4301 "Ärzte für die Dritte
Welt" Über 200 unentgeltliche medizinische Einsätze pro Jahr
Im Frühjahr 1996 flog der Arzt Dr. Steffen Knorr (32) aus Heilbronn zu einem
unentgeltlichen Hilfseinsatz des Komitees "Ärzte für die Dritte Welt" auf die
Philippinen. Er war der 1000. deutsche Komitee-Arzt in einem medizinischen Notstandsgebiet
der Dritten Welt. Insgesamt wurden inzwischen weit über 1800 solche unentgeltlichen
Einsätze durchgeführt, da 330 Ärztinnen und Ärzte mehrfach in diesen Notstandsgebieten
tätig waren. Jahr für Jahr opfern über 200 Ärztinnen und Ärzte dieser
Hilfsorganisation ihren Jahresurlaub, um unentgeltlich in solchen Notsituationen zu
helfen.
Vor vierzehn Jahren wurde das Komitee von dem Frankfurter Jesuitenpater Bernhard Ehlen
ins Leben gerufen. Sieben Projekte des Komitees auf den Philippinen, in Indien, Bangladesh
und Kolumbien werden inzwischen kontinuierlich mit jeweils zwei bis fünf Ärzten besetzt.
Auf der Insel Mindanao/Philippinen und in Kolumbien ergänzt noch je ein Zahnarzt das
Ärzte-Team. Zwei Jahre lang arbeiteten drei deutsche Ärztinnen und Ärzte auch in dem
unter den Folgen des schrecklichen Bürgerkriegs leidenden afrikanischen Land Ruanda. Aus
Sicherheitsgründen mußte die Arbeit von dort aber inzwischen ins benachbarte Kenia, in
die Slums von Nairobi verlagert werden. Insgesamt sind ständig 25 Ärztinnen bzw. Ärzte
für das Komitee im medizinischen Einsatz in der Dritten Welt.
Bis Ende 1997 werden sich über 1200 Ärztinnen und Ärzte aus Deutschland und dem
angrenzenden europäischen Ausland an den medizinischen Einsätzen beteiligt haben. Jeder
vierte von ihnen hat mehrere solcher Notdienste gemacht: 138 Ärzte waren sogar dreimal
oder noch häufiger in unseren Projekten tätig.
Ärztinnen und Ärzte im Ruhestand leisten inzwischen fast 20 % der Einsätze. Knapp
die Hälfte (47 %) der Mediziner des Komitees sind Frauen -
weit mehr als der allgemeine Anteil der Ärztinnen in diesem Beruf - wobei ihr Anteil
in den letzten Jahren ständig gestiegen ist. Die meisten Ärzte kommen aus Kliniken. Sie
opfern für diese Einsätze ihren gesamten Jahresurlaub. Über ein Drittel der Mitarbeiter
sind niedergelassene Ärzte, die zumeist während der Zeit ihres Einsatzes daheim einen
Vertreter einstellen müssen.
Alle Ärzte sind unentgeltlich tätig. Sie zahlen außerdem noch einen Beitrag
mindestens in der Höhe der halben Flugkosten. Ein eigenständiger Förderkreis bringt die
Verwaltungskosten auf, die nur 5,5 % der Gesamtkosten betragen. Die Verwaltungskosten
liegen ausgesprochen niedrig, da das Komitee sehr bescheiden ausgestattet ist und ein
Großteil der Verwaltungsarbeit ehrenamtlich geleistet wird. Da die
Verwaltungskosten durch einen separaten Förderkreis getragen werden, kann das Komitee
garantieren, daß alle Projekt-Spenden ohne Abstriche voll in die Arbeit in der Dritten
Welt geleitet werden.
Die Ausgaben für die sieben Projekte mit 25 Ärztinnen und Ärzten aus Deutschland,
fünf einheimischen Ärzten und über 200 einheimischen Krankenschwestern,
Gesundheitshelfern, Übersetzern, Fahrern und sonstigem Hilfspersonal betrugen 1996
insgesamt 4,1 Mio. DM.
Am kostenintensivsten ist das Doppelprojekt auf Mindanao/Philippinen, wo acht Ärzte
eingesetzt sind. Dort unterhält das Komitee "Ärzte für die Dritte Welt" zwei
Krankenstationen mit 30 bzw. 22 Betten. Zwei Teams sind regelmäßig im Landesinneren in
der sogenannten "mobilen Klinik" auf festen, zehntägigen Touren in medizinisch
völlig unterversorgten Gebieten unterwegs. Zwei weitere Teams sind dort im Rahmen der
WHO-Impfkampagne ebenfalls auf zehntägigen Touren eingesetzt, um gegen die sechs
wichtigsten Infektionskrankheiten - Masern, Diphtherie, Tetanus, Polio, Tuberkulose und
Keuchhusten - zu impfen.
Gleichzeitig finanziert das Komitee in Zusammenarbeit mit einheimischen Fachärzten
notwendige Operationen von Patienten, die ihrerseits die medizinische Hilfe nicht bezahlen
könnten. Außerdem sind eine großangelegte Kataraktoperations-Kampagne sowie mehrere
umfangreiche Schulungsprogramme angegliedert. Dieses Doppelprojekt kostet, nachdem die
Baumaßnahmen abgeschlossen sind, pro Monat ca. 150.000,- DM.
Das Projekt in Dhaka/Bangladesh, in fünf Großstadt-Slums, ebenfalls mit
Schulungsprojekten, Tiefbrunnen- und Latrinenbau sowie einer angegliederten kleinen
Slumschule kostet rund 13.000 DM monatlich.
Die gesamte Arbeit des Komitees für die Armen in der Dritten Welt finanziert sich
vorrangig aus Spenden (1996: 4,5 Mio. DM). Hinzu kommen Bußgeldzuweisungen und für
bestimmte, eng umrissene Aufgaben Zuwendungen aus der staatlichen Entwicklungshilfe.
Neben den sieben Projekten, in denen unsere eigenen Ärzte in örtliche
Basisgesundheitsarbeiten eingebunden sind, unterstützen die "Ärzte für die Dritte
Welt" - z.T. im Rahmen der deutschen Entwicklungshilfe - über 130 Partnerprojekte.
Diese Projekte in 19 Ländern werden von einheimischen Organisationen durchgeführt und
von Deutschland aus finanziert. Das Komitee betreut diese Partner in Fragen der
Organisation und überwacht die Abrechnungen.
Text: Bernhard Ehlen für den Redaktionsdienst
www.gesundheit-online.de
Komitee "Ärzte für die Dritte Welt"
MÈdicos Alemanes para el Tercer Mundo
German Doctors for Developing Countries
MÈdecins Allemands pour le Tiers Monde
Elsheimerstraße 9
D-60322 Frankfurt/Main
Tel 0049-69-71911456
Fax 0049-69-71911450
e-mail: Aerzte-3Welt@em.uni-frankfurt.de
Lückenbüßer. Ärzte erzählen von
Ferieneinsätzen
Gerhard Dollinger (1994) Betulius, Stgt.; ISBN: 3895110116
Aus einem Bericht von einem Einsatz in Dhaka / Bangladesh mit "Ärzte für die
Dritte Welt"
Zu unseren Einsatzplätzen fahren wir zur Zeit noch mit der Rikscha. Ich hoffe, daß
uns das "Tempo" bald zur Verfügung steht...
5 Millionen Menschen leben hier in Dhaka, der Hauptstadt Bangladeshs. Die Mehrheit
davon wohnt in Slums. In vier der unzähligen Armensiedlungen sind Mitarbeiter des
"Komitee Ärzte für die Dritte Welt" tätig.
Mocbazar: liegt wie fast alle Einsatzgebiete entlang der Bahnlinie. Wir
arbeiten dort Sonntag- und Mittwochmorgen. Der Slum, in dem 3.000 bis 4.000 Menschen
leben, existiert seit ca. 8-10 Jahren, die German Doctors
arbeiten hier seit 4 Jahren. Die Männer verdienen ihr Geld als Tagelöhner,
Rikscha-Fahrer, Bettler oder Träger auf dem Fischmarkt. Die Schule wird von einer anderen
NGO betrieben. Aufgrund politischer Streitigkeiten konnten hier bisher von uns noch keine
Latrinen auf dem Gelände gebaut werden. Wasserpumpen sind geplant, aber bis jetzt ist
noch
kein geeigneter Standort gefunden. Das Komitee hat in Überschwemmungszeiten
Bambusstangen und -stege zur Verfügung gestellt.
In der Regel trafen wir hier Patienten, deren Gesundheitszustand im Vergleich zu den
anderen Slums am schlechtesten war. 65% der Kinder und Säuglinge lagen mit ihrem Gewicht
unter der 3% Percentile. 6 Kinder nahmen am Ernährungsprogramm teil. Von den befragten
Müttern praktizierten 64 Prozent Familienplanung; 44 Prozent hatten zumindest kurzzeitig
eine Schule besucht.
Der Slum von Titipara, der seit etwa zwölf Jahren besteht, liegt ganz
in der Nähe unserer Wohnung. Im Slum leben etwa 7000 Menschen, und er
besteht seit rund 12 Jahren.. Vorher war an dieser Stelle ein Müllberg.
Etwa die Hälfte der Männer arbeiten als Rikscha-Fahrer und Tagelöhner,
die andere Hälfte als Bettler, Müllsammler und Steineklopfer. Außerdem
gehen - was für ein islamisches Land ungewöhnlich ist - viele Frauen
arbeiten. Es gibt zwei Schulen in Titipara, eine davon wird vom Komitee
organisiert. 25 Latrinen existieren, aber nur 6 mit Abflußrohr, 8
Wasserpumpen wurden gebaut, aber nur 3 funktionieren, weil der
Wasserspiegel immer weiter absinkt. Zur Zeit muß, um an Trinkwasser zu
gelangen, ca. 70 Meter tief gebohrt werden. 54% der Kinder unter 6 Jahren
lagen gewichtsmäßig unter der 3% Percentile. 11 Kinder nahmen am
Ernährungsprogramm teil. Familienplanung wurde von 55% der Frauen bejaht.
33% von ihnen haben eine Schule besucht.
Unsere diagnostischen Möglichkeiten sind bei der gesamten Täigkeit
erstaunlich vielfältig. In benachbarten Labors können wir gegen Bezahlung
Röntgenaufnehmen machen und Stuhluntersuchungen durchführen lassen.
Besonders gut - insbesondere im Vergleich zu unserem benachbarten Projekt
in Kalkutta - fand ich die regelmäßigen "lessons", ein circa 10-15
minütiger Unterricht der Patienten durch unsere einheimischen
Mitarbeiter. Die Patienten werden zum Beispiel über Hygiene-Maßnahmen,
Impfungen, Scabies, family-planning oder auch Durchfallbehandlungen
belehrt. Jeder unserer Mitarbeiter hält in einem bestimmten Slum
Unterricht.
Folgerichtig fand ich auch, daß Patienten, die nicht an den
lessons teilnahmen, nur in dringenden Fällen zur Konsultation zugelassen
wurden...
In den Slums gibt es keine ordentlichen Latrinen und keine Versorgung mit
sauberem Trinkwasser. Über das Komitee werden daher Billiglatrinen und
Wasserpumpen finanziert. Weitere ergänzende Maßnahmen sind die
Finanzierung von Slumschulen. Den Kindern dort wird in der Regel auch ein
vom Komitee finanziertes Mittagessen angeboten...
Text: Dr. med. Helga Niermann für den Redaktionsdienst
www.gesundheit-online.de
Weiterführende Informationen:
Vor 14 Jahren:
www.rz.uni-frankfurt.de/Aerzte-3Welt/Die-idee-1.html
Projekte des Komitees:
www.rz.uni-frankfurt.de/Aerzte-3Welt/Die
-verwaltung-1.html
Das Doppelprojekt auf Mindanao/ Philippinen und in Dhaka/ Bangladesh:
www.rz.uni-frankfurt.de/Aerzte-3Welt/Die-projekte-4-zitat.html
Profile:
www.rz.uni-frankfurt.de/Aerzte-3Welt/Die-aerzte-1.html
Projektübersicht:
www.rz.uni-frankfurt.de/Aerzte-3Welt/Die-projekte-1.html
Kuratorium des Komitees "Ärzte für die Dritte Welt e.V.:
Prof.Dr.med. Helfried Gröbe, Nürnberg
Prof.Dr.med. Heino Niermann, Oldenburg
Prof.Dr.Dr.med.Günther Wiese, Hamm
Vereidigter Wirtschaftsprüfer Michael Giron, Berlin
Konten des als gemeinnützig und mildtätig anerkannten Komittees "Ärzte für die
Dritte Welt e.V."
Frankfurter Sparkasse
Konto 234567
BLZ 500 502 01
Evangelische Kreditgenossenschaft Frankfurt
Konto 4888880
BLZ 500 605 00
Bild 4301a: Der Internist Dr. Karl Rott aus untersucht bei seinem Einsatz mit
"Ärzte für die Dritte Welt" ein krankes Kind von den "Smokey
Mountains", den stinkenden Müllbergen von Manila (Foto: Bernhard Ehlen, Ärzte für
die Dritte Welt)
Bild 4301b: Der Münchner Chirurg Dr. Klaus Zimmermann bei der Untersuchung einer
schwerkranken Frau von Bangladesh, wo die "Ärzte für die Dritte Welt" eine
Ambulanz betreiben (Foto: Bernhard Ehlen, Ärzte für die Dritte Welt)
Bild 4301c: In der Armenambulanz in Dhaka behandelt der Münchner Kinderarzt Dr.
Maximillian Dietrich ein Kind aus dem Slum Kilagaon. Er arbeitet hier - wie alle
Ärztinnen und Ärzte des Komitees "Ärzte für die Dritte Welt" - unentgeltlich
(Foto: Bernhard Ehlen, Ärzte für die Dritte Welt)
Bild 4301d: Die Allgemeinmedizinerin Dr. Brigitte Huth aus Frankfurt/ Main untersucht
in der Ambulanz der "Ärzte für die Dritte Welt" in Kalkutta ein schwer
unterernährtes Kind (Foto: Bernhard Ehlen, Ärzte für die Dritte Welt)
Bild 4301e: Der Kölner Internist Prof. Dr. Henning Rohde untersucht in der
Armenambulanz des Komitees "Ärzte für die Dritte Welt" in Dhaka/ Bangladesh
das Kind einer blinden Bettlerin (Foto: Bernhard Ehlen, Ärzte für die Dritte Welt)
Bild 4301f: Der Pforzheimer Kardiologe Dr. Wolfgang Schafnitzl untersucht in dem vom
Komitee "Ärzte für die Dritte Welt" im Rahmen der Deutschen Entwicklungshilfe
erbauten Kinderkrankenhauses in dem Riesenslum Agua Blance in Cali/Kolumbien ein
schwerkrankes Kind (Foto: Bernahrd Ehlen, Ärzte für die Dritte Welt) |