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Als "Schienbeinkopf" (Tibiakopf) wird der obere, verdickte
Anteil des Schienbeins bezeichnet (vgl.
Anatomie des Unterschenkels). Seine
Oberfläche (Tibiakopfplateau) bildet zusammen mit dem unteren Bereich des
Oberschenkelknochens das Kniegelenk (vgl.
Anatomie des Kniegelenks). |
Es gibt verschiedene Formen von Brüchen
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Die Brüche des Schienbeinkopfes werden in zwei Gruppen unterteilt:
- Plateaubrüche: Dabei treten Bruchlinien innerhalb des Schienbeinkopfes
auf, jedoch verschieben sich die einzelnen Knochenbruchstücke nicht
gegeneinander.
- Luxationsbrüche ("Verrenkungsbrüche"). Hierbei kommt es zu einem
Abweichen von Knochenbruchstücken von ihrer ursprünglichen Position. Da am
Schienbein auch Bänder des Kniegelenks ansetzen (vgl.
Anatomie des Kniegelenks), können diese ebenfalls mit beschädigt werden. Durch die
Verschiebung der entstandenen Knochenbruchstücke ist auch eine Verletzung
der in der Nähe des Kniegelenks liegende Blutgefäße oder Nerven möglich.
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Ursache
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Ursache eines Schienbeinkopfbruches ist meistens ein Verkehrsunfall. Aber auch
bei schwereren Stürzen oder Sportunfällen kann der Schienbeinkopf brechen. |
Beschwerden
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Ein Schienbeinkopfbruch äußert sich durch Schmerzen und eine Schwellung im
Bereich des oberen Unterschenkels. Bei Verletzung von Blutgefäßen kann außerdem
ein Bluterguss vorliegen. Zudem ist die Entwicklung eines
Tibialis-anterior-Syndroms möglich. |
Verletzung von Nerven und Blutgefäßen
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Bei der ersten Untersuchung achtet der Arzt nicht nur auf den gebrochenen
Knochen selbst, sondern prüft auch, ob es zu einer begleitenden Verletzung von
Nerven oder Blutgefäßen gekommen ist. Dies ist unter anderem durch das Tasten
der Fußpulse sowie eine Überprüfung von Kraft und Sensibilität im Unterschenkel-
und Fußbereich möglich. In unklaren Fällen kann eine Ultraschall- oder eine
Röntgenuntersuchung der Blutgefäße mit Kontrastmittel (Angiographie) hilfreich
sein. |
Diagnostik
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Der Bruch wird auf einem oder mehreren
Röntgenbildern dargestellt. Eine etwas genauere Betrachtung der
einzelnen Knochenbruchstücke ist mit Hilfe der Computertomographie
möglich. Ergänzend kann eine Kernspintomographie sinnvoll sein, um
begleitende Band-, Meniskus- oder Knorpelverletzungen zu erkennen.
In einzelnen Fällen kann es allerdings auch erforderlich sein, sich
im Rahmen einer Kniegelenkspiegelung (Arthroskopie) einen Überblick
über das genaue Ausmaß der Verletzungen zu verschaffen. |
Wiedereinrenkung
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Die erste Maßnahme nach Feststellung eines
Schienbeinkopfbruches ist die vorsichtige Wiedereinrenkung
verschobener Knochenbruchstücke. Anschließend wird das Bein in einer
Gipsschiene gelagert. |
Nichtoperative Behandlung
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Nur in seltenen Fällen ist es sinnvoll, einen
Schienbeinkopfbruch nichtoperativ zu behandeln, beispielsweise wenn
die Knochenbruchstücke nicht gegeneinander verschoben sind und der
Patient zudem aufgrund anderer Erkrankungen ein hohes Narkose- und
Operationsrisiko hat. Die nichtoperative Therapie besteht
hauptsächlich in physiotherapeutischen Bewegungs- und
Muskelkräftigungsübungen. Dabei wird das verletzte Knie während der
ersten sechs bis zwölf Wochen noch nicht mit dem vollen
Körpergewicht belastet. |
Nichtoperative Behandlung bei verschobenen
Bruchstücken nur sehr selten möglich
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Nur in Ausnahmefällen wird eine nichtoperative
Behandlung auch dann durchgeführt, wenn es zu einer Verschiebung der
Knochenbruchstücke gekommen ist. In dieser Situation müssen die
verschobenen Knochenbruchstücke vor der eigentlichen
physiotherapeutischen Behandlung zunächst wieder in ihre
ursprüngliche Position gebracht werden. Dies erfolgt durch eine
sogenannte Extensionsbehandlung ("Zugbehandlung"). Dabei wird
beispielsweise das verletzte Bein in einer Schiene gelagert und der
Fuß über eine Umlenkrolle mit einem Gewicht belastet. Dadurch kommt
es zu einer allmählichen Streckung des Beines, sodass man die
verschobenen Knochenbruchstücke wieder in ihre ursprüngliche
Position führen kann. Die Extensionsbehandlung muss über einen
Zeitraum von etwa zwei bis drei Wochen durchgeführt werden. Damit
das Bein währenddessen nicht einsteift, wird es im Rahmen der
physiotherapeutischen Therapie passiv bewegt. |
Operative Fixierung der verschobenen
Knochenbruchstücke
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In den meisten Fällen erfolgt jedoch eine operative
Behandlung des Schienbeinkopfbruchs. Nicht verschobene
Knochenbruchstücke können direkt mit Platten und Schrauben
stabilisiert werden. Bei Verrenkungsbrüchen ist vorher die korrekte
Positionierung der einzelnen Knochenbruchstücke erforderlich.
Eventuelle Knieband- oder Meniskusverletzungen werden ebenfalls
entsprechend versorgt. |
Behandlung verletzter Blutgefäße und Nerven
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Begleitende Blutgefäßverletzungen behandelt man
durch Blutgefäßnähte. Auch beschädigte Nerven können genäht werden.
Abgerissene Nervenfasern nehmen ihre Funktion nach der Naht jedoch
nicht wieder auf. Die oberhalb des Risses gelegenen Nervenfasern
müssen erst über die Nervennaht, die als Leitschiene dient, wieder
in den verletzten Nerv einsprießen. Dies erfolgt mit einer
Geschwindigkeit von etwa einem Millimeter pro Tag, sodass die
vollständige Wiederherstellung der Nervenfunktion unter Umständen
Monate in Anspruch nimmt. |
Intensive physiotherapeutische Nachbehandlung
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An die Operation schließt sich eine intensive
physiotherapeutische Nachbehandlung an. Dabei wird die Beweglichkeit
des Kniegelenks zunächst durch die passive Bewegung des Beines auf
einer Schiene trainiert. Die Belastung des verletzten Beines kann
nur sehr langsam gesteigert werden. Eine Vollbelastung mit dem
gesamten Körpergewicht ist bei einfacheren Brüchen in der Regel nach
zehn bis zwölf Wochen möglich, bei komplizierteren Brüchen unter
Umständen allerdings erst nach ungefähr vierzehn bis sechzehn
Wochen. Wichtig ist zudem die Kräftigung der Beinmuskulatur, um das
verletzte und operierte Kniegelenk optimal zu stabilisieren.
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