Die Veröffentlichung hier im Internet erfolgt mit freundlicher Genehmigung durch den Verlag Eckardt, Berlin, der diese Texte auch als
Supplement zu "Klinik & Forschung" herausgibt.. H. Eckardt Verlag,
Großgörschenstr. 5, D-10827 Berlin, Germany.
Teamgeist & Corporate Identity als Bausteine der Zertifizierung
J. Liebelt und U. Bachner, Wiesbaden
Einleitung und Begriffsbestimmung
Teamgeist und Teamarbeit sind die am meisten gepriesenen Merkmale
einer Organisation. Dabei ist unter Teamgeist das Bestreben und das Gefühl von Menschen,
die zusammen arbeiten, zu verstehen, gemeinsam, als Ganzes, größer, kompetenter und
effizienter zu sein als die Summe der individuellen Beiträge. Für Mitglieder eines Teams
sind die folgenden Gefühle typisch
- Dazugehörigkeit
- Verpflichtung zu gemeinsamen Zielen
- Loyalität
- Stolz und
- Vertrauen untereinander.
Teammitglieder haben das Bewußtsein einer Corporate Identity (C.
I.), d. h. Teil des gesamten Erscheinungsbildes ihrer Organisation, ihres Unternehmens
in der
Öffentlichkeit zu sein.
C. I. ist das Bild, mit dem Dritte das Unternehmen sehen und
bewerten. Es ist das Ergebnis einer langen und schwierigen Verinnerlichung von vorgelebten
Werten und Haltungen, geprägt von Führungskräften und Mitarbeitern.
Mit "Zertifizierung" meinen wir die Einführung eines
Qualitätsmanagementsystems (QMS) und die darauf folgende Bestätigung der Konformität
mit der internationalen Norm DIN EN ISO 9001 durch eine externe Kommission.
Wichtig für die weiteren Ausführungen ist es, dass die Zertifizierung
(das "Zertifikat") lediglich als Zeugnis oder Bestätigung und in keinem Fall
als Ziel sämtlicher Bestrebungen verstanden werden darf. Vielmehr dient das
Qualitätsmanagementsystem als Start und Fundament für ein umfassendes
Qualitätsmanagement (QM). Es sollen durch kontinuierliche Verbesserung in allen Bereichen
Kundenzufriedenheit und damit Zukunftssicherung erzeugt werden. Unter Kunden sind externe
(z.B. Patienten, Angehörige, Krankenkassen, niedergelassene Ärzte, Lieferanten) als auch
interne Kunden (Mitarbeiter, Abteilungen) zu verstehen.
Die Norm gibt Massstäbe und Empfehlungen für die Organisation
von Unternehmen.
Unternehmen, die durch Straffung der Abläufe und Prozesse und damit
durch Verhindern von Fehlern effizienter werden sollen und wollen, können sich auf diese
international bewährte Norm als Richtschnur stützen.
These: Teamgeist und C.I. als Baustein des QMS, QMS als Baustein von
Teamgeist und C.I.!
Diese These wird am Beispiel eines Krankenhauses belegt.
Umfassendes QM im Krankenhaus umfaßt alle Bereiche des
Krankenhauses, es baut auf Kundenorientierung, Prozeßorientierung und
Mitarbeiterorientierung. Umfassendes QM fordert die aktive Einbeziehung aller
Mitarbeiter, denn es sind die Mitarbeiter, die die Idee der kontinuierlichen Verbesserung
bei der täglichen Arbeit umsetzen müssen
Das QMS ist ein Organisationssystem, das sich auf die Optimierung und
Effizienzsteigerung der Abläufe und Prozesse konzentriert. Die wertschöpfenden Prozesse
im Krankenhaus, also z. B. alle Prozesse am Patienten, sind Teamprozesse, an denen ein
berufsgruppen- und abteilungsübergreifendes Team beteiligt ist. Ohne Teamgeist ist ein
QMS im Sinne der Einleitung eines kontinuierlichen Verbesserungprozesses im Krankenhaus
nicht zu realisieren. Die bisherigen Führungsstrukturen sind darauf noch nicht
ausgerichtet (Vgl. Abb. 1).

Abb. 1: Bisherige Struktur des Krankenhauses und Teamprozeß am Patienten
Die oben aufgezeigten wesentlichen Merkmale und Ziele von Teamgeist und C. I. sind auch
Schlüsselelemente des QMS, es sind Elemente der Norm, die die Dynamik des
kontinuierlichen Verbesserungsprozeßes garantieren:
Element 1 der Norm: die Verpflichtung der Krankenhausleitung, die "Politik"
also Leitlinien zu definieren, bekannt zu machen und dafür zu sorgen, daß sie in
allen Ebenen und von allen Mitarbeitern verstanden, gelebt, verwirklicht und
aufrecht erhalten werden.
Information, Kommunikation und Transparenz fördern die Teamarbeit. Dadurch, daß die
Krankenhausleitung ihre "Identity" offenlegt und sich verpflichtend zu ihr
bekennt, schafft sie die Grundlage einer "Corporate Identity".
Unternehmenskultur und C.I. sind die Bindeglieder zwischen Organisation und Mensch,
zwischen Unternehmensleitung und Mitarbeitern.
Befragungen von Kunden und Mitarbeitern (Element 10) sowie Schulungen (Element 18)
helfen bei der konsequenten Umsetzung durch Erfassung des Ist-Zustandes und Anpassung an
das Soll.
Element 13 und 14: "Fehler als Chance!" Fehler, Beschwerden,
Verbesserungsmöglichkeiten, Veränderungen als Chance zu sehen, statt sie zu vertuschen
oder zu negieren, Fehlerursachen gemeinsam zu suchen, statt Schuld zuzuweisen setzt
Vertrauen voraus als essentielle Basis von Teamgeist und von einem kontinuierlichem
Verbesserungsprozeß.
Maßnahmen zur Umsetzung
Teammitglieder tauschen ihre Gedanken offen miteinander aus, sie teilen Kompetenzen
untereinander, lehren einander neue Fertigkeiten und schaffen eine besondere Umgebung, die
personellen und sachlichen Ressourcen ihres Teams und des Arbeitsplatzes bestmöglich zu
nutzen. Um diese besondere Umgebung zu schaffen, müssen Teammitglieder rationale und
zwischenmenschliche Problemlösungskenntnisse, Kreativitätskenntnisse sowie die
Fähigkeit zu effektiven Meetings entwickeln.
Abb. 2:
Regelkreis zur kontinuierlichen Verbesserung im Krankenhaus
Bewährt hat sich die Durchführung von Problemlösungstrainings unter
Hinzuziehung eines erfahrenen externen Trainers. Strategie des Trainings ist es, mit
Unterstützung der Leitung einen "bottom-up"Ansatz zu wählen und Probleme von
dem interdisziplinär zusammengesetzten (alle vom Problem Betroffenen) Team nicht nur
definieren zu lassen, sondern methodisch soweit zu bearbeiten, daß sie praktisch lösbar
werden. Die heterogenen Zusammensetzung der Teams fördert die Kommunikation und das
Verständnis untereinander und läßt über den eigenen Tellerrand hinaus blicken.
Frustration und Resignation, die bisher in der täglichen Arbeit durch
"Einzelkämpfertum" unter hoher Arbeitsbelastung entstanden, werden frei und in
konstruktive Energie und Motivation umgewandelt.
Es ist selbstverständlich, daß dieses Potential auch für die
mitarbeitergesteuerte Optimierung von Abläufen im Rahmen des QMS und damit für den
Verbesserungsprozeß für das gesamte Unternehmen von großem Nutzen ist. Beschrieben wird
ein "Umdenkungsprozeß" im Sinne eines Zusammengehörigkeitsgefühles zum Nutzen
des Patienten.
Zusammenfassung und Ausblick
Teamgeist ist unverzichtbare Voraussetzung für die Einrichtung eines
zertifizierungsreifen QM- Systems im Krankenhaus als Basis eines kontinuierlichen
Verbesserungsprozesses. Teamgeist und QMS begünstigen das Bewußtsein einer Corporate
Identity als Bindeglied zwischen Organisation und Menschen in dem Unternehmen. Erst das
Zusammenspiel aller Komponenten im Sinne eines Regelkreises sichert die
Kundenzufriedenheit und damit den Erfolg, die Effizienz und die Zukunft des Krankenhauses
(Abb.2).
Literatur
[1] Kinlay D-C: Spitzenteams. Spitzenleistungen durch effizientes
Teamwork. Wiesbaden: Gabler, 1993
[2] Little AD: Management der Hochleistungsorganisationen. Wiesbaden:
Gabler, 1991
[3] Schmidt K-J: Zertifizierte Qualität. Die Einführung eines
Qualitäts- Management- Systems nach der ISO 9001. Führen und Wirtschaften im Krankenhaus
1: 37 (1996)
[4] Sänger M, Ellenberg I et Engel P-O: Selbstheilungskräfte des
Krankenhauses stärken - konstruktive Energien freisetzen. Krankenhaus Umschau 3: 185189
(1996)
[5] DIN EN ISO 9001: Qualitätsmanagementsysteme. Modell zur
Qualitätssicherung/QM- Darlegung in Design, Entwicklung, Produktion, Montage und Wartung,
1994
[6] DIN EN ISO 9004/2: Qualitätsmanagement und Elemente eines
Qualitätssicherungssystems. Leitfaden für Dienstleister, 1991
[7] Masing W: Handbuch Qualitätsmanagement. München, Wien: Hanser,
1994
Autorinnen:
Dr. Jutta Liebelt, Cascademie, Hohenstaufenstrasse 7, 65189 Wiesbaden
Dipl.Kffr. Ulrike Bachner, St.Josefs- Hospital, Solmstr. 15, 65189
Wiesbaden
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