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Orofaziale Störungen
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Mund- und Gesichtsmuskel sind gestört
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Orofaziale Störungen sind Störungen der Mundmuskulatur (orale Störungen)
und der Gesichtsmuskulatur (faziale Störungen). Sie kommen bei Kindern mit
Bewegungsstörungen vor. Bewegungsstörungen sind auf eine Schädigung oder
Funktionsstörung des Gehirns zurückzuführen, beispielsweise bei
Kinderlähmung.
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Ursache Kinderlähmung
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Bei der Kinderlähmung handelt es sich um eine Störung der
Empfindungen und der Bewegungen als Folge einer Gehirnschädigung
- im Mutterleib (beispielsweise durch eine Infektionserkrankung der
Mutter, die auf das ungeborene Kind übergeht),
- während der Geburt (Sauerstoffmangel) oder
- im Neugeborenenalter (beispielsweise Neugeborenengelbsucht, bei der
ein Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffs nicht in ausreichendem Maße
ausgeschieden und daher im Gehirn abgelagert wird).
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Aussehen bei Bewegungsstörung mit schlaffem Muskeltonus und
sprachliche Folgeerscheinungen
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Die Ausprägung der orofazialen Störung hängt von der Art der zugrunde
liegenden Bewegungsstörung ab. Bei eher schlaffem Muskeltonus (Hypotonie)
bestehen in der Regel folgende Merkmale:
- Kopf nach hinten gebeugt und insgesamt nach vorne verlagert
- reduzierte Mimik
- hängende, "traurige" Gesichtszüge
- Lippen geöffnet
- Oberlippe hochgezogen und manchmal verkürzt
- geringe Muskelspannung der Unterlippe, die nach außen gewölbt ist und
sich im Laufe des Lebens verdickt
- herabgezogene Mundwinkel
- Speichelfluss
- Zunge flach und breit auf dem Mundboden aufliegend, außerdem nach
vorne verlagert
- nicht schließender Biss
- kleiner Oberkiefer
- spitzer Gaumen
- Gaumensegel teilweise oder komplett gelähmt
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Diese Merkmale führen dazu, dass die Sprache der betroffenen Patienten
verwachsen, monoton und leise ist. Außerdem bestehen Schwierigkeiten bei der
Bildung von Konsonanten.
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Aussehen bei Bewegungsstörung mit erhöhtem Muskeltonus und sprachliche
Folgeerscheinungen
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Bei einem erhöhten Muskeltonus (Hypertonie/Spastik) lassen sich folgende
Merkmale beobachten:
- Kopf nach hinten oder deutlich nach vorne gebeugt
- reduzierte, ausdrucksarme Mimik
- Mitbewegungen des Gesichts und weites Öffnen des Mundes bei
Bewegungen des Körpers, beim Sprechen sowie bei Auftreten intensiver
Emotionen (Freude, Trauer, Wut)
- schlaffe Wangen
- Lippen meist geöffnet
- Oberlippe hochgezogen und inaktiv
- Hervorstehen der oberen Schneidezähne
- Unterlippe eingezogen
- Anspannung der Kinnmuskulatur
- Einwärtsneigung der unteren Schneidezähne
- Speichelfluss
- Zunge klobig oder zigarrenförmig auf dem Mundboden liegend
- mangelnde Zungenbeweglichkeit beim Kauen von Nahrung
- Muskelzittern, Muskelabbau und Asymmetrie der Zunge
- schmale Kiefer
- hoher und schmaler Gaumen
- nicht schließender Biss
- verstärktes Wachstum und Einwärtsneigung der hinteren Backenzähne
- verlangsamte und unvollständige Beweglichkeit des Gaumensegels beim
Sprechen und Schlucken
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Bei Patienten mit erhöhtem Muskeltonus ist die Sprache gepresst und erfolgt
stoßweise. Außerdem ist die Koordination zwischen der Atmung und der Lautbildung
beeinträchtigt, und das Einsetzen sowie das Halten der Stimme bereiten
Schwierigkeiten.
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Kinderlähmung verursacht komplexe Sprachstörungen
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Insgesamt bestehen bei Patienten mit Kinderlähmung komplexe Sprachstörungen.
Durch die flache Einatmung, überwiegend durch den Mund, ist die Koordination von
Atmung und Lautgebung gestört, sodass für den Stimmeinsatz übermäßig viel Kraft
benötigt wird. Die mangelnde Feinbeweglichkeit der Mund- und Gesichtsmuskulatur
behindern einen kontinuierlichen Atemstrom, welcher für das Halten eines Tones
erforderlich ist. Meist ist der Mund zu weit geöffnet, was wiederum negative
Auswirkungen auf die Sprache hat. Den gleichen Effekt hat die unzureichende
Bewegungskoordination von Lippen, Zunge und Gaumensegel. Eine große
Schwierigkeit besteht bei der Bildung von Lippenlauten. Zudem sprechen die
Patienten meist sehr langsam. |
Logopädische Behandlung ist möglich
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Die Therapie orofazialer Störungen mit daraus resultierenden Sprachstörungen
besteht in einer sprachtherapeutischen (logopädischen) Behandlung. Dabei kommen
insbesondere Artikulationsspiele zum Einsatz, bei denen die Patienten
beispielsweise prusten, lallen, plappern und gurgeln. Diese Übungen dienen dem
Erlernen feiner Bewegungsmuster, welche für das Sprechen wichtig sind.
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