Qualitätssicherung in der Medizin

5.0 Systemaufbau
5.1 Einleitung

Vordringliches Anliegen eines jeden Unternehmens oder einer Organisation muß die Qualität des Produktes oder der Dienstleistung sein. Dies bedingt die Schaffung von Binnenstrukturen zur Wahrung und Verbesserung der Qualität in Form eines Qualitätssicherungssystems, wobei die Auslegung der Organisationstiefe bei dem jeweiligen Unternehmen selbst liegt. Hierbei gilt: Die Qualitätssicherung muß zweckdienlich und selbst organisiert werden, damit die individuellen, an der Qualität der Dienstleistung oder des Produktes beteiligten Faktoren

  • Mensch
  • Technik
  • Administration

in adäquater Weise mit einbezogen werden können.

Aufgrund der Variationsbreite der Unternehmen läßt sich eine einheitliche, detaillierte Vorgehensweise bezüglich der einzurichtenden Strukturen nicht darstellen. Um optimal wirksam zu sein, muß das angewandte Qualitätssicherungssystem an die Art der Tätigkeit und an die Produkte oder Dienstleistungen angepaßt werden. Die hierfür erforderlichen Aufwendungen sind unter Betrachtung potentieller Unternehmensverluste als Folge unzulänglicher Dienstleistungen oder Produkte abzuwägen.

Herabgesetzte Qualität kann sich direkt oder indirekt finanziell nachteilig auswirken:

Direkte Verluste entstehen vorwiegend durch Ersatzansprüche und durch einen unproduktiven Einsatz von menschlichen, materiellen und technischen Ressourcen. Indirekt ergeben sich finanzielle Verluste beispielsweise durch Einbuße von Vertrauen oder Ansehen und über hieraus ableitbaren Marktverlusten. Dies gilt auch für den im zunehmenden Maße marktwirtschaftlich und mithin wettbewerbsorientierten Sektor der Gesundheitsversorgung.

Es ist daher mehr als legitim, wenn der Leistungserbringer hinterfragt, ob und wie sich eine Qualitätssicherung finanzieren läßt. Andrerseits gilt es jedoch abzuwägen, ob er sich einen diesbezüglichen Verzicht leisten kann.

Als Schlußfolgerung läßt sich konstatieren:

Ein wirksames Qualitätssicherungssystem erfüllt Anforderungen und Erwartungen des Kunden-Patienten unter Wahrung der Interessen des Unternehmens. Gut strukturierte Qualitätssicherung ist ein wertvolles Führungsmittel für die Optimierung und Lenkung der Qualität in Bezug auf Risiko-, Kosten- und Nutzenbetrachtung.

Abbildung 3 veranschaulicht die bekannte dreidimensionale Verquickung von Markt, Unternehmen und Dienstleistung in Projektion auf das moderne Krankenhaus, wobei die 'Patientenwünsche' als subjektive Kriterien durch anerkannte Verfahrensweisen und Normen als 'objektive' Kriterien ergänzt werden.


Abbildung 3:Adaptierter Qualitätskubus

5.2 Qualitätsmanagement- DIN ISO 9004, Teil 2

Gemäß den Empfehlungen zahlreicher Experten (Pinter et al., 1995., s. Buchempfehlungen) könnte sich die Ablauforganisation eines modernen Qualitätssicherungssystems an einer Auswahl der Qualitätssicherungselemente nach DIN ISO 9004, Teil 2 als qualitätswirksame Maßnahmen und Ergebnisse für die Phasen der Entstehung und Anwendung einer gesundheitsversorglichen Dienstleistung orientieren.

Die Prinzipien nach DIN ISO 9004, Teil 2 sehen u.a. vor:

1. Die Verantwortung für die Qualitätssicherung und die Verpflichtung auf diese gehören zur Unternehmensleitung. Qualitätsmanagement ist derjenige Aspekt der Gesamtführungsaufgabe, welcher die Qualitätspolitik festlegt und verwirklicht.

2. Die Unternehmensleitung sollte die Qualitätspolitik ihres Unternehmens entwickeln und festlegen. Sie sollte alle erforderlichen Massnahmen treffen, damit die Qualitätspolitik verstanden, verwirklicht und aufrechterhalten wird.

3. Die Unternehmensleitung sollte im Rahmen der Qualitätspolitik des Unternehmens Ziele für die Schlüsselelemente der Qualität wie Eignung, Leistung, Sicherheit und Zuverlässigkeit festlegen.

4. Ein Qualitätssicherungssystem besteht aus der Aufbauorganisation, den Verantwortungen, Verfahren, Prozessen und Mitteln für die Verwirklichung des Qualitätsmanagements.

5. Die allgemeinen und speziellen Qualitätsverantwortungen sollten ausdrücklich festgelegt werden.

6. Verantwortung und Befugnis für jede qualitätswirksame Tätigkeit sollten klar festgelegt werden. Befugnisse und Verantwortung sollten ausreichend sein, die zugewiesenen Qualitätsziele mit der gewünschten Effizienz zu verwirklichen.

7. Maßnahmen zur Lenkung und Koordination von Schnittstellen zwischen den verschiedenen Tätigkeiten sollten festgelegt werden.

8. Bei Delegation der Verantwortung ist darauf zu achten, daß die beauftragten Personen unabhängig von den Tätigkeiten sind, über die sie berichten.

9. Die zum Qualitätssicherungssystem gehörende Aufbauorganisation sollte innerhalb der umfassenden Führung des Unternehmens klar ersichtlich festgelegt sein. Zuständigkeiten und Kommunikationswege sind ebenfalls festzulegen.

10. Die Unternehmensleitung sollte ausreichend und geeignete Mittel bereitstellen, die für die Zielerreichung der Qualitätspolitik wichtig sind. Hierzu zählen:

a) Mittel bezüglich Personal

b) Einrichtungen für Modelldesign und Entwicklung

c) Prüfmittel und Untersuchungseinrichtungen

d) Instrumentierung und Computersoftware

Fach-, Erfahrungs- und Schulungsniveau sind durch die Unternehmensleitung festzustellen und festzulegen.

11. Die Unternehmensleitung sollte Qualitätsfaktoren identifizieren, welche die Ziele und Marktposition bezüglich neuer Dienstleistungen beeinflussen, um die Mittel des Unternehmens geplant und zeitgerecht einteilen zu können.

12. Die qualitätsbeeinflußenden Tätigkeiten sollten kontinuierlich gelenkt und vornehmlich präventiv ausgerichtet sein.

13. Ablaufverfahren zur Koordinierung der verschiedenen Tätigkeiten sollten entwickelt, herausgegeben und verwirklicht werden. Die Verfahrensanweisungen sollten einfach, eindeutig und verständlich formuliert sein, die anzuwendenden Methoden und Kriterien sind vorzugeben.

14. Alle von einem Unternehmen für die eigene Qualitätssicherung erforderlichen Elemente und Prozesse sind in einer systematischen Weise in Form eines Qualitätssicherungshandbuches zu dokumentieren. Für unterschiedliche Bereiche sind spezielle Qualitätssicherungshandbücher vorzugeben.

15. Qualitätssicherungspläne sollten für neue Verfahren schriftlich erarbeitet werden. Qualitätssicherungspläne sollten festlegen:

a) Qualitätsziele

b) Verantwortung und Befugnisse

c) Spezifische Methoden, Verfahren, Arbeitsanweisungen

d) Programme für Qualitätsprüfungen und Audits

e) Methoden zur Änderung des Ablaufplanes bei Bedarf

16. Qualitätsaufzeichnungen und Tabellen betreffend Prüfungen, Begutachtungen, Audits, Reviews, Ergebnisse u.a. sind wichtige Bestandteile eines Qualitätssicherungssystems.

17. Alle zu einem Qualitätssicherungssystem gehörigen Elemente sollten regelmässig einem internen Audit unterzogen und bewertet werden. Zu diesem Zweck sollte durch die Leitung ein entsprechender Auditplan aufgestellt und durchgeführt werden. Der Auditplan sollte enthalten:

a) Spezifische Tätigkeiten und Bereiche

b) Qualifikation des durchführenden Personals

c) Grundlage der Durchführung des Audits (Routine/Änderungen)

d) Verfahren zur Berichterstattungen, Schlußfolgerungen und Empfehlungen

18. Audits können angewendet werden auf:

a) Aufbauorganisation

b) administrative Verfahren

c) Arbeitsbereiche, Abläufe, Prozesse

d) Dokumentations- und Berichterstattungswesen

Das auditierende Personal sollte von dem audierten Bereich unabhängig sein.

19. Eine Informationsrückführung durch den Kunden sollte als qualitätssicherndes Element verankert werden. Hieraus können sich wertvolle Anhaltspunkte zu zweckmäßigen Maßnahmen der Qualitätsverbesserung ergeben.

20. Der Schulungsbedarf des Personals sollte ermittelt und eine Methode zur Durchführung der Schulung erarbeitet werden. Schulungen sind auf alle personellen Ebenen auszudehnen. Im Rahmen dieser Schulungen sollte die Vermittlung von einem umfassenden Qualitätsbewußtsein, Qualitätsmaßstäben und Motivation verwirklicht werden.

21. Die Unternehmensleitung sollte eine Leistungsanerkennung vorsehen, wenn zufriedenstellende Qualitätslagen erreicht werden.

22. Die Anwendung moderner statistischer Verfahren ist ein wichtiges Element in allen Phasen des Qualitätssicherungssystems. Anwendungsmöglichkeiten sind:

a) Bedarfsanalyse

b) Prozesslenkungs- und Prozessfähigkeitsstudien

c) Festlegung von Qualitätsanlagen / Prüfplänen

d) Daten-, Leistungs- und Fehleranalyse.

An verwendbaren Verfahren kommen vorwiegend in Betracht:

a) Einflußgrößenanalyse

b) Varianzanalyse

c) Risikoanalyse

d) Signifikanztests

e) Stichprobenprüfungen


Abbildung 4: Strukturelle Zusammenhänge und Begriffe zur Qualität

Bücher

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  • Umfassendes Qualitätsmanagement für das Krankenhaus Erwig Pinter, Karl D. Vitt / Taschenbuch / Erschienen 1996
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  • Best of QualiMed Erwig Pinter, u. a. / Taschenbuch / Erschienen 1998
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  • Praxis Umfassendes Qualitätsmanagement Erwig Pinter, u. a. / Taschenbuch / Erschienen 1998

1.0 Einleitung 2.0 Qualität 3.0 Qualitätssicherung
4.0 Ursachen und Gründe 5.0 Systemaufbau 6.0 Europäische Ansätze
7.0 Perspektiven 8.0 Einführung eines QS-Systems 9.0 Historischer Abriss
10.0 Literatur

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