1300 Erde an Weltall bitte
kommen! Das aktuelle Projekt MEDEX am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in
einem visionären Rückblick aus der Zukunft
"Auch die weiteste Reise begann mit einem kleinen Schritt" (chin. Sprichwort)
Wir schreiben das Jahr 2027: Die Menschheit hat auf dem Mond feste Außenposten
errichtet, die japanischen Zukunftsvisionen wurden wahr, und auf dem Mondhospital weht
neben vielen anderen auch die deutsche Flagge. Vom bemannten Flug zum Mars kommen
augenblicklich die meisten interstellaren Patienten, mit Problemen wie Muskelschwund und
Osteoporose, Beziehungsstreß und Libido-Verlust sowie Schäden durch Weltraumstrahlung.
Das luna-stationäre Ärzteteam kontrolliert auf allen Missionen Astronauten und
Kosmonauten mit Sensoren-Anzügen, welche die Vitalfunktionen wie Herzschlag, Blutdruck
und Atmung per Funksignal übermitteln. Auf der Erde sind Frühwarnsysteme dieser Art
bereits seit 30 Jahren erfolgreich im Einsatz: Die von dem Deutschen Luft- und
Raumfahrtzentrum entwickelten Westen wurden umfunktioniert und melden Alarm bei Anzeichen
auf "Plötzlichen Kindstod", 1997 getestet in einem Pilotprojekt an der Kölner
Kinderklinik in Porz. Mit Hilfe der ursprünglich als Astronautenanzüge entwickelten
Strampelanzüge werden mittels integrierter Sensoren Herz- und Atemfreqenz des Babys
digital an das Krankenhaus übermittelt.
Weltraumgetestet waren auch chirurgische Eingriffe per Fernsteuerung, die zum ersten
Mal 1996 im Münchener Klinikum rechts der Isar in Form einer endokopischen Spiegelung
durchgeführt wurde. Für die bemannte Raumfahrt mittlerweile unerläßlich, führt ein
ferngesteuerter Roboter mit absoluter Professionalität und Sicherheit die Instruktionen
des Arztes über weite Distanzen aus.
MEDEX steht für Medical Experiment Support System: Eine Miniklinik, die die
physiologischen Belastungen der Astronauten-Crews kontrolliert: So hat beispielsweise die
Schwerelosigkeit weitreichende Auswirkungen auf den menschlichen Organismus; die
Blutflußgeschwindigkeit oder auch die Verteilung der Körperflüssigkeit werden daher
online aufgezeichnet und unmittelbar ausgewertet.
Experimente an Bord der MIR im Jahre 1997 zum Stoffwechsel sowie zur Aufnahme und zum
Abbau von Kalzium in den Knochen gaben auch Erkenntnisse über Osteoporose - ein
besonderes Problem für Astronauten, denn unter Weltraumbedingungen kann Knochenschwund
innerhalb weniger Monate entstehen. Hier helfen altbewährte Rezepturen wie auch auf
Mutter Erde: Viel Bewegung, richtige Ernährung ( fettarme Milch, Milch- und
Getreideprodukte) mit ausreichender Calziumaufnahme. Die empfohlene Calciummenge für
heranwachsene Erdbewohner ist mit 1000mg angegeben. Im Weltall strikt verboten, auf der
Erde schlichtweg nachteilige Angewohnheiten: Rauchen und Alkohol wirken ebenfalls als
Calciumkiller.
Expeditionsteams Richtung Mars büßen an ihrer Lebenserwartung, denn mit mit jedem
Ausflug in die weiten des Universums verlassen die Astronauten den magnetischen
Schutzschirm der Erde. Die Folge ist eine erhebliche Erhöhung des Krebsriskos, die
Mannschaften (und Astronautinnen) sind der harten kosmischen Stahlung ausgesetzt. In der
Raumstation MIR waren bereits UV-Meßgeräte in den 90er im Einsatz: Biofilme imitierten
die Reaktion der menschliche Haut und brachten zahlreiche Erkenntnisse über die damals
rapide gestiegenden Risiken von Sonnenbrand bis zu Hautkrebs aufgrund des größer
gewordenen Ozonlochs. Ein Personen-Dosimeter, ebenfalls eine Errungenschaft der
Weltraumforschung, warnt unsere Teams zu Land und (Weltraum-)Luft vor erhöhter Strahlung.
Ein Problem unserer Zeit ist dagegen ganz anderer Natur: Rückkehrer aus dem Kosmos
werden schon von unseren irdischen Ärzten erwartet: Die Astronauten müssen nach Monaten
der Schwerelosigkeit auf der Erde wieder das Laufen lernen. Und in Sachen Sex läuft auch
erstmal nichts: Der ganze Hormonhaushalt muß sich erst wieder auf unsere planetare
Bedingungen umstellen.
Text: Andreas Frädrich, Redaktionsdienst
Mit freundlicher Unterstützung von Jürgen Kornmann, Deutsches Luft- und
Raumfahrzentrum
Ausführliche Presseinformationen: Telemedizin zur Fern-Diagnose und -Betreuung von
Risiko-Personen und ambulanten Patienten:
hyperg.kp.dlr.de/pressestelle
Der Blick aus dem All: Aktuelle Satellitenbilder; Europa von oben; Ausbreitung des
Ozonlochs; Meerestemperaturen
www.dfd.dlr.de/de/AKTUELLES/sat_images.html
Besondere
Literaturempfehlung: Moon Handbook : A 21St-Century Travel Guide, Carl Koppeschaar, Susan
Massotty, Taschenbuch (November 1995) Moon Publications.
Dieser durchaus ernstzunehmende lunare Reiseführer in die Zukunft liefert Tips zu
Transport, Reisezeit, Unterbringungsmöglichkeiten, Klima und Sightsseeing-Attraktionen
auf dem Mond.
Bild 1300a: We Astronauten aus der Ferne medizinisch überwacht werden, lassen sich
auch auf der Erde Risikopersonen mittels Telemedizin über große Distanzen
"fernbetreuen". Hier die Demonstration eines von der DLR entwickelten Systems
zur Terminüberwachung von Risikobabies. (Foto: DLR)
Bild 1300b: Erprobung eines SyStems zur Früh- und ferndiagnose im DLR-Institut für
Luft- und Raumfahrtmedizin. Mittels derartiger Verfahren können Risikopersonen und
ambulante Patienten künftig über beliebige Distanzen ärztlich betreut werden. Das
Projekt ist ein Beispiel für die "irdische" Anwendung der Raumfahrtmedizin, die
wiederum auf der Mission MIR`97 mit zahlreichen Experimenten vertreten ist. (Foto: DLR)
Bild 1300c: Aus "Schritte auf dem Mond" (Zeichnung; Carlsen Comic, HergÈ)
Bild 1300d: Der Roboterarm von "Pathfinder" diente 1997 zur Untersuchung von
Gesteinsproben auf dem Mars zur Erkundschaftung der Lebensbedingungen im Rahmen künftiger
bemannter Raumflüge (Foto: NASA-Archiv)
Bild 1300e: Aus den Anfängen der Raumfahrt 1969; träumte 1865 noch Jules Verne von
der Erde zum Mond, gibt es mitttlererweile seriöse Reiseführer für künftige
Mond-Urlauber...(Foto: Redaktionsdienst-Archiv) |