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Funktionell aktive neuroendokrine Tumoren
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Der Tumor produziert Hormone
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Funktionell aktive neuroendokrine Tumoren geben
Hormone in die Blutbahn ab, die aufgrund der Hormonwirkung im Körper
bestimmte charakteristische Symptome verursachen. Dadurch ist das
Erscheinungsbild der funktionell aktiven neuroendokrinen Tumoren sehr
vielgestaltig. Die Symptomatik hängt wesentlich davon ab, welches Hormon der
Tumor produziert.
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GEP-NET als Auslöser des
Karzinoidsyndroms
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Gastro-entero-pankreatische neuroendokrine Tumoren kurz GEP-NET entwickeln sich
im Magen-Darm-Trakt. Bei dem Kürzel GEP steht G für Gaster (Magen), E für Enteron (Darm) und P für Pankreas
(Bauchspeicheldrüse). |
90 Prozent im Magen-Darm-Trakt
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Die häufigsten funktionell aktiven neuroendokrinen Tumoren
gehen von den so genannten EC- Zellen (enterochromaffinen Zellen) des
neurokrinen Gewebes aus, die vorwiegend das Hormon Serotonin, aber auch andere
gefäßaktive Substanzen wie Kallikrein und Prostaglandin produzieren. Zu 90
Prozent
sind sie im Magen-Darm-Trakt und dort vorwiegend im unteren Dünndarm (Ileum) und
im Wurmfortsatz (Appendix) des Blinddarms lokalisiert. Außerhalb des
Magen-Darm-Traktes entwickeln sie sich meist in den Bronchien.
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Beschwerden
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Auch wenn diese Tumoren die produzierten
Hormone in die Blutbahn ausschütten, machen sie zunächst keine Beschwerden, da
die Leber in der Lage ist, die Tumorhormone in unwirksame Abbauprodukte
umzuwandeln. Erst wenn sich in der Leber Tochterabsiedlungen (Metastasen)
gebildet haben, ist die Funktion der Leber so beeinträchtigt, dass die
Hormonkonzentration ansteigt und das charakteristische Karzinoidsyndrom in
Erscheinung treten kann. Die Hauptsymptome sind:
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Flush (bei 70-80 Prozent der Betroffenen): Anfallsartiges Auftreten von Hitzewallung, Schwitzen und Herzjagen mit
gleichzeitiger Rötung von Gesicht und Hals. Der Flush dauert meist nur
einige Sekunden bis wenige Minuten an. Auslösend können Alkohol, psychische
Belastung, Nahrungszufuhr oder eine Untersuchung wirken. Flush wird durch
gefäßaktive Substanzen wie Kallikrein oder Neuropeptid K verursacht.
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Durchfälle (bei 70 Prozent der Betroffenen): Sie
werden durch Serotonin hervorgerufen und bewirken auf Dauer erheblichen
Gewichtsverlust.
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Krampfartige Bauchschmerzen insbesondere
nach den Mahlzeiten: Dieses Symptom wird verursacht durch Minderdurchblutung
des Darms infolge Verengung der versorgenden Blutgefäße.
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Asthmaanfälle bei 20 Prozent der Betroffenen)
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Karzinoid-Herzerkrankung: Sie entwickelt sich
als Spätfolge der Erkrankung bei 25-50 Prozent der Betroffenen und wird
ursächlich auf eine durch Serotonin hervorgerufene Bindegewebsvermehrung an
den Herzklappen zurückgeführt.
Eine ausführliche Darstellung des
Karzinoidsyndroms finden
sie hier.
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Gastrinom
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Gastrinome sind meistens bösartig
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Nach den Ärzten, die erstmals das
Krankheitsbild beschrieben haben, wird das Gastrinom auch als Zollinger-Ellison-Syndrom bezeichnet. Das Gastrinom ist vorwiegend (80
Prozent) in der
Bauchspeicheldrüse oder im Zwölffingerdarm lokalisiert. Es handelt sich um einen
in der Regel bösartigen neuroendokrinen Tumor, der rasch Metastasen bildet.
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Wirkung von Gastrin
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Das Gastrinom produziert
Gastrin, einen Botenstoff, der den Magen zur Bildung von Magensäure anregt und
beim Gesunden über einen Rückkopplungsmechanismus gesteuert wird: Ist genug
Magensäure vorhanden, stoppt die Produktion von Gastrin aufgrund des niedrigen pH-Wertes. Beim
Gastrinom ist dies nicht mehr der Fall. Durch die vermehrte Säureproduktion
kommt es zur Bildung von Magen-Darm-Geschwüren.
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Oft in Verbindung mit MEN
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Etwa ein Viertel der Gastrinome tritt in Verbindung mit einer Multiplen
endokrinen Neoplasie (MEN) auf. Bei dieser Erkrankung kommen - erblich bedingt - mehrere endokrine Tumoren
auf einmal
vor.
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Beschwerden
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Symptome des Gastrinoms sind u. a.:
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wiederkehrende Geschwüre im Magen,
Zwölffingerdarm und Leerdarm, die kaum auf eine Behandlung ansprechen.
Auffallend oft kommen sie an ansonsten untypischer Stelle vor.
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Kombination mit Durchfällen
(50Prozent)
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Häufig finden sich auf dem Stuhl Auflagerungen von unverdautem Fett
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Insulinom
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Insulinome meistens gutartig
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Das Insulinom ist der häufigste hormonbildende Tumor der
Bauchspeicheldrüse (Pankreas) und
mit 95 Prozent häufig gutartig. Insulinome sind meistens klein und
bestehen vorwiegend aus insulinproduzierenden B- Zellen der Bauchspeicheldrüse.
Sie setzen unkontrolliert das Hormon Insulin und manchmal
noch weitere Hormone frei.
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Blutzucker bei Insulinom oft zu niedrig
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Insulin ist ein Hormon, das den Blutzucker senkt. Es wir vor allem nach
kohlenhydrathaltigen Speisen ausgeschüttet. Bei einem Insulinom steht mehr
Insulin zu Verfügung, als der Körper braucht, um den Blutzuckerspiegel zu
regulieren. In der Folge davon kommt es zu einer
Unterzuckerung mit
Blutzuckerwerten unter 45 mg/dl. Die typischen Anzeichen dafür sind Hitzegefühl,
Heißhunger, Schwäche, Herzjagen und Zittern. Nach der Zufuhr von Glucose erfolgt
eine prompte Besserung der Beschwerden.
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Beschwerden
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Weitere Beschwerden beim Insulinom beruhen auf Störungen des zentralen
Nervensystem. Zu den Symptomen gehören
Kopfschmerzen, Verwirrung, Sehstörungen, Aggressivität,
Konzentrationsstörungen, Störungen der Bewegungskoordination. Sehr selten
kommt es aufgrund des Glucosemangels im Gehirn zu Krampfanfällen und Koma.
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Obwohl das Insulinom in der Regel gutartig
ist, kann es für den Betroffenen aufgrund des
Unterzuckers eine ernstzunehmende
Gefährdung darstellen.
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Glucagonom
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Glucagonome sind sehr selten
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Der sehr seltene Tumor besteht aus einer Wucherung von
Glucagon-bildenden A- Zellen der Bauchspeicheldrüse. Glucagon ist der
Gegenspieler des Insulins, es erhöht den Blutzuckerspiegel indem es Zucker aus
den Kohlehydratspeichern des Körpers freisetzt. Glucagonome sind meist bösartig
und bilden Metastasen in der Leber. Aufgrund der Freisetzung von Glucagon kommt
es zu folgenden Symptomen:
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Nicht sehr ausgeprägter Diabetes
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Gewichtsverlust
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Wandernde Bereiche von geröteter, sich
ablösender Haut (nekrolytisches migratorisches Erythem). Dieses sichtbare
Zeichen der Erkrankung findet sich bei 60-90 Prozent der Betroffenen hauptsächlich
an Armen und Beinen und auch im Gesicht.
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Blutarmut
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VIPom
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Tumor der Bauchspeicheldrüse
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VIP steht für vasoaktives intestinales Peptid, das normalerweise von
neuroendokrinen Zellen des Dünndarms und der Bauchspeicheldrüse gebildet wird.
Ein VIPom ist ein äußerst seltener, großer Tumor, der sich zu 90 Prozent in der
Bauchspeicheldrüse entwickelt. Bei Kinder findet er sich manchmal im Grenzstrang
des Rückenmarks und gelegentlich auch in den Bronchien und der Nebenniere.
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Wirkung von VIP
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Beim VIPom der Bauchspeicheldrüse findet eine vermehrte Produktion von VIP statt. Die Funktion des
vasoaktiven intestinalen Peptids besteht in der Erweiterung von Gefäßen, der Hemmung der Magensaftproduktion und Darmmotorik und
der Förderung der Produktion von Bauchspeicheldrüsen- und Gallesaft.
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Beschwerden
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Der meist bösartige Tumor verursacht einen
Symptomenkomplex, der nach den Autoren der Erstbeschreibung als
Verner-Morrison-Syndrom (auch WDHH- Syndrom) bezeichnet wird:
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Wässrige Durchfälle, die bis zu 8 l/Tag
betragen können. Dies führt zum Verlust von Flüssigkeit und Elektrolyten, vor allem zu
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Hypokaliämie merkbar an
Muskelschwäche, Muskelkrämpfe, Müdigkeit
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Mangel an Magensaft
Häufig findet sich bei den Durchfallattacken
eine anfallsweise Rötung im Gesicht (Flush)
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Multiple endokrine Neoplasien - MEN
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3 Formen von MEN
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Bei dieser
seltenen erblichen Sonderform entwickeln sich neuroendokrine Tumoren in
verschiedenen Organen gleichzeitig oder nacheinander. Die Erkrankung wird
vererbt. Unterschieden werden verschiedene Formen der Erkrankung:
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Gemeinsamkeiten
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Typisch für alle Formen ist, dass Tumoren häufig in jüngeren Lebensjahren
auftreten, als bei Menschen ohne MEN. Es können mehrere Organe gleichzeitig
betroffen sein, oder die Tumoren treten zwar einzeln, aber hintereinander auf.
Außerdem sind die Tumoren oft gekennzeichnet durch mehrere Herde. Sie sind
schnell wachsend und treten auch bei erfolgreicher Therapie oft erneut auf.
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MEN 1
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Beim MEN 1 treten mehrere Tumore kombiniert auf und zwar vorzugsweise in der:
- Bauchspeicheldrüse (Pankreas) mit einer vermehrten Hormonproduktion
durch funktionell aktive Tumoren Insulinom und Gastrinom
- Nebenschilddrüse, wobei die Nebenschilddrüsen einem verstärkten Wachstum
unterliegen mit der Folge eines
primären Hyperparathyreoidismus
- Hypophyse mit der Ausbildung eines
Prolaktinoms oder
seltener andere Arten wie z. B.
Hypophysenadenom
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MEN 2A
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Beim MEN 2A sind häufig die Schilddrüse (Schilddrüsenkarzinom), die
Nebenschilddrüsen (verstärkten Wachstum mit
primärem
Hyperparathyreoidismus) und das Nebennierenmark (Phäochromozytom)
betroffen.
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MEN 2B
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Das MEN 2B ist dem MEN2A ähnlich, allerdings ohne die Ausbildung eines
primären
Hyperparathyreoidismus. Zusätzlich kann es zu Erkrankungen außerhalb der
endokrinen Organe kommen, insbesondere Ganglioneurome (gutartiger Tumor im
Nervengewebe) des Verdauungssystems und ein Erscheinungsbild, das dem
Marfan-Syndrom
ähnlich ist.
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