Nierenerkrankungen - Nephrologie

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Glomerulonephritis / Nierenentzündung

Inhaltsübersicht:
Ursachen
Formen
Diagnostik
Therapie

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Ursachen

Die Glomeruli sind entzündet

Eine Glomerulonephritis, von der es sehr viele unterschiedliche Formen gibt, ist eine entzündliche Erkrankung der Glomeruli, der feinen Gefäßkügelchen der Nierenkörperchen. Dabei kommt es zu einer Einlagerung von Entzündungs- bzw. Abwehrzellen, z. B. neutrophile Granulozyten, Lymphozyten, Makrophagen und von Zellwucherungen im Bereich der Zellwände der Glomeruli.

 

Immunkomplexe lagern sich in die Zellwände ein

Genau betrachtet bestehen die Einlagerung aus so genannten Immunkomplexen. Das sind feste Verbindungen eines Antigens (z. B. Krankheitserreger oder körpereigene Substanzen) und dem spezifischen dazugehörenden Antikörper, der das Antigen unschädlich macht. Dieser Mechanismus ist ein spezieller Abwehrmechanismus der Immunsystems gegen Krankheitserreger. Antigen-Antikörper-Verbindungen werden Immunkomplexe genannt (vgl. Immunsystem: Spezifische Abwehr).

 

Autoantikörper sind selten

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass sich so genannte Autoantikörper in die äußere Zellschicht der Gefäßwände der Glomeruli einlagern. "Auto" bedeutet "selbst". Ein Autoantikörper ist ein vom Körper gegen körpereigenes Gewebe gerichteter Abwehrstoff (siehe auch Autoimmunreaktionen).

 

Entzündlich aber  nicht infektiös

Wichtig ist die Besonderheit, dass obwohl Glomerulonephritiden entzündliche Erkrankungen sind, diese nicht durch eine Infektion mit Krankheitserreger wie Bakterien, Viren oder Pilzen hervorgerufen wird. Lediglich bei der akuten postinfektiösen Glomerulonephritis hat der Körper vor der Glomerulonephritis eine Infektion mit Streptokokken durchgemacht. "Post" bedeutet "nach". Aus diesem Grunde ist der eigentliche Entstehungshintergrund der Glomerulonephritiden unklar.

 

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Formen

Unterschiedliche Bereiche der Glomeruli können betroffen sein

Je nachdem, welche Literatur man zugrunde legt, können Glomerulonephritiden unterschiedlich eingeteilt werden, z. B. nach ihrem Krankheitsverlauf oder nach Art der eingelagerten Immunkomplexe oder der Erscheinungsform. Für einen Mediziner hat sich in der Praxis eine Einteilung bewährt, bei der die unterschiedlichen Befallsmuster der Glomeruli, die in einer histologischen Untersuchung festgestellt werden können, ausschlaggebend sind. Eine Glomerulonephritis befällt immer beide Nieren gleichermaßen. Es gibt etliche unterschiedliche Befallsmuster, die in der nachfolgenden Grafik schematisch dargestellt sind.

Befallsmuster bei Glomerulonephritiden

 

Je nach Befallsmuster entwickeln sich typische Verlaufsformen

Anhand der histologischen Befallsmuster und der Beschwerden lassen sich folgende Formen der Glomerulonephritis unterscheiden:

 

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Diagnostik

Anamnese und körperliche Untersuchung

Die Diagnostik bei Verdacht auf eine Glomerulonephritis beginnt mit der Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese). Der Arzt fragt unter anderem nach vorangegangenen Infektionen und der Einnahme von Medikamenten, denn Krankheitserreger und Medikamente können zur Bildung der krankheitsauslösenden Immunkomplexe führen (vgl. Ursachen). Bestehenden Beschwerden und Symptomen, z.B. beeinträchtigtes Allgemeinbefinden, Blut im Urin oder Ödeme sollten genannt werden. Wichtig ist auch die Frage nach Bluthochdruck, weil dieser ein häufiges Symptom bei den verschiedenen Glomerulonephritiden ist. Zudem wird der Betroffene gründlich körperlich untersucht, wobei der Arzt unter anderem auf das Vorliegen von Ödemen achtet und den Blutdruck misst.

 

Urinuntersuchung

Bei der Untersuchung des Urins wird speziell auf Eiweiß- und Blutausscheidung geachtet, den häufigsten Symptomen bei den verschiedenen Glomerulonephritiden. Außerdem lassen sich bei der Untersuchung des Urins unter dem Mikroskop einzelne ausgeschiedene rote Blutkörperchen erkennen sowie so genannte Zylinder. Bei den Zylindern handelt es sich um kleinste "Ausgussformen" der kleinen Nierenkanälchen, welche innerhalb der Niere den gefilterten Urin auffangen und in den Harnleiter weiterbefördern. Solche Zylinder können bei verschiedenen Nierenerkrankungen entstehen, und ihre genaue Zusammensetzung lässt Rückschlüsse auf die Art der zugrunde liegenden Erkrankung zu. Durch Untersuchung des über 24 Stunden gesammelten Urins lassen sich die pro Tag ausgeschiedenen Kreatinin- und Eiweißmengen bestimmen.

 

Blutuntersuchung

Bei der Untersuchung des Blutes wird unter anderem auf Kreatinin- und Cholesterinspiegel sowie so genannte Entzündungswerte geachtet. Durch spezielle Verfahren kann man zudem Hinweise auf das Vorliegen von Immunkomplexen oder Antikörpern erhalten, welche sich in den Nierenkapillaren ablagern und dadurch die Erkrankung verursachen (vgl. Ursachen). Auch Hinweise auf eine kürzlich durchgemachte Infektion lassen sich erkennen (z.B. Virusantigene, vom Körper gebildete Antikörper gegen Viren oder Bakterien).

 

Ultraschall und Nierenbiopsie

Wichtig ist weiterhin die Ultraschalluntersuchung der Nieren. Dabei lässt sich unter anderem erkennen, ob sich die Niere bereits äußerlich verändert hat (z.B. Narbenbildung, Schrumpfung, Verkleinerung) und wie gut sie durchblutet wird. Um die Diagnose einer Glomerulonephritis zu sichern und das Ausmaß der Schädigung genau zu erkennen, ist eine feingewebliche (histologische) Untersuchung einer Gewebeprobe aus der Niere unerlässlich (Nierenbiopsie). Dabei wird unter Ultraschallkontrolle mit Hilfe einer dünnen Hohlnadel eine kleine Gewebeprobe entnommen und diese dann von einem Pathologen gründlich unter dem Mikroskop untersucht.

 

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Therapie

Bluthochdruck muss gesenkt werden

Bei der Therapie der verschiedenen Glomerulonephritiden steht die Behandlung des erhöhten Blutdrucks im Vordergrund, da dieser einerseits die Nieren selbst und andererseits weitere Organe schädigen kann (z.B. Schlaganfall, Herzinfarkt, Arteriosklerose). Dazu werden meist mehrere blutdrucksenkende Medikamente in Kombination eingesetzt. Ziel ist das Erreichen eines Blutdrucks von höchstens 120/80 mmHg.

 

Die Aktivität des Immunsystems wird gehemmt

Bei den einzelnen Glomerulonephritiden kommen zudem spezifische Medikamente zum Einsatz, z.B. Kortisonpräparate oder so genannte Immunsuppressiva, welche die Aktivität des Immunsystems dämpfen. Bei starker Einschränkung der Nierenfunktion kann zudem eine Dialysebehandlung bzw. eine Nierentransplantation erforderlich werden.

 

Ernährung anpassen

Da die Niere durch eine Glomerulonephritis in ihrer Filter- und Ausscheidungsfunktion eingeschränkt ist, muss die Ernährung entsprechend angepasst werden. Das bedeutet:
  • pro Tag nicht mehr als 1,5 bis 2,5 Liter an Flüssigkeit zuführen
  • Salzkonsum auf 5 bis 7 Gramm Kochsalz pro Tag beschränken (dabei muss auch auf "verstecktes" Salz geachtet werden, z.B. in Soßen, Fertiggerichten, Wurst und Käse)
  • der Eiweißverzehr muss eingeschränkt werden, wobei die täglich erlaubte Menge bei jedem Betroffenen individuell berechnet werden muss.

 

Therapie des nephrotischen Syndroms

Bei Vorliegen eines nephrotischen Syndroms wird eine spezielle Therapie notwendig:
  • Strenge Begrenzung der täglichen Kochsalzzufuhr auf 5-7 Gramm
  • Therapie des Bluthochdrucks und der Ödeme mit so genannten Diuretika, welche die Flüssigkeitsausscheidung aus dem Körper (und damit auch aus den unter hohem Druck stehenden Arterien) unterstützen
  • Bei hohem Albuminverlust (Eiweiß) über den Urin Gabe von Albumin über eine Infusion
  • Behandlung des hohen Blutdrucks und der Eiweißausscheidung mit dem Urin mit so genannten ACE-Hemmern, welche in die komplexe hormonelle Steuerung der Blutdruckregulation eingreifen und zudem positive Wirkungen auf das Nierengewebe haben
  • Thromboseprophylaxe durch Injektion von Heparin (Blutgerinnungshemmer), da es durch die Ausschwemmung der Ödeme mittels Diuretika zu einer Verdickung des Blutes und damit zu einer erhöhten Thrombosegefahr kommen kann
  • bei langjährigem Verlauf Thromboseprophylaxe durch Hemmung der Blutgerinnung durch Einnahme entsprechender Tabletten (z.B. Marcumar) sowie Senkung des erhöhten Cholesterinspiegels durch Einnahme so genannter Lipidsenker

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