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Das Palliativmedizinische Team - Allgemeine ethische Prinzipien der palliativmedizinischen Arbeit:
Umfassende Fürsorge für den Patienten
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Ziele
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Die Fürsorge für Patienten, die palliativmedizinische betreut
werden orientiert sich im Wesentlichen an vier Zielen:
- Erreichen einer bestmöglichen Lebensqualität
- Linderung von Leiden
- Erreichen eines "guten Todes"
- Vermeidung des Wunsches nach Sterbehilfe
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Unterziele
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Innerhalb jedes einzelnen Zieles lassen sich für den jeweiligen
Patienten konkrete "Unterziele" benennen, beispielsweise für das Ziel "Linderung
von Leiden":
- Minderung von Schmerzen
- Verbesserung von Atemnot
- Verminderung von Wassereinlagerungen im Gewebe (Ödeme)
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Bedeutung ist individuell
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Die Bedeutung der einzelnen Ziele
kann für verschiedene Patienten ganz unterschiedlich sein. Das hängt unter
anderem von der Erkrankung, dem allgemeinen körperlichen Zustand
sowie der Persönlichkeit und den Prioritäten des einzelnen Patienten ab. Daher
ist es wichtig, die Bedeutung der Ziele und der
"Unterziele" mit jedem Patienten sowie gegebenenfalls dessen
Angehörigen zu besprechen und in eine Art Rangfolge zu bringen. Auf diese Weise
lässt sich sicherstellen, dass die für den Patienten am meisten belastenden
Probleme zuerst beseitigt werden.
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Lebensqualität wird unterschiedlich bewertet
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Das Erreichen einer guten Lebensqualität für den Patienten kann
zu Recht als zentrales Ziel der palliativmedizinischen Betreuung angesehen
werden. Allerdings ist die Beurteilung der eigenen Lebensqualität als "gut" oder
"schlecht" von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Beispielsweise kann für
einen Patienten die Schmerzfreiheit im Vordergrund stehen, während für andere
Patienten Aspekte wie der kontinuierliche Kontakt zu Angehörigen und Freunden
oder die Fähigkeit, weiterhin geistig aktiv zu sein, im Vordergrund stehen.
Daher ist es wichtig, zusammen mit jedem einzelnen Patienten zu ermitteln, was
genau für ihn in seiner konkreten Situation eine gute Lebensqualität bedeutet.
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Lebensqualität nicht rein medizinisch sehen
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Es ist zu beachten, dass neben dem Gesundheitszustand weitere
Faktoren zu einer guten oder schlechten Lebensqualität beitragen, unter anderem
die finanzielle Situation, der altersbedingte körperliche Zustand und soziale
Kontakte. Entsprechend ergeben sich Beeinträchtigungen der Lebensqualität nicht
nur durch die Krankheit selbst und ihre Folgen (beispielsweise Schmerzen oder
Atemnot), sondern auch durch Einschränkungen in anderen Lebensbereichen wie
seelische Nöte (beispielsweise durch den Verlust von Freundschaften),
finanzielle Sorgen (unter anderem durch den Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund
der Erkrankung) oder Probleme mit der Kranken- oder Rentenkasse.
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Vorstellung von einem "guten Tod"
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Auch die Vorstellung von einem "guten Tod" ist von Mensch zu
Mensch unterschiedlich. Dabei können unterschiedliche Aspekte im Vordergrund
stehen, beispielsweise:
- Schmerzfreiheit
- geistige Klarheit
- kein Hinterlassen von unerledigten Angelegenheiten (dies können ganz
praktische Dinge wie offene Rechnungen von Handwerkern, aber auch emotionale
Angelegenheiten sein, beispielsweise ein nicht beigelegter Streit mit einem
Familienmitglied oder mit einem guten Freund)
- Möglichkeit, zu Hause im Kreise der Familie zu sterben
- Gelegenheit, sich bewusst von den Familienangehörigen und den Freunden
zu verabschieden
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Gespräche klären die Wünsche des Patienten
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Entsprechend sollten sich die Mitglieder des
palliativmedizinischen Teams durch Gespräche mit dem Patienten und/oder seinen
Angehörigen darüber informieren, was für den einzelnen Patienten im Vordergrund
steht. Darauf aufbauend ist das weitere Vorgehen zu planen. Beispielsweise kann
es für einen Patienten mit einer weit fortgeschrittenen Krebserkrankung sehr
wichtig sein, schmerzfrei zu sterben. Dafür nimmt er unter Umständen gerne in
Kauf, dass die dafür notwendigen starken Schmerzmittel zu einer ausgeprägten
Schläfrigkeit führen. Bei diesem Patienten muss die Schmerztherapie darauf
ausgerichtet sein, eine möglichst vollständige Schmerzfreiheit zu erreichen.
Einem anderen Patienten mit einer vergleichbaren Erkrankung ist es eventuell
wichtiger, bis zum Tod geistig vollkommen klar, ansprechbar und wach zu sein. Um
dies zu erreichen, akzeptiert er es, dass seine Schmerzen nicht vollständig
gelindert werden. Bei diesem Patienten muss sich das palliativmedizinische Team
überlegen, wie es die Schmerzen des Patienten bestmöglich lindert, ohne dass die
von ihm nicht erwünschten Nebenwirkungen auftreten.
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Umfassende Information über die Möglichkeiten der Medizin
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Das palliativmedizinische Team muss sowohl dem Patienten als
auch seinen Angehörigen zusichern, dass es sich um alle Belange des Patienten
kümmert und dass alle belastenden Symptome bestmöglich gelindert werden. Der
Patient hat ein Recht auf die bestmögliche Betreuung. Auch und gerade wenn ihre
Erkrankung nicht mehr heilbar und ein baldiger Tod absehbar ist, besteht dieser
Anspruch. Nur auf
diese Weise lässt sich der eventuelle Wunsch des Patienten und/oder seiner
Angehörigen nach Sterbehilfe vermeiden. Der Wunsch nach Sterbehilfe entspringt
oft nicht dem Wunsch, sein Leben beenden zu wollen, sondern vielmehr der Angst
vor unkontrollierbaren Beschwerden wie starken Schmerzen oder ausgeprägter
Atemnot. Hier muss das palliativmedizinische Team vorbeugend darlegen, dass es
alles tun wird, damit derartige unkontrollierbare Beschwerden nicht auftreten.
Dies trägt dazu bei, dass der Patient und seine Angehörigen dem Tod etwas
gelassener entgegensehen und keine Angst vor unerträglichen Beschwerden haben
müssen. Auf diese Weise tritt der Wunsch nach Sterbehilfe in der Regel erst gar
nicht auf oder er tritt in den Hintergrund, sofern er schon einmal vorhanden
war.
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Sterbehilfe
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Falls der Patient und seine Angehörigen das Thema "Sterbehilfe"
dennoch ansprechen, muss intensiv darauf eingegangen werden. Die Mitglieder des
palliativmedizinischen Teams sollten in solch einem Fall herausfinden, warum
dieser Wunsch entstanden ist. Dabei könnte der Patient beispielsweise berichten,
dass er Angst vor unerträglichen Schmerzen hat oder dass er niemandem zur Last
fallen möchte. Aus Reaktion darauf muss dem Patienten verdeutlicht werden, dass
das palliativmedizinische Team beispielsweise alles tun wird, um eventuelle
Schmerzen zu lindern, und dass dies in der Regel auch möglich ist. Weiterhin
sollte man darauf hinweisen, dass sich das Team gerne um den Patienten kümmert,
dass es die Betreuung schwer kranker und sterbender Patienten als seine Aufgabe
ansieht und dass jeder Mensch ein Recht darauf hat, in Würde und möglichst ohne
belastende Beschwerden zu sterben.
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Auch seelische Aspekte werden berücksichtigt
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Im Rahmen eines derartigen Gesprächs sollte dem Patienten
auch verdeutlicht werden, dass eine palliativmedizinische Betreuung nicht nur die
Behandlung von körperlichen Beschwerden beinhaltet. Vielmehr sollte betont
werden,
dass das palliativmedizinische Team seine Aufgabe darin sieht, den Patienten
umfassend zu betreuen und zu umsorgen. Dazu gehören neben der rein medizinischen
Betreuung unter anderem auch das Eingehen auf Gefühle und spirituelle Fragen
sowie die Berücksichtigung kultureller Aspekte (beispielsweise ist es in einigen
Kulturen üblich, dass sich die gesamte Familie um das Sterbebett versammelt,
während dies in anderen Kulturen eher unerwünscht ist). Weiterhin sollte
erläutert werden, dass es durch die unterschiedlichen Ausbildungen (unter
anderem Medizin, Pflege, Krankengymnastik, Ergotherapie, Theologie und
Sozialarbeit) der einzelnen Teammitglieder möglich ist, ihn umfassend zu
betreuen und dabei die einzelnen Facetten des Lebens und Sterbens mit
einzubeziehen.
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