HNO - Heilkunde

Bücher zum Thema aussuchen Bücherliste: HNO

Leitsymptome
 

Krankheitsbilder des Halses
Mundhöhle, Rachen und Speicheldrüsen

Krankheitsbilder der Nase
Erkrankungen der Ohren

Phoniatrie - Störungen von Stimme, Schlucken, Sprechen und Sprache

Diagnostik bei Stimmstörungen

 

Bei Stimmstörungen wird zwischen funktionellen und organischen Störungen unterschieden. Außerdem ist es möglich, dass hormonelle Veränderungen Stimmstörungen auslösen oder dass nach einem operativen Eingriff eine Stimmstörung auftritt.

 

Befragung des Patienten ist Ausgangspunkt einer umfassenden Diagnostik

An erster Stelle der Diagnostik von Stimmstörungen steht die Befragung des Patienten nach seinen Beschwerden. Um mögliche Ursachen für die Entstehung von Stimmstörungen zu erfassen, fragt der Arzt im Rahmen dieses Gespräches unter anderem nach folgenden Aspekten:

  • Husten
  • blutiger Auswurf
  • Schmerzen
  • Schluckstörungen
  • Umweltfaktoren (beispielsweise berufliche Tätigkeit in einer Umgebung mit Luftschadstoffen)
  • familiäre und berufliche Situation sowie Hobbys
  • Konflikt- und Belastungssituationen (Stress)
  • regelmäßige Medikamenteneinnahme (insbesondere Hormonpräparate)
  • Sodbrennen
  • vorangegangene Operationen im Bereich des Halses (Schilddrüse) oder des Brustkorbs

 

Spiegelungsuntersuchung des Kehlkopfes

An zweiter Stelle der Diagnostik steht die Spiegelungsuntersuchung des Kehlkopfes, da dieser als Organ der Tonentstehung eine zentrale Bedeutung für die Stimme hat. Mit Hilfe der sogenannten Stroboskopie ist dabei auch die Betrachtung der schwingenden Stimmlippen möglich.

 

Stroboskopie

Bei der Stroboskopie werden die schwingenden Stimmlippen mittels eines Blitzlichtes beleuchtet. Dabei wird die Frequenz, mit der die Blitze von der Lichtquelle abgegeben werden, genau an die Frequenz angepasst, mit der die Stimmlippen schwingen. Das Übereinstimmen dieser Frequenzen kann der Untersucher daran erkennen, dass er ein ruhiges, unbewegtes Bild der Stimmlippen erhält. Auf diese Weise lässt sich die Schwingungsfrequenz der Stimmlippen ermitteln. Ein erfahrener Untersucher ist zudem in der Lage, durch die stroboskopische Untersuchung sowohl die muskuläre Spannung als auch die organische Symmetrie der Stimmlippen abzuschätzen.

 

Hochgeschwindigkeitsglottographie

Bei der sogenannten Hochgeschwindigkeitsglottographie, die ebenfalls der Beurteilung der Stimmlippenschwingungen dient, kommt im Gegensatz zur Stroboskopie statt des Blitzlichtes eine Hochleistungslichtquelle zum Einsatz. In ähnlicher Weise wie bei der Stroboskopie und der Hochgeschwindigkeitsglottographie lassen sich die Stimmlippenschwingungen auch unter Einsatz einer speziellen Videokamera darstellen (Videokymograpphie).

 

Untersuchung des Stimmklanges

Weiterhin erfolgt bei der Diagnostik von Stimmstörungen eine Untersuchung des Stimmklanges. Dies ist allerdings nicht objektiv mit Hilfe von Apparaten, sondern nur subjektiv möglich. Dabei klassifiziert ein erfahrener Untersucher die Stimme anhand der sogenannten RBH-Kriterien:

  • Rauigkeit
  • Behauchtheit
  • Heiserkeit

 

 

Die einzelnen Kriterien anhand folgender Ausprägungen klassifiziert:

 

0: keine Störung

1: geringe Störung

2: mittelgradige Störung

3: starke Störung

 

Stimmfeldmessung

Die Leistungsfähigkeit der Stimme lässt sich durch die sogenannte Stimmfeldmessung ermitteln. Dabei wird für jede Frequenz, die der Patient mit seiner Stimme erreicht ermittelt, welchen Lautstärkebereich er für die jeweilige Frequenz erzeugen kann. Trägt man diese Werte in ein Diagramm ein, ergibt sich ein Feld. Je größer dieses Feld ist, desto leistungsstärker ist die Stimme.

 

Stimmbelastungstest

Die Leistungsfähigkeit der Stimme lässt sich außerdem durch einen Stimmbelastungstest ermitteln. Dabei wird der Patient aufgefordert, für einen bestimmten Zeitraum mit einer vorgegebenen Lautstärke etwas vorzulesen. Bei nicht ausreichender Belastungsfähigkeit der Stimme treten hierbei Schwierigkeiten auf.

 

Voice-Handicap-Index

Außerdem wird im Rahmen der Diagnostik von Stimmstörungen erfasst, inwiefern der betroffene Patient durch die Stimmstörung beeinträchtigt ist. Dabei kommt ein standardisierter Fragebogen zum Einsatz, der Voice-Handicap-Index (VHI; Voice: Stimme; Handicap: Beeinträchtigung). Der Fragebogen enthält 30 Aussagen, die der Patient anhand einer Skala von 0 bis 4 dahingehend bewertet, ob sie auf ihn zutreffen. Anschließend werden die einzelnen Punktewerte addiert. Die bei der Addition erreichbare Gesamtpunktzahl reicht von 0 bis 120 und wird folgendermaßen bewertet:

 

0–11: unauffällig

12–28: eher unauffällig

29–56: eher auffällig

57–120: sicher auffällig

 

Aussagen des Fragebogens

Die 30 Aussagen des Voice-Handicap-Index, die der Patienten bewerten soll, lauten:

  • Die Leute hören mich wegen meiner Stimme schlecht.
  • Beim Sprechen muss ich nach Luft schnappen.
  • Wenn es laut in einem Zimmer ist, verstehen mich andere nur mühsam.
  • Im Verlauf eines Tages unterliegt der Klang meiner Stimme Schwankungen.
  • Meine Familie hört mich kaum, wenn ich im Haus nach ihnen rufe.
  • Ich benutze das Telefon weniger oft, als ich gerne würde.
  • Wegen meiner Stimme bin ich innerlich angespannt, wenn ich mit anderen Leuten spreche.
  • Wegen meiner Stimme meide ich Personengruppen.
  • Vielen Leuten geht meine Stimme scheinbar auf die Nerven.
  • Ich werde gefragt, was mit meiner Stimme los ist.
  • Wegen meiner Stimme spreche ich weniger oft mit Freunden, Nachbarn oder Verwandten.
  • Im Zwiegespräch werde ich gebeten, manche Dinge zu wiederholen.
  • Meine Stimme klingt unangenehm knarrend und rau.
  • Ich habe das Gefühl, meine Stimme nur unter Anstrengung benutzen zu können.
  • Meiner Meinung nach haben andere Leute kein Verständnis für mein Stimmproblem.
  • Meine Stimmschwierigkeiten gehen auf Kosten meines Privatlebens und des gesellschaftlichen Umgangs mit anderen Menschen.
  • Wie klar meine Stimme ist, ist nicht vorhersagbar.
  • Ich versuche, die Stimme zu verstellen, um anders zu klingen.
  • Aus Unterhaltungen fühle ich mich wegen meiner Stimme ausgeschlossen.
  • Sprechen kann ich nur unter großer Anstrengung.
  • Abends geht es meiner Stimme schlechter.
  • Wegen meiner Stimme muss ich Einkommenseinbußen hinnehmen.
  • Ich empfinde meine Stimmprobleme als bedrückend.
  • Wegen meines Stimmproblems lebe ich zurückgezogener.
  • Ich empfinde mein Stimmproblem als Behinderung.
  • Beim Sprechen lässt mich meine Stimme plötzlich im Stich.
  • Es nervt mich, wenn Leute mich bitten, etwas noch einmal zu sagen.
  • Es ist mir peinlich, wenn Leute mich bitten, etwas noch einmal zu sagen.
  • Wegen meiner Stimme fühle ich mich den Dingen nicht gewachsen.
  • Ich schäme mich für mein Stimmproblem.

 

Hörprüfung

Zur Diagnostik bei Stimmstörungen gehört auch eine Hörprüfung, weil ein Mensch, der schlecht hört, auch Schwierigkeiten hat, seine eigene Stimme beim Sprechen zu hören und entsprechend zu beeinflussen.

 

Untersuchung der Atmung

Außerdem wird bei der Untersuchung des Patienten auf die Art der Atmung geachtet, da diese Auswirkungen auf die Stimmbildung hat. Normal ist eine Atmung, die über die Nase sowie zum Teil in den Brustkorb und zum Teil in den Bauchraum erfolgt. Dies ist daran zu erkennen, dass sich bei der Einatmung sowohl der Bauch etwas nach vorne wölbt als auch der Brustkorb ausdehnt. Sehr anstrengend ist eine reine Atmung in den Brustkorb. Als krankhaft anzusehen sind eine Atmung nur in den oberen Teil des Brustkorbs (in die Region der Schlüsselbeine), eine Schnappatmung mit "nach Luft schnappenden" Atemzügen und eine Atmung über den Mund. Der Anteil der Atmung, der jeweils in den Bauchraum, den Brustkorb und den oberen Teil des Brustkorbs erfolgt, lässt sich auch durch Messung der Umfangsänderung in diesen Bereichen während Ein- und Ausatmung sowie während des Sprechens erfassen.

 

Spirometrie und Pneumotachographie

Eine weitergehende Diagnostik der für die Stimmgebung relevanten Atmung ist außerdem mit Hilfe der Spirometrie und der Pneumotachographie möglich. Bei der Spirometrie wird der Patient aufgefordert, so schnell wie möglich in ein geschlossenes Messsystem auszuatmen. Das Messsystem erfasst dabei die Strömungsgeschwindigkeit und den Strömungsdruck der Ausatemluft sowie die Menge der Luft, die ausgeatmet wurde. Bei der Pneumotachographie wird die Strömungsgeschwindigkeit der Ausatemluft während des Sprechens gemessen. Für diese Untersuchung muss der Patient eine Gesichtsmaske tragen, an der sich ein Rohr befindet, in welchem die Messungen stattfinden und durch welches der Patient atmet.

 

Sonagraphie

Zur detaillierten Diagnostik von Stimmstörungen können in spezialisierten Zentren zudem einige apparative Untersuchungen zum Einsatz kommen. Bei der sogenannten Sonagraphie singt der Patient Töne in ein Mikrophon. Ein angeschlossener Computer unterteilt die erfassten Töne in bestimmte Teiltonbereiche, welche als sogenanntes Sonagramm angezeigt werden.

 

Nasalanzmessung

Die Erfassung einer näselnden Stimme ist mit Hilfe der Nasalanzmessung möglich. Dabei werden der Mund- und der Nasenanteil der Stimme des Patienten über separate Mikrophone aufgezeichnet. Ein angeschlossener Computer kann anschließend berechnen, welcher Anteil der Stimme der Stimmgebung über die Nase und der Stimmgebung über den Mund zuzuordnen ist.

 

Elektroglottographie

Bei der sogenannten Elektroglottographie lasen sich die Öffnungs- und Schließbewegungen der Stimmlippen mit Hilfe von Elektroden erfassen. Diese Elektroden werden von außen auf die Haut aufgeklebt, und zwar über den gut tastbaren Schildknorpeln des Kehlkopfes ("Adamsapfel" bei Männern). Nach Aufkleben der Elektroden wird der Patient aufgefordert zu sprechen, wobei die Elektroden die dabei entstehenden Stimmlippenschwingungen erfassen.

 

Elektromyographie zur Beurteilung der Muskel- und Nervenaktivität

Rückschlüsse auf die Ursachen von Bewegungsstörungen der Stimmlippen sind durch den Einsatz der Elektromyographie möglich. Dabei werden Muskelaktivitäten gemessen, nachdem eine Anregung derjenigen Nerven erfolgt ist, welche die jeweiligen Muskeln mit Nervenimpulsen versorgen und dadurch aktivieren. Für die Beurteilung der Beweglichkeit der Stimmlippen sind insbesondere 2 Nerven sowie die zugehörigen Muskeln relevant. Dies ist zum einen der obere Kehlkopfnerv (Nervus laryngeus superior), der einen Ast abgibt, welcher den sogenannten Krikothyroidmuskel mit Nervenimpulsen versorgt. Der Krikothyroidmuskel bewegt und fixiert den Schildknorpel des Kehlkopfes und spannt dadurch die Stimmlippen. Zum anderen ist in diesem Zusammenhang der untere Kehlkopfnerv (Nervus laryngeus inferior) von Belang. Der untere Kehlkopfnerv gibt Impulse an den Stimmmuskel ab, welcher wiederum für die Spannung der Stimmlippen verantwortlich ist. Um die Muskelaktivitäten im Krikothyroid- und im Stimmmuskel zu erfassen, werden auf beiden Seiten dünne Nadelelektroden in diese Muskeln eingestochen. Dies ist entweder von außen durch die Haut oder im Rahmen einer Kehlkopfspiegelung von innen möglich (Letzteres unter lokaler Betäubung oder in Vollnarkose). Nach Platzierung der Elektroden wird der Patient aufgefordert, in unterschiedlicher Lautstärke zu sprechen, zu atmen, zu schlucken sowie tief einzuatmen, die Luft anzuhalten und dabei zu pressen (sogenanntes Valsalva-Manöver). Während dieser Tätigkeiten zeichnen die Nadelelektroden Impulse aus den Muskeln auf. Die Art dieser Impulse lässt Rückschlüsse auf den Aktivierungszustand der Krikothyroid- und der Stimmmuskeln zu. Eine mangelnde oder sogar ausbleibende Muskelaktivierung kann unter anderem durch eine Schädigung des zugehörigen Nervs bedingt sein. Beispielsweise besteht bei Schilddrüsenoperationen ein gewisses Risiko der Schädigung des unteren Kehlkopfnervs, da dieser in der Nähe der Schilddrüse verläuft. Außerdem lässt sich mit Hilfe der ermittelten Impulse feststellen, ob die Prognose für die Besserung einer Nervenbeschädigung günstig ist oder nicht.

Top

Zur Übersicht
Phoniatrie - Störungen von Stimme, Schlucken, Sprechen und Sprache

 

MedizInfo®Homepage

Zur Startseite
HNO - Heilkunde