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Postoperative Komplikationen bei Brust- und Lendenwirbelsäulenverletzungen
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Übersicht über Komplikationen nach einer Operation
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Bei jeder Operation können nach der Operation und in der Heilungszeit
Komplikationen auftreten. Das ist auch bei Operationen an der Brust- und
Lendenwirbelsäule nach Verletzungen nicht anders. Die möglichen postoperativen Komplikationen bei Brust- und
Lendenwirbelsäulenverletzungen umfassen unter anderem:
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Störungen der Wundheilung
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Wundheilungsstörungen können beispielsweise entstehen, wenn in der
Phase der Wundheilung Druck auf die Wunde ausgeübt wird. Nach Operationen mit
dorsalem (von hinten) Zugang ergibt sich durch das Liegen auf dem Wundgebiet häufig
zwangsläufig ein gewisser Druck. Gefährdet sind insbesondere sehr schlanke
Patienten, bei denen wenig Fettgewebe zur "Abpolsterung" vorhanden ist. In
Rückenlage werden auch die Blutgefäße, die die Wunde und speziell den
Wundrand mit Blut versorgen, komprimiert, sodass der Blutfluss eingeschränkt
ist. Dadurch wiederum wird die Wundheilung erschwert. In Rückenlage kommt es
auch häufig durch die knöchernen Dornfortsätze der Wirbelsäule zu einem
zusätzlichen, von innen her wirkenden Druck auf das Wundgebiet.
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Vorbeugung
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Wundheilungsstörungen lassen sich durch folgende Maßnahmen vermeiden:
- schonender Umgang mit dem Gewebe während der Operation
- frühzeitige Mobilisation des Patienten nach der Operation mit
Aufsetzen, Stehen und Gehen, um die Wunde zu entlasten, sowie den
Kreislauf anzuregen und der Entstehung einer Thrombose entgegen zu
wirken.
- häufiges Umlagern von Patienten, die nach der Operation noch länger
im Bett bleiben müssen
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Erneute OP
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Ist es trotz aller vorbeugenden Maßnahmen dennoch zu Wundheilungsstörungen
gekommen (unter Umständen bis zum Gewebeuntergang im Bereich der Wundränder),
ist eventuell eine erneute Operation erforderlich. Dabei wird abgestorbenes
Gewebe abgetragen und der Wundrand "angefrischt", um die erneute Wundheilung zu
fördern und ein Voranschreiten der Gewebeschädigung zu vermeiden. Außerdem wird
durch das Abtragen von abgestorbenem Gewebe der Entstehung von Entzündungen im
Wundbereich entgegen gewirkt.
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Ergussbildung im Pleuraspalt
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Zu einer Ergussbildung im Pleuraspalt (Pleuraerguss) kann es nach
Eingriffen kommen, bei denen der operative Zugangsweg durch den Brustkorb
verlief (ventraler Zugang). Der Entwicklung eines Pleuraergusses lässt sich allerdings durch eine
frühzeitig beginnende, intensive Atemtherapie entgegen wirken. Ist es dennoch zu
einer Ergussbildung gekommen, kann die Atemtherapie wiederum die Rückbildung des
Ergusses fördern - die Ergussflüssigkeit wird dann nach und nach wieder in das
Gewebe aufgenommen. Bei größeren Pleuraergüssen lässt sich die Ergussflüssigkeit
bei einer Ultraschalluntersuchung sichtbar machen und mit einer dünnen Nadel
punktieren. Eventuell ist es sinnvoll, über eine gewisse Zeit einen
Drainageschlauch in die Ergusshöhle einzulegen.
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Dystelektasen
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Verringerter Luftgehalt in den Lungenbläschen (Dystelektasen) oder das Zusammenfallen
luftleerer Lungenbläschen (Atelektasen) sind mögliche Folgen von
operativen Zugangswegen durch den Brustkorb. Sie lassen sich ebenfalls durch
eine frühzeitig beginnende Atemtherapie vermeiden beziehungsweise therapieren.
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Pneumothorax
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Ein Pneumothorax stellt die dritte wichtige mögliche Folge nach einem
operativen Zugangsweg durch den Brustkorb dar. Auch hier besteht die Vorbeugung
beziehungsweise die Therapie in einer frühzeitigen Atemtherapie. Bei größeren
Luftmengen kann die zeitweilige Anlage einer Drainage sinnvoll sein, um die im
Brustkorb befindliche Luft abzuleiten.
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Störungen der Verdauung
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Verdauungsstörungen sind häufig die Folge von Blutergüssen (Hämatomen) im
Bereich zwischen Bauchfell (Peritoneum) und rückwärtiger Rumpfwand und werden Retroperitonealhämatom
genannt. Ein Retroperitonealhämatom wiederum kann im Zuge der
Brust- oder Lendenwirbelsäulenverletzung entstehen. Aber auch Operationen im
Lendenwirbelbereich sind eine mögliche Ursache von Verdauungsstörungen, da die
verdauungsregulierenden Nervenfasern in diesem Wirbelsäulenabschnitt verlaufen.
Sinnvolle vorbeugende Maßnahmen sind:
- behutsamer Kostaufbau nach der Operation
- abführende Maßnahme vor und/oder nach dem Eingriff
- frühzeitige Mobilisation des Patienten nach der Operation (Sitzen,
Stehen, Laufen), um die Darmtätigkeit anzuregen
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Interkostalneuralgie
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Bei einer Interkostalneuralgie handelt es sich um Nervenschmerzen im
Bereich der Rippen, die mitunter sehr stark sein können. Diese mögliche
postoperative Komplikation kann sich nach einem
ventralen operativen Zugang im
Bereich des Brustkorbs einstellen. Die Ursache ist eine Reizung eines oder
mehrerer sogenannter Interkostalnerven, welche zwischen (inter) den einzelnen
Rippen (Costae) verlaufen. Der Grund für die Reizung ist eine Druckausübung auf
einen oder mehrere Interkostalnerven während der Operation. Besonders gefährdet
sind Patienten, bei denen die Zwischenräume zwischen den einzelnen Rippen
(Interkostalräume) sehr eng sind. Da diese Gefahr bekannt ist, lässt sich eine
Interkostalneuralgie durch ein entsprechend behutsames operatives Vorgehen
häufig vermeiden. Ist es dennoch zu einer Interkostalneuralgie gekommen, kann
man die Schmerzen durch das Einspritzen von lokalen Betäubungsmitteln im Bereich
der schmerzhaften Region lindern. Die Entwicklung einer chronischen
Interkostalneuralgie als Operationsfolge ist selten.
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Zwerchfellbruch
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Ein Zwerchfellbruch als mögliche Operationsfolge bei ventralem Zugang
ist sehr selten. Mögliche Ursachen sind:
- Notwendigkeit der Spaltung des Zwerchfells während der Operation, um
an die Wirbelsäule zu gelangen (mit nicht ausreichend stabiler
anschließender Naht des gespaltenen Zwerchfellabschnitts)
- Erfordernis der Ablösung des Zwerchfells von seinem Knochenansatz als
Zugangsweg zur Wirbelsäule (mit nicht ausreichend stabiler Befestigung
am Knochenansatz bei Abschluss der Operation)
Der Zwerchfellbruch selbst ist häufig nicht das zentrale Problem.
Vielmehr kann es durch die entstandene Lücke zur Einklemmung von Bauchorganen
kommen, beispielsweise mit der Folge von Durchblutungs- oder
Verdauungsstörungen, z. b. können Darmabschnitte im Spalt eingeklemmt werden.
Wird ein Zwerchfellbruch rasch erkannt und bei einer
erneuten Operation behoben, ist in der Regel nicht mit ernsthaften
Problemen zu rechnen. Zur Vermeidung eines Zwerchfellbruchs sollten die
Patienten sich nach einem Eingriff mit ventralem Zugang einige Wochen lang nicht
stark körperlich belasten.
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Erschlaffung der Bauchdecken
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Eine Erschlaffung der Bauchdecken kann ebenfalls nach Operationen mit
ventralem Zugang im Bereich der Lendenwirbelsäule auftreten. Die Erschlaffung
betrifft dabei in der Regel nicht die gesamte Bauchdecke, sondern nur einen
begrenzten Bereich, der als Vorwölbung zu erkennen ist. Die Ursache besteht in
einer operativen Schädigung eines oder mehrerer Nerven, die die
Bauchdeckenmuskulatur versorgen. Beschwerden aufgrund einer
Bauchdeckenerschlaffung sind meist nicht zu erwarten, hier steht eher der
kosmetische Aspekt im Vordergrund. Bei optisch störenden Ausbuchtungen der
Bauchwand kann die Verwendung von Stützbinden hilfreich sein.
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Lockerung eingesetzter Implantate
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Zu einer Lockerung eingesetzter Implantate kann es sowohl sehr früh
nach der Operation als auch später, im weiteren Heilungsverlauf kommen. Der
Zeitpunkt einer eventuell eintretenden Implantatlockerung hängt zum einen von
der Knochenfestigkeit ab, zum anderen von der Belastung des Implantats bei
Bewegungen. Einer Implantatlockerung bei geringer Knochendichte (beispielsweise
bei bekannter Osteoporose) lässt sich durch eine zusätzliche
Implantatbefestigung mit Knochenzement entgegen wirken. Bei einer
späteren Implantatlockerung ist unter Umständen eine operative Entfernung des
Implantats sinnvoll. Das ist nach erfolgter Knochenheilung ("Durchbauen"
beziehungsweise "Durchwachsen" der verletzten Wirbelsäulenregion aus den
benachbarten, nicht verletzten Knochen) in der Regel auch problemlos möglich, da
nun auch ohne das stützende Implantat eine ausreichende Stabilität besteht.
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Bruch eingesetzter Implantate
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Zu einem Bruch eingesetzter Implantate kommt es erst dann, wenn das
verwendete Material im Laufe der Zeit dauerhaft belastet wurde
("Ermüdungsbruch"). Eine Implantatlockerung und die
Bewegungen des Körpers wirken sich begünstigend auf die Entstehung eines
Implantatbruchs aus. Das Vorgehen bei eingetretenem Implantatbruch hängt von
der jeweiligen Situation des betroffenen Patienten ab:
- Bei ausgeheilter Verletzung ("Durchbauen" beziehungsweise
"Durchwachsen" der verletzten Wirbelsäulenregion aus den benachbarten,
nicht verletzten Knochen) und Fehlen relevanter Beschwerden kann man das
gebrochene Implantat operativ entfernen.
- Bei stärkeren Beschwerden sollte eine weitere Operation mit Einsetzen
eines neuen Implantats erfolgen.
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Fehlende Einheilung der eingesetzten
Transplantate
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Mitunter kann es vorkommen, dass eingesetzte Knochenspäne nicht einheilen.
Eine solche fehlende Einheilung der eingesetzten Transplantate ergibt
sich in der Regel dann, wenn beispielsweise ein als Transplantat aus dem
Beckenkamm in die Wirbelsäule eingesetzter Knochenspan nicht ausreichend
durchblutet wird und abstirbt. Allerdings muss eine derartige Situation nicht
zwangsläufig zu Beschwerden führen. Bei auftretenden Symptomen ist meist eine
erneute Operation erforderlich.
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Anschlussbruch
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Unter den sogenannten Anschlussbrüchen versteht man Brüche von Wirbeln
in der Nachbarschaft einer verletzten Wirbelsäulenregion. Diese Anschlussbrüche
treten nahezu ausschließlich bei Patienten mit verringerter Knochendichte auf.
Sie sind darauf zurückzuführen, dass sich durch die Wirbelsäulenoperation
(beispielsweise Versteifung) in den benachbarten Wirbelsäulenabschnitten
veränderte Belastungen ergeben. Dadurch kann es punktuell auch zu Überlastungen
einzelner Wirbel mit daraus folgenden Anschlussbrüchen kommen. Die Behandlung
der Anschlussbrüche richtet sich nach deren Ausprägung, den auftretenden
Beschwerden, der Knochenstabilität und dem Allgemeinzustand des Patienten. Die
Therapie erfolgt in der Regel entsprechend der Behandlung von Wirbelbrüchen bei
Osteoporose.
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