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Erkrankungen der
Speiseröhre

Speiseröhre:
Verätzungen durch Laugen oder Säuren

Inhaltsübersicht
Folgen

Kinder sind besonders gefährdet

Die Gefahr der Verätzung der Speiseröhre ist besonders bei Kindern groß. Fühlen sie sich unbeobachtet, kann es passieren, dass sie ihrer Neugier freien Lauf lassen. Dann bleibt es auch oft nicht aus, dass einmal an der Spülmittelflasche mit dem verlockenden grünen Inhalt oder dem Lösungsmittel aus der Garage "genippt" wird.

 

Chemische Lösungen nie in Lebensmittelbehältern aufbewahren

Aber auch Erwachsene können sich erhebliche Verletzungen der Speiseröhre zuziehen. Dies geschieht dann, wenn chemische Lösungen z. B. in alten Limonadenflaschen aufbewahrt werden. Zudem sind sie dann auch meistens noch unzureichend gekennzeichnet. Beim nächsten Durst wird dann statt zum vermeintlichen Erfrischungsgetränk zum puren Gift gegriffen. Unfälle solcher Art sind nicht selten. Als die kindersicheren Verschlüsse für Chemikalienbehälter noch weitgehend unbekannt waren, ereigneten sich diese Fälle von Verätzungen öfter als heute, sie kommen aber immer wieder vor. Deshalb dürfen Chemikalien nie in Behältern aufbewahrt werden, die auch nur im Entferntesten mit Lebensmitteln zu tun haben. Selbst bei guter Kennzeichnung ist hier das Risiko zu hoch, dass aus Versehen doch einmal jemand zur falschen Flasche greift.

 

Neben solchen Unfällen kommt es auch vor, dass in suizidaler Absicht Laugen oder Säuren bewusst getrunken werden.

 

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Folgen

Bei jeder Art der Speiseröhrenverätzung hängt die Schwere der Verletzung ab von der Menge, der Konzentration und der Kontaktzeit der Chemikalie mit der Schleimhaut. Es werden drei Schweregrade von Verätzungen unterschieden:

 

Oberflächliches Eindringen der Ätzmittel

Dringen die Säuren oder Laugen ausschließlich in die Oberfläche der Schleimhaut ein, kommt es dort zu einer verstärkten Durchblutung, einer Schleimhauthyperämie. Zusätzlich sammelt sich Wasser im Gewebe an, so dass Ödeme entstehen. Die Ausheilung ist in diesem Fall bereits nach ungefähr einer Woche abgeschlossen.

 

Mittleres Eindringen der Ätzmittel

Die Verätzungen reichen bis in die Muskelschicht der Speiseröhrenwand. Sie ist, vom Inneren der Speiseröhre aus gesehen, nach der Schleimhaut (Tunica mucosa) und der Bindegewebsschicht (Tela submukosa) die dritte der vier Wandschichten. Gewebsnekrosen, Ödeme und Entzündungen sind die Folge. Die Heilung ist langwierig und dauert bis zu sechs Wochen. Innerhalb dieser Zeit bilden sich narbige Verengungen, sogenannte Strikturen. Sie entstehen, weil sich im Verlauf der Entzündungsreaktionen das Bindegewebe stark vermehrt. Eine solche Bindegewebsvermehrung nennt man auch Fibrose.

 

Tiefes Eindringen der Ätzmittel

Alle Wandschichten der Speiseröhre werden geschädigt. Das Gewebe der gesamten Wand stirbt ab. Wegen des gleichzeitigen Abbaus von Hämoglobin, dem roten Blutfarbstoff, verfärbt sich der verätzte Bereich bläulichschwarz. Diese transmurale, durch alle Schichten verlaufende, Nekrose wird begleitet von "fressenden" Geschwüren. Das sind Geschwüre, die als Folge einer Minderdurchblutung entstehen und sich mit der Zeit selbst "verdauen". Man bezeichnet diesen Vorgang auch als Autolyse des Gewebes. Durch den Untergang von Bereichen der Speiseröhrenwand ist die Wahrscheinlichkeit der Perforation sehr hoch. Der Brustraum (Mediastinum) kann sich daraufhin entzünden. Es entsteht eine Mediastinitis. Weitere Komplikationen, die auftreten können, sind Fistelbildungen zwischen Speiseröhre und Bronchien. Fisteln sind röhrenförmige Verbindungen aus Gewebe.

 

Säuren wirken an der Oberfläche

Säuren verursachen vorwiegend oberflächliche Schäden. Deshalb fallen die Heilungschancen für diese Verletzungen günstiger aus. Die in der Schleimhautoberfläche befindlichen Eiweißstoffe (Proteine) werden durch die Säure irreversibel geschädigt. Die nicht mehr rückgängig zu machende Schädigung von Proteinen wird als Denaturierung bezeichnet. Das Gewebe stirbt daraufhin ab. Diese Denaturierung mit folgendem Gewebstod wird auch als Koagulationsnekrose bezeichnet. Da hauptsächlich nur die oberen Gewebsschichten betroffen sind, bleibt auch nach dem Absterben noch eine gewisse Gewebestruktur erkennbar.

 

Laugen schädigen tiefe Gewebeschichten

Laugen wirken bis in tiefer gelegene Gewebsschichten schädigend. Die Gewebszellen sterben daraufhin ab und werden von der Lauge zusätzlich verflüssigt. Es bilden sich weißliche, breiige Ansammlungen von abgestorbenem Gewebe. Eine Struktur ist hier, im Gegensatz zur Säureverätzung, nicht mehr erkennbar. Wegen der Verflüssigung der Zellen spricht man auch von einer Kolliquationsnekrose. In leichter Form hat der ein oder andere dieses Phänomen wahrscheinlich auch schon an sich selber bei Experimenten im Chemieunterricht beobachten können. Berühren nur kleine Spritzer von Lauge die Haut, wird sie an diesen Stellen regelrecht "glitschig".

 

Die Gefahr zusätzlicher Infektionen ist groß

Zusätzlich zur Laugenverätzung bilden sich auch noch eitrige Gewebsentzündungen, sogenannte Phlegmone. Sie werden vorwiegend von Streptokokken hervorgerufen. Die Gefahr einer Superinfektion ist hier groß. Dies ist eine Infektion, die trotz noch bestehender Erstinfektion mit dem gleichen Erreger wieder auftritt. Das Immunsystem hatte aber inzwischen noch keine Zeit, sich zu stabilisieren. Infolgedessen kann sich der Körper nicht ausreichend zur Wehr setzen.

 

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Symptome

Heftige Schmerzen und Schock

Sofort nach Schlucken der ätzenden Substanz treten heftige Schmerzen in der Kehle und hinter dem Brustbein auf. Der Betroffene ist unfähig, zu schlucken. Er ringt nach Luft aufgrund des sich stark zuschwellenden Rachens. Zusätzlich treten Schocksymptome wie Schwitzen, Herzrasen, Bewusstseinsstörungen und Zittern auf.

 

Ein Einreißen der Speiseröhre ist bei schweren Fällen möglich

Handelt es sich um schwere Verätzungen, kann die Speiseröhre sogar einreißen. Geschieht dies im oberen Teil, stellt sich zu den erheblichen Halsschmerzen eine Luftansammlung in der Unterhaut des Halses ein. Die Luft, die jetzt aus der Speiseröhre dringt, breitet sich aufsteigend im Gewebe aus. Die Schwellungen verursachen keine Schmerzen und lassen sich leicht wegdrücken. Dabei entsteht ein "knirschendes" Geräusch. Diese lufthaltigen Schwellungen werden auch als Hautemphysem bezeichnet. Hautemphyseme entstehen immer dann, wenn sich lufthaltige Organe, vorwiegend die Bronchien, Speiseröhre oder Luftröhre, plötzlich öffnen und sich die Luft im Unterhautgewebe ansammelt. Reißt die Speiseröhre im mittleren oder unteren Teil ein, setzen Schmerzen ein, die bis in den Rücken und Oberbauch ausstrahlen.

 

Entzündung im Brustraum

Nach schweren Verätzungen der Speiseröhre entzündet sich der mittlere Brustraum, das Mediastinum. Es entsteht eine Mediastinitis. Sie wird begleitet von Fieber, Schmerzen hinter dem Brustbein, Husten und Schluckstörungen.

 

Hoche Sterblichkeitsrate

Die kritische Phase bei Speiseröhrenverätzungen ist nach zwei bis drei Tagen überstanden. Die Sterberate liegt jedoch bei etwa 30 Prozent.

 

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Feststellung der Verätzungsursache

Erbrochenes und Ätzspuren geben Hinweise

Aus den Ätzspuren im Mund- und Rachenraum, sowie aus Erbrochenem, lassen sich wichtige Hinweise auf die Verätzungssubstanz finden. Durch den Gewebstod bilden sich festsitzende Krusten auf der Schleimhaut. Diese Verschorfungen geben einen groben Aufschluss über die Chemikalie, die möglicherweise geschluckt wurde.

 

Die Farbe der Verschorfung gibt deutet auf die Quelle der Verätzung

  • So deuten grauweiße, gallertartige Quellungen fast immer auf Laugen, wie z.B. Ammoniak oder wässrige Lösungen von Natrium oder Kalium, hin.
  • Grauweiße bis braunschwarze Krusten sind meistens Folge einer Säurenverätzung mit z.B. Salzsäure, Schwefelsäure oder Essigsäure. Salpetersäure und Chromsäure verursachen gelbliche Verschorfungen.
  • Verätzungen mit kupferhaltigen Chemikalien sind an einer grünlichen Verfärbung der Krusten zu erkennen. Kupfer kann u.a. Bestandteil von grüner und blauer Malerfarbe oder Schädlingsbekämpfungsmitteln sein.

 

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Erste Hilfe

Nicht Erbrechen lassen
Wasser oder Tee trinken

Bei Verätzungen ist immer sofortige Hilfe notwendig. Auf keinen Fall dürfen Sie den Betroffenen zum Erbrechen bringen. Die ätzende Flüssigkeit würde dann erneut die Speiseröhre passieren und die Verätzung würde sich wiederholen. Besser ist es, den Betroffenen sofort Wasser oder Tee in kleinen Schlucken trinken zu lassen. Das spült und verdünnt die ätzende Chemikalie.

 

Rettungsdienst alarmieren

Alarmieren Sie dann den Rettungsdienst. Bei stark ätzenden Chemikalien besteht die Gefahr eines Darmdurchbruchs.

 

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Therapie

Verdünnungen mildern die Verätzung ab

Ist die Ursache der Verätzung herausgefunden, kann mit Verdünnungen und Neutralisationen versucht werden, die Ätzung abzumildern. Mit Wasser wird die Konzentration der jeweiligen Chemikalie herabgesetzt. Bei einer Laugenverätzung wird mit schwachen Säuren, wie Zitronensaft oder Essigwasser, entgegengewirkt.

 

Säure wird neutralisiert

Säure wird mit leicht alkalischen Lösungen neutralisiert. Hierzu eignen sich u.a. Milch, Eiklar oder auch Antazida in flüssiger Form. Dies alles muss jedoch unmittelbar nach dem Verschlucken geschehen. Nur dann sind diese Maßnamen noch sinnvoll und angebracht. Ist eine längere Zeit verstrichen, hat dieses Vorgehen keine Wirkung mehr.

 

Schmerz- und Schockbehandlung

Wichtig sind eine Schmerz- und Schockbehandlung, sowie das Freihalten der Atemwege. Eine Antibiotikatherapie kann schwerere Entzündungen vermeiden helfen. Kortison werden in diesem Fall heute nicht mehr gegeben. Wegen ihrer immunschwächenden Wirkung können sie die Infektanfälligkeit des Verletzten erhöhen. Auch führen sie zu einem vermehrten Eiweißabbau. Dadurch besteht die Möglichkeit der Schleimhautschädigung. Das Risiko eines Einreißens der Speiseröhre wäre also durch die Kortisongabe erhöht.

 

Bougierung weitet die verengte Speiseröhre auf

Im weiteren Verlauf der Therapie kann durch eine Dehnsonde eine Speiseröhrenverengung weitestgehend vermieden werden. Diese Therapie wird auch Bougierung genannt. "Bougie" bedeutet im französischen "Wachskerze". Im medizinischen sind damit Sonden gemeint, die eine Aufdehnung von Hohlorganen bewirken. Sie können verschiedene Formen und Festigkeiten haben. Es gibt gerade und gekrümmte, starre und flexible Sonden von jeweils unterschiedlicher Dicke. Die Bougierung wird über einen längeren Zeitraum in Intervallen angewendet. Der Betroffene kann dies auch vielfach selber durchführen.

 

Manchmal muss operiert werden

Ist die Verätzung besonders schwer, kann nur eine Operation helfen. Dabei wird die Speiseröhre teilweise oder sogar ganz entfernt. Die Sterblichkeitsrate bei solch einer Ösophagektomie liegt bei etwa 40 Prozent.

 

Erhöhtes Krebsrisiko

Die Spätfolgen einer Speiseröhrenverätzung sind ernst zu nehmen. Das Krebsrisiko ist deutlich erhöht. Deswegen sollten regelmäßige endoskopische Kontrolluntersuchungen erfolgen.

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