|
Intraoperative Komplikationen bei Brust- und Lendenwirbelsäulenverletzungen
|
|
|
|
Wie bei allen Operationen können auch bei der operativen Behandlung von Brust- und
Lendenwirbelsäulenverletzungen Komplikationen auftreten. Dabei wird zwischen
Komplikationen während der Operation (intraoperative Komplikationen) und erst
später, nach Abschluss des Eingriffs auftretenden Komplikationen (postoperative
Komplikationen) unterschieden.
|
|
Intraoperative Komplikationen beim ventralen Zugang
|
Möglichkeiten für Komplikationen
|
Die möglichen intraoperativen Komplikationen bei Brust- und
Lendenwirbelsäulenverletzungen sind beim ventralen (von vorne) und beim dorsalen
(von hinten) Zugang
unterschiedlich. Beim ventralen Vorgehen bestehen folgende
Komplikationsmöglichkeiten:
- Blutungen
- Beschädigung benachbarter Organe
- fehlerhafte Lage von Implantaten oder Transplantaten
|
Vorgehen bei Blutungen
|
Beim ventralen Vorgehen muss der Chirurg sehr genau auf die in unmittelbarer
Nähe der Wirbelsäule verlaufenden großen Blutgefäße achten, um starke
Blutungen zu vermeiden. Zu den großen Blutgefäßen in diesem Bereich gehören
die große Körperschlagader (Aorta) und die untere Hohlvene (Vena cava inferior).
Dabei sind nicht nur die beiden genannten großen Blutgefäße von Bedeutung,
sondern auch deren Verzweigungen in kleinere, untergeordnete Arterien und Venen.
Ist es trotz aller Vorsicht zu einer intraoperativen Blutung gekommen, kann das
verletzte Blutgefäß abgebunden (ligiert) oder verklebt werden. Auch eine
Tamponade ("Ausstopfung" mit saugfähigem Material) einer blutenden Region ist
möglich.
|
Vorgehen bei Verletzung von Organen
|
Eine Beschädigung benachbarter Organe während der Operation betrifft insbesondere die Lunge
(Operationen an der Brustwirbelsäule) sowie Milz und Nieren (Eingriffe an der
Lendenwirbelsäule). Ursachen für solche Verletzungen sind häufig ein zu starker Zug an Operationshaken
oder die fehlerhafte Führung eines anderen Operationsinstruments. Insgesamt sind
Beschädigungen benachbarter Organe bei ventralen Brust- und
Lendenwirbelsäulenoperationen jedoch selten. Zudem sind diese Verletzungen meist
leichter Natur und können direkt versorgt werden (durch Naht oder Verklebung).
|
Verletzungen durch Implantate
|
Bei Brust- und Lendenwirbelsäulenoperationen werden häufig Implantate (Cage)
oder Transplantate (Knochenspan) eingesetzt. Dabei kann es ebenfalls zu Komplikationen kommen:
- Verkippen von eingesetzten Knochenspänen, im schlimmsten Fall mit
Einengung des Wirbelkanals und Druckausübung auf das Rückenmark
beziehungsweise die Nervenwurzeln
- Verschiebung der hinteren Knochenkante des Wirbelkörpers (sofern
diese Hinterkante mit verletzt wurde) in Richtung Wirbelkanal mit
Einengung des Rückenmarks beziehungsweise der Nervenwurzeln, wenn
beispielsweise zur Stabilisierung ein Knochenspan eingesetzt wird
|
Korrektur während der OP
|
Das Verkippen eines eingesetzten Knochenspans kann direkt während der
Operation korrigiert werden. Bei einer verschobenen Hinterkante ist zunächst die
sofortige Entfernung des Implantats und der verschobenen Hinterkante
erforderlich, bevor mit der Operation fortgefahren werden kann..
|
|
Intraoperative Komplikationen beim dorsalen Zugang
|
Möglichkeiten für Komplikationen
|
Beim dorsalen Zugang stehen folgende Komplikationsmöglichkeiten im
Vordergrund:
- Blutungen
- fehlerhafte Lage der eingebrachten Schrauben
- Komplikationen beim Einbringen körpereigenen Knochenmaterials
|
Blutungen sind meistens diffus
|
Beim dorsalen Zugang kommt es in der Regel nicht durch Verletzung großer
Blutgefäße zu Schwierigkeiten, sondern es treten eher diffuse Blutungen
auf. Grund ist die Verletzung kleinerer Blutgefäße, welche beispielsweise die
umgebende Rückenmuskulatur mit Blut versorgen. Eine weitere Blutungsquelle,
gerade bei frischen Brust- und Lendenwirbelsäulenverletzungen, sind die
verletzten Knochen (Blutungen aus dem Knochenmark). Auch sind Blutungen
aus dem Venennetz, welches das Rückenmark umgibt, möglich. Derartige diffuse
Blutungen lassen sich meist problemlos stillen, beispielsweise durch Einbringen
blutstillender Materialien oder durch Verödung.
|
Schrauben liegen falsch
|
Zu einer fehlerhaften Lage der eingebrachten Schrauben kann es
beispielsweise bei Pedikelschrauben dann kommen, wenn sich
durch die Wirbelsäulenverletzung die normale Anatomie erheblich verändert hat
oder wenn bei dem betroffenen Patienten anatomische Besonderheiten bestehen z.
B. schwach ausgebildete Pedikel oder bereits anlagebedingt
vorhandene Wirbelsäulenverkrümmung.
Bei ausgeprägter Schraubenfehllage gerät die Schraube mit dem Rückenmark oder
mit einzelnen Nervenwurzeln in Kontakt. Ebenfalls kritisch ist das Herausragen
von Pedikelschrauben (oder auch anderer Implantatmaterialien) auf der
Vorderseite der Wirbelsäule. Dann kann es zu einer Verletzung von Brust-
beziehungsweise Bauchorganen oder zu einer Beschädigung von Blutgefäßen mit
inneren Blutungen kommen.
|
Typische Fehllagen
|
Hinweiszeichen für eine Schraubenfehllage während der Operation, die zu einer
Neu-Positionierung der Schraube führen sollten, sind:
- Kontakt zu Weichteilgewebe, während der Schraubenkanal sondiert wird
- Überragen der Körpermittellinie durch die Schraube(n), was durch
Röntgenaufnahmen während der Operation sichtbar wird
- sich kreuzende oder einander berührende Schraubenspitzen (wenn
jeweils links und rechts in einem Wirbel eine Pedikelschraube
eingebracht wird), was sich auf intraoperativen Röntgenaufnahmen gut
sichtbar darstellt
- abweichende Schraubenlage im Vergleich zu bereits eingebrachten,
korrekt liegenden Pedikelschrauben
|
Fehler beim Einbringen von körpereigenem Knochenmaterial
|
Mögliche Komplikationen beim Einbringen körpereigenen Knochenmaterials
sind:
- Überdehnung von Nerven beim "Strecken" der Wirbelsäule als
Vorbereitung zum Einbringen des Knochenmaterials
- übermäßiges Einbringen von Knochenmaterial, sodass dieses durch
Bruchspalten in den Wirbelkanal gerät und dort Druck auf das Rückenmark
beziehungsweise einzelne Nervenwurzeln ausübt
- Verlagerung von Knochensplittern während des Einbringens von
Knochenmaterial, ebenfalls mit dem Risiko des Eindringens der
Knochensplitter in den Wirbelkanal
|
Behutsames Vorgehen vermeidet Komplikationen
|
Derartige Komplikationen lassen sich durch ein insgesamt behutsames Vorgehen
weitestgehend vermeiden. Sind dennoch Knochenmaterial oder Knochensplitter in
den Wirbelkanal geraten, müssen diese entfernt werden. Bei Unsicherheiten ist
eine Röntgenaufnahme während der Operation hilfreich.
|
|
|