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Offene Operationen bei Bandscheibenvorfällen im Bereich der
Brustwirbelsäule
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Bei den offenen Operationen zur Behandlung von
Bandscheibenvorfällen im Bereich der Brustwirbelsäule wird in der Regel über einen
rückwärtigen (dorsalen) Zugangsweg operiert. Zwar muss der Operateur bei diesem
Vorgehen "um das Rückenmark herum" arbeiten, um an die Wirbelsäule und damit an
den Bandscheibenvorfall zu gelangen. Allerdings ist der vordere (ventrale)
Zugang über den Brustkorb erheblich aufwendiger und anspruchsvoller und stellt
auch für den Patienten eine höhere Belastung dar. |
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Lagerung bei ventralem Zugang
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Nur in speziellen Zentren
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Eine Bandscheibenoperation im Bereich der Brustwirbelsäule über
einen vorderen (ventralen) Zugang kommt dann in Betracht, wenn sich der
Bandscheibenvorfall auf diese Weise erheblich besser erreichen lässt als über
einen rückwärtigen (dorsalen) Zugang. Dabei handelt es sich allerdings meist
nicht um einen streng vorderen Zugang, sondern eher um einen vorder-seitlichen
(antero-lateralen) Zugangsweg. Da der Weg in Richtung Wirbelsäule hier durch den
Brustkorb erfolgt, benötigen sowohl das chirurgische Team als auch der
Narkosearzt entsprechende Erfahrung, sodass derartige Operationen ausschließlich
in darauf spezialisierten Zentren erfolgen sollten.
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Lagerung auf der rechten Seite
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Für die Operation wird der Patient
seitlich auf dem Operationstisch gelagert, wobei er auf seiner rechten Seite
liegt. Der Grund dafür liegt darin, dass der Hautschnitt und das weitere
Vorgehen auf der linken Seite des Brustkorbs erfolgen. Das wiederum ist darauf
zurückzuführen, dass rechts innerhalb des Brustkorbs die große Hohlvene (Vena
cava) verläuft, die nicht verletzt werden soll (zwar verläuft links innerhalb
des Brustkorbs die große Körperschlagader, die Aorta, diese hat jedoch eine
kräftigere Wand als die große Hohlvene und ist dadurch stabiler).
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Richtig polstern
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Um Druckschäden zu vermeiden, wird die rechte Achselhöhle mit
Tüchern gepolstert. Als weitere Lagerungshilfe schiebt man im Bereich der Taille
ein flach gefaltetes Tuch unter die Wirbelsäule. Das hat den Zweck, dass die
Wirbelsäule nicht nach unten "durchhängt", sondern für die Operation ganz gerade
ausgerichtet ist.
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Lagerung des linken Arms
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Nach der Seitlagerung wird der linke Arm in rechtem Winkel
gebeugt und mit Hilfe eines Haltegestells über dem Kopf positioniert. Auf diese
Weise ist er dem Operateur nicht im Weg. Dabei ist darauf zu achten, dass der
Arm nicht in einem Winkel von mehr als 90 Grad abgewinkelt wird, um
Überdehnungen zu vermeiden.
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Neigung des Tisches
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Als letzter Lagerungsschritt wird der Operationstisch ungefähr
in der Körpermitte geknickt. Auf diese Weise entfalten sich Rippen und
Wirbelsäule in Richtung des Chirurgen, was das operative Vorgehen erleichtert.
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Hautschnitt und Freilegen der Brustwirbelsäule
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Lage des Hautschnitts
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Die Operation an sich beginnt mit einem Hautschnitt. Dieser
folgt dem Verlauf einer Rippe, wobei sich die Höhe des Hautschnitts nach der
Lokalisation des Bandscheibenvorfalls richtet. Da die Rippen nach schräg unten
verlaufen, liegt der Hautschnitt häufig einige "Etagen" über dem zu operierenden
Wirbelsäulenabschnitt:
- Hautschnitt in Höhe der 5. Rippe bei Operationen an den
Brustwirbelkörpern 5 bis 11
- Hautschnitt in Höhe der 6. Rippe bei Operationen an den
Brustwirbelkörpern 6 bis 12
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Spreizer halten die Rippen auseinander
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Nun kann der Chirurg einen sogenannten Selbstspreizer zwischen
die beiden benachbarten Rippen setzen, um den Zugangsweg fortzusetzen. Als
Nächstes folgt eine Durchtrennung des Unterhautfettgewebes und auch von
Muskelgewebe, welches je nach Höhe der ausgewählten Rippe in unterschiedlicher
Ausprägung vorhanden ist. Wenn sich größere Muskeln im Bereich des Zugangsweges
befinden, beispielsweise der "Breiteste Rückenmuskel" (Musculus latissimus
dorsi), können diese an ihrem Ansatz abgelöst und für die Dauer der Operation
beiseite gehalten werden.
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Herausnehmen der Rippe
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Nun folgen die Durchtrennung und das Abschieben der Knochenhaut
(Periost) der betreffenden Rippe im oberen Bereich. Als nächstes wird die Rippe
mit einer speziellen Rippenschere durchtrennt. Das erfolgt zunächst an der
Stelle, an der das Rippengewebe am Brustbein von Knochen in Knorpel übergeht.
Nach dem vorsichtigen Anheben der nun gelockerten Rippe schließt sich die
Durchtrennung des Knochens auch am wirbelsäulenseitigen Rippenende an. Nun lässt
sich die Rippe aus dem Operationsgebiet herausnehmen. Die Rippenentfernung dient
der Vergrößerung des operativen Zugangsweges und damit der Erleichterung des
Eingriffs.
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Rippenfell wird durchtrennt
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Um nun in den Brustkorb zu gelangen, wird zunächst die
Knochenhaut der entfernten Rippe im unteren Bereich und anschließend auch das
Rippenfell durchtrennt (das Rippenfell kleidet den Brustkorb von innen aus). Für
eine gute Sicht auf das Operationsgebiet kommt erneut ein Spreizer zum
Offenhalten der Brustkorböffnung zum Einsatz.
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Die Lunge wird beiseite geschoben
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Durch die nun vorhandene Brustkorböffnung führt der Operateur
einen Operationshaken in den Brustkorb ein, mit dem ein Operationsassistent
vorsichtig die Lunge beiseite hält (zu diesem Zweck wird die Lunge auf der zu
operierenden Seite "entbläht", das heißt die Luft wird vorsichtig
herausgedrückt). Auf diese Weise wird ein freier Blick auf die zu operierende
Brustwirbelsäule geschaffen. Unmittelbar neben der Brustwirbelsäule liegt die
große Körperschlagader (Aorta).
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Identifikation der Bandscheibe
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Sowohl Brustwirbelsäule als auch Aorta sind in diesem Stadium
der Operation noch von Rippenfell bedeckt. Der nächste Operationsschritt besteht
in der vorsichtigen Durchtrennung des Rippenfells mit einer Schere. Die
anschließende Identifikation der zu behandelnden Bandscheibe kann mit Hilfe
einer Röntgenaufnahme erfolgen. Über dem zu operierenden Wirbelsäulenabschnitt
wird das Rippenfell dann vollständig zur Seite geschoben.
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Durchtrennung der Blutgefäße zwischen den Rippen
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Über der Wirbelsäule verlaufen die sogenannten Interkostalgefäße
("zwischen den Rippen" verlaufende Arterien und Venen), die den nächsten
Operationsschritt erfordern. Die Interkostalgefäße kreuzen die Wirbelsäule auf
den einzelnen Etagen. Die Interkostal-Arterien verlaufen von der Aorta aus in
die Körperperipherie, und die Interkostal-Venen ziehen aus der Körperperipherie
kommend zu größeren Venen. Um freien Zugriff auf die zu operierende Bandscheibe
zu haben, müssen die Interkostal-Arterien und -Venen durchtrennt werden. Dazu
bindet der Chirurg sie an jeweils 2 Stellen mit einem Faden ab und durchtrennt
sie mittig zwischen den beiden Fäden.
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Als Nächstes wird die Aorta vorsichtig gelockert und ebenfalls
zur Seite gehalten, um sie bei der eigentlichen Bandscheibenoperation nicht zu
verletzen.
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Entfernung der betroffenen Bandscheibe
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Durchtrennung des Längsbandes
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Die eigentliche Bandscheibenoperation erfolgt wie an den anderen
Wirbelsäulenabschnitten auch. Zunächst wird das vordere Längsband
durchtrennt. Dabei handelt es sich um eine kräftige Bandstruktur, welche die
Vorderseite der Wirbelsäule in ihrer gesamten Länge bedeckt und sie nach vorne
gegenüber den umgebenden Weichteilen beziehungsweise gegenüber Brust- und
Bauchraum abgrenzt.
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Markierung der Bandscheibe
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Nun wird die zu operierende Bandscheibenetage identifiziert und
durch das Einstechen mit einer dünnen Kanüle markiert. Die Kanüle dient als
Orientierungspunkt für die nun folgende Röntgenaufnahme. Nach der Anfertigung
der Röntgenaufnahme und damit der Bestätigung, dass die korrekte Bandschreibe
markiert ist, wird die Kanüle wieder entfernt.
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Schlussendlich erfolgt der wichtigste Operationsschritt, die
Entfernung der betroffenen Bandscheibe. Beim ventralen Zugang hat der Operateur
eine gute Sicht auf die Wirbelsäule und das zu operierende Bandscheibenfach.
Häufig wird zunächst der äußere, stabile Ring der Bandscheibe (Anulus fibrosus)
mit dem Skalpell durchtrennt. Mit einer stumpfen Fasszange lässt sich dann der
im Inneren liegende, weichere Bandscheibenkern (Nucleus pulposus) samt des
Bandscheibenvorfalls entfernen.
Wenn die Bandscheibe samt des Bandscheibenvorfalls entfernt ist, muss die
entstandene Lücke wieder geschlossen werden. Das ist entweder mit Hilfe eines
sogenannten
Beckenkammspans möglich oder durch das Einsetzen einer Bandscheibenprothese.
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Wundverschluss
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Vernähung des Rippenfells
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Das Rippenfell wird nach erfolgter Bandscheibenoperation wieder
über der Wirbelsäule vernäht. Nun kann auch die Lunge wieder "gebläht", das
heißt mit Luft gefüllt werden (um eine "Verklebung" der Lunge als mögliche
Operationsfolge zu vermeiden, wird die Lunge auch während der Operation
regelmäßig gebläht).
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Wunddrainage
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Als Wunddrainage legt man vor dem endgültigen Wundverschluss
einen Drainageschlauch in den Brustkorb ein (sogenannte Brustkorb- oder
Thoraxdrainage oder auch Bülau-Drainage genannt). Der endgültige Wundverschluss
umfasst mehrere Schritte:
- Wiederausrichtung des Operationstisches in der Horizontalen, um die
Rippen wieder in ihre normale Position zu bringen
- Annäherung der am Wundrand liegenden Rippen durch eine spezielle
Nahttechnik (sogenannte Flaschenzugnaht) oder mit einem speziellen
Instrument (sogenannter Rippenapproximator beziehungsweise
"Rippenannäherer")
- Naht des Rippenfells an der durchtrennten Stelle
- Naht der Knochenhaut der entfernten Rippe
- bedarfsweise Naht der Muskulatur zwischen den Rippen
- Hautnaht
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Operation mit dorsalem Zugang
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Lagerung auf dem Bauch
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Für eine "offene" Bandscheibenoperation im
Brustwirbelsäulenbereich mit rückwärtigem (dorsalem) Zugang wird der Patient in
der Regel auf dem Bauch gelagert. Dabei ist zur Verringerung des Blutungsrisikos
darauf zu achten, keinen Druck auf die Bauchregion auszuüben. Alternativ ist
eine Lagerung in schräg-seitlicher Position oder auch im Sitzen möglich. Die
jeweilige Lagerung richtet sich unter anderem nach der Lokalisation des
Bandscheibenvorfalls, der Konstitution des Patienten und dem geplanten
operativen Vorgehen.
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Hautschnitt
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Die Operation beginnt mit einem Hautschnitt über dem zu
operierenden Wirbelsäulenabschnitt, und zwar normalerweise mittig über den
Dornfortsätzen. Alternativ kann der Schnitt auch gerade oder bogenförmig neben
der Wirbelsäule liegen; das hängt im Einzelfall von den anatomischen
Gegebenheiten und dem geplanten operativen Vorgehen ab.
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Freilegung der Wirbelsäule
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Die Haut wird dann mit Hilfe von Operationshaken oder
Spreizinstrumenten beiseite gehalten. Anschließend spaltet der Chirurg die nun
sichtbare Sehnenplatte (Faszie) über den Dornfortsätzen. Als nächste Schicht
wird die Rückenmuskulatur sichtbar. Diese wird vorsichtig von ihren Ansätzen an
den Dornfortsätzen und den Wirbelbögen abgelöst und ebenfalls zur Seite
geschoben. Auch die Muskulatur hält man entweder mit Hilfe von Operationshaken
oder durch einen Spreizer beiseite, um eine freie Sicht auf die Wirbelsäule zu
ermöglichen.
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Entfernung des Querfortsatzes
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Um an die Bandscheibe zu gelangen, ist eventuell – je nach
anatomischen Verhältnissen – die Entfernung des Querfortsatzes des Wirbelkörpers
notwendig. Unter Umständen kann es ergänzend hilfreich sein, auf der Seite des
Bandscheibenvorfalls auch den Wirbelbogen zu entfernen (halbseitige
Wirbelbogenentfernung beziehungsweise Hemilaminektomie). Nun ist der Weg frei,
damit der Chirurg "um das Rückenmark herum" an die Bandscheibe gelangen und
diese operieren kann.
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Die eigentliche Bandscheibenoperation erfolgt wie an den
anderen Wirbelsäulenabschnitten auch.
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