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Augenerkrankungen in der Psychosomatischen Medizin
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Einteilung Psychosomatischer Krankheitsbilder des Auges
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Das Sehen wird durch Stress und seelische Prozesse beeinflusst
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Gefühle und Stimmungen lassen sich in den Augen eines Menschen ablesen. Der
Ausdruck der Augen sagt oft mehr "als Tausend Worte". Auch organische Aspekte
spielen beim Augenausdruck eine nicht unbeträchtliche Rolle. Das vegetative
Nervensystem beeinflusst die Funktion unserer Augen. So bewirkt das sympathische Nervensystem, als
ein Teil des vegetativen Nervensystems, bei Angst und emotionaler Erregung eine
Erweiterung der Pupillen, um mehr Licht durchzulassen, die Augen erscheinen
"schreckgeweitet". Stress und Aufregung führen über das
sympathische Nervensystem zu einer vorübergehenden Abflachung der Augenlinsen,
wodurch die Brechkraft verringert, bzw. die Brennweite vergrößert ist. Die
Tatsache, dass bei Gefahr eine gute Fernsicht für das Überleben von elementarer
Wichtigkeit ist, kann als Erklärung für dieses Phänomen gelten. Manche
Augenerkrankungen können durch eine verstärkte Reaktion des vegetativen
Nervensystems bei Stress und Anspannung durchaus negativ beeinflusst werden.
Dieser Erkenntnis wird von Augenärzten mit psychosomatischen Grundkenntnissen
Rechnung getragen. In der Augenheilkunde gelten folgende Augenprobleme und
Augenerkrankungen als psychosomatisch relevant:
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- Funktionelle Störungen
- Dissoziative Sehstörungen mit Verlust der Sehschärfe,
Verschwommensehen, Doppelbildern, Gesichtsfeldausfällen, visueller
Überempfindlichkeit
- Organische Störungen
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Dissoziative Sehstörungen
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Reaktion auf belastende Ereignisse
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Unter einer dissoziativen oder psychogenen Sehstörung
versteht man eine Minderung der Sehkraft, die nicht oder nicht ausreichend
durch einen organischen Befund erklärt wird, bei der aber ein psychischer
Ursprung vermutet werden kann. Derartige Sehstörungen entstehen plötzlich
als intensive emotionale Reaktion auf belastende traumatische Ereignisse und
können als Zeichen massiver seelischer Überforderung angesehen werden.
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Symptome
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Dissoziative Sehstörungen sind allgemein ein Ausdruck von Verleugnung: "etwas nicht sehen wollen"
sie sind aber
durchaus unbewusst. Sie können sich verschiedenartig äußern: durch Verlust
der Sehschärfe eines oder beider Augen, in der Abnahme der Tiefenschärfe, in
der Wahrnehmung von Doppelbildern, Verschwommensehen, sowie in
Gesichtsfeldausfällen, die häufig tunnelartig beschrieben werden.
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Beginn oft schon in der Jugend
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Erste Symptome können bereits in der Jugend auftreten und
sich später unter Belastung wiederholen. Bezeichnend ist, dass trotz der
Klagen über den Sehverlust, die Betroffenen sich oft überraschend gut in
ihrer Umgebung orientieren und bewegen können.
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Diagnostik
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Diagnostisch sind in der Regel einfache klinische
Untersuchungen ausreichend, die durch apparative Zusatzuntersuchungen
(visuell evozierte Potentiale oder Computerperimetrie) ergänzt werden
können. Zusätzlich gibt es spezielle Fragebögen.
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Therapie
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Eine allgemein bewährte Standardtherapie gibt es für
diese seltenen dissoziativen Sehstörungen nicht. Jeder Einzelfall erfordert
deshalb ein individuelles Vorgehen, bei dem die zugrunde liegenden Konflikte
psychotherapeutisch behandelt werden müssen. Ein reines Entspannungstraining
ist nicht ausreichend.
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Glaukom
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Hoher Augeninnendruck
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Bei einem Glaukom (grüner Star)
ist der Augeninnendruck erhöht, wodurch der
Glaskörper auf
die Netzhaut drückt und der empfindliche Sehnerv durch Quetschung Schaden
leidet bis hin zu Erblindung.
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Stress fördert Bildung eines Glaukoms
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Dass eine Verbindung zwischen Glaukom und Stress besteht,
konnte bereits
eindeutig bewiesen werden. Wer seelisch "unter Druck steht", reagiert oft nicht
nur mit erhöhtem Blutdruck, sondern auch mit erhöhten Werten des Augeninnendrucks.
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Musiktherapie hat sich bewährt
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Therapeutisch wird deshalb empfohlen, zusätzlich zu den entsprechenden
Augentropfen eine Entspannungstherapie durchzuführen, bei der sich
insbesondere ein musiktherapeutisches Programm bewährt hat. Auch
Hypnose
hat sich bei Glaukompatienten als günstig erwiesen. Es hat sich gezeigt, dass
bei 43 Prozent der Betroffenen die medikamentöse Therapie im Verlauf des
musiktherapeutischen Programms reduziert werden konnte oder bei gleichbleibender Therapie der Augeninnendruck wesentlich niedriger gemessen
wurde, was auch sehr wichtig ist. Zusätzlich verbesserte sich die
Augendurchblutung. Auch dies wirkt sich positiv auf den Verlauf der Glaukomerkrankung aus, da viele Sehnervenschäden auf eine schlechte Durchblutung im
Bereich des Sehnervenkopfes zurückzuführen sind.
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Uveitis
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Entzündung der mittleren Augenhaut
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Unter Uveitis versteht man entzündliche Veränderungen der
mittleren Augenhaut (Uvea), die im vorderen Bereich die Iris
(Regenbogenhaut) und das Corpus ciliare (Ziliarkörper) und Teile des
Glaskörpers, im hinteren Bereich die Chorioidea (Aderhaut) umfasst.
Entsprechend teilt man Entzündungen ein in:
- Vordere Uveitis (Entzündung der Regenbogenhaut, bei Mitbeteiligung
des Ziliarkörpers und vorderen Glaskörpers als Iridozyklitis bezeichnet)
- Mittlere Uveitis: Entzündung des Glaskörperraums
- Hintere Uveitis (Chorioiditis und Chorioretinitis bei
Mitbeteiligung der Netzhaut
Die Symptome sind Augenrötung, Lichtscheu und Tränenfluss
sowie Schmerzen
und Abnahme der Sehschärfe. Ausgelöst wird die Uveitis durch Infektionserreger
(z. B. Toxoplasmose, Candida, Zytomegalievirus) oder immunologische Vorgänge.
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Psychosomatische Aspekte
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Die Uveitis wird auch als psychosomatische Erkrankung angesehen, da der
Erkrankung häufig eine besondere Stresssituation voraus geht, etwa ein Verlust der Eltern
oder Partnertrennung, Leistungsdruck (Examenssituation in Schule oder Beruf). Die Betroffenen neigen zu
Perfektionismus, sind auffallend harte Arbeiter und geraten leicht unter Stress.
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Gleichgewicht zwischen Aufmerksamkeit und überfürsorglichem Verhalten
finden
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An einer Uveitis können sowohl Erwachsene als auch Kinder und
Jugendliche
erkranken. Es wird vermutet, dass psychische Belastungen und Stressreaktionen
auch den Ausbruch eines erneuten Entzündungsschubes begünstigen. Die
ständige Sorge um ein Wiederaufflammen der Krankheit belastet die
Betroffenen stark. Die Sehbeeinträchtigung lässt verschiedene Sportarten wie
Federball, Tennis, Tischtennis, Golf nicht oder nur teilweise zu. Auch andere
Aktivitäten wie Handarbeiten, Basteln oder Lesen sind nur bedingt oder gar nicht
mehr möglich. Sehr einschränkend ist, dass das Autofahren in vielen Fällen
aufgegeben werden muss. Es sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass den
Betroffenen zwischen Arztterminen noch genügend
Zeit für Entspannung und Freiraum für andere Aktivitäten gegeben wird. Es ist
meist schwierig, das richtige Gleichgewicht zu finden zwischen der notwendigen
Aufmerksamkeit für die Erkrankung und überfürsorglichem Verhalten, das
unbedingt zu vermeiden ist, um den Betroffenen nicht in eine Sonderrolle zu
drängen.
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Therapie
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Als Therapie ist eine psychotherapeutische Einzelbehandlung
erforderlich,
insbesondere wenn kritische Lebensereignisse auftreten, die die
Wahrscheinlichkeit eines erneuten Krankheitsschubes erhöhen.
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Medikamente im Schub
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Im Krankheitsschub werden je nach Form der Uveitis
cortisonhaltige Augentropfen
oder Tabletten verabreicht. Ist die Uveitis auf eine Infektion zurückzuführen,
werden Antibiotika angewandt.
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Retinopathia centralis serosa
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Nichtentzündliche Erkrankung der Netzhaut betrifft vorwiegend Männer
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Die Retinopathia centralis serosa oder RCs wird synonym auch als Chorioretinopathia
centralis serosa bezeichnet und ist eine nichtentzündliche
Netzhauterkrankung,
die vorwiegend Männer in jüngerem oder mittlerem Lebensalter betrifft. Es kommt
zu Sehstörungen aufgrund von Flüssigkeitsansammlungen unter der Netzhaut,
meist im Bereich des Sehzentrums (Makula).
Typische Symptome sind:
- "Grauer Fleck" im Gesichtsfeld
- Bildverzerrungen
- Farbwahrnehmungsstörungen
- Weitsichtigkeit
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Stress als Auslöser
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Die Retinopathia centralis serosa gilt als anerkannte
psychosomatische
Erkrankung, denn sie weist eindeutig einen Stresshintergrund auf. Von
Psychoanalytikern wird sie häufig als "Träne unter der Netzhaut" bezeichnet.
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Therapie
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In der Regel bildet sich die Erkrankung im Verlauf von 2 bis 3
Monaten von selbst
zurück. Sehr wichtig ist eine Stressreduzierung.
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Sicca-Syndrom
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Symptome bei trockenen Augen
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Das Syndrom der "trockenen Augen" oder genauer
Sjögren-Syndrom/Sicca-Syndrom (syn. Keratokonjunktivitis sicca) ist weit verbreitet und
macht mittlerweile
bereits 40 Prozent der Diagnosen der niedergelassenen Augenärzte aus. Die
Tränenflüssigkeit ist dabei reduziert oder in ihrer Zusammensetzung verändert.
Die
Betroffenen klagen über Fremdkörpergefühl, jucken und Rötung der Augen.
Umwelteinflüsse wie Tabakrauch, Luftzug von Klimaanlagen oder Bildschirmarbeit
werden dafür verantwortlich gemacht, aber auch psychische Faktoren spielen eine
Rolle.
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Tränen sind nicht gleich Tränen
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Die Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit ist hochkomplex und
unterliegt
zahlreichen Einflüssen, unter anderem Stress, der sich über das vegetative
Nervensystem auswirkt. Bei Untersuchungen hat man beispielsweise festgestellt,
dass die Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit sich ändert, je nachdem ob
Freudentränen oder Trauertränen geweint werden.
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Therapie
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Therapeutisch werden Tränenersatzmittel
verwendet. Durch das Eintropfen von "künstlichen Tränen" wird ein schützender
Feuchtigkeitsfilm über die Hornhaut gelegt, der verhindert, dass die Hornhaut
Schaden nimmt.
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Quellen:
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Hans Morschitzky/Sigrid Sator: Wenn die Seele durch den Körper spricht, Verlag Walter 9. Auflage 2010
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Michael Wirsching: Psychosomatische Medizin, C.H.Beck Verlag 2. Auflage 2003
-
Klußmann/Nickel: Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Springer Verlag 6. Auflage
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