7.0 Perspektiven
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behandlungsseitig | patientenseitig |
1. Unkenntnis | Zu kurzer Krankenhausaufenthalt |
Übernahme von Entscheidungen, für die keine hinreichende Kompetenz besteht | (Tod), selbstgewollte Entlassung, so daß wichtige Befunde nicht erhoben werden können |
2. Zeitmangel und Hast | Verweigerung der Erkrankten |
Unterlassung belastender Untersuchungen bei reduziertem AZ, | |
Vorrang symptomatischer Therapie gegenüber Diagnostik | |
3. Unterlassung von indizierten Untersuchungen | Atypischer oder oligosymptomatischer Verlauf |
4. Unzureichende Untersuchungstechnik | Überlagerung der Diagnose durch Zweiterkrankung, wechselseitige Interferenzen |
5. Falsche oder unlogische Befundkombination, falsche Schlußfolgerung - | Finalstadium oder komplikationsbeherrschtes Krankheitsgeschehen |
6. Vorschnelle Urteile | Mitigierung des typischen Krankheitsbildes (Senium, Kinder) |
7. Unkritische Übernahme von Vordiagnostische Maßnahmen im Hinblick auf fehlende therapeutische Konsequenzen | Bewußter Verzicht auf weiterführende Diagnosen und Vorbefunde |
Tabelle 1 Häufige Ursachen suboptimaler medizinischer Behandlung
Als weitere Anhaltspunkte für ein Krankengeschichten-basiertes Verfahrensaudit bieten sich darüber hinaus die in der Literatur verschiedentlich zitierten Listen über- und unterdiagnostizierter Erkrankungen an.
Bei der Durchführung von Audits entstehen - nach kurzer Eingewöhnungsphase - in der Regel keine außergewöhnlichen Belastungen, die einen personellen Mehrbedarf rechtfertigen. Audits bedeuten im Grunde nur eine Reorganisation der ohnehin stattfindenden Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen in Form von Frühbe- sprechungen und Kurzvorträgen. Die offene Thematisierung von tabuisierten Begriffen wie 'Behandlungsfehler' oder 'fachliche Unkenntnis', erst möglich im Schutze der Anonymität, verleiht dieser QS-Methode eine hohe Effektivität.
Tabelle 2: In ihrer Häufigkeit über- und unterschätzte Erkrankungen ( modifiziert nach W. C. Matousek)
Organ/System | zu häufig diagnostiziert | zu selten diagnostiziert |
Atemorgane | Chron. Bronchitis | Lungenembolie, Pneumonie, Lungeninfarkt |
Augen/HNO | Sinusitis | Glaukom |
Bewegungsapparat | Arthrose, Arthritis | Gicht |
Blut | Eisenmangelanämie | Anaemia perniziosa, Infekt-, Tumoranämie, Endokrinium |
Hypothyreose | Hyperthyreose | |
Haut | Mykosen | Kontaktdermatitis, Arzneimittelexanthem |
Herz | Angina pectoris | Pericarderguß, Konstriktive Pericarditis |
Neurologie | Gen. Epilepsie | Multiple Sklerose |
Uro-Genital / Niere | Cystitis | Pyelonephritis |
Verdauung | Infekte (parasitär, bakteriell, viral) | Chron. Pancreatitis, Pancreaskarzinom |
Tabelle 2: In ihrer Häufigkeit über- und unterschätzte Erkrankungen
Audits zählen zu den erprobtesten modernen Qualitätssicherungsmethoden in der Medizin, sie werden seit über 20 Jahren mit Erfolg in den USA durchgeführt und stellen dort eine Bereicherung im Hinblick auf die Sicherung der Ausbildungs- und Verfahrensqualität dar. Es stehen hervorragende Audit-Handbücher für nahezu jeden Fachbereich der Medizin zur Verfügung.
Für einige Bereiche der Medizin kann sich die Tracer-Methode als
sinnvolles, ergänzendes Instrument der Qualitätssicherung erweisen. Die Tracer-Methode
geht auf D. Kessner und Mitarbeiter zurück, sie wurde in den 70er Jahren in den USA
entwickelt.
Tracer oder Leitmerkmale sind dabei in der Regel spezifische
Gesundheitsprobleme oder Diagnosen, die eine Beurteilung der Stärken und Schwächen der
jeweilig adoperierten Versorgungsmaßnahmen erlauben. Kessner zeigte auf, daß der Methode
vorwiegend in den operativen Fächern eine besondere Bedeutung zukommen könnte.
Schon seinerzeit verwies der Methodenbegründer und Erstautor auf
die Wichtigkeit der Kriterienauswahl als Voraussetzung für die Bestimmung eines
geeigneten Tracers, er warnte zudem vor einem Methodeneinsatz in uneingeschränktem
Umfang.
Maßgebliche Grundlage der Tracer-Kriterien bilden folgende Überlegungen:
- Tracer sollten funktionelle Einflüsse ausüben
- Tracer müssen leicht diagnostizierbar und gut definierbar sein
- Tracer sollten hinlänglich bekannt sein, um retrospektiv statistische Arbeiten zur Verteilung in der Bevölkerung zu ermöglichen
- Tracer sollten unter qualitativem Aspekt definierbar sein
- Das Tracer-Problem sollte hinreichend frequent auftreten
- Die medizinische Behandlung sollte den üblichen Praktiken entsprechen
- Behandlungsmethoden sollten für wenigstens eines der folgenden Verfahren definiert sein: Vorsorge, Diagnose, Behandlung, Rehabilitation
- Berücksichtigung der nicht-medizinischen Faktoren im
Hinblick auf Unabhängigkeit des Leistungsgeschehens und Tracer-Stabilität
Wurden gemäß obigen Kriterien geeignete Tracer-Bedingungen
ermittelt, sind für jeden Fall Minimalkriterien zu erstellen. Diese müssen die
wesentlichen Elemente der Krankheitsgeschichte, Diagnostik, Therapie umfassen. Zutreffende
Krankheitsgeschichten sind anhand dieser Kriterien auszuwerten, um solchermaßen Qualität
von Diagnose und Therapie zu bestimmen. Kessner glaubt, daß diese Methode auch zur
Erfassung von nicht-ärztlichen Problemen der Krankheitsversorgung geeignet ist.
Im ursprünglichen Programm - 'A strategy for Evaluating Health
Services'- stellten Kessner et al. sechs beispielhafte Diagnosen als Tracer vor: Otitis
media, Anämie, Arterieller Hypertonus, Harnwegsinfektionen, Uterus-Ca und Sehschwäche.
Seit Mitte der 70er Jahre wurde die Tracer-Methode - vornehmlich im
Rahmen chirurgischer Pilotstudien - auch in Deutschland mehrfach angewendet. Als typische
Tracer-Diagnosen finden sich in der deutschen Literatur beispielsweise Leistenbruch
(allgemeine Chirurgie), Oberschenkelhalsfraktur (Unfallchirurgie) oder Appendizitis,
Cholelithiasis und Colon-Ca (Bauchchirurgie).
Hierbei erwiesen sich
- Diagnostik
- OP-Verfahren
- OP-Befunde
- Intra-OP-Diagnostik
- Risikofaktoren
- Komplikationen
als wesentliche Qualitätsmerkmale, die mittels der Tracer-Methode
in den operativen Fächern abgedeckt werden konnten. Die krankenhausinternen Fragebögen
wurden zudem durch einen Patientenbericht ergänzt.
Als weitere, mögliche Einsatzbereiche der Tracer-Methode kann eine Reihe von Krankheitsbildern oder Problem-Management-Situationen aus Versorgung und Pflege genannt werden:
- Myocardinfarkt
- Pneumonien
- Intensivmedizinische Versorgung
- Relevanz der OP-Indikationsstellung
- Antibiotika-Therapie
- Eigenblut- und Fremdblutgabe
- Prä- und post-operative anästhesiologische Versorgung
- Dekubitusprophylaxe
Tracer-Methoden lassen sich in die aktuelle Basisdokumentation üblicherweise gut integrieren. In vielen Fällen können Tracer auch schrittweise als Erweiterung der bestehenden Basisdokumentation implementiert werden. Hierbei erfolgt eine Ergänzung um einige, wenige Items in der Vorphase, was zumeist bereits einen Aufschluß über Durchführbarkeit und zu erwartenden Zielerreichungsgrad zuläßt. Die zusätzliche Dokumentation der Qualitätsleitprobleme durch Beobachtung des Leistungsgeschehens wird nach und nach ergänzt, wobei auch Ergebnisse aus Patienten- und Personalbefragung in die Fragebogenstruktur miteinbezogen werden sollten.
Die Verflechtung mit der bestehenden Basisdokumentation - gemeinsam
mit der häufigeren Revision der Erhebungsbögen und den periodisch erforderlichen
statistischen Auswertungen - legen nahe, ein Tracer-Konzept von vorneherein EDV-gerecht
unter Berücksichtigung des bestehenden Krankenhausinformationssystems auszulegen.
Beispielhafte KIS-Tracer-Audit-Implementationen wurden in Großbritannien Mitte der 80er Jahre erstmalig erprobt (Royal Hampshire County Hospital, Winchester; Ipswich Hospital; Huddersfield Royal Infirmery; Queen Elisabeth Hospital, Central Birmingham). Hieraus abgeleitete Routine-Verfahren haben sich seither in zahlreichen britischen Krankenhäusern etablieren können.
1.0 Einleitung | 2.0 Qualität | 3.0 Qualitätssicherung |
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4.0 Ursachen und Gründe | 5.0 Systemaufbau | 6.0 Europäische Ansätze |
7.0 Perspektiven | 8.0 Einführung eines QS-Systems | 9.0 Historischer Abriß |
10.0 Literatur |
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