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Hyperventilation
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Physiologische und pathophysiologische Vorgänge
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Beschleunigte und vertiefte Atmung
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Funktionelle
Störungen der Atmung beeinträchtigen den Ablauf der Atmung, obwohl die
Bestandteile des
Atemapparats wie Lunge, Atemmuskulatur und Brustkorbwand gesund sind. Die klinisch
bedeutsamste funktionelle Störung ist die Hyperventilation. Darunter versteht man eine über das physiologische Bedürfnis
hinaus beschleunigte und
vertiefte Atmung, die sehr häufig durch psychische Belastung wie Angst, Ärger
oder Wut, in Gang gesetzt werden kann.
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CO²- Gehalts des Blutes steuert die Atmung
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Atemfrequenz und Atemtiefe des Menschen werden durch den CO²- Gehalts des Blutes
gesteuert. Durch Rezeptoren im Hirnstamm (Atemzentrum), in den Halsschlagadern
und im Aortenbogen erfolgt eine "automatische Erfassung" und Übermittlung an das
Regulationszentrum.
Gemessen wird der CO²- Gehalts des Blutes
über den so genannten Partialdruck (pCO²) mit einem Normwert zwischen
36 und 44 mmHg. Ein erhöhter CO²- Gehalt des Blutes führt zu
gesteigerter Atemfrequenz und vertiefter Atmung. Dadurch wird vermehrt CO² durch die Lunge
abgeatmet um wieder einen normalen Wert herbeizuführen.
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Reaktionskette bei Hyperventilation
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Bei psychischen Emotionen und Angstzuständen nimmt die
Ausschüttung von Adrenalin zu. Dessen anregende Wirkung auf das Atemzentrum
verursacht eine verstärkte und vertiefte Atmung (Hyperventilation), die eine
ganze Reihe von Reaktionen nach sich zieht: Die CO²- Konzentration im
Blut sinkt übermäßig ( pCO² unter 35 mmHg), als Folge davon sinkt auch
der Kohlensäuregehalt des Blutes, da CO² im Körper als Kohlensäure
gebunden ist. Das zieht einen
atembedingter Basenüberschuss des Blutes (respiratorische Alkalose) mit einem Anstieg
des pH- Werts des Blutes (über 7,4) nach sich und infolgedessen entsteht auch eine
Änderung im Elektrolythaushalt: die Konzentration des freien Kalzium im Blut
sinkt, eine Übererregbarkeit der Muskulatur mit Muskelkrämpfen (Tetanie) ist die
Folge.
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Teufelskreis Hyperventilation
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Weitere Auswirkungen der Hyperventilation sind: Der
verminderte Kohlendioxydgehalt des Blutes erhöht den Gefäßwiderstand im Gehirn
und vermindert die Durchblutung im Kopf, die Sauerstoffversorgung des Gehirns
verschlechtert sich. Aus Angst vor Ersticken atmen die Betroffenen noch stärker
und es kommt ein richtiger Teufelskreis in Gang. Die Erstickungsangst steigert
sich immer mehr. Nur selten kommt es jedoch wirklich zu Bewusstlosigkeit.
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Menschen, die zu Hyperventilation neigen, atmen auch
normalerweise hauptsächlich mit dem Brustkorb, weniger mit dem Zwerchfell. Bei
einer solchen Atemart ist die Atemfrequenz aber von vorneherein schon erhöht, so
dass eine Hyperventilation schneller entsteht.
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Man unterteilt zwei Formen der Hyperventilation:
- Akutes Hyperventilationssyndrom,
das anfallsartig auftritt und mit Muskelkrämpfen verbunden
ist
- Chronisches Hyperventilationssyndrom
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Körperliche Ursachen von Hyperventilation
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Psychische Ursachen für eine Hyperventilation sind zwar die
häufigsten Auslöser, aber eine Hyperventilation kann auch durch körperliche
Ursachen begründet sein wie
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Symptome akutes Hyperventilationssyndrom
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Atmen "wie ein Fisch auf dem Trockenen"
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Für die Betroffenen ist ein akuter
Hyperventilationsanfall ein dramatisches und erschreckendes Erlebnis, das sie
stets in Erinnerung behalten. Der Ablauf ist folgendermaßen: Nach einem Auslöser
(Angst, Ärger) ist die Atmung beschleunigt und wird von unmotiviertem Gähnen,
Seufzen oder Hüsteln begleitet. Die Betroffenen haben den Eindruck "nicht
richtig durchatmen" zu können und berichten über Atemnot. Dieses Gefühl kann
sich panikartig zu Erstickungsangst steigern. Nachfolgend kommt es bei einer
voll ausgeprägten Hyperventilation zu folgenden Symptomen:
- Kribbeln und Zittern in den Fingerspitzen
und Füßen
- Kribbeln um die Mundregion
- Kalte Hände und Füße
- Verkrampfen der Hände (Pfötchenstellung) und
Verkrampfung der Mundregion ("Karpfenmaul") infolge der
Überregbarkeit der Muskulatur
- Zuschnüren der Kehle (Globusgefühl)
- Sehstörungen
- Dumpfes Druckgefühl in der Herzgegend oder
stechender Schmerz
Im Extremfall kann ein Zustand eintreten, der
einem Krampfanfall ähnelt, jedoch zumeist ohne Bewusstlosigkeit.
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Symptome chronisches Hyperventilationssyndrom
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Chronische Symptome oft nicht direkt wahrnehmbar
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Im Gegensatz zum akuten Hyperventilationsanfall fehlen die akuten Anfälle und
die Muskelverkrampfungen, die Symptome sind oft vage. Die beschleunigte und
vertiefte Atmung ist von außen oft nicht erkennbar, auch die Betroffenen nehmen
es oft nicht wahr. Trotzdem ist der CO² -Gehalt im Blut auch im Ruhezustand erniedrigt, so dass die Reizschwelle
gesenkt ist. Schon ein Anstieg des CO² - Spiegels auf normale Werte
kann eine weitere Verstärkung der Atmung mit Symptomen der Atemnot und Einengung
auslösen, die Elektrolytwerte sind aber in diesem Falle kaum verändert, da die
Niere einen Ausgleich schafft. Die chronische Hyperventilation wird deshalb
häufig nicht erkannt:
Zu den Leitsymptomen zählen:
- Schwankschwindel
- kalte Arme und Beine
- Benommenheit
- Müdigkeit
- Konzentrationsstörungen
- Vergesslichkeit
- Verdauungsprobleme (Blähungen, Aufstoßen) durch
Schlucken von Luft
- Reizbarkeit evtl. Panikzustände
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Psychodynamik und Diagnose
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Häufigkeit
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Das Hyperventilationssyndrom kommt häufig
vor. Es wird angenommen, dass etwa sechs bis zehn Prozent der Patienten einer
internistischen Praxis und sechs bis elf Prozent der Patienten einer
Allgemeinpraxis an einem Hyperventilationssyndrom leiden. Vorzugsweise sind
Frauen im 2. und 3. Lebensjahrzehnt davon betroffen.
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Psychodynamik
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Ein Hyperventilationssyndrom
findet sich häufig bei emotional labilen Menschen, die auf eine Emotion heftig reagieren. Sie verhalten sich
oft besonders
empfindlich gegenüber Konflikten und Spannungen. Eine depressive und ängstliche
Stimmungslage bildet häufig den Hintergrund eines Hyperventilationssyndroms.
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Diagnose
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Die Diagnose des akuten
Hyperventilationssyndroms bereitet wegen seiner charakteristischen Symptome kaum
Schwierigkeiten. Eine chronische Hyperventilation dagegen ist manchmal schwer zu
diagnostizieren.
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Testversuch
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Eine über 3 Minuten durchgeführte Hyperventilation führt im
Test beim akuten Hyperventilationssyndrom zu den typischen Symptomen des
Hyperventilationsanfalls. Bei der chronischen Hyperventilation kann ein Anfall
oft nicht ausgelöst werden, da der Organismus an die chronische respiratorische
Alkalose angepasst ist. In der Blutgasanalyse findet sich aber ein deutlich
erniedrigter Kohlendioxyd-Partialdruck. Ein Hyperventilationsversuch soll bei
Asthma bronchiale oder Herzkrankheiten nicht durchgeführt werden.
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Therapie
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Beruhigung und Rückatmung meistens erfolgreich
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Bei einem akuten Hyperventilationsanfall
steht an erster Stelle zunächst die Beruhigung des Betroffenen und die Anleitung
zu bewusst verminderter und verlangsamter Atmung. Ist das nicht ausreichend,
erfolgt die Rückatmung der Atemluft, indem eine Plastiktüte von unten her über
Mund und Nase gehalten wird. Auch die Hohlhand vor dem Mund des Betroffenen ist
manchmal ausreichend. Die früher häufig verabreichte Calcium-Spritze wird
heute nicht mehr gegeben, auch von der Gabe von Beruhigungsmittel
(Benzodiazepinen) wird meist abgesehen. Wichtig ist nachfolgend die Aufklärung
über den Zusammenhang der Atemstörung sowie die physiotherapeutische und
atemtherapeutische Behandlung um eine Wiederholung und einen Übergang in die
chronische Hyperventilation zu verhindern.
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Selbsthilfe zur Vorbeugung
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Tipps zur Vermeidung von neuerlichen
Hyperventilationsanfällen:
- Wenn eine beschleunigte Atmung einsetzt, wird die
Anwendung der so genannten Lippenbremse empfohlen: langsames
Ausatmen bei leicht geschlossenen Lippen. Wird auf diese Weise eine
verminderte Atemfrequenz von 6 bis 8 Atemzügen/Minute und eine
langsame Ausatmung erreicht, setzt bald die gewünschte Entspannung
ein
- rasche Bewegungen, wenn eine beschleunigte Atmung
einsetzt
- Training der Zwerchfellatmung ("Bauchatmung")
- Entspannungsverfahren wie
progressive Muskelrelaxation,
autogenes Training,
Yoga,
Biofeedback-Training.
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Psychotherapie
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Insbesondere beim chronischen Hyperventilationssyndrom
kann neben den Entspannungsverfahren eine
psychotherapeutische Behandlung (evtl.
Paar- oder Familientherapie oder berufsbezogene Beratung) angezeigt sein.
Bestehen ausgeprägte Angstzustände oder Depressionen ist eine Behandlung mit
Antidepressiva indiziert.
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Ein akutes Hyperventilationssyndrom kann ein einmaliges
Ereignis sein, wenn eine Fixierung verhindert werden kann, eine chronische
Hyperventilation kann mit geeigneten Maßnahmen in etwa 60 Prozent gebessert werden.
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