Kopf und Seele

Alzheimer-Demenz
Angst
Nervöse Unruhezustände
Bipolare Störung / Manie

Depressionen
Epilepsie
Multiple Sklerose
Parkinson

Psychosen
Schizophrenie

Schlafstörungen

Schwindel
Stress
Trauma (PtBs)
Neurologie

Alzheimer

Alzheimer und Demenz

 

Memantine und Glutamat

Memantine schützt die Nervenzelle vor der Zerstörung.

Memantine ist der einzige Wirkstoff, der für die Behandlung von moderater bis schwerer Alzheimer-Krankheit zugelassen ist. In klinischen Studien mit Memantine konnten folgende Wirkungen aufgezeigt werden:
  • Signifikante Verbesserung der Kognition im Vergleich zu Placebo
  • Längerer Erhalt der Alltagskompetenz
  • Reduzierte Pflegezeiten
  • Sehr gute Verträglichkeit

Der Wirkstoff fördert und verbessert die Funktion der Nervenzellen. Gleichzeitig schützt er die Zelle vor der Zerstörung. Diese Schutzwirkung wird auch mit dem Wort "Neuroprotektion" beschrieben. Wie das genau funktioniert, wird nachfolgend dargestellt.

 

70 Prozent der erregenden Signale brauchen Glutamat.

Memantine ist ein Antagonist (Gegenspieler) des NMDA-Rezeptors. Um den Wirkmechanismus von Memantine zu verstehen ist es sinnvoll, die normale Übertragung von Nervensignalen über den NMDA-Rezeptor ausführlicher anzusehen. Der NMDA-Rezeptor (N-Methyl-D-Aspartat) wird über den Neurotransmitter Glutamat erregt. Etwa 70 Prozent der erregenden Neurotransmitterprozesse finden unter Beteiligung von Glutamat statt. Unverzichtbar ist Glutamat bei der Vermittlung von Sinneswahrnehmungen, an der Ausführung von Bewegungen und an höheren Gehirnfunktionen wie Lernen und Gedächtnis.

 

Die nachfolgende Darstellung ist vereinfacht und in mehrere Schritte untergliedert um zu verdeutlichen, welche Unterschiede zwischen der Situation bei Gesunden und bei Alzheimer-Kranken bestehen. Danach wird die Veränderung, die mit Hilfe von Memantine herbeigeführt werden, deutlicher.

 

Normale Glutamat-vermittelte Nervenübertragung 1. Ruhezustand beim Gesunden

Im Ruhezustand, wenn keine Aktionspotentiale (Signale) die Nervenzelle durchlaufen, befindet sich die Nervenzelle sozusagen in Bereitschaft. Im Inneren der postsynaptischen (nachgeschalteten) Nervenzelle befinden sich nur wenige Kalzium-Ionen (Ca2+). Das Grundrauschen, das eine "Schwelle" für ankommende Signale bildet, ist nur gering ausgeprägt. Der Rezeptor für Glutamat, der NMDA-Rezeptor, ist blockiert durch Magnesium-Ionen (Mg2+).

2. Aktionszustand beim Gesunden

Wird jetzt, z. B. durch eine Sinneswahrnehmung oder einen Gedächtnisprozess ein Aktionspotential durch die präsynaptische Nervenzelle gelenkt, schüttet diese am präsynaptischen Ende der ersten Nervenzelle den Neurotransmitter Glutamat aus. Glutamat verdrängt das Magnesium aus dem Rezeptorkanal der zweiten Nervenzelle und öffnet diesen. Dadurch fließen vermehrt Kalzium-Ionen in die postsynaptische Nervenzelle ein. Das Signal wird wahrgenommen, wenn es eine Stärke erreicht, die das Grundrauschen überschreitet.

 

Gestörte Glutamat-vermittelte Nervenübertragung und die Folgen  

3. Funktion beim Alzheimer-Kranken

Bei Menschen mit Alzheimer ist die Freisetzung und die Aufnahme von Glutamat gestört. Dadurch befindet sich auch im "Ruhezustand" immer eine geringe Menge Glutamat im synaptischen Spalt, obwohl kein Lernsignal eingetroffen ist. Eine stundenlang andauernde leichte Erhöhung von Glutamat im synaptischen Spalt führt dazu, dass die Blockade des NMDA-Rezeptors durch Magnesium aufgehoben wird. Dadurch kommt es zu einem dauerhaften leichten Einstrom von Kalzium-Ionen in die postsynaptische Nervenfaser. Das führt zu einer krankhaften Erhöhung des Kalzium-Vorkommens in der Nervenzelle. Das Grundrauschen ist erhöht und die Schwelle für einlaufende Lernsignale sehr viel schwieriger zu überwinden. Normale Signale gehen im erhöhten Grundrauschen unter und es findet keine Signalwahrnehmung statt. Sinneswahrnehmungen, Lern- und Gedächtnisleistungen kommen so nicht zustande, weil der Reiz unterschwellig bleibt.

Aber nicht nur ein Neulernen wird verhindert. In der Nervenzelle selbst kommt es durch die dauerhaft erhöhte Konzentration von Kalzium-Ionen zu verschiedenen Veränderungen. Zum Beispiel bilden sich u.a. vermehrt freie Radikale, Bestandteile des Zellkerns verändern sich und in der DNS kommt es zu Brüchen. Diese Prozesse führen auf Dauer zu einem Funktionsverlust und schließlich zum Absterben der Nervenzelle. Die durch Glutamat vermittelte Zerstörung von Nervenzellen wird mit dem Fachbegriff "Exzitotoxizität" beschrieben. Durch die Exzitotoxizität gehen vermehrt Nervenzellen unter. Es kommt zu einem Verlust von Erinnerungen und Informationen, die das Krankheitsbild Alzheimer ausmachen.

 

Wirkmechanismus von Memantine als NMDA-Rezeptorantagonist 4. Funktion unter Memantine beim Alzheimer-Kranken

Memantine hat die Fähigkeit, den NMDA-Rezeptorkanal zu blockieren, genau wie das natürliche Magnesium bei gesunden Menschen. Aber Memantine blockiert den Rezeptor auch bei der permanenten Anwesenheit von Glutamat im synaptischen Spalt und schützt die postsynaptische Nervenzelle so vor dem andauernden krankhaften Einstrom von Kalzium-Ionen. Dadurch normalisiert sich das Grundrauschen in der Nervenzelle. Gleichzeitig wird die Nervenzelle vor der oben beschriebenen Exzitotoxizität geschützt.

Wird nun die Nervenzelle aktiviert, z. B. während eines Lern- oder Gedächtnisvorgangs, so erhöht sich kurzfristig die Glutamat-Freisetzung. Das führt, genau wie beim Gesunden, zu einer Freigabe des NMDA-Rezeptors und es können Kalzium-Ionen in die postsynaptische Zelle einströmen. Da das Grundrauschen durch Memantine gesenkt wurde, ist das Lernsignal wieder überschwellig. Es kann wieder erkannt und weiter geleitet werden.

 

Memantine kann einen erheblichen Nutzen sogar noch bei schwerer Alzheimer-Demenz mit sich bringen. Eine Heilung der Erkrankung aber ist auch mit Memantine nicht möglich.

 

Memantine ist gut verträglich.

Memantine ist in der Regel gut verträglich. Nicht angewandt werden sollte der Wirkstoff bei einer Überempfindlichkeit gegenüber Memantin, bei schweren Nierenfunktionsstörungen, Epilepsie und bei Kindern und Jugendlichen unter 18. Jahren. Es gibt auch noch andere Medikamente, die als NMDA-Antagonisten wirken. Diese sollten nicht gleichzeitig mit Memantine eingenommen werden. Weil es keine Erfahrungen und keine klinischen Untersuchungen zu einer Behandlung mit Memantine während der Schwangerschaft und Stillzeit gibt, sollten Schwangerer und stillende Mütter Memantine nicht einnehmen.

 

Nebenwirkungen treten meistens nur schwach auf.

Nebenwirkungen treten zwar selten auf, es kann aber in schwacher bis mittelschwer ausgeprägter Form dennoch zu Nebenwirkungen kommen. Getestet wird das, indem man Betroffene mit dem Medikament behandelt und einer zweiten Gruppe ein Scheinmedikament (Placebo) ohne Wirkstoff verabreicht. Die Ergebnisse waren wie folgt:
  • Halluzinationen: 2 Prozent unter Memantine - 0,7 Prozent unter Placebo
  • Verwirrtheit: 1,3 Prozent unter Memantine - 0,3 Prozent unter Placebo
  • Schwindel: 1,7 Prozent unter Memantine - 1,0 Prozent unter Placebo
  • Kopfschmerzen: 1,7 Prozent unter Memantine - 1,4 Prozent unter Placebo
  • Müdigkeit: 1,0 Prozent unter Memantine - 0,3 Prozent unter Placebo

 

Dosierungsempfehlungen:

Memantine gibt es in Form von Tabletten oder als Tropfen. Eine Tablette oder 20 Tropfen enthalten 10 mg des Wirkstoffs. Die empfohlene Dosierung beträgt 20 mg pro Tag (2X1 Tablette oder 2X20 Tropfen). Um evtl. Nebenwirkungen so gering wie möglich zu halten, sollte diese Dosis langsam und schrittweise erreicht werden.

Top

 

Zur Übersicht
Alzheimer und Demenz


MedizInfo®Homepage
zur Startseite

zur Übersicht
des Unterthemas
zur Übersicht
des Oberthemas