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Keimverschleppung trotz
vorschriftsmäßiger Hautdesinfektion?
von Olaf Stolz
Teil I
hier
direkt zum Teil II
Wundinfektionen, hervorgerufen durch
fehlerhafte Hautdesinfektion, sowie nosokomiale Infektionen von Haut- und Unterhautgewebe
stellen ein nicht zu unterschätzendes Risiko dar. Die Minimierung dieses
Infektionsrisikos durch eine adäquate Keimreduktion über korrekt angewandte
Hautdesinfektion soll im folgenden Artikel vorgestellt werden.
Haut- und Händedesinfektion
Hautdesinfektionen werden notwendig bei allen
durchtrennenden Eingriffen der Haut. Die Art der Desinfektionsdurchführung ist abhängig
davon, wohin das durchtrennende Instrument gelangt. Folglich wird unterschieden zwischen
Hautdesinfektionen vor Venenpunktionen, i.m., s.c.- und i.c.-Injektionen, vor Punktionen
von sterilen Körperhöhlen und Hautdesinfektionen vor operativen Eingriffen.
Hautdesinfektionsmittel haben im Vergleich
zu Händedesinfektionsmitteln zusätzliche Anforderungen zu erfüllen. Die
Wirksamkeit von Hautdesinfektionsmitteln darf nicht nur gegen transiente, sondern muß vor
allem gegen die residente Hautflora des Patienten gerichtet sein. Die resindente Hautflora
ist in verschiedenen Arealen sowohl qualitativ als auch quantitativ unterschiedlich und
differiert zum Teil auch deutlich von der der Hände. Die dominierenden Keimarten und die
Häufigkeit ihres Auftretens in den einzelnen Körperregionen sind in Tabelle 1
dargestellt. |
Tab. 1: Dominierende Keimarten und Häufigkeit
ihres Auftretens in unterschiedlichen Körperregionen
Hautregion |
Mikroorganismen |
Keimzahl |
Hände |
Staphylokokken wenige Propioni- u.
Corynebakterien |
10.000-100.000/cm2 Haut |
Arme, Beine |
Staphylokokken, Mikrokokken. Coryne- u.
Propionibakterien, wenig Acinetobacter spp. u.a. |
1.000-100.000/ "" |
Abdomen
Sternum |
Staphylokokken, Coryne- u.
Propionibakterien |
100.000-1.000.000/ "" |
Rücken |
Staphylokokken, Propionibakterien, wenig
andere Spezies |
1.000-10.000/ "" |
Leiste |
Staphylokokken, Propioni- und
Corynebakterien, wenig gramnegative Stäbchen, Pilze (z.B. Candida spp.) |
10.000-100.000/ "" |
Perineum |
Staphylokokken, Corynebakterien
gramnegative Stäbchen (v. a. E-coli, Proteus und Pseudomonas spp.) |
10.000-100.000/ "" |
Axilla |
Staphylokokken, gramnegative Stäbchen
(v. a. Klebsiella, Enterobacter und Alcaligenes spp.) wenig Propioni- u. Corynebakterien |
1.000.000-10.000.000/ "" |
Bezüglich der Wirksamkeit von Hautdesinfektionsmitteln
läßt sich feststellen, daß sich Coryne- und Propionibakterien resistenter verhalten und
somit schwieriger zu eliminieren sind. |
Die Hautdesinfektion verfolgt das Ziel, das
Infektionsrisiko weitestgehend zu minimieren. Erreicht wird dies durch eine adäquate
Keimreduktion im entsprechenden Hautareal bezogen auf den nachfolgenden Eingriff. Bei
jeder Punktion und Injektion liegt grundsätzlich eine Verletzung der Haut vor, diese
Maßnahme bringt daher das Risiko der Einschleppung von Hautkeimen mit sich. Die
Infektionsgefahr ist am größten bei zum Beispiel intramuskulären Injektionen, am
kleinsten bei Venenpunktionen. Bei der
Entstehung von postoperativen Wundinfektionen, deren Quote bei beachtlichen 31 % liegt,
spielt die fehlerhafte Hautdesinfektion neben mangelnder chirurgischer Technik,
ungenügender Disziplin im Operationssaal und präoperativer Disposition des Patienten
eine bedeutende Rolle. Auch im weitläufigen Zusammenhang ist beim Auftreten von
Krankenhausinfektionen, zum Beispiel bei Venenverweilkanülierungen, die nicht
ordnungsgemäß durchgeführte Hautdesinfektion ein nicht zu vernachlässigendes
Kriterium.
Untersuchungen haben ergeben, daß auf etwa 10000
bis 12000 i.m.-Injektionen ein Spritzenabszeß zu erwarten ist. Bei Gelenkpunktionen weist
die Statistik günstigere Zahlen auf; auf 40000 bis 70000 Punktionen kommt eine Infektion.
Die Untersuchungsergebnisse zeigen, daß es sich hierbei weitgehend um endogene
Infektionen durch die residente Hautflora des Patienten handelt.
Im Rahmen der Infektionsrisiken spielt auch die
stationäre Aufenthaltsdauer der Patienten eine wesentliche Rolle. Während das
Infektionsrisiko auf Intensivtherapieeinheiten bei einer Aufenthaltsdauer bis zu sieben
Tagen bei etwa 40 Prozent liegt, steigt es nach der ersten Woche auf über 90 Prozent an.
Eine Studie aus den USA über die Verteilung der
nosokomialen Infektionen hat gezeigt, daß die Infektionen von Haut- und mit sieben
Prozent aller Krankenhausinfektionen ein nicht zu unterschätzendes Risiko darstellen. |
Die Bedeutung des zeitlichen Faktors bei der
Entstehung von Infektionen kann am kumulativen Phlebitisrisiko in Abhängigkeit von der
Dauer der Katheterisierung demonstriert werden. Während nach zwei Tagen der
Katheterisierung die Häufigkeit der Phlebitisfälle bei zehn Prozent rangiert, liegt sie
nach vier Tagen bei 45 Prozent, nach sechs Tagen bei 62 Prozent und schließlich bei acht
Tagen bei 78 Prozent. Bei den Infektionen handelt es sich zum größten Teil um endogene
Infektionen (60-80 Prozent, die durch patienteneigene Keime hervorgerufen werden. Nur der
geringere Teil (20-40 Prozent) ist auf exogene Infektionen durch patientenfremde Keime
zurückzuführen. Dies sollte allerdings keinesfalls zu dem gefährlichen Schluß führen,
daß Maßnahmen zur Verhütung exogener Infektionen von sekundärer Bedeutung sind Eine
Vernachlässigung dieses Infektionsweges könnte zu einem erneuten Anwachsen des
Infektionsrisikos über diesen Weg führen. Bei
der Betrachtung der Quellen katheterbedingter Infektionen sind als exogener Keimquellen
zum Beispiel kontaminierte Hände des medizinischen Personals, kontaminierte Materialien
oder primär kontaminierte Kathetersegmente zu nennen. Auf der Seite der endogenen
Keimquellen findet sich die residente und transiente Hautflora des Patienten. Wie zu
Anfang betont, richten sich die Hautdesinfektionsmaßnahmen zur adäquaten Keimreduktion
nach der Art des geplanten Eingriffes. |
zum Teil II
Sie können den Autor unter <Zimmermann@aol.com>erreichen.
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