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Wirkstoffe aus Arzneimitteln werden mit dem Blutstrom überall im Körper
verteilt und gelangen so an ihren Zielort. Der Austausch zwischen Blutgefäßen und Gewebe
geschieht insbesondere in den Kapillaren.
Kapillaren sind die feinen, hauchdünnen Verbindungen zwischen Arterien und Venen. Das
Blut fließt in den Kapillaren sehr langsam. Das erleichtert den Austausch von Stoffen
durch die dünne Kapillarwand in die Zellzwischenräume (Interstitium). |
Der Aufbau der Kapillaren ist sehr unterschiedlich.
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Die Kapillarwände bestehen aus einer Endothelzellschicht, die von einer
Basalmembran umhüllt ist und bilden den Grundaufbau der Blut-Gewebe-Schranke. Die
Membraneigenschaften der Kapillarwände sind nicht in allen Teilen des Körpers gleich
ausgebildet. Die Durchlässigkeit ist von Ort zu Ort sehr verschieden. |
Intra- und interzelluläre Verbindungen machen
Membranen durchlässig für hydrophile Stoffe.
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Biologische Membranen sind vor allem für lipophile Stoffe gut
durchlässig (vgl. "Aufbau und Diffusionswege einer
Membran"). Hydrophile Stoffe können eine Membran nur durch die "Poren"
passieren, die in der Phospholipiddoppelschicht einer
biologischen Membran zu finden sind. Neben den Poren existieren auch noch sogenannte
Junctions (junction = Verbindung), die eine Verbindung bzw. Durchtrittspforte zwischen den
Zellen (interzellulär) herstellen. Bei den Kapillaren in den Muskeln ist der Anteil der
Junctions so hoch, dass eine 500 mal größere Fläche für die Passage lipophiler Stoffe
zur Verfügung steht, als ohne Junctions. Beim Austritt von Wirkstoffen aus den Kapillaren
in den interstitiellen Raum ist deshalb sowohl die Häufigkeit intrazellulärer Poren, als
auch die Häufigkeit von interzellulärer Junctions von Bedeutung. |
Die Wirkung von Arzneimitteln hängt von der Durchlässigkeit der
Kapillarwände ab.
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Um die Durchlässigkeit der unterschiedlichen Membranen in den Kapillaren
zu unterscheiden, ist eine genaue Betrachtung der lipophilen Passageflächen und der
Porenfläche als Durchtrittspforte für hydrophile Stoffe wichtig. Das Verhältnis dieser
beiden Flächen ist entscheidend dafür, ob ausschließlich lipophile Substanzen passieren
oder ob auch hydrophile Stoffe durchtreten können. Die Wirkung eines Arzneimittel ist
wesentlich von der unterschiedlichen Durchlässigkeit der Blutgefäße in den einzelnen
Organen abhängig. |
Die Blut-Hirn-Schranke ist für
hydrophile Stoffe nahezu undurchdringlich.
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Die Blut-Gewebe-Schranke des Gehirns wird Blut-Hirn-Schranke genannt.
Blut-Hirn-Schranke stellt einen besonderen Schutz für die empfindlichen Nervenzellen im
Gehirn dar. Die Kapillaren im Gehirn sind durch ihren Aufbau für hydrophile Stoffe nahezu
undurchdringlich. Die Endothelzellen und die Basalmembran der Kapillarwände besitzen
keine Poren. Außerdem sind die Kapillaren im Gehirn von einer dicht anliegenden Schicht
aus Gliazellen umgeben. Gliazellen sind ein spezielle Typ von Nervenzellen, die sowohl der
Erregungsleitung dienen, als auch Stütz-, Ernährungs- und immunologische
Schutzfunktionen für das Gehirn ausüben. Durch die dichte Anlagerung von Gliazellen sind
die Kapillaren im Gehirn vom Blut aus nur durch lipophile Substanzen passierbar. Außerdem
gibt es Transportmechanismen, die eine Passage ermöglichen. |
Die Durchlässigkeit steigt bei bestimmten Erkrankungen.
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Bei viele Substanzen, wie Giftstoffen, Stoffwechselprodukten oder
Medikamenten, überwiegen die hydrophilen Eigenschaften. Sie können deshalb die
Blut-Hirn-Schranke nicht passieren. Arzneimittel, die keine zentrale Wirkung haben sollen,
müssen so aufgebaut sein, dass sie möglichst geringe lipophile Eigenschaften besitzen.
Psychopharmaka oder Narkotika müssen in das Gehirn gelangen können, um zu wirken.
Medikamente zur Muskelentspannung (Relaxantien) sollten die Blut-Hirn-Schranke nicht
überwinden, ansonsten besteht die erhöhte Gefahr von unerwünschten zentralen
Nebenwirkungen. Bei bestimmten Erkrankungen, etwa Gehirn- oder Hirnhautentzündungen oder
auch bei Fieber ist die Blut-Hirn-Schranke durchlässiger als bei gesunden Menschen. |
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Herz- und Skelettmuskeln sowie die glatten Muskeln der inneren Organe sind
nur wenig durchlässig für hydrophile Moleküle. Das liegt daran, dass sowohl das
Endothel, als auch die Basalmembran keine Fenster aufweisen. |
Die Kapillarmembran der Nieren besitzen große Fenster.
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Im Magen-Darm-Trakt, den endokrinen Drüsen, in der Niere und im
Adergeflecht der weichen Hirnhaut besitzen die Kapillaren eine Fensterung, die durch eine
feine Membran (Diaphragma) verschlossen ist. Durch die Fester besteht eine sehr gute
Durchlässigkeit für hydrophile Substanzen. |
In Leber und Milz gibt es keine Hindernisse.
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Die Schranken zwischen Blut und Leber sind dagegen sehr durchlässig und
bedeuten für den Austausch von Stoffen praktisch kein Hindernis. In der Leber besitzen
die Endothelzellen große Fenster, die nicht mit einem Diaphragma verbunden sind.
Außerdem findet sich keine Basalmembran, die einen Stoffaustausch behindern könnte. Die
Zellwände weisen einen hohen Porenanteil auf. Die Leber ist dadurch sowohl für
hydrophile, als auch für lipophile Substanzen sehr leicht zugänglich. Das betrifft auch
alle Arzneimittel. |
Kapillaren unterscheiden sich in ihrem
Aufbau erheblich voneinander.
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In der nachfolgenden Grafik werden noch einmal alle Kapillartypen
schematisch dargestellt.
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