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3555 "Zu Gast im Nervenkrankenhaus"
Kurzportrait: Alfred Hrdlicka feiert seinen 70.Geburtstag
Medizin und Gesundheit, Arm und Reich, Religion und Kirche, Kunst und Politik sind
Begriffspaare, die beliebig erweitert werden können und deren Sinnzusammenhang leicht
nachvollziehbar sind.
Auf dem ersten Blick erscheint der Sinn-Zusammenhang im Rahmen von "Medizin und
Gesundheit" Arbeiten des österreichischen Bildhauer, Maler, Zeichner und Graphiker
Alfred Hrdlicka vorzustellen als etwas ungewöhnlich.
Im Rahmen unserer Möglichkeit wollen wir die für Mediziner, Patienten und andere
vermutlich ungewöhnliche Sichtweise, die, wie der Künstler Hrdlicka psychische
Erkrankungen und deren Behandlungsmethoden sieht, zeigen. Hrdlicka hat seine Sicht in dem
Zyklus "Randolectil" festgehalten.
Konkreter Anlaß uns dem Thema "Psyche" zu widmen, ist die nicht zu übersehende
Zunahme "psychischer und psychosomatischer" Erkrankungen sowie die Tatsache,
daß Alfred Hrdlicka am 27.2.1998 in Wien seinen 70. Geburtstag feiert.
"Während seines "Einschleichversuches" in der Wahnwelt der Schizophrenen
einer österreichischen Heilanstalt kam der Künstler auf einige interessante Gedanken,
die sich Beschäftigungs- und "Kunst"-Therapeuten vielleicht aneignen sollten.
Was ihn wie jeden unvoreingenommen Besucher zunächst abstieß, war jener aus der
personellen Unterbesetzung der Anstalten resultierende autoritäre Stil auf den Stationen,
die "katastrophale Rechtlosigkeit der zur Unmündigkeit verurteilten und für ihre
Handlungen rein wissenschaftlich zwar unzurechnungsfähig erklärten, aber im Tagesbetrieb
der Kliniken immer wieder zu Rechenschaft gezogenen Individuen".....Er fordert eine
Gemeinschaft von Therapeuten und Kranken über vierundzwanzig Stunden am Tag. Die Helfer
sollen sich auf die Welt der Kranken einstellen und bei momentanen Schwankungen zum
Gesunden hin einhaken. Vielleicht sollte man es nicht nur als unmaßgebliche Ansicht eines
Laien bewerten, wenn Hrdlicka Anstaltspsychiater die Befähigung zu dieser Rolle
abspricht, denn ihm käme ja meist nur die Aufgabe des Diagnostikers, des Urteilenden, ja
Ver-Urteilenden zu, die er mit autoritärer Selbstherrlichkeit erfülle. Das ist
natürlich ein Pauschalurteil und damit so unzutreffend wie alle ihrer Art. Aber auch
viele Psychiater beklagen die starre Struktur der Institutionen, in denen der entrechte
Kranke dem kommandierenden Pflegepersonal gegenübersteht.
Auffallend bei den Radierungen ist, daß durch die technische Umsetzung die Assoziation an
Röntgenbilder bewirkt wird. Der Künstler zeigt allerdings auf seiner
"Röntgenaufnahme" nicht ein Organ oder ein Körperteil, sondern einen inneren
und äußeren Zustand.
In der Auseinandersetzung mit psychischen Erkrankungen und deren Behandlungsmethoden sind
auch Skulpturen wie "die große körperliche Kur", "Insulin" (und
andere) entstanden.
In der Radierung "Die Nachtwache" eine Paraphrase auf Rembrandts Nachtwache
erscheint ebenfalls "Insulin". Nicht nur "Rembrandts-Nachtwache"
beschäftigt uns bis heute, sondern auch Alfred Hrdlickas Zyklus "Randolectil",
der 1968 entstanden und heute, 30 Jahre später, an Aktualität nichts verloren hat...
Text: Gisela Schädel, Kunsthistorikerin aus Hamburg, für den Redaktionsdienst Bücher zum Thema aussuchen
Bild 3555a: Einladung (Gest.: Simone Walter)
Bild 3555b: Salome überreicht Herodias den Kopf Johannes des Täufers, 1990; Kunst der
Verführung
Bild 3555c: Estasi di santa Teresa, 1990; Kunst der Verführung
Bild 3555d: Alfred Hrdlicka im Atelier
Bild 3555e: Portrait
Bild 3555f: Portrait
Bild 3555g: Botschaft aus dem All, 1968; Hrdlicka Stellungnahme zum Zyklus:
"Randolectil" ist mein großer Zufallserfolg. Während meiner Studien in der
Klinik dachte ich an alles andere als denn an einen Radierzyklus........ Ich hatte vorher
nie die Absicht, 'die Welt der Geisteskranken' zu kontaktieren, und befand mich plötzlich
in einer praktischen und theoretischen Auseinandersetzung mit der Psychiatrie."
(Alfred Hrdlicka, Radierungen zur Psychopathologie, Verlag Ullstein)
Bild 3555h: Striptease in Soho, Gummitod I, II. Zustand, 1968
Bild 3555i: Insulin, weißer Carrara Marmor, 1968; Hrdlickas therapeutischer Vorschlag:
"Mit dem Kranken wie mit dem Normalen umzugehen, sich mit ihm verbünden und
versuchen, ihn auf diese Weise wieder mit der Realität zu konfrontieren. Das ist durchaus
realistisch............."
Bild 3555j: Die große Körperliche Kur (Körperhalluzinationenen),1969/1974; weißer
attischer Marmor
Bild 3555k: Die Nachtwache, IV.Zustand, 1968 (WK236)
Bild 3555l: Pasolini
Bild 3555m: Pasolini
Bild 3555n: Der Dompteur, 1973, Zeichnung
Bild 3555o: Santa Maria della Grazie, Lionardos Abendmahl, restauriert von Pier Paolo
Pasolini, 1984
Bild 3555p: Mutter aller Kriege, 1990
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