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Pressemitteilung 20.10.1999 |
Deutscher
Schmerzkongress
20.-24. Oktober 1999, München
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Gesichtsschmerz: Es wird zu viel operiert |
Nicht
jeder Gesichtsschmerz ist eine Trigeminusneuralgie. |
Klagen Patienten über Schmerzen im Gesicht, tippen viele Ärzte
auf eine Trigeminusneuralgie. ,,Doch damit können sie falsch liegen", warnen
Experten auf dem Deutschen Schmerzkongress in München. Die Folgen solch Fehldiagnosen:
viele Betroffene mit so genannten ,,atypischen Gesichtsschmerzen" unterziehen sich
Therapien und operativen Eingriffen, die ihnen nicht helfen können, obwohl es auch bei
dieser Schmerzart wirksame Behandlungsstrategien gibt. |
Frauen
sind häufiger betroffen. |
Wie viele Patienten in Deutschland unter atypischen
Gesichtsschmerzen leiden, wissen Experten nicht. Gleichwohl wissen sie, daß vor allem
Frauen im mittleren Alter von 30 bis 60 Jahren betroffen sind. Typisch ist auch eine lange
,,Patientenkarriere", weil Ärzte verschiedener Fachrichtungen zunächst andere
Diagnosen stellen und - vergebliche - Behandlungsversuche starten. ,,Im Schnitt
konsultieren die Betroffenen mehr als sieben Ärzte und lassen eine Vielzahl von
Untersuchungen und Zahnbehandlungen, etwa Zahnextraktionen, über sich ergehen"
stellt Dr. Volker Pfaffenrath, Präsident der Deutschen Migräne- und
Kopfschrnerzgesellschaft (DMKG) fest. Der Grund: HNO-Ärzte machen oft vorschnell eine
Nasennebenhöhlenentzündung verantwortlich, Zahnärzte verdächtigen marode Zähne und
Zahnwurzeln und Neurologen tippen auf eine Trigeminusneuralgie, den häufigsten
Gesichtsschmerz. |
Die Trigeminusneuralgie ist einfach zu erkennen. |
Dabei ist die Trigeminusneuralgie einfach zu
diagnostizieren. Die Betroffenen leiden unter starken einschießenden Schmerzattacken, die
wenige Sekunden bis zwei Minuten andauern können. Zwischen diesen Attacken sind die
Patienten schmerzfrei. Zumeist sind die Anfälle auch über so genannte Triggerzonen,
bestimmte Punkte im Gesicht, oder mechanisch durch Kauen oder Sprechen auslösbar. |
Atypischer
Gesichtsschmerz unterscheidet sich von Trigeminusschmerz. |
Den
atypischen Gesichtsschmerz hingegen empfinden die Patienten als ziehend, brennend,
stechend und drückend. In über 90 Prozent der Fälle besteht ein Dauerschmerz mit
wechselnder Intensität. Die Beschwerden sind meist einseitig, in 30 Prozent der Fälle
jedoch beidseitig. Darüber hinaus breitet sich der Schmerz oftmals von einem bestimmten
Gesichtsareal in die Kiefer, in andere Gesichtsbereiche oder bis zum Nacken aus. In
manchen Fällen kann der Schmerz auch für mehrere Monate Pause machen und tritt dann
erneut auf. Zwei Drittel der Patienten leiden zusätzlich an einer depressiven
Verstimmung. Deshalb vermuten Experten, dass bei den Betroffenen die ,,Speicher"
körpereigener Schmerzhemmer und bestimmter Hirnbotenstoffe (Neurotransmitter) wie
Serotonin erschöpft sind. Als Experten 35 Patienten befragten, machten über 40 Prozent
für ihre Beschwerden zahnärztlich- operative Eingriffe verantwortlich, 20 Prozent
stellten einen Zusammenhang mit vorausgegangenen psychischen Belastungen her. |
Untersuchungen und Bildgebung helfen nicht weiter. |
Das entscheidende diagnostische Dilemma bei atypischem
Gesichtsschmerz: Weder bildgebende Verfahren noch körperliche Untersuchungen liefern
Hinweise auf Veränderungen oder Störungen. Darum müssen bei derartigen Beschwerden
zunächst mögliche andere Ursachen ausgeschlossen werden. ,,Der atypische Gesichtsschmerz
bleibt als Diagnose quasi übrig, wenn keine anderen Erkrankungen festgestellt werden
können", erklärt Pfaffenrath. |
Die
Therapieempfehlungen sind vielseitig. |
Ist die Diagnose gestellt, brauchen die Patienten neben einer
medikamentösen Therapie auch eine verhaltenstherapeutische Betreuung. Gezielte Methoden
zur Stress- und Schmerzbewältigung können die Beschwerden lindern. So genannte
trizyklische Antidepressiva beeinflussen auch die Schmerzverarbeitung im Gehirn. Darum
sind sie bei atypischen Gesichtsschmerzen wirksam. ,,Analgetika sind hingegen nicht
sinnvoll, da sie meist ineffektiv sind und bei längerer Einnahme einen
Schmerzmittelkopfschmerz hervorrufen können" warnt Pfaffenrath. Geeignete
nichtmedikamentöse Therapien sind Kälte- oder Wärmeanwendungen, Entspannungsverfahren,
Biofeedback und die so genannte transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS). |
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Rückfragen an:
Dr. Volker Pfaffenrath
Präsident der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft
Neurologische Praxis
Leopoldstraße 59/11
80802 München
Tel.: 089-33 40 03
Fax: 089 - 33 29 42
e-mail: vpfa@aol.com Top |
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