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Tumorschmerzsyndrome: Nervenschmerzen
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Ursachen von Nervenschmerzen bei Krebskranken
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Nervenschmerzen - auch neuropathische Schmerzen genannt - beruhen auf einer Beeinträchtigung
der Nervenfunktion. Bei Tumorpatienten gibt es dafür verschiedene
Ursachen, unter anderem:
- Tumorwachstum, sodass der Tumor auf einen Nerv drückt oder in diesen
hineinwächst
- Nebenwirkungen einer Chemotherapie
- Nervenschädigung im Rahmen einer Operation
- Nebenwirkung einer Strahlentherapie
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Deafferenzierung - Die Übertragung von Informationen ist unterbrochen
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Insbesondere die Auswirkungen eines Tumorwachstums in der Nähe eines Nervs können zu
starken, meist brennenden oder einschließenden Schmerzen führen. Diese sind
häufig nur schwer zu therapieren. Grund hierfür ist eine sogenannte Deafferenzierung. Darunter versteht man eine Unterbrechung der
Informationsweiterleitung innerhalb eines Nervs. Bei einem voranschreitenden
Tumorwachstum ist der zunehmende Druck auf den Nerv oder das Hineinwachsen des
Tumors in das Nervengewebe der Grund für die Deafferenzierung. Die
Deafferenzierung wiederum führt dazu, dass im zentralen Nervensystem (Rückenmark
und Gehirn) nicht mehr alle Informationen aus der Körperperipherie ankommen. Aus
bisher noch unbekannter Ursache kann sich in der Folge ein
Deafferenzierungsschmerz entwickeln. Dem Schmerz geht unter Umständen ein
Taubheitsgefühl in der betroffenen Körperregion voraus.
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Sympathische Reflexdystrophie
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Sind von der Nervenschädigung auch Teile des vegetativen Nervensystems
betroffen, kann sich in der Folge eine sympathische Reflexdystrophie entwickeln.
Diese verursacht ebenfalls Schmerzen. In einigen Fällen ist es möglich, dass
sich die sympathische Reflexdystrophie auf einen ganzen Körperquadranten
("Körperviertel") ausdehnt oder zu Missempfindungen im Bereich einer gesamten
Körperhälfte führt.
Weitere Bezeichnungen für die sympathische Reflexdystrophie sind Morbus Sudeck (veraltet) oder aktuell
Komplexes Regionales Schmerzsyndrom (CRPS). Die Erkrankung tritt auch bei
Menschen ohne Krebserkrankung auf und bezeichnet ein Schmerzsyndrom, das
vorwiegend nach Verletzungen, Brüchen oder Operationen auftritt. Es ist sehr
selten. Die Betroffenen leiden unter einem starken Ruheschmerz an den Armen
oder Beinen oder auch nur an einem Gelenk. Auch bestehen nicht selten
Schwellungen (Ödeme) und Bewegungsstörungen.
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Gründliche neurologische Untersuchung gibt erste Hinweise
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Besteht bei Krebspatienten mit Tumorschmerzen der Verdacht auf eine
neuropathische Ursache, wird in der Regel zunächst eine gründliche neurologische
Untersuchung durchgeführt. Dazu gehören unter anderem das Testen der
Sensibilität und der Muskelkraft, die Prüfung der Koordinationsfähigkeit und die
Auslösung der verschiedenen Reflexe. Diese Untersuchung kann bereits erste
Hinweise auf die Lokalisation eines möglichen Nervenschadens geben,
beispielsweise durch die Ausdehnung von Sensibilitätsstörungen, Muskelschwächen
oder Einschränkungen der Gewebeernährung (Trophik). Die Entwicklung
verschiedener neurologischer Symptome im Verlauf einer Krebserkrankung kann
zudem Hinweise auf ein mögliches Tumorwachstum geben.
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Weitere diagnostische Verfahren
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Nach der neurologischen Untersuchung können gezielt weitere diagnostische
Verfahren zum Einsatz kommen, um die Ursache von Nervenschmerzen näher
einzugrenzen. Infrage kommen beispielsweise:
- Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (diese kann bei einer
Nervenschädigung verringert sein)
- Elektromyografie (Messung von Muskelaktivitäten nach gezielter
Nervenreizung; auch die Muskelaktivitäten können bei einer
Nervenschädigung verringert sein)
- Computer- oder Kernspintomografie zur anatomischen Darstellung des
geschädigten Nervs und seiner Umgebung
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Für die Behandlung von neuropathischen Schmerzen kommen im Wesentlichen
zwei verschiedene Medikamentenarten zum Einsatz:
- Antidepressiva (Medikamente zur Behandlung von Depressionen) bei
dauerhaft bestehenden Schmerzen
- Antikonvulsiva (Medikamente zur Vorbeugung von Krampfanfällen) bei
Schmerzattacken mit einschießenden Schmerzen
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Anwendung von Antidepressiva und Antikonvulsiva
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Die Verwendung von Antidepressiva hat nicht den Grund, dass bei dem
betroffenen Tumorpatienten eine Depression angenommen wird. Vielmehr haben diese
Wirkstoffe quasi als "Nebenwirkung" einen schmerzlindernden Effekt, der
insbesondere bei Nervenschmerzen zum Tragen kommt. Vergleichbares gilt für den
Einsatz von Antikonvulsiva, die ansonsten bei Patienten mit epileptischen
Anfällen verwendet werden.
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Dosierung sehr niedrig
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Sowohl bei Antidepressiva als auch bei Antikonvulsiva werden zur Behandlung
von Nervenschmerzen zunächst nur sehr geringe Dosierungen verwendet. Diese
reichen häufig bereits aus, um eine zufriedenstellende Schmerzlinderung zu
erzielen. Zudem ist das Risiko von Nebenwirkungen bei geringeren Dosierungen
kleiner. Das ist insbesondere für schwer kranke Krebspatienten von Bedeutung.
Mögliche Nebenwirkungen von Antidepressiva sind unter anderem Sedierung
("Dämpfung"), Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel und Schlafstörungen. Bei
Antikonvulsiva kann es dagegen beispielsweise zu Schwindelgefühlen, Müdigkeit
und einer Gangunsicherheit kommen.
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Dosissteigerungen nur behutsam
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Bei unzureichender Wirksamkeit der Antidepressiva oder Antikonvulsiva kann
die Dosis der Medikamente vorsichtig gesteigert werden. Um den Effekt einer
Dosissteigerung beurteilen zu können, muss jedoch erst einige Tage abgewartet
werden,
bis die volle Wirkung der erhöhten Dosis zum Tragen kommt. Erst dann sollte über eventuelle weitere Erhöhungen der Wirkstoffmenge
entschieden werden. Zudem ist es
wichtig, eine Schmerztherapie mit Antidepressiva oder Antikonvulsiva nicht zu
früh zu beenden, weil sie vermeintlich wirkungslos ist. Mitunter setzt eine
merkliche schmerzlindernde Wirkung erst nach circa 6 bis 8 Wochen ein.
Dieser Zeitraum sollte deshalb auf jeden Fall abgewartet werden.
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Weitere Medikamente zur Behandlung von Nervenschmerzen sind:
- GABA-Agonisten
- Myotonolytika
- Kortisonpräparate
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GABA-Agonisten
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GABA-Agonisten wirken an den sogenannten GABA-Rezeptoren des zentralen
Nervensystems. Die Abkürzung GABA steht für "gamma amino butyric acid"
(Gamma-Aminobuttersäure). GABA-Agonisten kommen – ebenso wie die Antikonvulsiva
– vor allem bei einschießenden Schmerzen zur Anwendung.
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Myotonolytika
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Myotonolytika sind Medikamente, welche die Muskelspannung herabsetzen.
Sie werden insbesondere bei schmerzhaften Muskelverspannungen eingesetzt. Bei
Tumorpatienten mit Nervenschmerzen ist ihre Verwendung hauptsächlich dann
sinnvoll, wenn die Schmerzen auch einen spastischen (muskelverkrampfenden)
Anteil haben. Allerdings muss bei der Verwendung von Myotonolytika beachtet
werden, dass einige Wirkstoffe aus dieser Substanzgruppe zu einer Abhängigkeit
führen können, und zwar die Benzodiazepine. Beispiele für Benzodiazepine sind
Clonazepam, Diazepam und Tetrazepam.
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Kortison
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Kortisonpräparate bewirken die Abschwellung von angeschwollenem
Nervengewebe und anderen Gewebearten. Eine solche Anschwellung beruht in der
Regel auf einer Wassereinlagerung (Ödem). Bei Krebskranken mit Nervenschmerzen
ist die Anwendung von Kortisonpräparaten vor allem bei zwei Schmerzarten sinnvoll:
- Schmerzen, die mit einem erhöhten Hirndruck in Zusammenhang stehen
(beispielsweise bei einem Hirnödem)
- Nervenschmerzen, die sich durch den Druck von benachbartem Gewebe auf
einen Nerv entwickeln (durch das Kortison kommt es dann zu einem
Abschwellen des benachbarten Gewebes und damit zu einer Entlastung des
betroffenen Nervs)
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Schmerzmedikamente
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Reine Schmerzmedikamente wie beispielsweise Opioide sind bei der Behandlung von Nervenschmerzen von
untergeordneter Bedeutung. Sie können zum Einsatz kommen, wenn die bereits
aufgeführten Medikamente nicht ausreichend wirksam sind. Die Opioide werden dann
in der Regel mit diesen Medikamenten kombiniert und nicht als alleinige
Schmerzmittel eingesetzt. Die Dosierung der Opioide orientiert sich am
WHO-Stufenschema.
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Invasive Methoden
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In seltenen Fällen lässt sich bei Krebskranken allein durch die Gabe von
Medikamenten keine ausreichende Linderung von Nervenschmerzen erreichen. Dann
kommen verschiedene Verfahren der invasiven Tumorschmerztherapie in
Betracht, beispielsweise:
Auch die Kombination verschiedener Therapieverfahren ist bei Tumorpatienten
mit Nervenschmerzen möglich.
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