Depression

Depressionsformen und ihre Ursachen
Inhaltsübersicht:
Theorie und Praxis
Psychogene Depression
-  Reaktive Depression
-  Neurotische Depression
-  Depressive Entwicklung
Endogene Depression
-  Depressionen mit mehreren Phasen
-  Manisch-depressive Entwicklung
-  Involutionsdepression
Somatogene Depressionen
Leichtere, aber lang anhaltende Depressionen
Weitere Depressionsformen
Was ist eine Manie?
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Theorie und Praxis
Die Unterscheidung der unterschiedlichen Depressionen ist für die spätere Behandlung wichtig. Welches sind nun die wichtigsten Krankheitsformen einer Depression? Denn dies erschwert das Verständnis noch mehr: Depression ist nicht gleich Depression. Hier gilt es verschiedene Ursachen und Verlaufsformen zu unterscheiden. Das ist nicht nur eine rein theoretische Frage, sondern bestimmt auch die Behandlung. So kennt man beispielsweise rein seelisch bedingte Depressionen und solche, die überwiegend biologischer Natur sind oder durch körperliche Störungen bzw. bestimmte Medikamente ausgelöst werden.

 

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Psychogene Depressionen
Psychogene Depressionen sind die häufigste Form der Depression.
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Psychogene (rein seelisch ausgelöste) Depressionen sind am häufigsten. Sie haben, wie der Name andeutet, seelische, meist erlebnisbedingte oder lebensgeschichtlich bedingte Ursachen. Sie sind eine - bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbare - Reaktion auf akute oder langdauernde Belastungen. Man unterscheidet 3 Gruppen:

 

Reaktive Depression: Die reaktive Depression ist durch ein äußeres schmerzliches Ereignis verursacht. Das ist zwar bei der Trauer ähnlich, doch jetzt ist die Trauerreaktion gleichsam krankhaft entgleist. Meist handelt es sich dabei um Liebesenttäuschungen, Todesfälle, Zurücksetzung, Partner- oder materielle Probleme. Inhaltlich bleibt die Depression auf dieses auslösende Ereignis begrenzt.

 

Neurotische Depression: Bei der neurotischen Depression handelt es sich um eine gestörte Verarbeitung bestimmter Erlebnisse, nicht selten schon aus der Zeit der frühen Kindheit. Entscheidend ist dabei das Zusammenspiel einer sogenannten neurotischen Persönlichkeitsstruktur mit entsprechend belastenden Umweltbedingungen. Dabei kann es sich z. B. um eine lang nachwirkende gestörte Eltern-Kind-Beziehung handeln, aber auch um jedes andere, nicht ausreichend verarbeitete Ereignis, da dann in sogenannten Schwellensituationen des Lebens (Pubertät, Nachpubertät, Heirat, Schwangerschaft, Menopause, Rückbildungsalter) wieder bedeutsam wird.

 

Depressive Entwicklung: Die depressive Entwicklung entsteht unter dem Druck einer gefühlsmäßigen Dauerbelastung ohne Aussicht auf Entlastung. Dazu gehören u. a. langjährige zermürbende Ehekonflikte, andauernde berufliche Überforderung, Entwurzelung durch Aussiedlung oder Exil usw. Will man diese Art der Depression konkreter beschreiben, nennt man sie beispielsweise Erschöpfungsdepression, Entwurzelungsdepression usw.

 

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Endogene Depressionen
Endogene Depressionen entstehen "aus dem Inneren des Organismus".
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Die endogenen Depressionen entstehen - wie der Name schon sagt - "aus dem Inneren des Organismus" (endogen). Sie sind nicht durch äußere Einflüsse entstanden. Zwar gehen auch hier manchmal erkennbare Auslöser voraus (Unfall, berufliche Zurücksetzung, materielle oder zwischenmenschliche Verluste, Auseinandersetzungen usw.), doch im allgemeinen ist keine einleuchtende Ursache festzustellen. Dafür finden sich, wenn man genau nachfasst, häufig erbliche Belastungen, schon frühere depressive Zustände (sogar in der gleichen Jahreszeit) und ein besonders schweres Beschwerdebild mit hoher Selbsttötungsgefahr. Obgleich dabei auch zahlreiche körperliche Beschwerden geklagt werden, lässt sich meist kein krankhafter Befund nachweisen (außer z. B. Gewichtsverlust usw.). Und dennoch hat die endogene Depression vermutlich organische Ursachen, die man aber bisher nicht genau nachweisen kann (bestimmte Stoffwechselstörungen des Zentralen Nervensystems). Auch bei dieser Depressionsform unterscheidet man 3 Untergruppen:

 

Depressionen mit mehreren Phasen: Depressionen mit meist mehreren depressiven Phasen, zwischen denen längerdauernde Zeiträume liegen, in denen der Betroffene wieder völlig normal gestimmt und bei voller Leistungsfähigkeit ist. Das ist ein wichtiger Trost für Patient und Angehörige, auf den man immer wieder zurückkommen sollte. Die Dauer der depressiven Phase kann sich über Wochen oder Monate, in seltenen Fällen (z. B. höheres Lebensalter) sogar noch länger erstrecken. Bei rechtzeitiger Diagnose und konsequenter Therapie kommt dies jedoch selten vor. Bisweilen finden sich auch kurzfristige, wenige Tage oder gar Stunden dauernde Phasen im schnellen Wechsel.

 

Manisch-depressive Entwicklung: Bei der manisch-depressiven Erkrankung wechseln sich depressive und manische Phasen meist unregelmäßig ab.

 

Involutionsdepression: Die sogenannten Spätdepressionen (Involutionsdepression) im vorgerückten Alter weisen praktisch nur depressive Phasen auf. Zwar sind ihre Krankheitszeichen im allgemeinen milder ausgeprägt und nicht so typisch wie sonst, der Verlauf dafür um so langwieriger. Doch hängt dies weitgehend von rechtzeitiger Diagnose und gezielter Therapie ab, so dass sehr langwierige Depressionen eigentlich seltener werden.

 

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Somatogene Depressionen
Organische Ursachen für eine Depression. Körperlich begründbare (somatogene) Depressionen stehen in ursächlichem Zusammenhang mit einer körperlichen Krankheit oder Funktionsstörung. Dabei unterteilt man 2 große Gruppen:
Organische Depressionen:
  • Organische Depressionen als unmittelbare Folge von Hirnerkrankungen oder -schädigungen wie Hirnverletzungen, Hirntumoren, Hirngefäßverkalkung, Schlaganfall, altersbedingte Abbauprozesse usw.
Symptomatische Depressionen:
  • Symptomatische Depressionen als seelische Folge körperlicher Allgemeinschädigungen und -erkrankungen, die die Hirnfunktion indirekt beeinträchtigen. Beispiele sind Infektionen und Kreislauferkrankungen, aber auch die Einnahme, besonders die missbräuchliche, von entsprechenden Arzneimitteln usw.

 

Diese Depressionen sind häufig hinter organischen Beschwerden versteckt. Ein besonderes deutliches Beispiel sind chronischen Schmerzpatienten, die über Jahre trotz der Einnahme verschiedenster Medikamente, weiter unter Schmerzen leiden. Auch Tumorpatienten, die neben den körperlichen Beschwerden ihre Situation häufig als "aussichtslos" empfinden, entwickeln häufig somatogene Depressionen. Körperlich begründbare Depressionen finden sich vor allem im internistischen, orthopädischen, gynäkologischen u.a. Bereich. Die Ausprägung dieser Depression ist meist geringer, das seelische Leiden häufig maskiert, d. h. hinter körperlichen Krankheitszeichen versteckt. Das kann dazu führen, dass man sich vor allem um das organische Beschwerdebild bemüht und auf Dauer wundert, weshalb sich trotz optimaler Therapie nichts bessert. Erst wenn man merkt, dass hier gleichsam eine unerkannte Depression den körperlichen Genesungsverlauf im geheimen bremst und sich dann therapeutisch auch der versteckten Schwermut annimmt, kommt endlich der so lange ersehnte allgemeine Behandlungserfolg auf seelischer und körperlicher Ebene in Gang.

 

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Leichtere, aber lang anhaltende Gemütsstörungen
Manchmal wird eine Depression zu einer chronischen Erkrankung. In letzter Zeit widmet man wieder den leichteren, aber dafür lang andauernden Gemütsstörungen besonderes Interesse. Das sind mildere Hochs und Tiefs, die bisweilen ein ganzes Erwachsenenleben andauern, eine Art chronische Verstimmung ohne Ursache. Die Perioden gehobener Stimmung können angenehm sein, die eher missgestimmt-depressiven Zustände natürlich nicht, sind aber dafür nicht ausreichend schwer genug, um einen Arzt aufzusuchen.

 

Milde depressive Dauerzustände hellen sich oft nicht mehr auf. Neben diesem chronischen leichteren Auf und Ab gibt es auch noch mildere depressive Dauerzustände: Müde, schlechter Schlaf, missgestimmt, melancholisch, nichts wird genossen, jede Energie wird von einer ständigen Grübelei aufgesaugt. Manchmal tritt dieser verdrießliche Zustand auch nach einer endogenen depressiven Phase, nach einem Trauerfall oder einer anderen Belastung auf, um sich nie mehr so richtig aufzuhellen.

 

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Weitere Depressionsformen
Die Ursachen für eine Depression können sehr unterschiedlich sein. Schließlich gibt es noch zahlreiche weitere Depressionsformen, die entweder einer der obigen Gruppen zugeordnet werden können oder verschiedene Ursachen haben (z. B. Depressionen in den Wechseljahren, im Wochenbett, sogenannte saisonale oder auch Winterdepressionen in der kalten Jahreszeit mit vermindertem Tageslicht, die schizoaffektiven Psychosen, bei denen manische oder depressive Phasen mit schizophrenen Krankheitszeichen gemeinsam auftreten usw.). Da sie jedoch von geringerer praktischer Bedeutung sind, sollen sie hier nicht weiter ausgeführt werden. Etwas anderes ist jedoch die bereits erwähnte Manie.

 

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Was ist eine Manie?
Eine Manie ist biologisch begründbar. Die Manie tritt meist im Sinne einer manisch-depressiven Erkrankung mit unregelmäßig sich abwechselnden manischen und depressiven Phasen auf. Dabei handelt es sich um ein biologisch begründbares Gemütsleiden. Es kann in Einzelfällen oder in abgeschwächter Form auch durch äußerliche Einwirkungen ausgelöst werden (z. B. Vergiftungszustände, Tumoren oder Entzündungen des Gehirns, bestimmte Medikamente oder Rauschdrogen usw.). Die Manie gilt als Gegenstück zur Depression. Die Stimmung ist gehoben bis übermütig und regelrecht glückselig. Der Maniker kann aber auch unverfroren, rechthaberisch, gereizt, ja aggressiv sein. Maniker sind leicht ablenkbar ("von Thema zu Thema"), witzig, schlagfertig, manchmal aber auch verworren wirkend. Sie sind laut, lebhaft, rastlos, voller Wagemut und Vielgeschäftigkeit. Schon früh fallen Rede- und Schreibdrang, Kaufrausch (!), Reisewut und Kontaktgier, insbesondere ständiges Telefonieren auf. Sie neigen zu unpassenden Vertraulichkeiten Prahlereien, gesellschaftlichen "Ausrutschern", Schwindeleien und wirken aufdringlich, herausfordernd, distanzlos, unverschämt und mitunter sexuell enthemmt.

 

Die gesellschaftlichen und sozialen Folgen sind oft schwerwiegend. Körperlich sind sie "in prächtiger Verfassung". Kleidung, Schmuck, das ganze Auftreten kann exzentrisch ausfallen. Die gesellschaftlichen, familiären und finanziellen Konsequenzen sind meist folgenschwer: Die sogenannten Erfindungen, Verbesserungen, weltanschaulichen, theologischen oder politischen Erneuerungen mögen meist noch harmlos ausgehen. Anders liegen die Dinge bei mehr oder weniger gewagten finanziellen Unternehmungen (vom erwähnten Kaufrausch über kostspielige Feste bis zu Unternehmensgründungen), bei Auseinandersetzungen mit Verwandten, Bekannten, Vorgesetzten, Behörden usw. Am Schluss drohen nicht selten Trennung, Scheidung, Versetzung, Entlassung, Schulden - und ein ruinierter Ruf.

 

Behandlung ist meistens unproblematisch. Die Behandlung einer Manie ist kein Problem, z. B. mit Neuroleptika und Lithiumsalzen/Carbamazepin. Meist kommt sie aber nicht zustande, weil der Patient keinerlei Krankheitseinsicht hat. Darin liegt die Tragik dieses Leidens, das von den Betroffenen so lange nicht als solches erkannt bzw. akzeptiert wird, bis es zu spät ist.

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