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Physiologie und Ursachen von Juckreiz

 

Inhaltübersicht:
Physiologie der Juckempfindung
Pruritus bei Hauterkrankungen
Pruritus bei Systemerkrankungen
Pruritus durch Medikamente

Physiologie der Juckempfindung

Jucken ist eine eigenständige Sinnesempfindung der Haut

Bis vor einigen Jahren wurde die Juckempfindung als unterschwelliger Schmerzreiz aufgefasst. Erst seit kurzem weiß man, dass es sich um eine eigenständige Sinnesempfindung der Haut handelt, die unabhängig von der Schmerzempfindung entsteht. Oberflächliche Nervenendigungen in der Haut dienen als Rezeptoren und sprechen auf verschiedene Botenstoffe aus der Haut und dem Blut an und leiten die Empfindung in eigenen marklosen Leitungsbahnen an das Gehirn weiter. Solche Botenstoffe (Mediatoren) sind Histamin und Serotonin, es gibt aber noch einige weitere, die entweder direkt an den Nervenendigungen Pruritus auslösen wie Capsaicin, Interleukin 6 und Endothelin, oder wie Prostaglandine, die die Histaminwirkung verstärken. Bei einigen Botenstoffen konnte der Mechanismus der Pruritus auslösenden Wirkung noch nicht geklärt werden.

 

Juckempfindungen sind unterschiedlich

Je nach Botenstoff können die Juckempfindungen etwas unterschiedlich sein, man unterscheidet reines Jucken, brennendes oder stechendes Jucken oder kribbelndes Jucken. Chronisches Juckempfinden kann zudem ausgelöst werden, wenn die weiterleitenden Nervenfasern beschädigt sind (neuropathisches Jucken) oder es kann direkt im ZNS und Rückenmark bei Erkrankungen des ZNS (Hirntumore, Abszesse, Minderdurchblutung) ohne Schädigung von Nervenbahnen entstehen (neurogenes Jucken). Psychische Faktoren können die Stärke des Juckens beeinflussen oder selbst Ursache des Pruritus sein (psychogenes Jucken).

 

Es gibt ein "Juck-Gedächtnis"

Ähnlich wie beim Schmerz gibt es auch beim Juckreiz offensichtlich eine Art "Gedächtnis" - Menschen mit chronischem Pruritus nehmen Juckempfindungen bereits ab einer viel niedrigeren Schwelle wahr.

 

Pruritus bei Hauterkrankungen

Jucken kann oft verschiedenen Hauterkrankungen zugeordnet werden

Bei einer Vielzahl von Hauterkrankungen kommt Jucken entweder an betroffenen Hautarealen (lokal) oder am gesamten Körper (generalisiert) vor:

Die Haut ist bei solchen Hautkrankheiten primär entzündlich verändert und die Juckempfindung ist meist eindeutig der Hauterkrankung zuzuordnen.

 

Pruritus bei Systemerkrankungen

Jucken betrifft bei Systemerkrankungen oft den ganzen Körper

Jucken im Rahmen von Systemerkrankungen tritt zunächst fast immer bei nicht entzündlicher Haut auf. Dies kommt vor allem vor bei:

 

Lokale Bereiche

Häufig ist dieses Jucken am gesamten Körper festzustellen, er kann aber auch an manchen Körperstellen bevorzugt auftreten (After, Genitalbereich, an den Unterarmen, am Rücken oder am Kopf).

 

Trockene Haut und Schwangerschaft

Auch bei trockener Haut oder bei einer Schwangerschaft kann Jucken ausgelöst werden.

 

Pruritus durch Medikamente

Jucken durch Medikamente oft sehr heftig

Medikamente der verschiedensten Wirkstoffgruppen können sowohl Juckreiz auf entzündlicher Haut mit Ausschlag hervorrufen als auch Juckempfindungen ohne Hauterscheinungen. Pruritus, der durch Arzneimittel verursacht wurde, ist häufig sehr heftig, er klingt jedoch nach Absetzen des Medikaments meist auch wieder rasch ab. Andererseits kann z.B. nach Gabe des Blutersatzmittels HES (Hydroxyethylstärke) ein mehrere Monate anhaltender Pruritus auftreten, der schwer zu behandeln ist.

 

Kratzen verursacht oft Naben oder Farbveränderungen der Haut

Wenn der Pruritus auch zunächst auf nicht entzündlicher Haut auftrat, kann es durch sekundäre Kratzeffekte zu Hautverletzungen mit Verkrustung und nachfolgender Vernarbung sowie zu Hyperpigmentierung oder Depigmentierung der betroffenen Hautareale kommen. Auch die Entwicklung von so genannten Prurigoknötchen, die äußerst therapieresistent sind, ist möglich.

 

Typische Systemerkrankungen mit Jucken

Bei einigen Systemerkrankungen ist ein charakteristisches Auftreten des Juckens festzustellen:

  • Eisenmangel führt zu generalisiertem oder lokalem Pruritus, vor allem in der Genital- oder Analregion
  • Dialysepflichtige Menschen mit chronischem Nierenversagen leiden in bis zu 30 Prozent der Fälle an generalisiertem oder an lokalem Juckreiz, der vorwiegend im Gesicht, am Rücken oder im Shuntbereich auftritt.
  • Chronische Gallestauung (Cholestase) verursacht in 25 Prozent der Fälle generalisierten Pruritus mit Betonung der Hände und Füße. Wegen seines geringen Ansprechens auf Kratzen, finden sich hier meist wenig Kratzeffekte an der Haut.
  • Schilddrüsenüberfunktion ist häufig begleitet von generalisiertem Pruritus und führt auf der überwärmten Haut oftmals zu Kratzeffekten und juckendem Hautausschlag (Prurigo), bei dem sich Papeln oder Knötchen bilden können.
  • Polycythämia vera, M. Hodgkin und myelodysplastisches Syndrom sind häufig von einem äußerst quälenden Jucken begleitet, das sehr schlecht auf Behandlung anspricht. Vor allem bei M. Hodgkin kann der Pruritus der eigentlichen Erkrankung oft um Monate bis Jahre voraus gehen. Typisch für die Polycythämia vera ist ein stechendes Jucken, was häufig nach dem Baden auftritt. Diese Form des Pruritus, der durch Wasser ausgelöst wird, wird als aquagener Pruritus bezeichnet. Er kann aber auch eigenständig ohne Begleiterkrankung vorkommen.

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Juckreiz - Pruritus

 


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