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Therapieschema bei Suchterkrankungen
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Hilfsmaßnahmen
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Es gibt nur einen Weg, die Sucht zu besiegen: Die Antwort auf die Frage
"Warum bin ich süchtig?". Beschönigung, Verleugnung und Bagatellisierung sind
Bestandteil von Suchterkrankungen. Erst, wenn sich ein Betroffener darüber hinwegsetzen
kann und sagen kann: "Ich bin süchtig.", gibt es einen Weg in die Freiheit. |
Hilfe eröffnet Wege aus der Sucht.
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Der Wunsch nach Abstinenz kann aber nicht die Voraussetzung für Hilfe
sein. Hilfsmaßnahmen sollten schon vorher beginnen, z.B. indem Notunterkünfte oder
sterile Spritzen zu Verfügung gestellt werden. Solche grundlegenden Überlebensmaßnahmen
können ein Auslöser für den Wunsch nach Abstinenz sein. Dazu gehören auch
Beratungshilfen, z. B. eine Jobvermittlung, Schuldenberatung oder Rechtsbeistand. In jedem
Fall aber sollten suchtbegleitende körperliche Erkrankungen behandelt werden. |
Der eigene Wunsch nach Abstinenz ist wichtig.
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Erst wenn ein Abhängiger den Wunsch hat, abstinent zu werden, ist eine
Entgiftung sinnvoll. Dazu muss vorher festgestellt werden, in welcher Phase der Sucht sich der Betroffene befindet. Danach kann dann
beurteilt werden, ob und welche Entzugserscheinungen
zu erwarten sind. Das ist wichtig für die Frage, ob ein Entzug abrupt und vollständig
sein soll, ob ein langsames Ausschleichen notwendig ist oder eine Substitutionstherapie.
Auch die Frage, ob der Entzug stationär oder ambulant erfolgen soll, wird individuell
entschieden. Psychiatrische, psychische und körperliche Erkrankungen müssen beim Entzug berücksichtigt und
ebenfalls behandelt werden. |
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Psychotherapie
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Keine Suchtbehandlung ohne Psychotherapie.
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Die Psychotherapie ist zentraler Bestandteil einer jeden Therapie, denn
Abhängigkeit ist immer auch psychische Abhängigkeit.
Nur wenn es gelingt,
- die Lücke zu füllen, die durch die Abstinenz entstanden ist,
- den Ursachen der Sucht nachzuspüren,
- Probleme und schwierige Situationen auf eine andere Art zu bewältigen,
- Selbstkontrolle zu erlernen und
- neue Lebensinhalte zu finden,
kann eine Suchtbehandlung erfolgreich sein. Klar ist, dass eine Sucht Narben
hinterlässt, die nie wieder ganz verschwinden. Das ist auch und gerade dann der Fall,
wenn eine Sucht erfolgreich überwunden werden kann. Die Betroffenen sind oft anfälliger
und empfindlicher. Wer kennt nicht den ehemaligen Raucher, der auf jedes kleine Wölkchen
heftig reagiert. Oder den Alkoholiker, der schon beim Genuss eines "alkoholfreien
Biers" rückfallgefährdet ist. Eine Sucht zu überwinden und abstinent zu bleiben
ist verdammt schwer. Betroffene bleiben ein Leben lang süchtig, auch wenn sie abstinent
sind.
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Rückfälle sind möglich.
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Aus diesem Grund gehören zu jeder Therapie auch vorbeugende Maßnahmen
vor Rückfällen. Jeder Beteiligte, ob Abhängiger oder Angehöriger oder Therapeut sollte
sich darüber klar sein, dass Rückfälle möglich sind. Die vorbeugenden Maßnahmen
vermitteln dem Abhängigen das Gefühl, in einer "Gefahrensituation"
selbständig handeln zu können. Er kann etwas tun, damit er nicht rückfällig wird. Er
ist nicht hilflos. Zu solchen vorbeugenden Maßnahmen gehört z. B. ein
Selbstsicherheitstraining, Entspannungsübungen (Muskelrelaxation nach Jacobson, autogenes Training o.a.) und Kommunikationstraining.
So lernen Betroffene, Ängste, Hilflosigkeit und Selbstzweifel auszudrücken und zu
überwinden. Gut ist auch ein Hobby, das Selbstbestätigung und Entspannung vermittelt.
Außerdem sollte der Kontakt mit Suchtmittel gemieden werden. Dazu gehört z. B., dass im
Haushalt eines Alkoholikers kein Alkohol zu finden
sein sollte. |
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Phasenmodell
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Die Phasen dienen der Orientierung, sie sind nicht als Dogma zu
verstehen.
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Die traditionelle Vorgehensweise bei der Suchtbehandlung ist ein
Phasenmodell, bei dem jeder Schritt auf dem vorherigen aufbaut. Zu den Phasen gehören:
- Motivationsphase oder auch Kontaktphase: Hier bekommen Abhängige den ersten Kontakt zu
Hilfsmaßnahmen, wobei die eigene Motivation wichtig ist. Häufig finden hier grundlegende
diagnostische Abklärungen statt. Betroffene werden über
Folgen der Sucht informiert und ihnen werden Wege aus der Sucht vermittelt und angeboten.
- Entgiftungsphase: Hier wird eine, meistens stationäre, Entgiftung durchgeführt.
Ambulante Entgiftung, insbesondere bei stoffgebundenen
Süchten, ist selten. Das hängt von der Art des Suchtmittels, von den zu erwartenden
Entzugserscheinungen und vom sozialen Umfeld ab. Außerdem findet in dieser Phase eine
intensive Therapie der begleitenden psychischen und körperlichen Erkrankungen sowie
psychotherapeutische Behandlung statt.
- Entwöhnungsphase: Diese Phase folgt auf einen stationären Entzug und wird oft in
Spezialkliniken durchgeführt. Es ist aber auch eine ambulante Entwöhnungsphase durch
Fachambulanzen möglich. Die Dauer ist unterschiedlich: 6 Wochen bis 6 Monate. Hier ist
zentral Psychotherapie, Familientherapie, Verhaltenstherapie, Selbstsicherheitstraining,
Entspannungstraining.
- Nachsorgephase: Hier entscheidet sich, ob die Entwöhnung erfolgreich war und dauerhaft
sein kann. Hilfen geben Selbsthilfegruppen, Hausarzt, Fachambulanzen und betreuende
Wohngemeinschaften. Diese Einbindung ist sehr wichtig. Gerade in diesem Stadium der
Entwöhnung darf ein Betroffener nicht allein gelassen werden. Eine Rückfallprophylaxe
ist ein wichtiger Bestandteil der Nachsorgephase. Vorbeugende Maßnahmen vor Rückfällen
beinhalten ein Selbstsicherheitstraining und die Stärkung der Persönlichkeit und
Maßnahmen, den Kontakt mit Suchtmitteln zu vermeiden. Außerdem sollten Techniken
vermittelt werden, kritische Situationen auszuhalten, ohne auf Suchtmittel zurückgreifen
zu müssen.
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Dieses Phasenmodell soll orientierenden Charakter haben. Immer sollten
Hilfsmaßnahmen und Therapie sich an den Motiven und den individuellen Gegebenheiten
orientieren. Niemand kann gegen seinen Willen erfolgreich therapiert werden.
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