HeilberufePflegekolleg
Praxis + Bildung |
Wundinfektionen Teil 1
Autor:
Prof. Dr. Kramer
Greifswald
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Teil 2: Infektionsschutz - einzelne
Wirkstoffe und Substanzen |
Phenole |
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Aufgrund ihrer Zytotoxizität, Resorptionstoxizität und
Allergenität bzw. unzureichender Wirksamkeit haben Phenole ihre Bedeutung zur
Wundantiseptik verloren. Hierzu gehören z.B. 4-Chlorphenol, Tetrabrom-6-methylphenol oder
Triclosan (z.B. Rutisept® extra Flüssigkeit, Sicorten® Plus Creme). |
Quecksilberorganische
Verbindungen |
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Diese Verbindungen (z.B. Mercuchrom®, Phenylmercuriacetat, -borat, -nitrat) sind
Erreger-abhängig im quantitativen Suspensionstest z. T. unwirksam. Aber auch wegen der
Resorptionstoxizität und der Resistenzentwicklung (R-Plasmide) ist diese
Verbindungsgruppe zur Wundantiseptik als obsolet einzustufen. |
Farbstoffe |
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Ethacridinlactat (z.B. Rivanol®) hat seine Bedeutung als
Wundantiinfektivum verloren. Es besitzt eine ausgeprägte Sensibilisierungspotenz.
Insbesondere gegen gramnegative Erreger besteht eine nur geringe Wirksamkeit mit
überwiegend bakteriostatischer und nur in höheren Konzentrationen (0,2-0,5 %)
bakterioziden Wirkung. Gegen Ethacridinlactat kann eine Resistenzentwicklung stattfinden.
Eine mutagene Wirkung ist nicht auszuschließen. Bei experimentellen Wunden waren die
Infektionskomplikationen bei Anwendung von Ethacridinlactat im Vergleich zu 0,2 %iger
Chlorhexidinlösung 2-3fach höher. Auf Wunden wirkt Ethacridinlactat unter Umständen
granulationshemmend und reizend. Ähnliches gilt für Acriflavin, Brilliantgrün und
Methylviolett. Methylrosaniliniumchlorid wirkt zusätzlich teratogen und carcinogen. |
Lokalantibiotika |
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Sie sind durch ein enges
Wirkungsspektrum, eine überwiegend mikrobiostatische Wirkung und das Risiko einer
Resistenzenwicklung gekennzeichnet. Trotzdem werden sie noch im nennenswerten Umfang
eingesetzt (z.B. Sofra-Tüll®, Fucidine®, Nebacetin®). Zum Beispiel wirken Bacitracin
(z.B. Nebacetin®-Präparate), Fusafungin (z.B. Locabiosol® Spray) und Thyrothricin in
erster Linie gegen grampositive Bakterien. Polymyxine (Colistin, Polymyxin B) wirken
ausschließlich gegen gramnegative Bakterien, wobei Pseudomonas spp. resistent sind
(Stille 1987, Simon u. Stille 1989). Auch auf Grund der sich durch Resorption aus Wunden
ergebenden toxischen Risiken (insbesondere Oto-, Nephro-, Neurotoxizität) sind
Lokalantibiotika keine Wirkstoffe der Wahl zur Wundantiseptik. |
Chlor- und
sauerstoffabspaltende Wirkstoffe |
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Von Chlor- und sauerstoffabspaltenden Wirkstoffen wie Chloramin T (Tosylchloramid-Natrium)
ist keine antiinfektive Wirksamkeit in Wunden zu erwarten, da sie rasch durch organisches
Material wie Sekrete und Blut "aufgezehrt" werden. Fellersche Lösung
(Zusammensetzung Acid acet. 0,25 %, Sol. Natrii clorati 0,9 %, Sol. hydrogenii peroxidati
dil. 3 % ad 300) wird z. T. noch angewendet, obwohl ihre klinische Bedeutung nicht belegt
ist (Lorenz et al. 1995). |
Alkohole |
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Ethanol kann auf Wunden angewendet werden (z. B. stützen die In-vitro-Befunde seine
Anwendung zur Nabelschnurantiseptik). Allerdings wird er aus Akzeptanzgründen (Brennen)
zur Wundantiseptik nur im Ausnahmefall in Betracht kommen. Dagegen ist Propan-2-ol nicht
als Bestandteil lokaler Antiinfektiva zu empfehlen. |
Octenisept® |
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Der ausgeprägten In vitro-Toxizität von Octeniseptâ stehen
klinische Erfahrungsberichte einer antiseptischen Primärversorgung von Schürf-, Biss-
und Schnittwunden, der Anwendung 1:1 verdünnter Lösung bei schwerer Verbrennung sowie
1:5 verdünnter Lösung zur Abdominalspülung entgegen (Schülke u. Mayr GmbH 1997).
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Chlorhexidindigluconat |
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Chlorhexidin (z.B. in Präparaten wie Bactigras®, Hansamed® Spray) ist tendentiell etwas
verträglicher als Octeniseptâ und kurzfristig auf
oberflächlichen Wunden anwendbar. Sofern dieser Wirkstoff mit geeigneten zytoprotektiven
Zusätzen kombiniert wird, z. B. mit Heilbuttleberöl (Kramer et al. 1992) oder mit
Milchsäure und H2O2 wie im Präparat Skinseptâ
mucosa, kann die Verträglichkeit verbessert werden. |
Taurolidin |
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Sofern die für die Wirkungsentfaltung benötigte
Einwirkungszeit von Taurolidin (Bsp. Taurolin®) (> 6 h) gewährleistet ist, steht der
Anwendung dieses Wirkstoffs aus toxikologischen Gründen nichts im Weg. |
Silbersulfadiazin |
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Silbersulfadiazin unter dem Handelsnamen Flammazine® wird z. T. noch zur
Behandlung von Verbrennungswunden vor Nekrektomie angewendet, da es eine Tiefenwirkung
auch in Nekrosen besitzen soll. Man geht allerdings davon aus, dass bei mikrobiostatisch
wirkenden Mitteln wie Silbersulfadiazin nur bei niedrigen Keimbelastungen (< 105
KbE/g Gewebe) eine Wirksamkeit erwartet werden kann. Als systemische Nebenwirkung wurden
passagere Leukopenien und selten Exantheme beobachtet (Kramer et al. 1993, Lorenz et al.
1995). |
Iodophore |
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Betaisodona® Lösung ist auf Grund ihrer raschen
Sofortwirkung und der in vitro nachgewiesenen Inhibition von Entzündungsmediatoren
(Expression bakterieller Exotoxine, Hemmung überschießender Mediatorfreisetzung,
Verringerung humaner Immuneffektorzellen, Inaktivierung gewebezerstörender Enzyme; König
et al. 1997) als Wirkstoff der Wahl für oberflächliche Wunden anzusehen, kann aber auch
zur kurzfristigen Spülung tiefer Wunden einschließlich Körperhöhlen (z.B. bei
Pleuraempyem), in diesem Fall 1:10 verdünnt, mit guten Resultaten angewendet werden (Neef
et al. 1996, Stobernack u. Achatzy 1996, ETRS 1997). Allerdings sind bei Iodophoren die
bekannten Anwendungseinschränkungen bzw. Kontraindikationen zu beachten (Tab. 4). Um die antiseptische Wirkung mit feuchter Wundbehandlung zu verbinden,
wurden Iodophore in ein liposomales Hydrogel eingebracht und damit eine neue Arzneiform
geschaffen. Diese besitzt eine höhere antiseptische Wirksamkeit als Iodophore in
Salbenform bei gleichzeitig noch besserer Gewebeverträglichkeit (Reimer et al. 2000).
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Lavasept® |
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Lavasept® ist als Wirkstoff der Wahl zur
antiinfektiven Wundbehandlung akuter und chronischer Wunden einschließlich Anwendung zur
Spül-Saug-Drainage und zur antiinfektiven Lavage von Körperhöhlen einzuordnen. Beim
direkten Vergleich mit Betaisodona® auf Brandwunden wurde durch Lavasept® die
Reepithelisation speziell bei zweitgradigen Verbrennungen gefördert, die in dieser Form
bei keinem anderen Wundantiinfektivum zu beobachten war (Bruck et al. 1998). Im
Vergleich ist Lavasept® zu PVP-Iod-Lösung bei Verbrennungswunden
grundsätzlich vorzuziehen. Zur Lavage und wiederholten Anwendung auf Wunden ist 0,1%
Lavasept® in Ringer-Lösung effektiv und verträglich. Initial kann bei
verschmutzten und stark vereiterten Wunden mit 0,2% Lavasept® begonnen werden.
(Als Fertigpräparat in Deutschland nicht verfügbar)
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Silber-Aktivkohle-Auflagen |
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Die Wirkungsweise von Silber-Aktivkohle Auflagen (ACTISORB*
SILVER 220) beruht auf der Ableitung von mit dem Wundsekret in die Auflage aufgenommenen
Mikroorganismen mit gleichzeitiger "Trockenlegung" sezernierender infizierter
Wunden. Durch den Einsatz von Aktivkohle und Silber werden Synergieeffekte für eine
antisptische Wirkung ausgenutzt. Zugleich wird eine physikalische Wundreinigung angeregt
(Furr et al. 1994) und eine störende Geruchsbildung verhindert.Da das
Silber nicht in die Wunde abgegeben wird, sind Nebenwirkungen wie die nach Anwendung
antibiotischer Wundauflagen, insbes. Aminoglycosid-Antibiotika, häufig beschriebenen
Kontaktallergien (Schretlen-Doherty und Troutman 1995, Rudzki und Rebondel 1996, Kimura
und Kawada 1998) nicht zu befürchten.
Der Indikationsbereich umfasst vor allem sezernierende chronische
Wunden wie z.B. Ulcus cruris, Dekubitus und diabetischer Fuß, wobei die Wunde frei von
trockenem, nekrotischen Gewebe sein sollte.
Zur Prophylaxe des Erregerwandels bei chronischen infizierten Wunden
und den guten klinischen Ergebnissen sind daher Silber-Aktivkohle Auflagen einer
antibiotischen Wundbehandlung vorzuziehen (Williams 1994).
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Systemische
Antiinfektiva |
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Systemische Antiinfektiva sind nur bei gesicherter
Indikation einzusetzen.Ihre unkritische Verabreichung begünstigt die
Selektion resistenter Erreger und induziert den Erregerwandel mit seinen
infektiologischen, u. U. nicht beherrschbaren Folgen.
Sogenannte saubere Eingriffe erfordern keine perioperative
Antibiotikaprophylaxe.
Als Ausnahme werden Operationen mit Implantation von Fremdmaterial angesehen.
Allerdings beginnt auch hier ein Umdenken in Hinblick auf die Ausschöpfung des
Leistungsvermögens lokaler Antiinfektiva.
Bei stark kontaminierten Wunden mit dem Risiko der systemischen
Erregerausbreitung ist eine antiseptische Prophylaxe nicht ausreichend, sondern es bedarf
der perioperativen Antibiotikaprophylaxe.
Diese kann u. U. durch Anwendung von Antiseptika ergänzt werden, ggf.
in Verbindung mit chirurgischem Debridement.
Bestehende bakterielle Infektionen mit systemischer Beteiligung
erfordern je nach Situation eine prä-, intra- und postoperative Antibiotikatherapie.
Für den Bereich des Abdomens existieren hierzu von der Deutschen
Gesellschaft für Chirurgie Leitlinien.
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erschienen in
Pflegekolleg 2/2001, S. 61: Heilberufe, Urban&Vogel, Berlin |
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