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Botulismus

Botulismus

Botulinumtoxin ist ein tödliches Gift

Für das schwere Krankheitsbild des Botulismus ist das Bakterium Clostridium botulinum verantwortlich. Es ist ein grampositives, stäbchenförmiges und begeißeltes Bakterium, das auch Sporen bildet (vgl. Was sind Bakterien?) Das anaerobe Bakterium kann nur in Abwesenheit von Sauerstoff überleben. Giftig für den Menschen ist nicht das Bakterium selbst, sondern ein von ihm ausgeschiedenes Gift, das Botulinumtoxin. Bereits die winzige Menge von 0,1 Mikrogramm (0,1 Millionstel Gramm) kann für einen Menschen tödlich sein. Das Gift wirkt lähmend auf das Nervensystem und verhindert die Signalübertragung zwischen einzelnen Nervenzellen sowie zwischen Nerven- und Muskelzellen. Aus der gleichen Bakterienfamilien, die auch durch Toxine lebensgefährliche Vergiftungen auslösen, gehören Clostridium perfringens (Gasbrand), Bacillus anthracis (Milzbrand) und Clostridium tetanie (Tetanus).

 

Die lähmende Wirkung des Giftes wird medizinisch genutzt

Die muskellockernde bzw. lähmende Wirkung des Botulinumtoxins wird in der Medizin genutzt. Botulinumtoxin wird z. B. angewandt, um verkrampfte Muskeln bei einem Schiefhals zu lösen, bei Hyperhidrose zur Blockierung der Schweißdrüsen, bei Schlaganfall zur Lockerung einer Spastik, in der Schmerztherapie und in der Schönheitschirurgie um tiefe Gesichtsfalten "wegzuspritzen". Die Anwendung gehört unbedingt in fachkundige Hände.

 

Das Bakterium Clostridium botulinum kommt weltweit vor

Das Bakterium Clostridium botulinum kommt nahezu überall und weltweit vor - im Erdreich, in Meeres- und Flussböden sowie im Darm von Süßwasserfischen und anderen Tieren. Weil das Toxin und nicht das Bakterium die Krankheit auslöst, handelt es sich um eine Vergiftung. Botulismus tritt zum Glück nicht sehr häufig auf, endet aber nicht selten tödlich. So wurden im Jahr 2000 in Deutschland 11 Fälle von Botulismus gemeldet, wobei ein Säugling betroffen war, der an der Erkrankung starb. Im folgenden Jahr traten 8 Erkrankungsfälle auf, davon 3 Fälle von Säuglingsbotulismus und 2 Erkrankungen mit tödlichem Ausgang.

 

Es werden 3 Krankheitsbilder unterschieden

Insgesamt werden beim Botulismus 3 Krankheitsbilder unterschieden:
  • Nahrungsmittelbotulismus: Diese Form ist wohl die häufigste. Das Bakterium bzw. das Toxin gelangt durch mit Erdpartikeln verunreinigtes Obst und Gemüse sowie durch das Auskeimen von Bakterienvorformen (Sporen) unter Luftabschluss (z.B. Inneres von Fleisch- und Wurstwaren, Konservendosen besonders Hülsenfrüchte) in den Menschen. Industrielle Konserven sind weniger gefährdet, als selbstgemachte Konserven.
  • Säuglingsbotulismus: Beim Säuglingsbotulismus, auch infantiler Botulismus genannt, wird die Erkrankung durch die Aufnahme von Sporen hervorgerufen. Die Sporen kommen häufig in Honig vor. Über den Honig erfolgt eine Besiedlung des Darmes des Säuglings mit den Krankheitserregern, die dort ihr Gift produzieren.
  • Wundbotulismus: Besiedlung einer Wunde mit Clostridium botulinum

 

Je nach Menge des aufgenommenen Giftes ist die Inkubationszeit 12 bis 36 Stunden

Inkubationszeit und Krankheitsbild hängen davon ab, an welcher Form des Botulismus der Betroffene leidet. In der Regel treten erste Symptome etwa 12 bis 36 Stunden nach der Aufnahme des Erregers auf. Aber diese Zeit kann schwanken. Je nachdem, wie viele Bakterien in den Körper gelangen, kann die Inkubationszeit kürzer oder länger sein. Bei leichten Infektionen können bis zu 10 Tagen vergehen, bis Beschwerden auftreten. Bei schweren Vergiftungen verkürzt sich die Zeit und die Lebensgefahr ist entsprechend erhöht. Eine Übertragung von Botulismus von Mensch zu Mensch ist bisher nicht bekannt.

 

Nahrungsmittelbotulismus:

Die Beschwerden beginnen beim Nahrungsmittelbotulismus etwa 2 bis 48 Stunden nach Aufnahme des Bakteriengiftes. Das Gift zerstört die Signalübermittlung von Nerven und Muskel mit der Folge, dass die entsprechenden Muskeln gelähmt werden. Zuerst betroffen sind in der Regel die Augenmuskeln.  Die Betroffenen sind lichtscheu, sehen verschwommen oder doppelt. Die Augenlider sind schwer und können kaum offen gehalten werden. Später kommt es zu Lähmungen der Muskeln der Lippen, des Gaumens und des Kehlkopfes. Die Folge davon sind Schluckstörungen. Die Gefahr, dass der Betroffene Nahrungsmittel, Getränke oder Speichel in die Atemwege verschluckt, ist groß. Die Speichelproduktion setzt aus und der Mund wird trocken. Dadurch wird vermehrt geschluckt und die Gefahr des Verschluckens erhöht sich. Bei weiterem Fortschreiten der Vergiftung werden innere Organe befallen. Es kommt zu Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfällen oder Verstopfung. Im weiteren Verlauf kann es schließlich nach 3 bis 8 Tagen zu einer Atemlähmung kommen, die unbehandelt tödlich ist. Trotz schwerer Lähmungserscheinungen bleiben die Betroffenen während des gesamten Krankheitsverlaufs bei vollem Bewusstsein.

 

Säuglingsbotulismus:

Beim zunächst Säuglingsbotulismus kommt es zunächst zur Nahrungsverweigerung, Trinkunlust und Ruhelosigkeit. Später kommen Verstopfung, mangelnde Kontrolle über den Kopf, zunehmende Schlaffheit der Muskulatur, kraftloses Schreien, Herabhängen der Augenlider und Schluckstörungen hinzu. Zwar kommt es nur sehr selten zu Atemlähmungen. Diese sind aber lebensgefährlich.

 

Wundbotulismus:

Bei Wunden können Sporen des Bakteriums Clostridium botulinum in die Wunde gelangen, z. B. über das Erdreich oder Meerwasser. Etwa 4 bis 8 Tage nach Besiedlung der Wunde kommt es zu Doppeltsehen, Lichtscheu, verschwommenes Sehen, Schluckstörungen, trockener Mund durch Aussetzen der Speichelproduktion, schlaffe Lähmungen am gesamten Körper und nach 3 bis 8 Tagen zu Atemlähmung.

 

Laboruntersuchungen weisen das Gift nach

Der Verdacht auf Botulismus liegt nahe, wenn typischen Beschwerden und gleichzeitig der Verzehr von Konserven, Eingemachtem oder Geräuchertem vorliegt. Außerdem ist eine Feststellung von Giftresten in Mageninhalt, Blutserum und Erbrochenem der Betroffenen möglich. Der Erreger kann mit verschiedenen Labormethoden nachgewiesen werden. Z. B. wird häufig das Serum eines Betroffenen auf Mäuse übertragen. Manche Mäuse erhalten nur Serum, andere Serum und gleichzeitig ein Gegengift. Sterben die Mäuse, die kein Gegengift erhalten haben, ist Botulismus sicher nachgewiesen. Weil bei Lebensmittelvergiftungen häufig mehrere Menschen betroffen sind, sollte der Arzt nach weiteren Krankheitsfällen fragen.

 

Sofortige Krankenhauseinweisung und die Gabe eines Gegengiftes können lebensrettend sein

Das Krankheitsbild des Botulismus kann durch die rasche Gabe eines Gegengifts (Antitoxin) behandelt werden. Das Antitoxin wirkt gegen frei im Blut befindliches Toxin. Gegen Toxin, das bereit an menschliches Gewebe gebunden ist, ist das Antitoxin unwirksam. Außerdem wird versucht, das bereits im Körper vorhandene Gift zu entfernen z. B. durch eine Magenspülung und die Gabe eines Abführmittels. Auftretende Krankheitssymptome werden mit entsprechenden Mittel behandelt. An Botulismus Erkrankte müssen immer auf eine Intensivstation aufgenommen werden. Das kann lebensrettend sein, wenn z.B. eine Atemlähmung auftritt. Dann müssen die Betroffenen künstlich beatmet werden, bis sie wieder selbstständig atmen können. Bei Wundbotulismus sollte die infizierte Wunde chirurgisch versorgt werden. Die Gabe eines Antibiotikums ist sinnvoll. Botulismus ist eine sehr schwere Erkrankung. Nach einer erfolgreichen Behandlung kann es noch Monate dauern, bis die bestehenden Lähmungen vollständig zurückgegangen sind.

 

Vorsicht vor allem bei undichten selbst Eingemachten Gläsern und bei aufgeblähten Konserven

Um einer Infektion über Nahrungsmittel vorzubeugen, müssen diese erhitzt werden. Eine Temperatur von 100°C über 15 Minuten ist notwendig, um das Bakterium abzutöten. Konserven, die sich aufgebläht haben, sind nicht mehr zum Verzehr geeignet. Sie könnten unter Umständen giftig sein. Auch der Inhalt undichter Gläser, z. B. bei selbst Eingemachtem, sollte nicht mehr gegessen werden. Achten Sie darauf, ob der Glasdeckel an der Gummidichtung haftet. Säuglinge sollte keinen Honig erhalten.

Botulismus ist eine nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtige Erkrankung.

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