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"Schlüsselloch-Chirurgie":
Injektionstherapie bei
Spinalkanalstenose im Bereich der Lendenwirbelsäule
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Verfahren der Schlüsselloch-Chirurgie
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Im Rahmen der "Schlüsselloch-Chirurgie" bei einer Spinalkanalstenose im
Lendenwirbelsäulenbereich kommen folgende Verfahren in Betracht:
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Schmerzlinderung ohne Beseitigung der Ursache
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Bei der Injektionstherapie, der epidural-perineuralen Infiltration und der periradikulären Infiltrationstherapie
handelt es sich nicht im eigentlichen Sinne um Operationen. Vielmehr werden sie
eher als symptomatisch wirksame, schmerzlindernde Injektionstechniken zur Besserung von
Schmerzen angesehen. Eine Ursachenbeseitigung, also eine Therapie der Spinalkanalstenose
an sich, erfolgt dabei nicht. |
Schmerzempfindliche Strukturen, die mit einer Injektionstherapie
beeinflusst werden können
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Bei der Injektionstherapie zur Behandlung einer Spinalkanalstenose im
Lendenwirbelsäulenbereich ist zwar keine ursächliche Beseitigung der
Schmerzursache möglich, jedoch eine unter Umständen erhebliche
Beschwerdelinderung. Das Therapieprinzip besteht in der Injektion
schmerzlindernder und abschwellend beziehungsweise entzündungshemmend wirkender
Substanzen (lokale Betäubungsmittel, eventuell gemischt mit einem
Kortisonpräparat) an schmerzempfindliche anatomische Strukturen wie
- Kapseln der Wirbelgelenke, welche benachbarte Lendenwirbel
miteinander verbinden
- rückwärtiger, das heißt in Richtung Wirbelkanal weisender Abschnitt
des elastischen Bandscheibenrings
- hinteres Längsband, welches an der Rückseite der Wirbelkörper (und
damit an der vorderen Seite des Wirbelkanals) über alle Bandscheiben
hinweg zieht und zur Stabilität der Wirbelsäule beiträgt
- Spinalnervenwurzeln, welche aus dem Rückenmark entspringen und auf
den einzelnen Wirbelsäulenetagen jeweils zwischen 2 benachbarten Wirbeln
in die Körperperipherie ziehen
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Schmerzen durch Einengung der Spinalnervenwurzeln
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Bei einer Spinalkanalstenose sind insbesondere die Spinalnervenwurzeln
betroffen, da diese durch degenerative Wirbelsäulenveränderungen (Ausbildung von
Knochenzacken, Verdickung der Wirbelgelenke) eingeengt werden. Als Folge der
Einengung kommt es zu einer mechanischen Irritation und zu einem Anschwellen der
Spinalnervenwurzeln, was wiederum die Beschwerden auslöst (insbesondere
Schmerzen).
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Eine Injektionstherapie ist nicht bei jeder Spinalkanalstenose anwendbar
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Vor der Durchführung einer Injektionstherapie zur Behandlung einer
Spinalkanalstenose im Lendenwirbelsäulenbereich ist eine bildgebende Diagnostik
erforderlich, um die Diagnose zu sichern und den Behandlungserfolg abschätzen zu
können. Zudem sind einige Kontraindikationen zu beachten, bei deren
Vorhandensein auf andere Therapien ausgewichen werden sollte (beziehungsweise
bei denen die Durchführung einer Injektionstherapie zumindest kritisch abgewogen
werden sollte). Dazu zählen unter anderem:
-
Cauda-equina-Syndrom, da dieses
einen Notfall darstellt, der in der Regel rasch operativ behandelt
werden sollte
- ausgeprägte Lähmungen wie ein "Fallfuß", da auch in diesem Fall eine
rasche Operation zur Beseitigung der Nervenwurzelkompression angezeigt
ist
- auffällige Laborparameter oder ein merklicher Gewichtsverlust in
zeitlichem Zusammenhang mit den Beschwerden, da diese Auffälligkeiten
auf eine zugrunde liegende Allgemeinerkrankung hinweisen können, die
dann zunächst zu behandeln ist
- Auftreten weiterer neurologischer Symptome, sodass zuerst das
Vorliegen einer neurologischen Erkrankung ausgeschlossen werden sollte
- erkennbare Knochenzerstörungen sowie eine bekannte (oder auch bereits
behandelte) Krebserkrankung, um eine Tochtergeschwulst
(Knochenmetastase) eines bösartigen Tumors in der Wirbelsäule nicht zu
übersehen
- bekannte HIV-Infektion, da die Injektionstherapie zu einer Dämpfung
des Immunsystems führen kann (welches bei Patienten mit HIV-Infektion in
der Regel ohnehin geschwächt ist)
- sogenannte Risikofaktoren, welche eine Schmerzchronifizierung
begünstigen (da ihr Vorhandensein den Heilungsverlauf beeinträchtigen
kann), unter anderem:
- berufliche Unzufriedenheit (da in diesem Fall nicht auszuschließen
ist, dass die vorhandenen Rückenschmerzen zur Durchsetzung eines Antrags
auf Frühberentung genutzt werden)
- geringe berufliche Qualifikation (da die damit verbundenen
Arbeitsfelder mitunter mit einer beruflichen Unzufriedenheit
einhergehen)
- Überforderung im psychischen oder sozialen Bereich, sodass der
anschließende Heilungsverlauf nicht angemessen unterstützt werden kann
(beispielsweise seelische Belastungssituationen oder familiäre Probleme)
- Beeinträchtigungen auf emotionaler Ebene wie Depressionen oder eine
Angstsymptomatik, da auch diese den Heilungsverlauf negativ beeinflussen
können
- unpassende Vorstellungen von den zugrunde liegenden
Krankheitsursachen, sodass kein ausreichendes Verständnis für die
Möglichkeiten und Grenzen der Injektionstherapie vermittelt werden kann
(beispielsweise wenn ein Patient fälschlicherweise davon ausgeht, dass
die Spinalkanalstenose durch die Injektionen beseitigt wird, und er
damit rechnet, anschließend wieder vollständig körperlich belastbar zu
sein)
- vorhandener Krankheitsgewinn durch die Beschwerden, sodass diese aus
Sicht des Betroffenen eigentlich gar nicht verschwinden sollten
(beispielsweise wenn ihm am Arbeitsplatz oder innerhalb der Familie
viele Dinge abgenommen werden, da er sich körperlich ja nicht so stark
belasten kann)
- starkes Rauchen, da dieses den Heilungsverlauf beeinträchtigt
- schlechter körperlicher Allgemeinzustand, der wiederum einen
ungünstigen Heilungsverlauf erwarten lässt
- zusätzlich bestehende Schmerzen an anderen Stellen des Körpers, für
die sich zudem keine plausible Ursache findet (in diesem Fall ist eher
vom Vorliegen eines Schmerzsyndroms auszugehen, was wiederum eine andere
therapeutische Vorgehensweise erfordert)
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Patient sitzt in vorgebeugter Haltung
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Für die eigentliche Durchführung einer Injektionstherapie zur Behandlung
einer Spinalkanalstenose im Lendenwirbelsäulenbereich wird der Patient in einer
sitzenden Position gelagert. Für eine bessere Zugänglichkeit der Wirbelsäule
wird er gebeten, den Oberkörper nach vorne zu neigen. Der Eingriff findet in der
Regel unter lokaler Betäubung statt.
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Einführen der Kanüle nach Auffinden des Injektionspunktes
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Nun orientiert sich der Operateur durch sorgfältiges Abtasten der
Lendenwirbelsäule und legt die Injektionspunkte fest. Diese können mit einem
speziellen Stift auf der Haut markiert werden. Nach gründlicher Hautdesinfektion
erfolgt das Einführen der Injektionskanüle, in der Regel einige Zentimeter neben
der Mittellinie der Wirbelsäule. Nach Herstellen von Knochenkontakt mit der
Nadelspitze beginnt die eigentliche Injektion.
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Einspritzen des Medikamentes
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Das Medikament (lokales Betäubungsmittel zur Schmerzlinderung)
beziehungsweise das Medikamentengemisch (lokales Betäubungsmittel zusammen mit
einem Kortisonpräparat zum Abschwellen der Nervenwurzel und zur
Entzündungshemmung) wird nun in den Bereich des Wirbelgelenks injiziert. Dabei
wird auch das sogenannte Zwischenwirbelloch und damit auch der Spinalnerv von
dem Medikament erreicht (das Zwischenwirbelloch – oder Foramen intervertebrale –
ist die Öffnung zwischen 2 benachbarten Wirbeln, durch den der Spinalnerv die
Wirbelsäule verlässt).
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Behandlung mehrerer Etagen ist möglich
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Durch Winkelveränderungen der Injektionskanüle lassen sich mehrere Etagen der
Wirbelsäule behandeln. Die Injektionstherapie kann zudem beidseitig durchgeführt
werden, je nach Schmerzausdehnung.
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Injektion in den Epiduralraum
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Alternativ ist eine Injektion des Medikaments beziehungsweise des
Medikamentengemisches in den Epiduralraum möglich. Je nachdem,
ob die Spinalkanalstenose eher im seitlichen Anteil des Wirbelkanals oder mittig
lokalisiert ist, erfolgt die Injektion entsprechend eher mittig oder seitlich.
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Das Gelbe Band wird durchstochen
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Der Epiduralraum wird erreicht, indem man das jeweils zwischen 2 Wirbelbögen
aufgespannte Gelbe Band mit der Injektionsnadel durchsticht. Direkt unterhalb
des Gelben Bandes befindet sich dann der Epiduralraum. Das Aufsuchen des
Epiduralraums mit der Injektionsnadel wird erleichtert, wenn der Arzt mit der
Nadel zunächst Knochenkontakt mit dem darüber oder darunter gelegenen
Wirbelbogen aufnimmt.
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Behandlung beider Körperhälften
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Ein besonderer Vorteil der epiduralen Medikamenteninjektion besteht darin,
dass sich durch die Verteilung der Wirkstoffe mehrere Nervenwurzeln gleichzeitig
erreichen und damit behandeln lassen. Die Behandlung kann sich auf beide
Körperhälften erstrecken.
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Stationäre minimal-invasive Wirbelsäulentherapie
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Die Injektionstherapie zur Behandlung einer Spinalkanalstenose im Bereich der
Lendenwirbelsäule kann im Rahmen einer Krankenhausbehandlung mit einer
Bewegungstherapie und mit einem Verhaltenstraining kombiniert werden. In diesem
Fall spricht man von einer sogenannten stationären minimal-invasiven
Wirbelsäulentherapie. Damit ist eine teilweise erhebliche Beschwerdelinderung
möglich, und eine Operation kann unter Umständen vollständig vermieden werden.
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