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Progressive
systemische Sklerodermie (PSS) |
Bücherliste:Sklerodermie |
Kurzinfo:
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Progressive
systemische Sklerodermie (PSS) |
Symptome |
Allgemein:
Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Blutarmut.
Gefäße: Raynaud-Syndrom: Durchblutungsstörungen an
Fingern, Zehen, Nase und selten Ohren, ischämische Geschwürbildung an den Akren, vasospastische Durchblutungsstörungen innerer Organe (Nieren
Herz, Lunge)+ Teleangiektasien
Haut: ödematöse Schwellung im Frühstadium, später
Verhärtung und Verdickung, Trockenheit, Hautjucken, Kalkablagerungen unter der Haut,
vorwiegend an Händen und Vorderarmen, trockene Haare. Muskulatur und Gelenke: Gelenkschmerzen,
milde Arthritis mit Sehnenentzündung, Muskelverkürzungen
mit Beugung vor allem der Fingergelenke, Muskelschmerzen (Myalgie),
degenerative Erkrankung der Muskulatur (Myopathie) mit Muskelschwäche und
Muskelrückbildung, eingeschränkte Mundöffnung mit verkürzter
Kieferkommissur und verkürztem Zungenband
Lunge: Atemnot (Dyspnoe) mit trockenem Husten, Vermehrung
des Bindegewebes an der Lungenbasis, primäre oder sekundäre pulmonale
arterielle Hypertonie
Herz: Herzinsuffizienz
aufgrund von bindegewebigen Veränderungen des Herzmuskels, Perikarderguss, Herzrhythmusstörungen
Nieren: renale Krise mit Hypertonie, schnell zunehmende
Niereninsuffizienz, Zerstörung der roten Blutkörperchen, verminderte Thrombozytenzahl
Verdauungstrakt: Störung der Beweglichkeit der Speiseröhre
(Ösophagusmotilitätsstörung) mit Schluckstörungen und sekundärer Refluxösophagitis, Verdauungsstörung
(Malabsorption) mit Gewichtsverlust, Dünndarmdysfunktion mit vermehrtem
Bakterienwachstum und Durchfall, Pseudodivertikel im Kolon
Nerven: Karpaltunnelsyndrom, Trigeminus-,
seltener Fazialisneuralgie |
Therapie |
Krankengymnastik, Ergotherapie, physikalische Maßnahmen wie Wärmeanwendungen, Massagen
und Elektrotherapie, Akupunktur
Medikamentöse Therapie: Glukokortikoide
werden nur bei ödematösen Schwellungen und bei der Beteiligung von Herz, Lunge oder
Nieren angewandt. Basistherapeutika: D-Penicillamin, Azathioprin, Methotrexat,
Cyclophosphamid, Ciclosporin. Bei Raynaud-Symptomatik
durchblutungsfördernde und fettende Salben, Kalziumantagonisten. Bei Beteiligung innerer
Organe ist die medikamentöse Therapie symptomorientiert. |
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Inhaltsübersicht:
Definition
Krankheitsbild Haut
Befall innerer Organe
Ursachen
Therapie |
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Top
Definition
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Vermehrte
Bildung von Bindegewebe führt zu einer Verdickung der Haut und kann auf innere Organe
übergreifen. |
Die
progressive systemische Sklerodermie (PSS) wird auch häufig Systemsklerose oder diffuse
Sklerodermie genannt. PSS ist eine chronische Systemerkrankung des Bindegewebes, die zu
einer Verhärtung und Verdickung der Haut führt und auch innere Organe befällt. Dort
führt sie zu einer Vermehrung von Bindegewebe (Fibrose, auch oft Sklerose genannt) in den
Organen, so dass diese nicht mehr richtig arbeiten können. In der Klassifikation der
rheumatischen Erkrankungen gehört PSS zu den Kollagenosen. |
Verschiedene
Formen unterscheiden die Hauptsymptome und die Lokalisation. |
Die PSS ist in ihrem Krankheitsverlauf sehr unterschiedlich. Auch die
Schwere der Erkrankung variiert erheblich. Häufig wird deshalb die Krankheit anhand der
Hauptsymptome und der Lokalisation in drei Formen unterteilt:
- Akrosklerodermie: Befall der Akren, der Hände bis zum
Handgelenk. Akren ist ein Fachbegriff für alle Körperteile, die von Rumpf
"abstehen", z. B. Finger, Zehen, Hände, Füße, Kinn, Nase, Augenbrauen und
Jochbögen. Bei der Akrosklerodermie sind innere Organe erst nach längerem
Krankheitsverlauf betroffen.
- Diffuse Sklerodermie: Die Erkrankung breitet sich langsam
von den Händen zum Rumpf hin aufsteigend aus. Bei dieser Form ist die Beteiligung der
inneren Organe häufig.
- Stammsklerodermie: Bei dieser Form beginnt die Erkrankung
am Rumpf und breitet sich schnell nach außen hin aus.
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Top
Krankheitsbild Haut
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Allgemeine Krankheitszeichen |
Bei
den allgemeinen Symptomen zeigen sich insbesondere Müdigkeit und Abgeschlagenheit und
eine allgemeine Blutarmut. |
Raynaud-Syndrom
ist ein Frühsymptom. |
Die häufigste Form der PSS ist die Akrosklerodermie. Sie kommt in 95
Prozent der Fälle vor. Meistens zeigt sich im Vorfeld eine Raynaud-Symptomatik. Das
Raynaud-Syndrom ist gekennzeichnet durch anfallsartige, schmerzhafte Krämpfe der
Fingerarterien. Die Arterien sind soweit verengt, dass kein Pulsschlag mehr nachweisbar
ist (Asphyxie). Anschließend kommt es reflektorisch zu einer Überfüllung der Arterien
mit Blut (Hyperämie). Ausgelöst werden die Krämpfe durch Kältereize. Das
Raynaud-Syndrom kann isoliert vorkommen oder, wie bei der PSS, als Begleitsymptom einer
Erkrankung. |
Teleangiektasien
kommen häufig im Gesicht vor. |
Ein weiteres Frühsymptom der PSS ist die Bildung von
Teleangiektasien, die häufig im Gesicht vorkommen. Teleangiektasien sind bleibende
Erweiterungen von kleinen Blutgefäßen der Haut, die nahe an der Oberfläche liegen. Im
Gesicht zeigen sie sich z. B. auch häufig durch Wettereinflüsse. |
Sklerodaktylie
bezeichnet vorwiegend Veränderungen an den Fingern.
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Die
Hautveränderungen zeigen sich häufig an den Händen und im Gesicht. Die Füße sind sehr
viel seltener betroffen. Die Hände und Finger sind zunächst geschwollen und gerötet.
Sie werden in diesem Stadium oft als Wurstfinger bezeichnet. Erst danach entsteht durch
die zunehmende Sklerose der Haut eine gespannte und spiegelnd glänzende Hautoberfläche.
Für die Betroffenen fühlt sich das etwa so an, als hätten sie zu enge Handschuhe an.
Durch das Fortschreiten der Sklerose schrumpft die Haut. Die Finger werden dünner und die
Endglieder der Finger sind sehr schmal (Madonnenfinger). Die Beweglichkeit ist stark
eingeschränkt. Die Haut kann, insbesondere an den Fingerkuppen, Kalkablagerungen bilden
und absterben (Nekrose). Es zeigen sich außerdem Nagelwachstumsstörungen. Diese
Vorgänge an den Fingern werden in der Fachsprache Sklerodaktylie genannt (vgl.
nebenstehende Grafik). |
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Zweiter
Ausgangspunkt für PSS ist das Gesicht. Es bilden sich typische Veränderungen. Die
Sklerose bewirkt eine Straffung der Haut. Das Gesicht wirkt kleiner. Durch die
Hautveränderungen ist eine Mimik praktisch nicht mehr möglich. Die Wangen sind schmal,
die Nase wird spitz, die Stirn kann nicht mehr gerunzelt werden. Die Haut wirkt glänzend
und straff. Der Mund und die Lippen werden ebenfalls kleiner. Der Mund bildet typische
senkrechte Falten. Er wird deshalb auch oft als Tabaksbeutelmund bezeichnet. Das
nebenstehende Bild zeigt die typische Veränderung am Mund und Teleangiektasien im
Gesicht. |
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Die
Sklerose kann sich auf den Hals, die Arme und den Rumpf ausweiten. Die Betroffenen fühlen
sich schließlich wie eingeschnürt. Neben den Veränderungen der Haut können auch die
darunterliegenden Muskeln und Knochen in den Prozess der Verhärtung mit einbezogen sein. Das nebenstehende Bild zeigt typische Hautveränderungen. Die
Finger sind in einer Beugehaltung erstarrt. Die Fingerkuppen sind verschmälert. Die Haut
des Unterarms ist straff gespannt und glänzend. Im Bereich des Ellenbogens und der
Achseln ist die Haut nur gering betroffen. Deshalb steht sie dort hervor. Die
Veränderungen am Oberarm bilden eine regelrechte Einschnürung.
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Top
Befall innerer Organe
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PSS
ist eine seltene Erkrankung. Bei den meisten Betroffenen bleiben die Symptome auf die
Akrosklerodermie beschränkt. Nur bei etwa 5 Prozent der Betroffenen weitet sich die
Symptomatik auf innere Organe aus. Dabei ist die Organbeteiligung so unterschiedlich, dass
hier nur stichpunktartig die wichtigsten Symptome aufgezählt werden. Quelle:
Thiemes Innere Medizin, 1999 |
Thiemes
Innere Medizin. TIM. |
Gefäße
+ Raynaud-Syndrom: Durchblutungsstörungen an Fingern, Zehen, Nase
und selten Ohren.
+ ischämische Geschwürbildung an den Akren
+ vasospastische Durchblutungsstörungen innerer Organe (Nieren, Herz, Lunge)
+ TeleangiektasienHaut
+ ödematöse Schwellung im Frühstadium
+ später Verhärtung und Verdickung, Trockenheit, Hautjucken, Kalkablagerungen
unter der Haut vorwiegend an Händen und Vorderarmen
+ trockene Haare
Muskulatur und Gelenke
+ Gelenkschmerzen, milde Arthritis mit Sehnenentzündung
+ Muskelverkürzungen mit Beugung vor allem der Fingergelenke
+ Muskelschmerzen (Myalgie), degenerative Erkrankung der Muskulatur (Myopathie) mit
Muskelschwäche und Muskelrückbildung
+ eingeschränkte Mundöffnung mit verkürzter Kieferkommissur und verkürztem
Zungenband
Lunge
+ Atemnot (Dyspnoe) mit trockenem Husten
+ Vermehrung des Bindegewebes an der Lungenbasis
+ primäre oder sekundäre pulmonale, arterielle Hypertonie
Herz
+ Herzinsuffizienz aufgrund
von bindegewebigen Veränderungen des Herzmuskels
+ Perikarderguss
+ Herzrhythmusstörungen
Nieren
+ renale Krise mit Hypertonie,
schnell zunehmende Niereninsuffizienz, Zerstörung der roten Blutkörperchen, verminderte
Thrombozytenzahl
Verdauungstrakt
+ Störung der Beweglichkeit der Speiseröhre (Ösophagusmotilitätsstörung) mit
Schluckstörungen und sekundärer Refluxösophagitis
+ Verdauungsstörung (Malabsorption) mit Gewichtsverlust
+ Dünndarmdysfunktion mit vermehrtem Bakterienwachstum und Durchfall
+ Pseudodivertikel im Kolon
Nerven
+ Karpaltunnelsyndrom
+ Trigeminus-, seltener Fazialisneuralgie
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Top
Ursachen
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Als
Ursachen für die Entstehung von PSS werden verschiedene Hypothesen diskutiert:
- Regulationsstörungen der Kollagensynthese. Viele
Untersuchungsergebnisse deuten auf eine Störung im Kollagenstoffwechsel hin. Betroffene
zeigen häufig eine Vermehrung von dünnen, aber ansonsten normalen Kollagenfasern. Der
Stoffwechsel von Kollagen ist beschleunigt.
- Autoimmunphänomen: Die Immunprozesse scheinen gestört.
Es werden Autoantikörper gefunden. Die Funktion der T-Lymphozyten scheint eingeschränkt.
Es ist aber bisher unklar, ob dies Ursache oder Folge der Erkrankung ist.
- Genetische Disposition: Der Gewebsmarker HLA-B8 kommt,
besonders bei schweren Krankheitsverläufen, gehäuft vor. Auch scheinen Anomalien von
Chromosomen in Familien mit Betroffenen gehäuft vorzukommen.
- Vaskulopathie: Wegen der häufigen Raynaud-Symptomatik
liegt die Vermutung nahe, dass eine primäre Schädigung der Blutgefäße vorangeht, die
erst später Entzündungszeichen und Fibrose zeigt.
- Chemikalien: Chemikalien und Gift schädigen die
Gefäßwände und sind möglicherweise Auslöser der PSS.
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Top
Therapie und Prognose
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Therapieziele |
Die
Therapie ist je nach Erscheinungsform sehr unterschiedlich. Sie soll antientzündlich und
durchblutungsfördernd sein und den vermehrten Kollagenstoffwechsel senken. |
Beweglichkeit
und Durchblutung sollen gefördert werden. |
Zur
Steigerung der Beweglichkeit werden Krankengymnastik
und Ergotherapie eingesetzt. Bei den physikalischen
Maßnahmen stehen Wärmeanwendungen, Massagen und Elektrotherapie
im Vordergrund. Akupunktur kann Linderung
bringen. |
Ein
gesichertes Therapiekonzept gibt es bisher nicht. |
Die
medikamentöse Therapie richtet sich nach der Symptomatik. Glukokortikoide werden nur bei ödematösen
Schwellungen und bei der Beteiligung von Herz, Lunge oder Nieren angewandt. Bei den Basistherapeutika können D-Penicillamin, Azathioprin, Methotrexat,
Cyclophosphamid, Ciclosporin zur Anwendung kommen. Bei Raynaud-Symptomatik werden durchblutungsfördernde und fettende Salben
verwendet. Zusätzlich können Kalziumantagonisten verordnet werden. Bei Beteiligung
innerer Organe ist die medikamentöse Therapie symptomorientiert. |
Bei
Organbeteiligung schlechte Prognose. |
Der
Verlauf der Erkrankung und der Erfolg der Therapie ist praktisch nicht vorhersehbar. In
den seltenen Fällen einer Organbeteiligung von Herz, Nieren und Lunge liegt die
Überlebensrate nach 5 Jahren bei 35 bis 70 Prozent. Top |
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