erscheinung. Aus diesem Grund wird
die Diagnose oft erst spät gestellt. Bei den meisten
Patienten (neunzig bis fünfundneunzig Prozent) werden bösartige Tumoren des Hypopharynx erst in den fortgeschrittenen Tumorstadien III und IV (s. unten)
festgestellt.
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Gewichtsverlust
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Durch die (unter anderem schmerzbedingten) Schwierigkeiten beim Schlucken
essen viele Patienten nicht mehr ausreichend, sodass ein Gewichtsverlust
resultiert.
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Schwellung der Lymphknoten oft erstes Zeichen
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Häufig wird eine Lymphknotenschwellung im Halsbereich als erstes
Krankheitszeichen auffällig. Diese Lymphknotenschwellung ist auf die Bildung
von Tochtergeschwülsten (Metastasen) in einem oder mehreren Lymphknoten des
Halses zurückzuführen. Meist besteht
eine schmerzlose Lymphknotenschwellung im Bereich des Kieferwinkels. Der
Kieferwinkel bezeichnet den "Knick" des Unterkiefers, an dem der Unterkiefer
in die Halskontur übergeht. Absiedlungen von Tochtergeschwülsten in den
Lymphknoten des Halses bestehen zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bei
sechzig bis siebzig Prozent der Patienten.
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Diagnostik bei Metastasen in anderen Organen
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Außerdem sind bösartige Tumoren des Hypopharynx diejenigen Tumoren unter
den bösartigen Tumoren des Kopf-Hals-Bereiches, die das größte Risiko für
die Absiedlung von Tochtergeschwülsten in anderen Organen aufweisen. Zum
Zeitpunkt der Diagnosestellung lassen sich bei fünf bis zehn Prozent der
Patienten bereits Tochtergeschwülste in anderen Organen nachweisen, im
Verlauf der Erkrankung bei fünfzig Prozent. Dabei sind insbesondere Lunge,
Leber und Skelett betroffen. Zur Suche nach eventuell vorliegenden
Tochtergeschwülsten in anderen Organen wird eine sogenannte
Staging-Diagnostik durchgeführt. Diese umfasst unter anderem folgende
Untersuchungen:
- Ultraschalluntersuchung des Halses und der Bauchorgane
- Röntgenuntersuchung des Brustkorbs
- Computertomographie des Halses
- Computertomographie des Brustkorbs
- Knochenszintigraphie (dabei wird eine schwach radioaktive Substanz in
eine Vene injiziert und die Anreicherung dieser Substanz in eventuellen
Tochtergeschwülsten im Bereich des Skeletts mit Hilfe einer speziellen
Kamera erfasst, wobei die dabei in den Körper gelangende Radioaktivität
so schwach ist, dass weder für den Patienten selbst noch für die
Menschen in seiner Umgebung eine Gefährdung besteht)
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Diagnostik bei Verdacht auf Tumor des Hypopharynx
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Bei Verdacht auf einen bösartigen Tumor des Hypopharynx erfolgt zunächst
eine Spiegelungsuntersuchung des Rachens. Dabei ist der Tumor in der Regel
gut zu erkennen. Im Rahmen dieser Untersuchung wird meist eine Gewebeprobe
aus dem Tumor entnommen. Diese wird feingeweblich untersucht. Die dabei
festgestellten Gewebemerkmale sind unter anderem für die Therapieplanung von
Bedeutung. Mit Hilfe einer Computer - und/oder Kernspintomographie ist es
möglich, die genaue Lokalisation und die Ausdehnung des Tumors sowie seinen
Bezug zu benachbarten anatomischen Strukturen zu beurteilen. Außerdem lässt
sich auf diese Weise das Bestehen von Tochtergeschwülsten in den
Halslymphknoten feststellen beziehungsweise ausschließen.
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Es kann sich zweiter Tumor entwickeln
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Bei bis zu zwanzig Prozent der Patienten mit einem bösartigen Tumor des
Hypopharynx besteht zum Zeitpunkt der Diagnosestellung ein zweiter
bösartiger Tumor in einem anderen Organ (Speiseröhre oder Lunge) oder ein
solcher Zweittumor tritt im Verlauf der Erkrankung auf. Daher muss bei
Patienten, bei denen man einen bösartigen Tumor des Hypopharynx feststellt,
sorgfältig nach einem zweiten bösartigen Tumor in den entsprechenden Organen
gesucht werden.
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Umfangreiche Diagnostik ist erforderlich
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Da ausgeprägter Alkoholkonsum und starkes Rauchen nicht nur bösartige
Tumoren des Hypopharynx, sondern auch andere bösartige Tumoren im
Kopf-Hals-Bereich auslösen können, besteht bei Patienten mit einem
bösartigen Tumor des Hypopharynx zudem ein erhöhtes Risiko für die
Entwicklung eines bösartigen Tumors der Mundhöhle oder des Mundrachens
(Oropharynx). Entsprechend werden bei der Hals-Nasen-Ohren-ärztlichen
Untersuchung von Patienten mit einem bösartigen Tumor des Hypopharynx auch
diese Regionen besonders sorgfältig beurteilt.
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T-Stadien zur Ausdehnung des Tumors
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Bösartige Tumoren des Hypopharynx werden gemäß der sogenannten
TNM-Klassifikation folgendermaßen eingeteilt:
T-Stadium (Angaben zur Ausdehnung des Tumors):
- Tis: nur sehr geringfügiges, oberflächliches Wachstum des Tumors
("is" steht für "in situ" und bedeutet "vor Ort")
- T1: Tumor, der auf einen Unterbezirk des Hypopharynx beschränkt ist
und eine Größe von höchstens zwei Zentimetern aufweist
- T2: Tumor, der sich auf mehr als einen Unterbezirk des Hypopharynx
ausdehnt oder einen Größe von mehr als zwei Zentimetern, aber höchstens
vier Zentimetern aufweist und zudem zu keiner Fixierung des Kehlkopfes
auf der betroffenen Seite führt
- T3: Tumor mit einer Größe von mehr als vier Zentimetern oder Tumor,
der zu einer Fixierung des Kehlkopfes auf der betroffenen Seite führt
- T4a: Einwachsen des Tumors in Nachbarstrukturen, beispielsweise in
Schild- oder Ringknorpel des Kehlkopfes, Zungenbein, Schilddrüse,
Speiseröhre oder Halsweichteile
- T4b: Einwachsen des Tumors in die vor der Halswirbelsäule gelegenen
Sehnenplatten oder in den Mittelfellraum des Brustkorbs (als
Mittelfellraum wird die zwischen den beiden Lungenflügeln gelegene
Region des Brustkorbs bezeichnet, in der das Herz liegt und durch die
sowohl die Speiseröhre als auch die Luftröhre zieht) oder Tumor, der die
innere Halsschlagader umwächst
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N-Stadien zur Entwicklung von Metastasen in Halslymphknoten
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N-Stadium (Angaben zu Tochtergeschwülsten in den Halslymphknoten):
- NX: keine Beurteilung der Halslymphknoten möglich
- N0: keine Tochtergeschwülste in den Halslymphknoten
- N1: eine oder mehrere Tochtergeschwülste in einem Halslymphknoten auf
derselben Seite wie der Tumor, und zwar mit einer Größe von höchstens
drei Zentimetern
- N2a: eine oder mehrere Tochtergeschwülste in einem Halslymphknoten
auf derselben Seite wie der Tumor, und zwar mit einer Größe von mehr als
drei Zentimetern, aber höchstens sechs Zentimetern
- N2b: Tochtergeschwülste in mehrere Halslymphknoten auf derselben
Seite wie der Tumor, und zwar mit einer Größe von höchstens sechs
Zentimetern
- N2c: Tochtergeschwülste in mehreren Halslymphknoten auf der anderen
Seite wie der Tumor oder auf beiden Halsseiten, und zwar mit einer Größe
von höchstens sechs Zentimetern
- N3: eine oder mehrere Tochtergeschwülste in einem oder mehreren
Halslymphknoten, und zwar mit einer Größe von mehr als sechs Zentimetern
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M-Stadien zu Metastasen in anderen Organen
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M-Stadium (Angaben zum Vorkommen von Tochtergeschwülsten in anderen
Organen):
- MX: keine Beurteilung hinsichtlich des Vorkommens von
Tochtergeschwülsten in anderen Organen möglich
- M0: kein Nachweis von Tochterschwülsten in anderen Organen
- M1: Nachweis von Tochtergeschwülsten in anderen Organen
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Ein bösartiger Tumor des Hypopharynx mit einer Größe von drei Zentimetern
ohne Vorhandensein von Tochtergeschwülsten in den Halslymphknoten und ohne
Nachweis von Tochtergeschwülsten in anderen Organen würde beispielsweise als
T2 N0 M0 klassifiziert werden.
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Stadium der Erkrankung anhand der TMN-Klassifikation
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Anhand der Erfassung eines Tumors nach der TNM-Klassifikation ist die
Zuordnung zu einem Erkrankungsstadium möglich:
- Stadium 0: Tis N0 M0
- Stadium I: T1 N0 M0
- Stadium II: T2 N0 M0
- Stadium III: T3 N0 M0, T1 N1 M0, T2 N1 M0 und T3 N1 M0
- Stadium IVA: T4a N0 M0, T4a N1 M0, T4a N2 M0, T1 N2 M0, T2 N2 M0 und
T3 N2 M0
- Stadium IVB : T1 N3 M0, T2 N3 M0, T3 N3 M0, T4a N3 M0, T4b N0 M0,
T4b N1 M0, T4b N2 M0 und T4b N3 M0
- Stadium IVC: alle T-Stadien und alle N-Stadien in Kombination mit dem
M-Stadium M1
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Therapieplanung ist immer individuell
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Die Therapie wird für jeden einzelnen Patienten individuell geplant. Sie
besteht in der Regel zunächst in der Entfernung des Tumors. Falls sich der
Tumor bereits auf den Kehlkopf ausgedehnt hat, muss dieser ebenfalls
entfernt werden. Haben sich in
den Lymphknoten des Halses Tochtergeschwülste gebildet, werden die
Lymphknoten im Rahmen einer sogenannten "neck dissection" entfernt. An die Operation kann sich eine
Strahlentherapie des Rachens und des Halses anschließen. Bei einigen
Patienten ist es sinnvoll, neben der Bestrahlung zusätzlich eine
Chemotherapie durchzuführen. Weiterhin wird momentan im Rahmen von Studien
geprüft, ob eine Kombination aus Chemotherapie, nachfolgender Operation
sowie daran anschließender Strahlen- und Chemotherapie nützlich ist. Eine
Chemotherapie kann auch dann zum Einsatz kommen, wenn es nach der Therapie
eines bösartigen Tumors des Hypopharnynx zum erneuten Auftreten der
Erkrankung (Rezidiv) kommt und dieser neue Tumor nicht mehr operabel ist.
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Therapie sehr großer Tumore
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Ist der Tumor zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits sehr groß,
sodass eine Operation nicht mehr möglich ist, kann stattdessen eine
alleinige Strahlentherapie oder eine Kombination aus Bestrahlung und
Chemotherapie durchgeführt werden. Zusätzlich ist es ergänzend möglich, den
Tumor unter Einsatz eines Lasers zu verkleinern, um die Beschwerden des
Patienten (beispielsweise Schwierigkeiten beim Schlucken) zu lindern.
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Therapie sehr kleiner Tumore
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Umgekehrt kann bei Patienten mit sehr kleinen Tumoren auf eine Operation
verzichtet und stattdessen eine alleinige Bestrahlungstherapie durchgeführt
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Prognose
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Die Prognose von Patienten mit einem bösartigen Tumor des Hypopharynx ist
nicht sehr gut. Viele Betroffene sterben an den Folgen der Absiedlung von
Tochtergeschwülsten in anderen Organen. In Abhängigkeit vom Tumorstadium
wurden folgende Fünfjahresüberlebensraten beobachtet (die
Fünfjahresüberlebensrate gibt an, welcher Anteil von Patienten fünf Jahre
nach Diagnosestellung des Tumors noch am Leben ist):
- insgesamt: fünfunddreißig Prozent
- Tumorstadien T1 und T2: dreißig bis vierzig Prozent
- Tumorstadium T3: ungefähr zwanzig Prozent
- Insbesondere bei Patienten mit einem Tumor im Tumorstadium T4 sind die
Überlebenschancen gering.
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