|
Verätzungen von Rachen und Speiseröhre
|
Bei Erwachsenen besteht häufig Selbstmordabsicht
|
Bei einer Verätzung kommt es zu einer Verletzungen des Hypopharynx (unterer Rachenabschnitt) und der
Speiseröhre. Bei Kindern ist eine Verätzung in der Regel auf das versehentliche Trinken
einer ätzenden (säure- oder laugenhaltigen) Flüssigkeit, zum Beispiel eines
Reinigungsmittels, zurückzuführen. Bei Erwachsenen wird eine ätzende
Flüssigkeit meist in Selbsttötungsabsicht getrunken. |
Langzeitfolgen von Verätzungen
|
Die Verätzung führt zu einer Gewebebeschädigung. Im Bereich der
Schädigungszone bildet sich Narbengewebe, welches sich im Heilungsverlauf
zusammenzieht. Die Folge kann in einer Verengung der Speiseröhre mit daraus
resultierenden Schluckbeschwerden bestehen. Im Bereich des Narbengewebes
können sich zudem in der Folge bösartige Speiseröhrentumoren bilden. |
Akute starke Schmerzen in Mund, Rachen, Brustraum und Oberbauch
|
Unmittelbar nach der Verätzung treten starke Schmerzen auf. Diese sind je
nach Ort des Kontakts mit der ätzenden Substanz im Mund, im Rachen, im
Brustraum (im Verlauf der Speiseröhre) und/oder im Oberbauch lokalisiert.
Außerdem besteht ein starker Speichelfluss. |
Verätzung des Mittelfellraums bei Riss in der Speiseröhre
|
Bei einer ausgeprägten Verätzung im Speiseröhrenbereich kann es zum
Auftreten eines Risses in der Speiseröhre kommen. Durch diesen Riss gelangt
die ätzende Flüssigkeit aus der Speiseröhre in den Mittelfellraum des
Brustkorbs. Als Mittelfellraum wird die mittlere Region des Brustkorbs
zwischen den beiden Lungenflügeln bezeichnet, in der das Herz liegt und
durch die sowohl die Speiseröhre als auch die Luftröhre verlaufen. Im
Mittelfellraum kann die aus der Speiseröhre ausgetretene ätzende Flüssigkeit
zu weiteren Gewebeschäden führen. Außerdem gelangt Luft aus der verletzten
Speiseröhre in den Mittelfellraum, von wo aus sie auch in die Halsweichteile
gelangen kann. Dort ist sie unter Umständen unter der Haut zu tasten. |
Lebensbedrohliche Symptome
|
Folgen der säurebedingten Gewebeschäden im Mittelfellraum sind hohes
Fieber, Schmerzen hinter dem Brustbein und/oder zwischen den
Schulterblättern sowie Schocksymptome. Die Schocksymptomatik besteht in
einer hohen Pulsfrequenz, einem verringerten Blutdruck mit Kreislaufschwäche
sowie Kaltschweißigkeit und Blässe. |
Sich entwickelnde Organschäden treten auf
|
Einen bis zwei Tage nach der Verätzung kann es zu Organschäden kommen,
die auf die Wirkung der in den Körper aufgenommenen ätzenden Substanz
zurückzuführen sind. Dazu zählen Nieren- und Leberversagen sowie Störungen
des Elektrolythaushalts und Zerstörung von roten Blutkörperchen. |
Diagnostische Maßnahmen
|
Unmittelbar nach einer Verätzung des Hypopharynx und der Speiseröhre ist
bei einer Spiegelungsuntersuchung dieser Region eine gerötete,
angeschwollene Schleimhaut zu erkennen. Bei Folgeuntersuchungen können die
längerfristigen Auswirkungen der Verätzung auszumachen sein, nämlich
Schleimhautdefekte und weißliche Beläge. Die Beläge sind auf die
Ausschwitzung des Eiweißes Fibrin aus der Schleimhaut zurückzuführen. |
Röntgenuntersuchung des Brustkorbs
|
Um einen Riss in der Speiseröhre festzustellen beziehungsweise
auszuschließen, wird in der Regel eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbs
durchgeführt. Auch eine Röntgenuntersuchung des Oberbauches ist sinnvoll, da
es auch im Bereich des Magens durch die Einwirkung der Säure zu Rissen
kommen kann. Ist mit Hilfe der Röntgendiagnostik keine exakte Beurteilung
möglich, empfiehlt sich die Durchführung einer Speiseröhrenspiegelung, um
die Schleimhaut und die Wände der Speiseröhre direkt betrachten zu können. |
Sofortmaßnahmen bei Verätzungen
|
Die erste Therapiemaßnahme bei einer Verätzung des Hypopharynx und der
Speiseröhre besteht in der Bekämpfung des Schocks. Dazu kommen folgende
Maßnahmen infrage:
- Sicherung der Atemwege, beispielsweise durch Einlage eines
Beatmungsschlauches in die Luftröhre
- künstliche Beatmung
- Zufuhr von Flüssigkeit
- Ausgleich von Elektrolytstörungen
- Gabe von Schmerzmitteln
- Verabreichung von Beruhigungsmitteln
Des Weiteren ist es wichtig, einer Infektion des verätzten Gewebes
vorzubeugen. Dies erfolgt durch die Gabe von Kortisonpräparaten und
Antibiotika, welche Bakterien abtöten.
|
Chemische Neutralisation der ätzenden Substanz
|
Eine chemische Neutralisation der ätzenden Substanz ist möglich, hat aber
häufig keine positiven Auswirkungen mehr, da die Neutralisation in der Regel
erst nach Eintritt der Gewebeschäden durch Einwirkung der ätzenden Substanz
erfolgen kann. Zur Neutralisierung von Säuren kommen beispielsweise
Magnesiumpräparate infrage, zur Neutralisierung von Laugen Zitronen- oder
Essigsäure. |
Wegen Tumorgefahr langfristige Nachsorge notwendig
|
Wegen des erhöhten Risikos für die Ausbildung eines bösartigen Tumors im Narbengewebe
der Speiseröhre ist es erforderlich, bei Patienten mit Verätzungen der
Speiseröhre nach Abschluss der akuten Therapie langfristig
Nachsorgeuntersuchungen durchzuführen. Diese bestehen in Röntgen- und/oder
Spiegelungsuntersuchungen und dienen der frühzeitigen Feststellung eines
sich eventuell entwickelnden Tumors. |
Aufdehnung der Speiseröhre bei starken Einengungen
|
Ist es durch das Narbengewebe zu einer ausgeprägten Einengung der
Speiseröhre mit Schluckschwierigkeiten gekommen, kann eine sogenannte
Bougierungsbehandlung (Aufdehnungsbehandlung) durchgeführt werden. Dabei
wird ein dünner Faden in die Speiseröhre eingeführt. Über diesen Faden kann
man dann einen sogenannten Bougie (eine Art Aufdehnungszylinder) vorschieben
und die verengte Speiseröhre auf diese Weise dehnen. Diese
Bougierungsbehandlungen werden in der Regel mehrfach durchgeführt.
|
|
|