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Gesetz zum Schutz von Embryonen
(Embryonenschutzgesetz - ESchG)
Vom 13. Dezember 1990
Der Bundestag hat das folgende Gesetz
beschlossen: |
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§ 1
Mißbräuchliche Anwendung von Fortpflanzungstechniken |
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe
wird bestraft, wer
auf eine Frau eine fremde unbefruchtete
Eizelle überträgt,
es unternimmt, eine Eizelle zu einem
anderen Zweck künstlich zu befruchten, als eine Schwangerschaft der Frau herbeizuführen,
von der die Eizelle stammt,
es unternimmt, innerhalb eines Zyklus mehr
als drei Embryonen auf eine Frau zu übertragen,
es unternimmt, durch intratubaren
Gametentransfer innerhalb eines Zyklus mehr als drei Eizellen zu befruchten,
es unternimmt, mehr Eizellen einer Frau zu
befruchten, als ihr innerhalb eines Zyklus übertragen werden sollen,
einer Frau einen Embryo vor Abschluß
seiner Einnistung in der Gebärmutter entnimmt, um diesen auf eine andere Frau zu
übertragen oder ihn für einen nicht seiner Erhaltung dienenden Zweck zu verwenden, oder
es unternimmt, bei einer Frau, welche
bereit ist, ihr Kind nach der Geburt Dritten auf Dauer zu überlassen (Ersatzmutter), eine
künstliche Befruchtung durchzuführen oder auf sie einen menschlichen Embryo zu
übertragen.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
künstlich bewirkt, daß eine menschliche
Samenzelle in eine menschliche Eizelle eindringt, oder
eine menschliche Samenzelle in eine
menschliche Eizelle künstlich verbringt, ohne eine Schwangerschaft der Frau herbeiführen
zu wollen, von der die Eizelle stammt.
(3) Nicht bestraft werden
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 und
6 die Frau, von der die Eizelle oder der Embryo stammt, sowie die Frau, auf die die
Eizelle übertragen wird oder der Embryo übertragen werden soll, und
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 7 die
Ersatzmutter sowie die Person, die das Kind auf Dauer bei sich aufnehmen will.
(4) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 und
des Absatzes 2 ist der Versuch strafbar.
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§ 2
Mißbräuchliche Verwendung menschlicher Embryonen |
(1) Wer einen extrakorporal erzeugten oder einer Frau vor
Abschluß seiner Einnistung in der Gebärmutter entnommenen menschlichen Embryo
veräußert oder zu einem nicht seiner Erhaltung dienenden Zweck abgibt, erwirbt oder
verwendet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer zu einem
anderen Zweck als der Herbeiführung einerSchwangerschaft bewirkt, daß sich ein
menschlicher Embryo extrakorporal weiterentwickelt.
(3) Der Versuch ist strafbar.
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§ 3
Verbotene Geschlechtswahl |
Wer es unternimmt, eine menschliche Eizelle mit einer Samenzelle
künstlich zu befruchten, die nach dem in ihr enthaltenen Geschlechtschromosom ausgewählt
worden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Dies
gilt nicht, wenn die Auswahl der Samenzelle durch einen Arzt dazu dient, das Kind vor der
Erkrankung an einer Muskeldystrophie vom Typ Duchenne oder einer ähnlich schwerwiegenden
geschlechtsgebundenen Erbkrankheit zu bewahren, und die dem Kind drohende Erkrankung von
der nach Landesrecht zuständigen Stelle als entsprechend schwerwiegend anerkannt worden
ist.
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§ 4
Eigenmächtige Befruchtung, eigenmächtige Embryoübertragung und künstliche Befruchtung
nach dem Tode |
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe
wird bestraft, wer
es unternimmt, eine Eizelle künstlich zu
befruchten, ohne daß die Frau, deren Eizelle befruchtet wird, und der Mann, dessen
Samenzelle für die Befruchtung verwendet wird, eingewilligt haben,
es unternimmt, auf eine Frau ohne deren
Einwilligung einen Embryo zu übertragen, oder
wissentlich eine Eizelle mit dem Samen
eines Mannes nach dessen Tode künstlich befruchtet.
(2) Nicht bestraft wird im Fall des Absatzes
1 Nr. 3 die Frau, bei der die künstliche Befruchtung vorgenommen wird.
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§ 5
Künstliche Veränderung menschlicher Keimbahnzellen |
(1) Wer die Erbinformation einer menschlichen Keimbahnzelle
künstlich verändert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe
bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine
menschliche Keimzelle mit künstlich veränderter Erbinformation zur Befruchtung
verwendet.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Absatz 1 findet keine Anwendung auf
eine künstliche Veränderung der
Erbinformation einer außerhalb des Körpers befindlichen Keimzelle, wenn ausgeschlossen
ist, daß diese zur Befruchtung verwendet wird,
eine künstliche Veränderung der
Erbinformation einer sonstigen körpereigenen Keimbahnzelle, die einer toten Leibesfrucht,
einem Menschen oder einem Verstorbenen entnommen worden ist, wenn ausgeschlossen ist, daß
a) diese auf einen Embryo, Foetus oder Menschen übertragen wird oder
b) aus ihr eine Keimzelle entsteht, sowie
Impfungen, strahlen-, chemotherapeutische
oder andere Behandlungen, mit denen eine Veränderung der Erbinformation von
Keimbahnzellen nicht beabsichtigt ist.
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§ 6
Klonen |
(1) Wer künstlich bewirkt, daß ein menschlicher Embryo mit der
gleichen Erbinformation wie ein anderer Embryo, ein Foetus, ein Mensch oder ein
Verstorbener entsteht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe
bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer einen in
Absatz 1 bezeichneten Embryo auf eine Frau überträgt.
(3) Der Versuch ist strafbar.
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§ 7
Chimären- und Hybridbildung |
(1) Wer es unternimmt,
Embryonen mit unterschiedlichen
Erbinformationen unter Verwendung mindestens eines menschlichen Embryos zu einem
Zellverband zu vereinigen,
mit einem menschlichen Embryo eine Zelle
zu verbinden, die eine andere Erbinformation alsdie Zellen des Embryos enthält und sich
mit diesem weiter zu differenzieren vermag, oder
durch Befruchtung einer menschlichen
Eizelle mit dem Samen eines Tieres oder durch Befruchtung einer tierischen Eizelle mit dem
Samen eines Menschen einen differenzierungsfähigen Embryo zu erzeugen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren
oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer es unternimmt,
einen durch eine Handlung nach Absatz 1
entstandenen Embryo auf
a) eine Frau oder
b) ein Tier
zu übertragen oder
einen menschlichen Embryo auf ein Tier zu
übertragen.
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§ 8
Begriffsbestimmung |
(1) Als Embryo im Sinne dieses Gesetzes gilt bereits die
befruchtete, entwicklungsfähige menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung
an, ferner jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der
dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem Individuum zu
entwickeln vermag.
(2) In den ersten vierundzwanzig Stunden
nach der Kernverschmelzung gilt die befruchtete menschliche Eizelle als
entwicklungsfähig, es sei denn, daß schon vor Ablauf dieses Zeitraums festgestellt wird,
daß sich diese nicht über das Einzellstadium hinaus zu entwickeln vermag.
(3) Keimbahnzellen im Sinne dieses Gesetzes
sind alle Zellen, die in einer Zell-Linie von der befruchteten Eizelle bis zu den Ei- und
Samenzellen des aus ihr hervorgegangenen Menschen führen, ferner die Eizelle vom
Einbringen oder Eindringen der Samenzelle an bis zu der mit der Kernverschmelzung
abgeschlossenen Befruchtung.
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§ 9
Arztvorbehalt |
Nur ein Arzt darf vornehmen:
die künstliche Befruchtung,
die Übertragung eines menschlichen
Embryos auf eine Frau,
die Konservierung eines menschlichen
Embryos sowie einer menschlichen Eizelle, in die bereits eine menschliche Samenzelle
eingedrungen oder künstlich eingebracht worden ist.
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§ 10
Freiwillige Mitwirkung |
Niemand ist verpflichtet, Maßnahmen der in § 9 bezeichneten Art
vorzunehmen oder an ihnen mitzuwirken.
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§ 11
Verstoß gegen den Arztvorbehalt |
(1) Wer, ohne Arzt zu sein,
entgegen § 9 Nr. 1 eine künstliche
Befruchtung vornimmt oder
entgegen § 9 Nr. 2 einen menschlichen
Embryo auf eine Frau überträgt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Nicht bestraft werden im Fall des § 9
Nr. 1 die Frau, die eine künstliche Insemination bei sich vornimmt, und der Mann, dessen
Samen zu einer künstlichen Insemination verwendet wird.
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§ 12
Bußgeldvorschriften |
(1) Ordnungswidrig handelt, wer, ohne Arzt zu sein, entgegen § 9
Nr. 3 einen menschlichen Embryo oder eine dort bezeichnete menschliche Eizelle
konserviert.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer
Geldbuße bis zu fünftausend Deutsche Mark geahndet werden.
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§ 13
Inkrafttreten |
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1991 in Kraft.
Die verfassungsmäßigen Rechte des
Bundesrates sind gewahrt.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit
ausgefertigt und wird im Bundesgesetzblatt verkündet.
Bonn, den 13. Dezember 1990.
Der Bundespräsident
Weizsäcker
Der Bundeskanzler
Dr. Helmut Kohl
Der Bundesminister der Justiz
Engelhard.
Der Bundesminister für Jugend, Familie,
Frauen und Gesundheit
Ursula Lehr.
Der Bundesminister für Forschung und
Technologie
Riesenhuber
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