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Renale Ausscheidung von Arzneistoffen über den Urin
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Tubulusapparat
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Die größte Bedeutung bei der Ausscheidung (Elimination) von
Arzneistoffen haben die Nieren (Renes). Die meisten Arzneimittel werden über den Urin
wieder ausgeschieden. Das Herausfiltern des Arzneistoffes aus dem Blut spielt sich
hauptsächlich in den Nierentubuli ab. Die Nierentubuli kann man sich als einfache Rohre
vorstellen. Sie bestehen aus dicken und dünnen Abschnitten und Schleifen, genauer dem
proximalen Tubulus, der Henle-Schleife und dem distalen Tubulus. In ihrer Gesamtheit
beträgt die Länge des Tubulussystems in beiden Nieren mehrere Kilometer. Der Sinn dieses
Systems besteht darin, die Passage des Primärharns durch die Niere zu verlängern. So
können Stoffe, die nicht ausgeschieden werden sollen, in das Blut zurückresorbiert
werden. Die einzelnen Abschnitte im Tubulusapparat haben sich dabei auf bestimmte
Substanzen spezialisiert. Andere Stoffe, die der Körper nicht mehr braucht, oder die
schädlich sind, bleiben im Primärharn. Wie das genau funktioniert finden Sie hier beschrieben (Tubulusapparat).
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Die Ausscheidung verläuft unterschiedlich
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Der Ausscheidungsprozess kann über drei verschiedene Mechanismen
ablaufen, die glomeruläre Filtration, die tubuläre Rückresorption und die tubuläre Sekretion. Welcher letztendlich vorherrscht,
hängt vom jeweiligen Medikament ab, z.B. unterliegen Penicilline vorwiegend der aktiven,
tubulären Sekretion. Es ist aber auch möglich, dass alle Mechanismen gleichzeitig und in
gleichem Umfang ablaufen. |
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Glomeruläre Filtration
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1 = innere Wand der Bowman-Kapsel
2 = äußere Wand der Bowman Kapsel
3 = Glomerulums
4 = Gefäßpol
5 = Harnpol
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Der ankommende Arzneistoff wird im Glomerulus aus dem Blut herausfiltriert
und gelangt so in den Primärharn. Der Glomerulus ist ein Gefäßknäuel, dass in eine
Kapsel gestülpt ist. Zusammen bilden sie das Nierenkörperchen. Von diesen
Nierenkörperchen, die sich alle im Bereich des Nierenmarks befinden, besitzt jede
menschliche Niere etwa eine Million Stück. Die Nierenkörperchen sind ein kugeliges
Gebilde. Sie bestehen aus einer Kapsel (Bowman-Kapsel), die eine innere und eine äußere
Wand besitzt. In die Bowman-Kapsel eingestülpt befindet sich ein feines Kapillarknäuel,
der Glomerulus. Alle Blutbestandteile, die durch die feinen Poren des Glomerulus passen,
werden hier aus dem Blut gedrückt und gelangen so in den Zwischenbereich der
Bowman-Kapsel. Von dort gelangt diese Flüssigkeit, die Primärharn genannt wird, in den
Tubulusapparat (siehe oben). Eine genaue Darstellung dieser Filtration finden Sie im
Bereich MedizInfo®Urologie:
Nierenkörperchen. |
Große Moleküle bleiben im Blut
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Die Poren des Glomerulus sind so klein, dass größere Moleküle im
Blutstrom zurückgehalten werden, während die kleineren dem Blut entzogen werden. Auf
diese Weise sinkt die Konzentration des Medikamentes kontinuierlich ab. |
Binden sich im Blut Arzneistoffe an Eiweiße, können sie nicht
ausgeschieden werden
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Einige Arzneimittel, z.B. Benzodiazepine oder Antikoagulantien vom
Dicoumarol-Typ, besitzen eine hohe Anziehungskraft (Affinität) zu den im Blut
befindlichen Proteinen (Eiweiße). Durch diese Eiweißbindung erhält das
Arzneistoffmolekül eine Größe, die nicht mehr durch die Poren der Glomeruli
hindurchpassen. Der Arzneistoff wird nicht aus dem Blut herausgefiltert, solange diese
Bindung besteht. Sobald diese Bindung gelöst ist, kann auch die Ausscheidung über die
Niere erfolgen. Gelöst wird die Bindung meistens, wenn die Konzentration des Medikamentes
im Blut sinkt und ein "Nachschub" zur Erhaltung des Gleichgewichts nötig ist.
Der Grund, warum man das Arzneimittel so geschaffen hat, dass es eine Bindung mit einem
Eiweiß eingeht, ist eine Speicherfunktion. So lange Arzneistoff und Eiweiß aneinander
gebunden sind, bleibt das Arzneimittel ohne Wirkung. Ein Teil des Medikamentes bleibt
durch diese Bindung unwirksam bis es bei Konzentrationsabfall vom Eiweiß befreit wird und
seine Wirkung wieder unblockiert entfalten kann. |
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Die Löslichkeit des Arzneistoffes spielt bei der glomerulären Filtration
keine Rolle. Ein wasserlöslicher Stoff wird genauso gut filtriert wie ein eher
fettlöslicher. |
Eiweiße im Urin deuten auf eine Nierenschädigung hin
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Der "Siebeffekt" der Glomeruli lässt sich auch diagnostisch
nutzen. Kommt es zu einer Schädigung der Glomeruli, z.B. bei einer Nierenentzündung
(Nephritis), so vergrößern sich die Poren und es werden auch große Moleküle, wie das
Eiweiß Albumin, durchgelassen, welches dann mit dem Urin ausgeschieden wird. Der Nachweis
von Eiweißstoffen im Urin deutet dann auf eine Schädigung des Filtersystems hin. |
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Tubuläre Rückresorption
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Nur 1 Prozent der ausgepressten Flüssigkeit wird ausgeschieden
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Würden wir den Primärharn, der aus den Glomeruli gepresst wurde,
vollständig ausscheiden, so würden wir auf der Stelle "vertrocknen". Der
Primärharn enthält zwar kaum noch Zellen und Eiweiße, aber dafür den gesamten
"Rest" des Blutes, das Blutplasma. Diese Flüssigkeit wird durch das komplexe
Tubulussystem geleitet, wo sie immer wieder gefiltert und ein Großteil zurück in das
Blut aufgenommen wird. Am Ende wird nur noch etwa ein Prozent des Primärharn als Urin
ausgeschieden. |
Die Konzentration des Arzneistoffes im Blut sinkt kontinuierlich ab
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Durch die Rückresorption des Wassers vom Primärharn zurück in den
Blutstrom kommt es zu einer Konzentrationserhöhung von Arzneistoffen, die sich im Harn
befinden. Es hat sich ein Konzentrationsgefälle in Richtung Blut gebildet, das wieder
ausgeglichen werden muss. Der Unterschied in der Konzentration des Arzneistoffs zwischen
Harn (hoch) und Blut (niedrig) sorgt dafür, dass der Arzneistoff wieder in das Blut
zurück gelangt. Meistens erfolgt dies durch passive
Diffusion. Durch den Ausgleich wird immer ein Teil des Arzneistoffes ausgeschieden und
ein gleicher Teil bleibt im Blut. Durch die wiederholte Filtration sinkt die Konzentration
des Arzneimittels im Blut kontinuierlich ab. Bei Arzneistoffen, die die Tubuluswand nicht
durchdringen können, bleibt das Konzentrationsgefälle bestehen. Sie werden direkt
ausgeschieden. |
Fettlösliche Stoffe werden leicht rückresorbiert
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Die meisten Arzneistoffe werden auf passivem Wege rückresorbiert. Dies
geschieht in Abhängigkeit von deren Löslichkeitseigenschaften, ihrem pH-Wert und dem
pH-Wert des Urins. Fettlösliche Stoffe durchdringen besonders leicht die Gefäßwand der
Tubuli und werden bevorzugt rückresorbiert. Wasserlösliche Substanzen dagegen werden
nicht oder nur schlecht über die Tubuli zurück in das Blut aufgenommen. |
Die Ausscheidung ist abhängig vom pH-Wert
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Die Rückresorption ist auch abhängig vom pH-Wert. Ist der Urin sauer (niedriger
pH-Wert), werden bevorzugt basische Substanzen ausgeschieden. Ist der Urin basisch, werden
leichter saure Substanzen ausgeschieden. Wegen dieser pH-Abhängigkeit, kann man bei
Vergiftungen gezielt über eine Ansäuerung oder eine Alkalisierung des Harns eine
Entgiftung herbeiführen. Beispielsweise handelt es sich bei Alkaloiden um basische
Substanzen, die dementsprechend durch eine Ansäuerung des Harns schneller aus dem Körper
eliminiert werden können. Umgekehrt wird bei einer Vergiftung mit Barbituraten, die saure
Eigenschaften besitzen, der Urin alkalisiert, um den Entgiftungsprozess voranzutreiben. |
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Tubuläre Sekretion
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Aktive Filter schleusen das Arzneimittel aus dem Blut
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Bei dieser Art der Ausscheidung handelt es sich um einen aktiven Vorgang.
In der Gefäßwand der proximalen Tubuli (siehe oben) befindet sich ein spezieller
Transportmechanismus. Dieser sorgt dafür, dass z.B. Penicilline unabhängig vom
Konzentrationsgefälle in den Harn abgeben werden. Das bedeutet, dass die Konzentration
des Arzneistoffes im Blut geringer ist als im Harn und trotzdem noch mehr von der Substanz
in den Harn abgegeben wird. So steigt die Konzentration des Medikamentes im Harn weiter
an. Das Medikamente wird ausgeschieden.
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