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Offene Operationen bei Bandscheibenvorfällen im Bereich der
Lendenwirbelsäule
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Lagerung des Patienten
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Dorsaler Zugang am häufigsten
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Offene Operationen zur Behandlung von Bandscheibenvorfällen im
Bereich der Lendenwirbelsäule erfolgen in der Regel über einen rückwärtigen
(dorsalen) Zugang. Dafür wird der Patient auf dem Bauch gelagert. Damit das Blut
gut aus dem Operationsgebiet abfließen kann, ist auf eine Druckvermeidung im
Bauchbereich zu achten. Das ist beispielsweise durch die Lagerung auf einem
speziellen Bauchkissen möglich, welches mittig eine Mulde für die Bauchwölbung
aufweist.
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Lagerung auf dem Bauch
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Eine optimale Lagerung hat außerdem das Ziel, die normalerweise
ja leicht gekrümmte Lendenwirbelsäule für die Operation in einer geraden
Position auszurichten. Das ist durch eine leichte Beugung der Beine in den
Hüftgelenken auf einem speziell klappbaren Operationstisch möglich - die
Hüftbeugung bewirkt eine "Entkrümmung" der Lendenwirbelsäule, sodass der Chirurg
an einer gerade ausgerichteten Lendenwirbelsäule arbeiten kann.
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Blut kann gut abfließen
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Nachdem der Patient in der gewünschten Position gelagert ist,
wird der Operationstisch leicht gekippt, sodass der Kopf etwas tiefer liegt als
das Gesäß. Die leichte Kippung trägt dazu bei, dass das Blut gut aus dem
Operationsgebiet abfließen kann.
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Lagerung in Hockstellung
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Alternativ zu dieser beschriebenen Bauchlagerung ist zur
Durchführung einer Bandscheibenoperation im Lendenwirbelsäulenbereich auch eine
Lagerung in der sogenannten Häschenstellung möglich. Dabei "hockt" der Patient
auf seinen Knien; das Gesäß befindet sich oberhalb der Füße, der Bauch oberhalb
der Oberschenkel, und der Oberkörper ist mit ausgestreckten Armen nach vorne
ausgestreckt. Diese Position wird durch verschiedene Kissen und andere
Lagerungshilfen unterstützt.
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Lagerung in Häschenstellung
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Die "Häschenstellung" hat einen großen Vorteil: Durch die
geduckte Haltung werden die Wirbelbögen der einzelnen Wirbel relativ weit
auseinander gespreizt, was wiederum einen guten operativen Zugang zur
betreffenden Bandscheibe ermöglicht. Die beschriebene Lagerung ist allerdings
nur bei schlanken Patienten durchführbar, da es bei stärker ausgeprägter
Bauchwölbung sonst zu einem Druck auf den Bauchraum kommen würde. Weitere
mögliche Nachteile der "Häschenstellung" sind:
- Durch die Streckung der Lendenwirbelsäule wird die Nervenwurzel, die
durch den Bandscheibenvorfall ohnehin bereits eingeengt wird, noch stärker
gestrafft. Dadurch lässt sie sich während der Operation nur eingeschränkt
bewegen, beispielsweise um sie zur Seite zu halten. Auf diese Weise steigt
das Verletzungsrisiko für die Nervenwurzel.
- Durch das "Aufklappen" des Bandscheibenraumes in der "Häschenstellung"
kann Bandscheibengewebe in den Bandscheibenraum zurückgleiten. Dieses
Bandscheibengewebe wird dann während der Operation eventuell übersehen und
entsprechend nicht entfernt. Später kann es dann zu erneuten Beschwerden
kommen, wenn das nicht entfernte Bandscheibengewebe aus dem Bandscheibenraum
herausragt (oder in Form eines Bandscheibenvorfalls ganz den
Bandscheibenraum verlässt) und dadurch Druck auf benachbarte Nervenwurzeln
ausübt.
- Durch die ausgeprägte Streckung der Lendenwirbelsäule lässt sich nicht
mehr so gut erkennen, ob der Wirbelkanal im Operationsgebiet normal weit
oder aber eingeengt ist. Bei bestehender Einengung kann jedoch eine
ergänzende Erweiterung des Wirbelkanals sinnvoll sein, um den im Wirbelkanal
verlaufenden Nervenwurzeln mehr Raum zu geben.
- Aufgrund der Beugung in den Kniegelenken mit möglicher Blutstauung in
den Venen ist das Risiko für eine Unterschenkelthrombose erhöht.
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Lagerung auf der Seite
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Bei stark beleibten Patienten kann unter Umständen auch eine
Positionierung in Seitlagerung sinnvoll sein, um eine Druckausübung auf den
Bauch zu vermeiden. Zur Stabilisierung kommen verschiedene Lagerungshilfen zur
Anwendung. Eine "Entkrümmung" der Lendenwirbelsäule erfolgt in Seitlagerung
durch das Anwinkeln der Knie. Der operative Zugangsweg zur Bandscheibe lässt
sich dann noch zusätzlich durch ein seitliches "Aufklappen" der
Lendenwirbelsäule verbessern. Zu diesem Zweck kann man entweder ein
Lagerungskissen unter der Flanke des Patienten positionieren oder an der
passenden Stelle des Operationstisches einen Knick erzeugen.
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Vorgehen bei der Operation
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Hautschnitt
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Die offene Bandscheibenoperation im Lendenwirbelsäulenbereich
beginnt mit einem Hautschnitt. Der Hautschnitt liegt mittig über den
Dornfortsätzen des jeweiligen Wirbelsäulenabschnitts. In der Regel ist er nur
wenige Zentimeter lang.
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Durchtrennung der Sehnenhülle und Spreizung der Muskulatur
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Nach dem Hautschnitt blickt der Operateur auf eine Sehnenhülle der
Rückenmuskulatur (Fascia thoracolumbalis). Die Sehnenhülle ist in
der Körpermittellinie an den Dornfortsätzen der Wirbel verankert und wird in
einem nächsten Operationsschritt mittig durchtrennt. Nun kann die neben den
Wirbelknochen liegende (paravertebrale) Muskulatur behutsam von den Knochen
herunter geschoben werden. Damit die beiseite geschobene Muskulatur nicht wieder in das
Operationsgebiet zurückrutscht, wird sie unter die breiten Branchen eines
Spreizinstruments geschoben. Nach Aufspreizung und Arretierung des
Spreizinstruments ist die Muskulatur zuverlässig zur Seite verlagert, und der
Blick auf den weiteren Operationsweg ist frei - der Chirurg erkennt nun deutlich
die Wirbelbögen des betreffenden Wirbelsäulenabschnitts und das jeweils
dazwischen aufgespannte Gelbe Band (Ligamentum flavum).
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Schaffung eines Fensters zum Wirbelkanal
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Der nun folgende Operationsschritt besteht in der Durchtrennung
des Gelben Bandes mit einem Skalpell. Als Nächstes wird mit einem kleinen,
stumpfen Instrument vorsichtig unterhalb des Gelben Bandes getastet - eventuell
haftet die darunter gelegene Rückenmarkhaut (Dura mater) dem Gelben Band von
innen leicht an. Diese Verhaftung lässt sich dann beispielsweise durch ein
kleines, stumpfes Operationshäkchen vorsichtig lösen. Ist das Gelbe Band frei
beweglich, wird es vorsichtig mit einem Stanzinstrument Stück für Stück
abgetragen, um einen freien Blick in den Wirbelkanal zu ermöglichen. Ist das auf
diese Weise geschaffene "Fenster" noch nicht groß genug, kann es durch eine
sogenannte Laminotomie vergrößert werden. Unter einer Laminotomie versteht man
die teilweise Entfernung des oberen und/oder unteren Wirbelbogens der
angrenzenden Wirbelknochen.
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Freilegung der Nervenwurzel
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Nachdem nun ein ausreichend großes "Fenster" für die Fortführung
der Operation geschaffen ist, schiebt der Operateur als Nächstes das Fettgewebe
zur Seite, in welches das Rückenmark eingebettet ist. Nun besteht freie Sicht
auf die harte Rückenmarkhaut (Dura mater) und die auf der jeweiligen "Etage"
verlaufende Nervenwurzel. Die Nervenwurzel ist unter Umständen durch den
Bandscheibenvorfall aus ihrer ursprünglichen Position verdrängt. Mitunter kann
man Teile des Bandscheibenvorfalls bereits hinter der Nervenwurzel erkennen. Ist es durch den Bandscheibenvorfall zu einer ausgeprägten
Verlagerung der Nervenwurzel gekommen, ist eventuell eine Vergrößerung des
"Fensters" erforderlich, um den Verlauf der Nervenwurzel gut erkennen zu können.
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Durchtrennung des hinteren Längsbandes und Ausräumung des Vorfalls
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Wenn die Nervenwurzel sicher identifiziert ist, wird sie mit
einem kleinen, stumpfen Operationshäkchen beiseite gehalten. Auf diese Weise hat
der Chirurg nun freie Sicht auf das hintere Längsband (das hintere Längsband
verläuft im Inneren des Wirbelkanals auf der Rückseite der Wirbelkörper und
trägt zur Stabilisierung der Wirbelsäule bei). Nach Durchtrennung des hinteren
Längsbandes stellt sich die betreffende Bandscheibe samt Bandscheibenvorfall
dar. Nun kann der Bandscheibenvorfall entfernt und weiteres lockeres
Bandscheibengewebe aus dem Bandscheibenfach entfernt werden.
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Mikrochirurgische Operation unter Zuhilfenahme eines
Operationsmikroskops
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Die offene Bandscheibenoperation im Lendenwirbelsäulenbereich
lässt sich auch als sogenannte mikrochirurgische Operation unter Zuhilfenahme
eines Operationsmikroskops und spezieller mikrochirurgischer Instrumente
durchführen. Der Eingriff ist dann insgesamt "kleiner", da der Operateur durch
die Nutzung des Operationsmikroskops mit einem kleineren Zugang auskommt.
Weitere Vorteile des mikrochirurgischen Vorgehens sind:
- insgesamt geringere körperliche Belastung des Patienten durch die
Operation mit besseren Möglichkeiten einer frühen Mobilisation (Aufstehen
aus dem Bett) und Rehabilitation
- geringere Einbeziehung der Muskulatur in den Eingriff, was wiederum die
körperliche Erholung fördert
- nur geringes Risiko für die Bildung von Narbengewebe im
Operationsgebiet, welches wiederum (bei Beeinträchtigung von Nervengewebe)
zu Beschwerden führen kann
- geringerer Blutverlust
- kleineres Risiko für die Verletzung von Blutgefäßen oder Nervengewebe
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