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Operationen bei Facettensyndrom
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Einleitung
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Verschleiß der Wirbelgelenke
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Unter einem Facettensyndrom versteht man eine
Schmerzsymptomatik, die von den Gelenken der Wirbelsäule (den Facettengelenken) ausgeht. Ursächlich sind in der Regel degenerative
Veränderungen ("Verschleißerscheinungen"). Die Schmerzen bei einem
Facettensyndrom treten meistens im Bereich der Lendenwirbelsäule auf.
Gelegentlich kommt es auch zu einer Ausstrahlung der Schmerzen in andere
Bereich.
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Typische Beschwerden
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Typische Symptome, die auf ein Facettensyndrom hindeuten, sind unter anderem:
- Schmerzausstrahlung in die Hüft- und/oder Gesäßregion, aber auch in die
Oberschenkel oder die Waden (selten bis in die Füße)
- Schmerzen in den Beinen mit krampfartigem Charakter
- Steifheitsgefühl im Lendenwirbelsäulenbereich, vor allem morgens oder
nach längeren Ruhephasen
- Schmerzverstärkung im Sitzen
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Unterschied zu anderen Erkrankungen
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Ausdrücklich nicht zu einem Facettensyndrom gehören Beschwerden
wie Lähmungen, Empfindungsstörungen oder Missempfindungen. Bei Vorliegen
derartiger Symptome ist eher an eine Beeinträchtigung der Spinalnerven zu denken, beispielsweise durch einen
Bandscheibenvorfall oder eine
Spinalkanalstenose.
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Körperliche Untersuchung
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Bei der körperlichen Untersuchung deuten zudem folgende Befunde
auf das Vorliegen eines Facettensyndroms hin:
- Druckschmerzen neben der Wirbelsäule
- Auftreten von Schmerzen beim Überstrecken (Nach-hinten-Beugen) der
Wirbelsäule
- Schmerzen in der Hüftregion, im Gesäß und/oder im Lendenwirbelbereich,
wenn der Untersucher beim liegenden Patienten dessen Beine anhebt
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Medikamente
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Eine Besserung der Schmerzen bei einem Facettensyndrom ist
zunächst durch Medikamente möglich. In der Regel werden
nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR)
verordnet. Wenn eine medikamentöse Behandlung nicht
(mehr) ausreichend ist, besteht die Möglichkeit einer operativen Behandlung.
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Operative Behandlung
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Für die operative Behandlung des Facettensyndroms stehen im
Wesentlichen 3 Methoden zur Verfügung:
Bei allen Methoden ist das Ziel der Behandlung eine
Schmerzreduktion. Eine Beseitigung der Ursache im Sinne einer "Heilung" ist
nicht möglich.
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Infiltrationstherapie
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Medikament wird injiziert
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Bei der Infiltrationstherapie zur Behandlung eines
Facettensyndroms wird ein schmerzstillendes Medikament, eventuell in Kombination
mit einem entzündungshemmenden Wirkstoff, an oder in die schmerzhaften
Wirbelgelenke gespritzt.
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Sitzende Position
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Für die Durchführung einer Infiltrationstherapie bei
Facettensyndrom sitzt der Patient auf einer Untersuchungsliege. Die Füße sind
dabei abgestützt, und der Oberkörper ist leicht nach vorne gebeugt. Auf diese
Weise "entfaltet" sich die Wirbelsäule, und der Operateur kann sich beim
Ertasten der Wirbelgelenke besser orientieren.
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Bauchlage
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Alternativ kann der Patient auch auf dem Bauch liegen. Dabei
wird dann zur "Entfaltung" der Wirbelsäule ein Kissen unter den Bauch gelegt.
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Einführen der Kanüle
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Nach stabiler Positionierung des Patienten ertastet der
Operateur die zu behandelnden Wirbelgelenke. Als Nächstes wird eine Kanüle mit
aufgesetzter Spritze bis an das erste Wirbelgelenk heran geführt. Das Erreichen
des Wirbelgelenks lässt sich durch einen prall-elastischen Widerstand an der
Kanülenspitze erspüren. Weiterhin geben einige Patienten bei Berührung der
Gelenkkapsel den für ihre Beschwerden typischen Schmerz an.
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Einspritzen des Medikamentes
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Ist das Wirbelgelenk mit der Kanülenspitze erreicht, kann das
Medikament beziehungsweise das Medikamentengemisch eingespritzt werden. In der
Regel kommt dafür ein lokales Betäubungsmittel (Lokalanästhetikum) zum Einsatz,
gelegentlich in Kombination mit einem entzündungshemmenden Kortisonpräparat.
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Behandlung mehrerer Gelenke
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Dabei ist es nicht unbedingt erforderlich, dass das
schmerzstillende Medikament beziehungsweise das Medikamentengemisch direkt in
das betroffene Wirbelgelenk hinein gespritzt wird. Es ist bereits ausreichend,
wenn die Wirkstoffe in die Nachbarschaft des Wirbelgelenks gelangen. Die
Behandlung kann auf mehrere betroffene Facettengelenke ausgedehnt werden.
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Koagulationsbehandlung
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Bei der Koagulationsbehandlung schmerzhafter Facettengelenke
werden schmerzleitende Nervenfasern im Gelenkbereich verödet.
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Verödung feiner Nervenäste
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Auf jeder Wirbelsäulenetage entspringt ein sogenannter
Spinalnerv (Rückenmarknerv), der vielfältige Funktionen hat (unter anderem
Nervenfasern für die Bewegungssteuerung und die Empfindungsfähigkeit). Mehrere
kleine Nervenäste des Spinalnervs ziehen auf jeder Etage zum jeweils darüber und
darunter gelegenen Facettengelenk und sind für dessen Empfindungsfähigkeit
zuständig. Diese feinen Nervenäste sind das Ziel der Koagulationsbehandlung zur
Therapie des Facettensyndroms.
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Vollnarkose
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Die Koagulationsbehandlung wird in Vollnarkose durchgeführt. Der
Patient liegt dazu auf dem Bauch. Zunächst orientiert sich der Operateur durch
Tasten an der Wirbelsäule und markiert anschließend die geplanten Einstichpunkte
für die Verödungselektrode.
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Vorschieben der Elektrode unter Röntgenkontrolle
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Die eigentliche Behandlung beginnt mit dem Aufsetzen der
Verödungselektrode auf den vorab festgelegten Hautmarkierungen. Das Vorschieben
der Elektrode in Richtung der Verödungspunkte findet unter Röntgenkontrolle
statt. Nach Sicherung einer korrekten Elektrodenlage wird die Elektrode unter
Strom gesetzt. Die Verödung erfolgt dann über einen Zeitraum von 90 Sekunden mit
einer Temperatur von 75 Grad. Für eine zufriedenstellende Schmerzreduktion ist
es sinnvoll, nicht nur unmittelbar das schmerzhafte Bewegungssegment mittels
Verödung zu behandeln, sondern auch die benachbarten Bewegungssegmente.
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Nachbehandlung
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Die Nachbehandlung der Koagulationsbehandlung bei Facettensyndrom erfolgt
medikamentös mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR),
das sind Medikamenten, die eine schmerzlindernde und entzündungshemmende Wirkung
haben. Die Einnahme erfolgt über 7 bis 10 Tage.
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AU bis zu 4 Wochen
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Bereits am ersten Tag nach dem Eingriff ist das Aufstehen mit
einer Hilfsperson möglich. Ab dem zweiten bis vierten Tag ist der Beginn einer
krankengymnastischen Nachbehandlung sinnvoll. Bei schwacher Rückenmuskulatur ist
eventuell die Anpassung eines Stützkorsetts hilfreich. Eine Krankschreibung ist
– unter anderem in Abhängigkeit vom ausgeübten Beruf – für eine bis 4 Wochen
erforderlich.
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Komplikationen
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Die Komplikationsrate bei der Koagulationsbehandlung des
Facettensyndroms ist insgesamt gering. Sehr selten kommt es zu einer
Nervenverletzung mit daraus resultierenden Empfindungsstörungen oder Lähmungen.
Auch mit Infektionen ist nur selten zu rechnen. Weitere
Komplikationsmöglichkeiten sind unter anderem Hautverbrennungen durch die
Verödungselektrode und ein Abbrechen der Elektrode.
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Kryotherapie
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Kälte lindert Schmerzen
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Bei der Kryotherapie (Kältetherapie) zur Behandlung eines
Facettensyndroms wird die schmerzlindernde Wirkung von Kälte genutzt. Der Eingriff erfolgt unter örtlicher Betäubung in Bauchlage.
Zunächst wird das Operationsgebiet mit sterilen Tüchern abgeklebt und
desinfiziert. Die genauen Einstichpunkte für die Kältesonde lassen sich mit
Hilfe eines Röntgengerätes ermitteln. Die Einstichpunkte werden dann durch eine
Injektion örtlich betäubt.
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Sonde wird auf minus 62 Grad gekühlt
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Nach einer kleinen Stichinzision kann man die Kältesonde bis an
das zu behandelnde Facettengelenk heran schieben. Durch eine Probestimulation
mit Strom wird die versehentliche "Verkühlung" eines motorischen Nervs (der für
die Bewegungsfähigkeit erforderlich ist) ausgeschlossen. Nach korrekter
Platzierung der Kältesonde folgt nun durch Abkühlen der Sondenspitze bis auf
minus 62 Grad die eigentliche Kältetherapie und damit die erwünschte
Schmerzlinderung.
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Behandlung benachbarter Gelenke
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In der Regel wird nicht nur das schmerzauslösende Facettengelenk
behandelt, sondern auch das Facettengelenk auf der gegenüber liegenden
Körperhälfte sowie die jeweils darüber und darunter gelegenen Gelenke.
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Prognose
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Bei 90 Prozent der mit Kryotherapie therapierten Patienten mit
Facettensyndrom ist die Behandlung erfolgreich. Dabei
ist die Dauer der Schmerzlinderung allerdings sehr unterschiedlich. Er kann einige Tage
oder auch bis zu mehreren Jahren dauern. Im Mittel hält der therapeutische Erfolg
ungefähr ein Jahr lang an - dann ist eine erneute Kryotherapie möglich, wobei
die Behandlung auch mehrfach wiederholt werden kann.
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Komplikationen
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Komplikationen kommen bei einer Kryotherapie zur Behandlung
eines Facettensyndroms nur sehr selten vor. Mögliche Komplikationen sind:
- Nachblutung
- Hautirritationen oder Infektion bis hin zum Abszess (Eiterherd) an der
Einstichstelle der Kältesonde
- Beschädigung von Nervengewebe
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Quellen:
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Jerosch J, Steinleitner W (Hrsg.) (2005) Minimal-invasive
Wirbelsäulen-Interventionen. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln
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