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Keimverschleppung trotz
vorschriftsmäßiger Hautdesinfektion?
von Olaf Stolz
Teil II
hier finden Sie Teil I
Hautdesinfektion vor Venenpunktionen, i.m.-s.c.- und i.c.-Injektionen
Allgemein ist darauf hinzuweisen, daß zur
Hautdesinfektion vornehmlich Mittel auf der Wirkstoffbasis von Alkoholen verwendet werden
sollten. Diese Präparate müssen frei von bakteriellen Sporen sein. Bei allen
Hautdesinfektionsmitteln handelt es sich um zulassungspflichtige bzw. Zugelassene
Arzneimittel. Hierfür gilt das Arzneimittelgesetz.
Im Rahmen der Anwendung gibt der Hersteller von
Arzneimitteln Empfehlungen, welche aus juristischen Gründen bei der Anwendung am
Patienten einzuhalten sind. Die Anwendungsempfehlungen für Hautdesinfektionsmittel
basieren auf standardisierten Testverfahren der Desinfektionskommission der DGHM. Diese
Testverfahren bedingen differente Einwirkzeiten gegenüber früheren Empfehlungen gemäß
RKI-Richtlinie.
Während in der RKI-Richtlinie gefordert wird, daß zur
Durchführung der Hautdesinfektion bei diesen Eingriffen sterilisierte Tupfer, welche bis
zur Verwendung vor Rekontamination geschützt aufbewahrt werden, zu verwenden sind, haben
wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, daß der Keimreduktionseffekt durch das
alleinige Aufsprühen des Hautdesinfektionsmittels und Abwarten der Einwirkzeit dem
Tupferverfahren gleichwertig ist. Daher ist es für diese Eingriffe als ausreichend
anzusehen, wenn das entsprechende Hautareal mit dem Desinfektionsmittel eingesprüht wird,
ohne daß ein Tupfer verwendet wird. Die Einwirkzeit beträgt je nach Präparat zwischen
15 Sekunden und einer Minute, wobei aus Gründen der Praktikabilität vorzugsweise solche
mit möglichst geringer Einwirkzeit verwendet werden sollten. Während der Einwirkzeit ist
das Hautareal feucht zu halten, was nicht bedeutet, daß das Hautareal über die gesamte
Einwirkzeit mit dem Desinfektionsmittel bearbeitet werden muß.
Von der Verwendung sterilisierter Tupfer, bereitgestellt
in Tupferboxen, ist aufgrund folgender Ergebnisse abzuraten: Bei der Abklatschuntersuchung
von primär sterilen Tupfern nach der nur einmaligen Öffnung der Tupferbox konnten sowohl
aerobe wie anaerobe Sporen nachgewiesen werden. Eine Inaktivierung dieser Sporen, die
über kontaminierte Tupfer bei der Desinfektion auf das betreffende Hautareal aufgebracht
wurden, war bei der Einwirkzeit von bis zu einer Minute nicht zu erreichen.
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Hautdesinfektion vor Punktionen von Gelenken und sterilen Körperhöhlen
Gemäß RKI-Richtlinie soll die Einwirkzeit
des Desinfektionsmittels mindestens zweimal zweieinhalb Minuten betragen. Es sind dabei
sterile Tupfer zu benutzen. Auch hier sollten vornehmlich Präparate auf Wirkstoffbasis
von Alkoholen verwendet werden. Die Präparate müssen auch hier frei von Keimen,
insbesondere von bakteriellen Sporen sein, wofür der Hersteller allgemein eine Garantie
übernimmt. Die Präparate selbst sind in geschlossenen Behältnissen aufzubewahren, so
die Forderung der RKI-Richtlinie.
Auch hier sind neue Erkenntnisse zu beachten, denen
zufolge Einwirkzeiten von insgesamt fünf Minuten in talgdrüsenreichen Hautarealen nicht
ausreichend sind. Diese sind festgelegt in den Richtlinien der DGHM beziehungsweise in
Anwendungsempfehlungen. Bei Zugrundelegen der neuen Testverfahren für
Hautdesinfektionsmittel müssen in diesen Hautarealen (Kopfhaut, Stirn, Axilla, vordere
und hintere Schweißrinne des Thorax) mindestens zehn Minuten Einwirkzeit eingehalten
werden, was allerdings den Praxisbedürfnissen entgegenläuft. Diese neuen Erkenntnisse
zeigen andererseits, daß für talgdrüsenarme Hautregionen die Einwirkzeit von einer
Minute als ausreichend anzusehen ist. Auch hier werden die Anforderungen erfüllt, wenn
das entsprechende Hautareal mit dem Hautdesinfektionsmittel lediglich eingesprüht wird
und auf Tupferbenutzung verzichtet wird.
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Hautdesinfektion
vor operativen Eingriffen
Diese Empfehlungen haben auch Gültigkeit für
kleinere operative Eingriffe, auch auf der Intensivpflegestation, wie Venae-Sektio. Bei
diesen Eingriffen sind sterile Tupfer zu benutzen. Das entsprechende Hautareal, an welchem
im Bedarfsfall kurz zuvor eine Haarentfernung stattgefunden hat, ist über die gesamte
Einwirkzeit und unter laufendem Wechsel steriler Tupfer mit dem Desinfektionsmittel zu
bearbeiten, d.h., während dieser Zeit ist die Haut ständig feucht zu halten.
Tab. 2:
Empfohlene Desinfektionsmaßnahmen bei angegebenen Techniken
Eingriffsart |
Venenpunktion i.m.-,s.c.,-i.c.-Injektion |
Punktionen von Gelenken und sterilen Körperhöhlen |
operative Eingriffe |
Technik |
Aufsprühen des Hautdesinfektionsmittels Tupfer sind nicht
erforderlich |
Aufsprühen oder mittels steriler Tupfer aufbringen |
Wischverfahren mit sterilen Tupfern |
Einwirkzeit** |
mindestens 15 Sekunden bis zu 1 Minute |
talgdrüsenarme* Hautregionen: mindestens 1 Minute
talgdrüsenreiche*Hautregionen mindestens 10 Minuten |
talgdrüsenarme* Hautregionen: mindestens 2,5 Minuten
talgdrüsenreiche*Hautregionen mindestens 10 Minuten |
Hinweise: |
* talgdrüsenreiche Hautregionen: Kopfhaut,
Stirn, Axilla, vordere und hintere Schweißfurche |
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* talgdrüsenarme Hautregionen: alle Regionen
außer den oben genannten |
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** grundsätzlich sind die Herstellerinformationen zu
beachten (Rote Liste, Beipackzettel, Originalgebinde) |
Bei der Behandlung talgdrüsenarmer Hautregionen sollte
eine Einwirkzeit von mindestens zweieinhalb Minuten eingehalten werden. Für
talgdrüsenreiche Hautareale gilt die im Vorkapitel genannte Erkenntnis, die Einwirkzeit
auf mindestens zehn Minuten zu verlängern. Tabelle2 zeigt eine Übersicht der
Desinfektionsmaßnahmen nach Eingriffsart.
Schlußfolgernd ist zu sagen, daß bei Beachtung der
vorgestellten Hautdesinfektionsmaßnahmen und deren korrekter Durchführung eine
Keimverschleppung weitestgehend auszuschließen ist. |
zum Teil I
Sie können den Autor
unter <Zimmermann@aol.com>erreichen.
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