1301 Da wird nicht nur das Ohr warm...
Gesundheitliches Risiko beim
Mobiltelefonieren?
Der Papst hat eins, und
einige wenige Journalisten und Individualisten leisten sich das verhältnismäßig teure
Vergnügen eines Sattelitentelefons. Unerheblich ob auf dem Kilimandscharo, in der
Antarktis oder in der Wüste Gobi: Der Empfang ist einwandfrei. Doch eine günstigere
Version ist wie auch bei anderen technischen Entwicklungen noch abzuwarten; bis dahin
hangelt sich der Mann von Welt von "Funkturm zu Funkturm": Roaming nennt sich
das Einbuchen bei fremden Mobilfunkdiensten und ermöglicht weltweit Telefonate z.B. aus
Hong Kong oder von den Kanaren vom eigenen Handy aus in die Heimat.
Ein erfolgreicher Beitrag zur
Globalisierung, doch Kritiker feinden die neue Freiheit an. Nicht nur Ärzte werden
zunehmend mit der Frage konfrontiert, ob hochfrequente elektromagnetische Felder
erheblichen oder gar schädigenden Einfluß auf den menschlichen Organismus haben. Dabei
müssen sich mittlererweile auch viele Mediziner "den Kopf zerbrechen", ob
Funkwellen von Mobiltelefonen gesundheitlichen Beeinträchtigungen verursachen - gerade
Ärzte sind zusehends auf flexible Kommunikationsformen angewiesen.
"Von Hitzewallungen im
Hirn" ("Spiegel 20/1997") war die Rede, wobei im Tierversuch Handystrahlen
die Bildung von Krebs begünstigen sollen. Der Forschungsstand ist umstritten,
schließlich boomt das Kommunikationsgeschäft.
Das "Deutsche
Ärzteblatt" (Heft93, 51-53) befaßte sich ebenfalls mit der Problematik und bezog
sich auf eine Pressekonferenz der Forschungsgemeinschaft Funk e.V.(FGF), ein
gemeinnütziger Verein, der von Bundesbehörden, Rundfunkanstalten, Funknetzbetreibern und
Geräteherstellern gemeinsam betrieben wird. Diskutiert wurde eine klinische Untersuchung
aus Lübeck, wonach hochfrequente elektromagnetische Funkwellen atypische Veränderungen
der Hirnstromkurven im Elektroenzephalogramm (EEG) verursachen würden.
In der Dezemberausgabe 1996
der "Edition Wissenschaft" von der FGF wurde zum Themea
"Biologisch-zerebrale Effekte in niederfrequente gepulsten Hochfrequenzfeldern"
zusammengefaßt:
Es konnten keine biologisch
relevanten Einflüsse durch von einem Funktelefon erzeugten elektromagnetische Felder auf
das Elektroenzephalogramm oder die kognitiven Leistungen des Menschens erfaßt werden.
In dem Newsletter der
Forschungsgemeinschaft Funk (Ausgabe3-97) wurde eine Studie an Testpersonen vorgestellt,
bei der Bedingungen herrschen wie beim Mobiltelefonieren im Auto. Zwischen der
Sendeantenne des 8-Watt-Funktelefons und dem Kopf der Testperson wurde ein Abstand von 45
cm eingehalten. Direkt ans Ohr werden normalerweise Mobiltelefone mit einer
2-Watt-Sendeleistung gehalten. Am Kopf der Probanden befestigte Elektroden eines
Elektroenzephalogramms (EEG) übermittelten die Werte der elektrischen Gehirnströmung. Um
jede psychologische Beeinflußung auszuschließen, wußten die 52 Probanden nicht, wann
das Magnetfeld angeschaltet war. Im Resultat zeigten die Meßergebnisse keine
signifikanten Unterschiede zwischen ein- und ausgeschaltetem Testfeld.
Unter den gleichen
Versuchsbedingungen führten Forscher auch neuropsychologische Tests durch. Das Ergebnis:
Weder Aufmerksamkeit noch Gedächtnis veränderten sich unter dem Einfluß
elektromagnetischer Wellen.
In dem Buch
"Elektromagnetische Verträglichkeit biologischer Systeme" wurde ebenfalls
resümiert: Aus medizinscher Sicht entsteht ein thermischer Effekt beim Handygebrauch, der
aber zu vernachlässigen ist in Bezug auf Zellwachstum oder die Krebsentstehung beim
menschlichen Organismus. Diesbezügliche Tierversuche z.B. bei Mäusen sind auf den
Menschen nicht übertragbar; nach Untersuchungen an Kopfmodellen erreicht der Wärmeeffekt
nicht das Hirngewebe, weil Luft oder Haut und Knochen die Zusatzwärme ableiten.
Demnach wird auch
ausdrücklich darauf hingewiesen, daß von einem Handy auch im geschlossenen Auto keine
schädigende Wirkung zu befürchten ist: Ein Funktelefon ist gefahrlos zu benutzen, es sei
denn, man fährt mit Tempo 200 auf der Autobahn und paßt nicht auf.
In diesem Zusammenhang sei
auf eine Testreihe vom ADAC (ADAC motorwelt 11/97) verwiesen: Die Konzentration beim
Mobiltelefonieren hinterm Steuer läßt ganz erheblich nach, da es dem Hirn an Recourcen
mangelt, die Infromationen "Fahren" und "Telefonieren" gleichzeitig zu
optimal zu bewältigen. Daher sollte in kritischen Situationen wie beim Fahren in hohen
Geschwindigkeiten, bei Glätte, bei schlechter Sicht oder im dichten Stadtverkehr
Telefonieren im Auto tabu sein.
Stop and Call lautet hier die
Devise - sonst gibt es mindestens einen Satz heiße Ohren beim nächsten Auffahrunfall...
Sonderhinweis:
Unvereinbar-
Mobiltelefonieren und Herzschrittmacher?
(Auszug aus der "Edition
Wissenschaft" von der Forschungsgemeinschaft Funk e.V., Mai 1996)
In der Studie
"Störbeeinflussung von Herzschrittmachern durch Mobilfunkgeräte" von W.Irnich,
L.Batz, R.Müller und R.Tobisch ergingen u.a. folgende Schlußfolgerungen:
C-Netz- oder
D-Netz-Mobilfunkgeräte können die Funktion von bis zu 27% aller zur Zeit implantieretn
Herzschrittmacher beinflussen. Eine Beeinflussung durch E-Netz-Moblilfunkgeräte konnte
nicht gefunden werden.
Alle beeinflußbaren
Schrittmacher nehmen nach Beendigung ihrer Störung ihren normalen Betrieb auf. Eine
Umprogrammierung erfolgt nicht. Eine Beeinträchtigung von Schrittmacherpatienten ist nur
durch Mobilfunkgeräte im D-Netz zu erwarten.
Bei Einhalten eines
Minimalabstandes von 25cm zwischen Herzschrittmacher und einem 2-Watt-Handy sowie 50cm bei
einem portablen 8-Watt-Gerät ist eine Beeinflussung von Herzschrittmachern
ausgeschlossen.
Am empfindlichsten reagieren
Herzschrittmacher, wenn das D-Mobilfunkgerät im Modus "Gesprächsaufbau" oder
"DTX-Modus" mit 2Hz getaktet wird.
Die Störfestgkeit bzw. auch
die Beeinflußbarkeit ist unabhängig von der Komplexibilität und der Qualität des
Herzschrittmachers.
Eine allgemeine Warnung von
Herzschrittmacherpatienten vor Mobilfunk ist nicht zweckmäßig, da etwa 2/3 aller
Patienten nicht beeinflußbar sind. In jedem Fall sollte vom Arzt um Aufklärung gebeten
werden, ob es sich unter Umständen um einen störbaren Herzschrittmacher handelt!
TV-Programmhinweis:
11.11.1997, Servicezeit WDR; um 18:20 Uhr
Text: Andreas Frädrich,
Redaktionsdienst
www.gesundheit-online.de
Mit freundlicher
Unterstützung der Forschungsgemeinschaft Funk e.V.
Detailinformationen bei der
FGF e.V.
Rathausgasse 11a
D-53111 Bonn
Telefon 0049-228-72622-0
Telefax 0049-228-7262211
"Edition
Wissenschaft"; ISSN 1430-1458
Literaturhinweise:
Bild 1301a: "Strahlen, Wellen, Felder"; Gemeinschaftsausgabe der
Verlage Gerorg Thieme, Stuttgart (ISBN 3-750601-8), und Deutscher Taschenbuch Verlag,
München (ISBN 3-423-11265-4); Über die elektromagenetischen
Umweltfaktoren, wie sie in der Natur vorkommen (Erdmagnetfelder, Gewitter,
Sonnenstrahlung) oder durch technische Anlagen hervorgerufen werden (Rundfunksender,
Röntgengeräte), sowie über Gefahren und Risiken, die von ihnen ausgehen. Erläutert
werden wichtige Begriffe aus Physik und Biologie, die heute vorhandenen Strahlungsquellen
und ihre biologischen Wirkungen. Mit Ratschlägen für das Verhalten im Alltag und
vertiefenden Informationen zu den einzelnen Fachgebieten
Bild 1301b: "Elektromagnetische Verträglichkeit biologischer
Systeme" von Karl Brinkmann und Gerd Friedrich; aktuelles Fachbuch in Deutsch-English
für Fachleute und Laien über die Untersuchungen (1993 bis 1997) des Einflusses
hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf menschliche und tierische Zellen, mit
Bewertung der Ergebnissse aus medizinischer Sicht; erschienen im VDE-Verlag Berlin und
Offenbach, ISBN 3-8007-2294-1
Bild 1301c: Monatlich wächst
die Zahl der Handybenutzer um ca. 10.000. Bis zum Jahr 2000 werden in Deutschland
voraussichtlich 12 bis 14 Millionen mobile Telefone im Einsatz sein; statistisch gesehen
jeder sechste Deutsche wäre mobil erreichbar (Foto: Redaktionsdienst-Archiv) |