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10-Gesundheit
1208 Interview
und Vortrag
Willkommen in der Zukunft - CASPAR hilft bei Hüft-OP...
Vortrag: Für den mit medizinischen Problemen nicht eingehend Vertrauten
mag es verwunderlich erscheinen, daß in der heutigen Zeit, die in der Lage ist technische
Herausforderungen selbst im All relativ problemlos zu lösen, es nicht gelungen ist, das
technisch einfach aufgebaute, künstliche Hüftimplantat so zu gestalten, daß einmal in
den menschlichen Körper implantiert eine jahrzehntelange Funktionstüchtigkeit
gewährleistet ist.
Recht vordergründig wenn auch nicht ganz unberechtigt, ließen sich hier kritische
Bemerkungen damit zurückweisen, indem ich an Sie die Frage stelle, wer von Ihnen glaubt,
daß sein Pkw in 10, 20 oder gar 30 Jahren noch funktionstüchtig ist, und das unter
Bedingungen, bei denen es nicht möglich ist, Verschleißteile auszuwechseln. Man mag hier
entgegnen, daß die Bewegungs- und Drehvorgänge in einem Pkw doch zahlenmäßig
wesentlich höher sind und hier auch ganz unvergleichlich höhere Gewichtsbelastung
wirksam werden.
Dem möchte ich einige Zahlen entgegenhalten:
Das menschliche Hüftgelenk wird pro Jahr etwa 2 Millionen Lastwechseln unterzogen.
Wenn wir dies in Relation zu einer durchschnittlichen Pkw-Belastung von 30.000 km pro Jahr
setzen, so sind hier durchaus vergleichbare Größenordnungen gegeben. Darüber hinaus
entstehen im Hüftgelenk bei relativ kleiner Kontaktfläche Belastungsspitzen, die das
5fache des Körpergewichtes erreichen, also durchaus in der Größenordnung von 400 kg.
Dies entspricht in etwa 1/3 eines Mittelklasse-Pkw-Gewichtes.
Auch wenn die oben kurz angerissenen Zahlenwerte den anfänglich vermeintlich gering
geschätzten Belastungsumfang in einem Hüftgelenk jetzt in ganz anderen Größenordnungen
erscheinen lassen, liegt die Problematik, die die Lebensdauer für ein künstliches
Implantat im menschlichen Körper limitiert auf ganz anderer Ebene, und ich möchte Ihnen
die Problematik deutlich darlegen.
Zunächst ein relativ einfacher Mechanismus, der Ihnen jedoch die erstaunliche Struktur
unseres Körpers schon darlegen wird.
Stähle, die in der Technik als ausgesprochen korrosionsstabil gelten, so z.B. die
V2A-Stähle oder Stähle aus Kobaltbasislegierung, ja selbst veredelte Titanlegierungen
werden im menschlichen Körper zerstört. Stähle, die im Schiffsbau dem Meerwasser über
viele Jahrzehnte trotzen könnten, ist der Körper mit seinem nahezu neutralen PH in der
Lage, zu korrodieren. Möglich wird dieses erstaunliche Phänomen dadurch, daß der
Körper in der Lage ist, im Bereich der feinsten Oberflächen Einkerbungen oder
konstruktionsbedingt Einkerbungen ein Mikromillieu zu schaffen, daß bei höchstem
Säuregrad aggressiv Metalllegierungen korrodieren. Durch Optimierung der Legierung und
der Oberflächenbearbeitung konnte hier von der werkstoffwissenschaftlichen Seite eine
erhebliche Verbesserung bezüglich Verträglichkeit und Stabilität des eingebrachten
Metallimplantates erzielt werden. Die sogenannte Bioakzeptanz des Fremdmaterials wurde
hiermit erheblich verbessert. Aber eben nur verbessert, eine optimale Lösung konnte bis
zum heutigen Tag für kein in den Körper eingebrachtes Fremdmaterial, nicht nur bei den
Metallen, sondern auch nicht bei den Kunststoffen, gefunden werden.
Was im technischen Bereich als ausgesprochen korrosionsstabil und witterungsstabil gilt,
wird durch die Bank im Körper nach unterschiedlich langer Stehzeit verändert, in seiner
Struktur zerstört und von Körpergeweben oder -säften durchdrungen.
Vielleicht leuchtet Ihnen dieses Phänomen ein, wenn Sie an eine von Ihnen allen gemachte
alltägliche Erfahrung denken. Sie alle haben eine Brille, eine Lesebrille oder eine
Sonnenbrille und werden feststellen, daß die Kunststoffauflieger, die den angenehmen
Tragekomfort an der Nase gewährleisten, nach einem 1/2 oder 1 Jahr bereits bezüglich
Farbe und Konsistenz Veränderungen zeigt. Noch nicht einmal im Bereich des Hautkontaktes
gelingt es einen Kunststoff herzustellen, der auf der einen Seite so weich ist, daß er
vom Körper mit Komfort akzeptiert wird, auf der anderen Seite so widerstandsfähig ist,
daß er durch die Körperflüssigkeiten, - in diesem Fall vom Schweiß -, nicht zerstört
wird. Gleiches gilt auch für die Adapter von Hörgeräten und andern in den Körper
eingebrachten Kunststoffen.
Ich möchte in keinem Fall den Eindruck erwecken, daß auf werkstoffwissenschaftlichen
Gebiet hier nicht ganz hervorragende Erfolge in den letzten Jahrzehnten erzielt wurden,
die sich sehr deutlich in der Bioakzeptanz und Biopraktikabilität von Implantaten
niedergeschlagen hatten, haben, und demzufolge auch in der Stehzeit dieser jeweiligen
Implantate im Sinne ihrer Funktion. Trotz allem wurden dauerhafte Lösungen immer nicht
erzielt. Diese Forderung der dauerhaften Lösung wird um so dringender, wie auf der einen
Seite das Patientengut, das Implantate benötigt jünger wird, bzw. von Menschen
Behinderungen heute nicht mehr hingenommen werden, sondern nach Implantaten verlangt wird,
auf der anderen Seite die Lebenserwartung der Implantatträger sich ganz erheblich
verlängert. Ein Implantat, das bei einem heute 60jährigen eingebracht wird, muß in der
Regel eine Stehzeit von nahezu 30 Jahren gewährleisten und diese Gewährleistung können
wir heute noch nicht erbringen. Der Grund hierfür liegt neben dem oben Angesprochenen in
einem grundsätzlichen Problem biologischen Lebens.
Es ist ein Grundgesetz, daß jeder Organismus, sei es der Einzeller oder sei es der sehr
komplizierte Mechanismus eines menschlichen Organismus, nur dann bestehen kann, wenn er
seine Individualität bewahrt. Individualität bewahren heißt jedoch, daß der jeweilige
Organismus mit sehr komplexe Eigenschaften in der Lage sein muß, jegliche chemische,
physikalische und mechanische Beeinträchtigung auf einem möglichst hohen Niveau
abzuwehren. Gelingt ihm diese Abwehr nicht mehr, so wird er von dem jeweiligen auf ihn
einwirkenden Phänomen durchdrungen, verändert, zerstört.
Ich möchte Ihnen das an ein paar Beispielen deutlich machen:
Wenn Sie die hochwertigste Nahrung, die Sie zu sich nehmen, sterilisieren würden,
pürrieren würden, und würden sie dann also Infusion in eine Vene einführen, so würden
Sie den umgehenden Tod des Individuums herbeiführen. Das heißt, unsere Nahrung ist als
solches für uns tödlich. Nur weil unser Darm und unser Körper sehr wohl in der Lage
sind, alles was wir über den Mund aufnehmen zu erkennen, aufzuschlüsseln und aufzuteilen
in Substanzen, die er nach Aufspaltung akzeptieren und Substanzen die er nicht akzeptiert
und ausscheidet, können wir aus unserer Nahrung die für uns notwendigen Substanzen
herausziehen.
Die gleichzeitig milliardenfach aufgenommen Bakterien können wir zum Teil sinnvoll im
Rahmen unserer Verdauung einsetzen, darüber hinaus sind wir in der Lage sie problemlos
täglich, minütlich und zu jeder Sekunde zu zerstören, so daß sie uns nicht zerstören
können. Gleichzeitig atmen wir mit jedem Atemzug Milliarden von Bakterien ein. Auch diese
Bakterien, die uns sonst zerstören würden, sind wir in der Lage problemlos abzutöten,
solange wie unser Körper lebt.
Die Sonneneinstrahlung auf unseren Körper, wenn wir uns an einem warmen Tag frei bewegen,
würde unseren Organismus, noch dazu bei seinen sehr hohen Stoffwechselvorgängen
aufheizen, so daß wir sehr schnell die 40 Gradgrenze überschreiten würden. Unser
Eiweiß würde dann denaturieren und wir müßten sterben.
Auch hier sind wir in der Lage dem physikalischen Angriff der Wärme uns zu erwehren,
gleiches gilt für die Kälte. Licht und Sonne würden die Stoffwechselvorgänge in
unserer Haut so stören, daß wir in kürzester Zeit neben Verbrennungen krebsartige
Veränderungen in der Haut erleiden würden. Wir brauchen uns hier nur die bedauernswerten
Albinos ansehen.
Alles was ich eben kursorisch angerissen habe, sind keine Hirngespinste. Wir brauchen uns
nur einen toten Warmblüterorganismus ansehen, der nicht mehr in der Lage ist, sich gegen
alle diese Einflüsse zu erwehren. Legen Sie einen toten Warmblüterorganismus aus im
Sommer, so wird er binnen kürzester Zeit verfaulen, zersetzt werden, Bakterien werden
diesen Organismus zerstören und seine Individualität aufheben und ihn wieder
zurückführen zu den elementaren Bausteinen.
Gleiches gilt auch für jeden Fremdkörper, den wir makroskopisch in den Körper
einbringen. Sobald in den Körper etwas eindringt, was er als nicht sein eigen erkennt,
wird er sich durch Narbenbildung gegen die Verletzung wehren und seine Integrität
wiederherstellen. Wenn er den Fremdkörper nicht durch Eiterung aus dem Körper
hinausbefördern kann - siehe z.B. herauseiternde Splitter - so wird er versuchen, den
Fremdkörper sozusagen zu extraterritorialisieren, indem er ihn mit einer
Bindegewebsschicht umzieht. Eine Bindegewebsschicht, die nach fester Narbenbildung frei
von Blutgefäßen sozusagen einen unbelebten Sack um den Fremdkörper bilden. So ist er
dann den Eindringling zwar nicht losgeworden, aber er hat es geschafft, ihn aus den
belebten Stoffwechselvorgängen seines Körpers auszuschließen.
Übertragen Sie dies nun einmal auf ein künstliches Hüftimplantat. Der eingebrachte
Fremdkörper ist sowohl, wie wir oben angesprochen haben, von seiner Legierung her nicht
stabil, er hat bezüglich seiner Elastizität nicht die Eigenschaft von Knochen, er ist
häufig sogar am biologisch falschen Ort eingebracht. Z. B. das Hüftimplantat wird in den
Markraum des Oberschenkelknochens eingebracht, einem Ort, in dem der Körper sonst keine
feste Strukturen vorfindet. Der Stahl besitzt eine andere spezifische Temperatur, eine
andere Elastizität und erscheint dem menschlichen Mechanismus durch korrosive
Oberflächenabsonderungen als unbiologisch, evtl. sogar toxisch. Unterliegt der
Fremdkörper, wie im Falle des Hüftgelenkimplantates, noch ganz erheblichen
mechanisch/physikalischen Einflüssen, so wird der Körper vor allen Dingen im Bereich von
Spitzenspannungen diese als unphysiologisch, d.h. unbiologisch empfinden, und wird sich
dieser Spitzenbelastung entziehen.
Ziehen wir die Bilanz des oben geschilderten Phänomens, so müßten wir resignieren und
feststellen, es ist nicht möglich, in den menschlichen Körper etwas einzubringen, was
von Natur nicht vorgesehen ist. Der Körper wird es in jedem Fall abstoßen. Dieses
Naturgesetz ist und bleibt bestehen und stellt die Problematik bei jeglicher Endoprothetik
dar. Die einzige Lösung, die wir hierfür haben, kann nur die sein, daß wir die Biologie
akzeptieren und uns bemühen, zwischen dem im gegebenen Fall erforderlichen Implantat auf
der einen Seite, und dem natürlichen Organismus auf der anderen Seite, einen möglichst
optimalen Kompromiß auf höchstem Niveau zu finden.
Es kann nicht unser Bestreben sein, und würde auch unweigerlich ein Scheitern bedeuten,
die Natur zu verändern, bzw. zu überlisten, sondern es muß unser Bestreben sein, unser
Implantat an die Gegebenheiten der Natur möglichst optimal anzupassen. Dies bedeutet im
Bereich der Materialwissenschaften, wir müssen ein Implantat finden, daß bei aller oben
angesprochener Problematik möglichst stabil ist, d.h. möglichst biokompatibel. Nicht nur
auf der Ebene der Korrosion, sondern auch der Elastizität, der spezifischen Temperatur
und aller uns sonst zugänglichen physikalischen Daten. Darüber hinaus müssen wir dem
Implantat ein Design geben und wir müssen das Implantat in der Form plazieren, daß wir
uns in das natürlich vorgegebene Bewegungsmuster und den Belastungsfluß harmonisch
einfügen. Wann immer wir dem Körper etwas aufzuzwingen versuchen, werden wir scheitern.
Die bisherige Philosophie der künstlichen Gelenkimplantate ist dem oben geschilderten
Primat gefolgt. Bezüglich der Materialkunde wurden hervorragende Erfolge erzielt. Auf dem
Gebiet der Oberflächenbeschaffenheit von Gleitpaarung, der sogenannten Trippologie,
konnte unter anderem z. B. durch die Einführung von Keramik sehr große Erfolge erzielt
werden. Kunststoffen, wo sie bis zum heutigen Tag teilweise noch erforderlich sind, wurden
verbessert. Zum überwiegenden Teil konnten sie gerade im Bereich der Hüftendoprothetik
verlassen werden und durch die biologisch wesentlich verträglichere trippologisch bessere
Keramik ersetzt werden.
Ein bis zum heutigen Tag nicht optimal gelöstes Problem stellt zum einen das ideale
Design des Implantates dar. Hinweis hierfür mag sein, daß allein in Deutschland über
150 verschiedene Designvarianten für Hüftimplantate im Einsatz sind, und das bis zum
heutigen Tag noch nicht optimal gelöste Verankerungsproblem des Implantates, daß wohl
letztendlich auch nie optimal vor dem Hintergrund des oben gesagten lösbar sein wird.
Es war das Bestreben erfahrener Operateure auf dem Gebiet des Endoprothetik bei der
zementfreien Verankerung von Implantaten, eine möglichst großflächige, kraftflüssige
und trajektorengerechte, d. h. im Sinne der Kraftlinien optimal eingebrachte Verankerung
eines Implantates herbeizuführen. Hierbei ergab sich jedoch ein zwangsläufiger
Qualitätssprung.
Das wir heute in einem Zeitalter der Informationen leben, ist eine Binsenweisheit.
Selbstverständlich hat diese Informationsgewinnung auch in der Medizin frühzeitig und
sehr umfangreich Einzug gehalten. Wir sind heute in der Lage durch computertomographische
Schichtaufnahmen des Körpers sehr differenzierte und detaillierte Informationen über das
Bauprinzip des menschlichen Organismus zu gewinnen, auch im Bereich des Skeletts. Die
hierdurch sehr präzise, in 3 D- Darstellung reproduzierbaren Daten erlauben uns, sowohl
die bestehenden angeborenen, oder durch Verschleiß entstandene Fehlstellungen und
Fehlformgebungen im Bereich von einem Gelenk zu erkennen, die nicht selten zum
frühzeitigen Verschleiß des Gelenkes und damit der Notwendigkeit eines künstlichen
Gelenkersatzes geführt haben. Die große Problematik besteht jedoch darin, diese
Information dann intraoperativ im Sinne einer optimalen Gelenkimplantation umzusetzen.
Man geht heute davon aus, daß nur etwa 30 . 40 % der präoperativ möglichen zu
gewinnenden Informationen intraoperativ umgesetzt werden können. Das liegt daran, daß
eine Operation trotz aller technischen Verbesserungen vom Grundsatz her immer noch eine
rein handwerkliche Umsetzung durch den Operateur darstellt.
Da nach persönlicher Einstellung zur Medizin mag nun bei dem einen oder anderen eine
gewisse Häme bezüglich der manuellen Fähigkeit oder Unfähigkeit von Operateuren
aufkommen.
Um dem entgegenzutreten, möchte ich Ihnen deutlich machen, daß gerade im Respekt vor dem
Körper, der biologischen Substanz und der Notwendigkeit, biologische Strukturen
möglichst wenig durch den operativen Eingriff zu stören, es eben nicht möglich ist,
einen menschlichen Oberschenkelknochen oder ein Hüftgelenk wie ein Werkstück auf der
Werkbank zu exponieren. Gerade vor dem Hintergrund der in letzter Zeit mit dem Schlagwort
der minimal- invasiven Chirurgie belegten Maxime, eine Forderung, der sich
knochenchirurgisch tätige Ärzte schon immer verpflichtet gesehen haben, um die
Funktionstüchtigkeit eines menschlichen Organismus zu erhalten, ist es notwendig durch
immer kleinere Zugänge nur einen sehr indirekten Zugang zum Operationsgebiet zu schaffen.
Dies bedeutet aber, daß die menschliche Hand und das handwerkliche Vorgehen an Grenzen
stoßen, die es nicht ermöglichen, z. B. bei einem im Oberschenkel verankerten Implantat
über eine Länge von 15 - 20 cm im Oberschenkelschaft eine Präzisionsfräsung
durchzuführen, zur Aufnahme eines dreidimensionalen Körpers, eben des Implantates. Hier
kann nun unseres Erachtens durch den Einsatz von Robotertechnik eine deutliche
Verbesserung geschaffen werden.
Das vorgestellte System CASPAR ist unseres Erachtens im Einsatzgebiet in hervorragender
Weise geeignet, dies bisherige Lücke zwischen den präoperativ gewonnenen Daten und der
intraoperativ möglichen Umsetzung zu schließen. Es beinhaltet zum einen eine
hervorragende dreidimensionale Planungsstation, die es uns ermöglicht, durch eine
computertomographische Röntgenuntersuchung eine 3 D- Darstellung es gesamten
Hüftgelenkes auf dem PC dem Operateur zur Verfügung zu stellen. Die Strahlenbelastung
sind hierbei für den Patienten gering, letztendlich nicht wesentlich höher wie eine
bisherige konventionelle Röntgenaufnahme in 2 Ebenen.
Es kann dann ohne Belästigung des Patienten, ohne jegliche Gefährdung und ohne jegliche
Zeitdruck auf dem PC in dreidimensionaler Darstellung die optimale Implantatlage,
Implantatgröße und auch das entsprechende Implantat ausgewählt werden. Wie bereits
angesprochen, können angeborene oder erworbene Fehlstellungen, die zum Verschleiß des
Gelenkes geführt haben, nach wissenschaftlichen Kriterien ausgeglichen und korrigiert
werden. Die so gewonnene optimale Implantatposition stellt für den Operateur an sich
schon einen enormen Informationsgewinn und eine Schulung dar, so daß selbst sie für sich
genommen schon geeignet ist, eine erhebliche Verbesserung im Bereich der Implantologie
herbeizuführen.
Der 2. Partner, der intraoperativ eingesetzte Roboter, ist die logische Weiterführung und
Konsequenz. Er ermöglicht ohne Informations- und Qualitätsverlust die direkte Umsetzung
des präoperativen Planes. Bei konventionell durchgeführter Operationstechnik, die weiter
bestehen bleibt, und bei der der Operateur zu jedem Zeitpunkt klar das Operationsgeschehen
bestimmt, wird der handwerkliche Schritt der Schaftpräparation also das handwerkliche
Zurichten des Oberschenkelschaftes zur Aufnahme des künstlichen Hüftimplantates durch
den intraoperativen Einsatz des Roboters übernommen. Die sonst handwerklich
durchgeführte Fräsung, die zu einem Oberflächenkontakt von 30 - 40 % führt, kann nun
vom Roboter, wie präoperativ geplant, vorgenommen werden. Das Implantatbett wird mit
einer Genauigkeitstoleranz von 0,1 mm gefräst. Ein Oberflächenkontakt von über 90 %
wird erzielt. Dies bedeutet, daß neben der Optimierung der Position eine nahezu
Verdreifachung des Oberflächenkontaktes erzielt wird und dabei eine Vermeidung von
Spitzenbelastungen, die als unphysiologisch empfunden werden.
Entgegen einer meist unbegründeten Befürchtung, wird durch den Einsatz des Roboters die
Operation nicht zu einer entmenschten Apparateoperation, ganz im Gegenteil, der Operateur
wird in die Lage gesetzt, durch Hightech- Diagnostik sich sehr individuell mit den
Bedingungen des Patienten auseinanderzusetzen, die Operation optimal auf die individuellen
Bedingungen des Patienten abzustimmen uns so bei voller Verantwortung in dessen, den
Roboter gezielt in den Bereichen einzusetzen, dank intelligenter Vorplanung
robotergesteuerter mechanischer Einsatz präziser ist, als handwerkliche Arbeit.
Die gesamte präoperative Diagnostik, präoperative computerassistierte Planung und der
intraoperative Robotereinsatz haben die Kommunikation zwischen Arzt und Individuum
intensiviert und auf ein höheres intellektuelles Niveau gehoben, um die biologischen
Belange des Organismus bessert beachten zu können, im Interesse einer besseren, längeren
Implantatefunktion. Der Roboter führt weder von den Intention noch von der realen
Operationssituation zu keinem Moment ein Eigenleben.
Vor diesem Hintergrund haben wir es auch für gerechtfertigt gehalten, einen Roboter am
Menschen einzusetzen, gleich wenn vom industriellen Einsatz des Roboters die enge
Kooperation von Mensch und Roboter nicht vorgesehen ist, ja sogar durch Vorschriften
verboten wird. Im Bewußtsein der hohen Verantwortung, die damit verbunden ist, Roboter
und Mensch sowohl in der Beziehung Roboter und Operateur, wie auch in der Beziehung
Roboter und Patient wirksam werden zu lassen, wurde höchstes technisches Know-how
eingesetzt, um jegliche erdenkliche Sicherheit zu schaffen.
Ich habe betont darauf verzichtet, Ihnen Operationsszenarien zu schildern, auch wenn diese
uns allen je nach psychischer Konstitution positiv, unheimlich oder abstoßend, meist
emotional sehr nahe gehen. Der tägliche Alltag, der uns auch als Operateure gelehrt hat,
den Roboter als eine dienstbare technische Einrichtung in unserer Operationsplanung mit
einzubauen, ist letztendlich fachliches Know-how des Operateurs, mit dem er allenfalls
kokettieren kann. Mir war es wichtig Ihnen darzulegen, warum auch am Ende des 2.
Jahrtausends, zu einem Zeitpunkt vermeintlich höchster technischer Entwicklung, es noch
große Probleme bereitet, ein einfaches Implantat auch Dauer und Nutzen des
Implantateträgers zu verankern, und warum wir mit dem Roboter unseres Erachtens zwar
einen beträchtlichen Schritt weitergekommen sind, letztendlich doch nie am Ende einer
Entwicklung stehen, da sie bedeuten würde, daß wir eine jahrmillionendauernde Schöpfung
binnen weniger Wochen und Stunden ärztlicher Behandlung, nachempfinden und imitieren
müßten ...
1208 Erste
klinische Daten zum CAS-System CASPAR vorgelegt
(Erlangen) Erstmals werden jetzt klinische Ergebnisse des Einsatzes des
computergestützten Operationsplanungs- und Robotersystems CASPAR vorgelegt. Die
Operationen mit CASPAR wurden unter Leitung von Prof. Dr. F.F. Hennig an der
Unfallchirurgie der Universität Erlangen durchgeführt. In einem Interview berichtete
Prof. Hennig über die bisherigen Resultate des CASPAR-Einsatzes im Rahmen der
Hüftendoprothetik.
gesundheit-online.de: Prof. Hennig, welchen Sinn resp. welche potentiellen Vorteile sehen
Sie in der computergestützten Operationsplanung und der Roboter-Unterstützung bei realen
Operationen in der orthopädischen Endoprothetik?
Prof. Hennig: Sie sprechen die beiden Systeme an. Beide bedeuten eine Gewinn bezüglich
präoperativer Planung und präziser Operationsdurchführung.
Die computergestützte Operationsplanung erlaubt nach Durchführen einer
computertomographischen Untersuchung der Oberschenkelbeckenregion die dreidimensionale
Implantation eines ausgewählten Hüftschaftimplantates in den individuellen Knochen des
Patienten. Hierbei können sowohl die jeweiligen Rotationsstellung des Schenkelhalses, wie
auch die individuelle Dimensionierung des Oberschenkelschaftes berücksichtigt werden.
Durch das Auflösen in zahlreiche Querschnittsbilder kann der Sitz des Implantates über
seine gesamte Länge räumlich kontrolliert werden. Die exakte Größenauswahl und
Positionierung des Schaftimplantates ist somit möglich, in einer Form wie es
intraoperativ in dieser Präzision von Hand nicht durchgeführt werden kann, da
selbstverständlich nicht der gesamte Oberschenkelknochen freigelegt werden kann.
Die roboterunterstützte Implantation des Schaftes im Operationssaal ermöglicht nun die
präoperativ gewonnenen Erkenntnisse und die exakte Operationsplanung im vollen Umfang
umzusetzen.
Selbstverständlich haben wir auch früher eine präoperative Planung durchgeführt, dies
jedoch nur am zweidimensionalen Bild in 2 Ebenen. Darüber hinaus ergab sich die
Schwierigkeit, die präoperative Planung in allen Details exakt intraoperativ handwerklich
umzusetzen.
gesundheit-online.de: Welche wesentlichen Fehler der Hüft- und Knieendoprothetik können
- potentiell - mit CAS-Systemen und computergesteuerten Operationsroboter vermeidbar sein?
Prof. Hennig: Die computergestützte Operationsplanung und die roboterunterstützte
Operationsdurchführung ermöglicht eine standardisierte Implantatverankerung. Für den
Operateur durch konservative Röntgenaufnahmen, genau so wenig wie durch intraoperative
Inspektion ersichtliche, individuelle Form und Stellungsvarianten der jeweiligen Knochen
können exakt berücksichtigt, ggf. ausgeglichen werden.
gesundheit-online.de: Die Operationsplanung beim CASPAR-System wird nach operativem
Einsetzen der Referenzstifte und der Erstellung einer Serie von CT- Bildern am Computer
durchgeführt. Kann eines Tages auf diese zusätzliche operative Belastung der Patienten
verzichtet werden, d.h. sind z.B. berührungslose Registrierungssysteme in Entwicklung?
Prof. Hennig: Die exakte Lageerfassung des Knochens, der das Implantat aufnehmen soll, ist
eine alles entscheidende Voraussetzung für eine korrekte Implantation. Wir müssen uns
vor Augen führen, daß wir hier über Toleranzen von 0,1 mm sprechen. Völlig
kontaktfreie Form- und Lageerkennungssysteme können mit den präoperativ gewonnen
computertomographischen Bildern heute noch nicht mit ausreichender Sicherheit
deckungsgleich gebracht werden. Das dies in der Zukunft einmal möglich ist, ist durchaus
vorstellbar.
gesundheit-online.de: Stellt das präoperativ notwendige CT eine zusätzliche Belastung
gegenüber der herkömmlichen präoperativen Radiologie dar? In welchem Umfang sind
intraoperative Durchleuchtungen notwendig? Wenn ja, in welcher Relation steht eine solche
zusätzliche Strahlenbelastung zu dem zu erwarteten Zugewinn der Operation?
Prof. Hennig: Die computertomographische Untersuchung stellt für die jeweils betroffene
Gewebezelle keine hohe Strahlenbelastung dar. Gerade die Schichttechnik vermeidet die
Summationsstrahlenbelastung von ganzen Gewebsschichten und ist somit keine wesentliche
Strahlenbelastung für den Patienten. Die Strahlenbelastung kann in etwa mit der Belastung
durch Strahlen während einer Flugfernreise verglichen werden.
gesundheit-online.de: Im Rahmen der präoperativen Planungsphase können bereits
"digitale Abbilder" der später verwendeten Prothesen in die 3D-Simulation
eingebaut werden. Wieviel solcher Datensätze, d.h. Produktinformationen, verwenden Sie in
Ihrer Klinik? Fordert ein so ausgefeiltes Planungsinstrument wie die CASPAR-Software nicht
geradezu die Herstellung individuell gefertigter Prothesen, um die Ergebnisse noch weiter
zu optimieren?
Prof. Hennig: Wenn wir uns vor Augen halten, daß die Oberfläche einer jeden Prothese
berechnet wird, die daraus ermittelte Fräsbahn durch mehrere Laborversuche überprüft
wird, und erst dann beim Menschen zum Einsatz kommt, so halte ich es heute noch für
weitaus sicherer, mit kalibrierten konvektionierten Implantanten zu arbeiten. Hinter
diesen Implantaten steht auf der Fertigungsseite eine hohe Produktionssicherheit, die
durch intensive werkstoffwissenschaftliche Überprüfungen gewährleistet wird, auf der
Seite der Software und Robotersteuerung jeweils eine ausführliche Testphase bevor das
Robotersystem am Patienten zum Einsatz kommt. Eine individuell gefertigte Prothese würde
weder im Bereich der Fertigung, noch im Bereich der Robotersteuerung, diese hohe
Sicherheitsgarantie bieten.
gesundheit-online.de: Wie genau stimmte die präoperative Simulation bei CASPAR mit der
intraoperativen erzielten Genauigkeit der Roboteraktivität überein?
Prof. Hennig: Die mit dem Roboter erzielte Implantatverankerung entsprach in allen Fällen
vor dem Hintergrund postoperativer konventioneller Röntgendiagnostik im vollen Umfang der
Planung.
gesundheit-online.de: Welche Genauigkeit der gefrästen Implantatschäfte konnten Sie bei
Ihren realen Einsätzen mit CASPAR im Vergleich zur manuellen Femuraushöhlung erreichen?
Haben Sie zementiert oder nicht- zementierte Prothesen eingesetzt?
Prof. Hennig: Wie bereits oben erwähnt, kommt der Roboter bei uns nur zum Einsatz, bei
der zementfreien Implantation. Die Paßgenauigkeit des Implantatlagers - natürlich
überprüft unter Laborbedingungen - war über 90 % Oberflächenkontakt. Darüber hinaus
zeigte die Knochenoberfläche des Implantatlagers eine Glatte Schnittfläche ohne
Oberflächenzerstörung oder Quetschungen. Die manuelle Implantation erreichte diese
Oberflächenbündigkeit nicht einmal zur Hälfte. Darüber hinaus weist die
Knochenoberfläche des Schaftlagers erhebliche Knochenbälkchenzerstörungen und
Quetschungen auf, da bei manueller Verankerung mit dem sogenannten press-fit gearbeitet
wird, d.h. untermaßiger Fräsung mit dann eingepreßter Verankerung des Implantates.
gesundheit-online.de: Gab es unerwartete Roboteraktivitäten?
Prof. Hennig: Unerwartete Roboteraktivitäten sind in keinem Fall eingetreten und können
auch nicht eintreten, da jeder Verfahrensschritt mehrfach redundant überprüft wird,
darüber hinaus alle 32 Millisekunden eine Überprüfung des Systems mit den zu Grunde
liegenden Daten erfolgt.
Sicherheitsabschaltungen des Roboters kamen vor. Das System konnte dann jedoch
intraoperativ mit einer Verzögerung von ca. 10 Minuten wieder hochgefahren werden, unter
Wahrung sämtlicher Sicherheitsvorkehrungen, so daß eine Fortführung der Fräsarbeit
exakt am Punkt des Ausstiegs durchgeführt werden konnten.
gesundheit-online.de: Sind Sie - summa summarum - mit den bisherigen Ergebnissen des
CASPAR-Einsatzes zufrieden?
Prof. Hennig: Das röntgenologisch erzielte Operationsergebnis hat uns in jedem Fall voll
überzeugt. Nach den ersten 2 postoperativen Tagen zeigten alle Patienten eine deutlich
geringere Schmerzbelastung, demzufolge eine größere Bewegungsbereitschaft und
Bewegungsfähigkeit im Gelenk. Alle Patienten konnten im Vergleich zur Handoperation in
deutlich mobilerem Zustand in die Rehabilitation übergeben werden.
gesundheit-online.de: Sind CAS-Systeme durch unser derzeitiges Gesundheitswesen eigentlich
finanzierbar, besonders in Hinsicht darauf, daß erst in 10-15 Jahren Genaueres über das
qualitative Kosten-Nutzen-Verhältnis bekannt sein wird?
Prof. Hennig: Vor dem Hintergrund der Fallpauschale in der Endoprothetik muß die Frage,
ob ein Robotersystem bezahlbar ist, grundsätzlich bejaht werden. Da jedoch die
Fallpauschale die durchaus als ein positives marktwirtschaftliches Instrument angesprochen
werden kann, durch dirigistische planwirtschaftliche Vorgaben der Krankenkassen bezüglich
der Liegedauer wieder in ihre Leistungsfähigkeit und Betriebswirtschaftlichkeit erheblich
eingeschränkt wird, ergeben sich vor dem Hintergrund der nun neuerlich bestehenden
Bestimmung doch Probleme, dieses für den Patienten so notwendige System in der
Fallpauschale unterzubringen.
Prof. Hennig, vielen Dank für dieses Gespräch!
Texte: Prof. Dr. med. Hennig
Sämtliches Bild: Archiv Universität Erlangen-Nürnberg
Internet:www.uni-erlangen.de/docs/FAUWWW/Fakultaeten/Fakultaetenhome.html
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