Keimverschleppung trotz vorschriftsmäßiger Hautdesinfektion?

von Olaf Stolz

Teil I

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Übersicht:


Buch dazu anzeigenSterilisation und Desinfektion im Krankenhaus Ulrich Junghannß, Walter Steuer / Taschenbuch / Erschienen 1991
Buch dazu anzeigenHygiene und medizinische Mikrobiologie. Lehrbuch für Pflegeberufe. ( SB) Rainer Klischies, Karl-Heinz Gierhartz, Ursula Kaiser Taschenbuch (1996) Schattauer, Stgt.
Buch dazu anzeigenDie Venenverweilkanüle. Technik und Kunst der Venenpunktion. Michael Schnur, Taschenbuch - 35 Seiten (1995) Jungjohann-Vlg., NS.
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Buch dazu anzeigenArbeitsgebiet Operationssaal. Lagerungen, Hygiene, Gefahren. Herbert Schindler Taschenbuch (1989) Enke, Stgt.
Wundinfektionen, hervorgerufen durch fehlerhafte Hautdesinfektion, sowie nosokomiale Infektionen von Haut- und Unterhautgewebe stellen ein nicht zu unterschätzendes Risiko dar. Die Minimierung dieses Infektionsrisikos durch eine adäquate Keimreduktion über korrekt angewandte Hautdesinfektion soll im folgenden Artikel vorgestellt werden.

Haut- und Händedesinfektion

Hautdesinfektionen werden notwendig bei allen durchtrennenden Eingriffen der Haut. Die Art der Desinfektionsdurchführung ist abhängig davon, wohin das durchtrennende Instrument gelangt. Folglich wird unterschieden zwischen Hautdesinfektionen vor Venenpunktionen, i.m., s.c.- und i.c.-Injektionen, vor Punktionen von sterilen Körperhöhlen und Hautdesinfektionen vor operativen Eingriffen.

Hautdesinfektionsmittel haben im Vergleich zu Händedesinfektionsmitteln zusätzliche Anforderungen zu erfüllen. Die Wirksamkeit von Hautdesinfektionsmitteln darf nicht nur gegen transiente, sondern muß vor allem gegen die residente Hautflora des Patienten gerichtet sein. Die resindente Hautflora ist in verschiedenen Arealen sowohl qualitativ als auch quantitativ unterschiedlich und differiert zum Teil auch deutlich von der der Hände. Die dominierenden Keimarten und die Häufigkeit ihres Auftretens in den einzelnen Körperregionen sind in Tabelle 1 dargestellt.

Tab. 1: Dominierende Keimarten und Häufigkeit ihres Auftretens in unterschiedlichen Körperregionen
Hautregion Mikroorganismen Keimzahl
Hände Staphylokokken wenige Propioni- u. Corynebakterien 10.000-100.000/cm2 Haut
Arme, Beine Staphylokokken, Mikrokokken. Coryne- u. Propionibakterien, wenig Acinetobacter spp. u.a. 1.000-100.000/ ""
Abdomen
Sternum
Staphylokokken, Coryne- u. Propionibakterien 100.000-1.000.000/ ""
Rücken Staphylokokken, Propionibakterien, wenig andere Spezies 1.000-10.000/ ""
Leiste Staphylokokken, Propioni- und Corynebakterien, wenig gramnegative Stäbchen, Pilze (z.B. Candida spp.) 10.000-100.000/ ""
Perineum Staphylokokken, Corynebakterien gramnegative Stäbchen (v. a. E-coli, Proteus und Pseudomonas spp.) 10.000-100.000/ ""
Axilla Staphylokokken, gramnegative Stäbchen (v. a. Klebsiella, Enterobacter und Alcaligenes spp.) wenig Propioni- u. Corynebakterien 1.000.000-10.000.000/ ""

 

Bezüglich der Wirksamkeit von Hautdesinfektionsmitteln läßt sich feststellen, daß sich Coryne- und Propionibakterien resistenter verhalten und somit schwieriger zu eliminieren sind.

Die Hautdesinfektion verfolgt das Ziel, das Infektionsrisiko weitestgehend zu minimieren. Erreicht wird dies durch eine adäquate Keimreduktion im entsprechenden Hautareal bezogen auf den nachfolgenden Eingriff. Bei jeder Punktion und Injektion liegt grundsätzlich eine Verletzung der Haut vor, diese Maßnahme bringt daher das Risiko der Einschleppung von Hautkeimen mit sich. Die Infektionsgefahr ist am größten bei zum Beispiel intramuskulären Injektionen, am kleinsten bei Venenpunktionen.

Bei der Entstehung von postoperativen Wundinfektionen, deren Quote bei beachtlichen 31 % liegt, spielt die fehlerhafte Hautdesinfektion neben mangelnder chirurgischer Technik, ungenügender Disziplin im Operationssaal und präoperativer Disposition des Patienten eine bedeutende Rolle. Auch im weitläufigen Zusammenhang ist beim Auftreten von Krankenhausinfektionen, zum Beispiel bei Venenverweilkanülierungen, die nicht ordnungsgemäß durchgeführte Hautdesinfektion ein nicht zu vernachlässigendes Kriterium.

Untersuchungen haben ergeben, daß auf etwa 10000 bis 12000 i.m.-Injektionen ein Spritzenabszeß zu erwarten ist. Bei Gelenkpunktionen weist die Statistik günstigere Zahlen auf; auf 40000 bis 70000 Punktionen kommt eine Infektion. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, daß es sich hierbei weitgehend um endogene Infektionen durch die residente Hautflora des Patienten handelt.

Im Rahmen der Infektionsrisiken spielt auch die stationäre Aufenthaltsdauer der Patienten eine wesentliche Rolle. Während das Infektionsrisiko auf Intensivtherapieeinheiten bei einer Aufenthaltsdauer bis zu sieben Tagen bei etwa 40 Prozent liegt, steigt es nach der ersten Woche auf über 90 Prozent an.

Eine Studie aus den USA über die Verteilung der nosokomialen Infektionen hat gezeigt, daß die Infektionen von Haut- und mit sieben Prozent aller Krankenhausinfektionen ein nicht zu unterschätzendes Risiko darstellen.

Die Bedeutung des zeitlichen Faktors bei der Entstehung von Infektionen kann am kumulativen Phlebitisrisiko in Abhängigkeit von der Dauer der Katheterisierung demonstriert werden. Während nach zwei Tagen der Katheterisierung die Häufigkeit der Phlebitisfälle bei zehn Prozent rangiert, liegt sie nach vier Tagen bei 45 Prozent, nach sechs Tagen bei 62 Prozent und schließlich bei acht Tagen bei 78 Prozent. Bei den Infektionen handelt es sich zum größten Teil um endogene Infektionen (60-80 Prozent, die durch patienteneigene Keime hervorgerufen werden. Nur der geringere Teil (20-40 Prozent) ist auf exogene Infektionen durch patientenfremde Keime zurückzuführen. Dies sollte allerdings keinesfalls zu dem gefährlichen Schluß führen, daß Maßnahmen zur Verhütung exogener Infektionen von sekundärer Bedeutung sind Eine Vernachlässigung dieses Infektionsweges könnte zu einem erneuten Anwachsen des Infektionsrisikos über diesen Weg führen.

Bei der Betrachtung der Quellen katheterbedingter Infektionen sind als exogener Keimquellen zum Beispiel kontaminierte Hände des medizinischen Personals, kontaminierte Materialien oder primär kontaminierte Kathetersegmente zu nennen. Auf der Seite der endogenen Keimquellen findet sich die residente und transiente Hautflora des Patienten. Wie zu Anfang betont, richten sich die Hautdesinfektionsmaßnahmen zur adäquaten Keimreduktion nach der Art des geplanten Eingriffes.

 

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Sie können den Autor unter <Zimmermann@aol.com>erreichen.

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