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Hormontherapie: WHI Studie abgebrochen - Bin ich betroffen?

Im Juli 2002 wurde eine große amerikanische Studie zur Hormonersatztherapie vorzeitig abgebrochen. Die Studie wurde von der WHI (Women´s Health Initiative) in Zusammenarbeit mit 40 klinischen Zentren und insgesamt 16.608 Frauen durchgeführt. Die eine Hälfte der Frauen bekam ein Hormonpräparat, die andere Hälfte bekam ein Scheinmedikament (Plazebo). Untersucht werden sollte, welche positiven und negativen Auswirkungen auf die Gesundheit von Frauen nach den Wechseljahren die Langzeiteinnahme eines kombinierten Hormonpräparates hat. Das verabreichte Präparat enthielt 0,625 mg konjugiertes Östrogen und 2,5 mg Medroxyprogesteronacetat.

Zusammenfassung der Ergebnisse der Studie

Bei den Frauen, die das Hormonpräparat eingenommen hatten, kam es im Vergleich zur Kontrollgruppe zu folgenden Ereignissen:

Negative Auswirkungen

Positive Auswirkungen

  • 100 % mehr Thrombosen

  • 41 % mehr Schlaganfälle

  • 29 % mehr Herzinfarkte

  • 26 % mehr Brustkrebs

  • 37 % weniger Dickdarmkrebs

  • 33 % weniger Hüftbrüche

  • 24 % weniger Knochenbrüche

  • 17 % weniger Endometriumkrebs

Die Sterblichkeit erhöhte sich mit der Einnahme des Hormonpräparates nicht.

Die absoluten Zahlen lesen sich so: Normalerweise bekommen von 10.000 Frauen im Jahr 30 Brustkrebs. Unter der getesteten Hormontherapie (HRT) sind 38 Erkrankungen zu erwarten. Das sind 8 mehr. Diese 8 zusätzlichen Erkrankungen machen eine Steigerung von 26 % aus (s.o.).

  • Thrombosen:
    ohne HRT 16 - mit HRT 34 = 18 mehr

  • Schlaganfälle:
    ohne HRT 21 - mit HRT 29 = 8 mehr

  • Herzinfarkt:
    ohne HRT 30 - mit HRT 37 = 7 mehr

  • Brustkrebs:
    ohne HRT 30 - mit HRT 38 = 8 mehr

  • Dickdarmkrebs:
    ohne HRT 16 - mit HRT 10 = 6 weniger

  • Hüftbrüche:
    ohne HRT 15 - mit HRT 10 = 5 weniger

  • Endometriumkrebs:
    ohne HRT 6 - mit HRT 5 = 1 weniger

Was bedeuten diese Studienergebnisse für Frauen, die Hormone einnehmen?

Wohl jede Frau, die Hormone einnimmt, ist durch diese Ergebnisse alarmiert und verunsichert. Deshalb ist es wichtig, bei der Interpretation der Studie einige Punkte anzusprechen. Für die Studie wurden viele Frauen in einem hohen Alter angeworben. Ausnahmslos alle teilnehmenden Frauen haben die gleiche Medikamentenkombination eingenommen, ohne Rücksicht auf die Art und Schwere tatsächlicher Beschwerden. Die Studienergebnisse beziehen sich auch nur auf genau die untersuchte Wirkstoffkombination. Die gleichen Ergebnisse können aber nicht angenommen werden für niedrigere Dosierungen oder andere Wirkstoffkombinationen oder Einzelwirkstoffe. In der Studie wurden die Präparate in Tablettenform eingenommen. Ob Hormonpflaster oder Spritzen bei gleicher Wirkstoffkombination die gleiche Wirkung haben, kann nicht sicher angenommen werden, weil das nicht untersucht wurde. Das zeigt, dass nicht jede Frau, die Hormone bekommt, ein höheres Erkrankungsrisiko befürchten muss.

Trotz dieser Einschränkungen sollten die Ergebnisse der Studie ernst genommen werden. Es ist sicher richtig, genau zu überlegen, wann und wofür eine Hormonersatztherapie notwendig und sinnvoll ist. Es gibt eine Vielzahl von Studien, die unterschiedliche Aspekte der Hormonersatztherapie untersucht haben. Studienergebnisse werden immer kontrovers diskutiert. Der weitere Forschungsbedarf ist groß, weil noch lange nicht alle Aspekte zweifelsfrei geklärt sind. Letztendlich muss jede Frau für sich selbst klären, wo für Sie die Grenze liegt -  ob der unbestrittene Nutzen bei der Behandlung von Wechseljahresbeschwerden die möglichen Risiken überwiegt.

Konsequenzen für eine Hormontherapie

Aus der Studie ergeben sich einige Konsequenzen, die bereits heute vielfach in der Praxis angewandt werden. Frauen, die mit Hormonen behandelt werden, sollten mit ihrem Frauenarzt besprechen, ob ihre Behandlung diesen Grundsätzen entspricht:

  • Eine Hormonersatztherapie sollte nicht ohne konkrete Beschwerden und nach Abwägung der Nutzen und Risiken durchgeführt werden. Die Dosierung sollte individuell angepasst werden.

  • Ein Hormontherapie allein zur Vorbeugung chronischer Erkrankungen ist nicht indiziert.

  • Während einer Hormontherapie sollten regelmäßige Therapiekontrollen durchgeführt werden.

  • Eine Hormonersatztherapie über einen Zeitraum von 4-5 Jahren hinaus sollte nur bei anhaltenden Beschwerden und noch engerer Abwägung von Nutzen und Risiken angewandt werden.