Chronische Schmerzen

 

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Kongressbericht: Deutscher Schmerzkongress 1998
Kopfschmerzen: Ticken im Schädel
Die “innere Uhr" spielt bei Cluster-Kopfschmerz eine entscheidende Rolle
Mit modernen bildgebenden Verfahren können Wissenschafter dem Gehirn ,,bei der Arbeit" zusehen. So spürten sie vor einiger Zeit bereits den ,,MigräneGenerator" im Stammhirn auf. Nun haben sie entdeckt, daß die ,,innere Uhr" im Hypothalamus bei den besonders qualvollen Cluster-Kopfschmerzen eine entscheidende Rolle spielt. Dies erkläre, sagten Experten auf dem Deutschen Schmerzkongreß, die uhrwerkartig auftretenden Attacken.
Die Verfahren heißen kurz SPECT, PET oder fMRT. mit ihrer Hilfe können Wissenschaftler schon seit einigen Jahren das Gehirn in Aktion untersuchen. Alle Methoden machen den örtlichen Blutfluß - und damit die Aktivität von Nervenzellverbänden- im Gehirn sichtbar. Je aktiver die Neuronen sind, desto starker ist der Blutfluß in dieser Region. Schon vor einiger Zeit entdeckte eine Forschergruppe um Professor Hans-Christoph Diener und Dr. Arne May von der Neurologischen Universitätsklinik in Essen mit der Positronen-Emissions-Tomographie (PET), daß bei Migränepatienten bestimmte schmerzmodulierende Strukturen in Stamm- und Mittelhirn während einer Attacke besonders aktiv sind. ,,Diese vermehrte neuronale Aktivität war auch nachzuweisen, erklärt Diener, ,,wenn der Kopfschmerz erfolgreich behandelt worden war, die Patienten aber das Gefühl hatten, daß ihre Migräne-Attacke noch anhält." Die spezifische Aktivität des ,,Migräne-Generators" war bei experimentell ausgelösten Kopfschmerzen hingegen nicht nachweisbar. ,,Zusammen mit anderen Untersuchungen", resümiert Diener, ,,belegen diese Erkenntnisse, daß es sich bei der Migräne um eine biologisch begründete Funktionsstörung des Gehirns handelt." Nun hat Arne May bei einem Forschungsaufenthalt an der Universität in London mit der gleichen Methode das Gehirn von neun Patienten mit Cluster-Kopfschmerz untersucht. Diese Kopfschmerzform ist zwar sehr selten etwa 0,7 bis ein Promille der Bevölkerung sind betroffen dafür aber besonders qualvoll. ,,Dieser Kopfschmerz gehört zu den schlimmsten Schinerzen, unter denen Menschen leiden körnen", beschreibt May die Qualen der Patienten. Diese schlagen sich bei einer Attacke in ihrer Verzweiflung mitunter sogar den Kopf an der Wand blutig.
Die “innere Uhr" triggert Cluster-Kopfschmerzen Der Clusterschmerz tritt meistens episodisch auf: aktive Phasen mit zwei bis drei Attacken pro Tag, die jeweils eine halbe bis zwei Stunden dauern, wechseln sich mit schmerzfreien Phasen ab. ,,In der Attackenphase können die Patienten keine Nacht durchschlafen", weiß May. Entzündungen an Blutgefäßen im Gehirn galten bislang als Ursache der Pein. ,,Wenn man sich allerdings den ausgeprägten zirkadianen Rhythmus der Attacken und das zyklische Auftreten der aktiven Perioden vor Augen führt, kann eine ausschließlich gefäßbedingte Ursache diese Kopfschmerzform nicht erklären", stellt der Neurologe fest. Daß diese Vermutung stimmt, konnte May nun nachweisen: Seine PET-Untersuchung belegt, daß bestimmte Strukturen im Hypothalamus, der ,,obersten Hormondrüse des Gehirns", dem Zentrum für Hunger, Durst, Sexualität und Temperatur, bei Cluster-Patienten während einer Attacke besonders aktiv sind. Bei diesen Strukturen, erklärt der Experte, handele es sich um Regionen, die den Schlaf-Wach-Rhythmus und andere zirkadiane Rhythmen steuern. Dieser körpereigene Zeitgeber, die ,,innere Uhr", meint der Experte, ,,ist vermutlich bei den Betroffenen generell verändert und könnte das Triggerorgan für die uhrwerkartig auftretenden Kopfschmerzattacken sein."
Fehldiagnosen sind häufig Die neue Erkenntnis nutzt den Betroffenen: ,,Auch Patienten mit Cluster-Kopfschmerz werden, ähnlich wie Migräniker, von ihrer Umgebung häufig nicht ernst genommen und als Hysteriker abgetan", sagt May. Vor allem wird diese Kopfschmerzform selten korrekt diagnostiziert, obwohl ihre ausgeprägten Symptome dies eigentlich einfach machen. Doch immer wieder erleben Experten, daß Cluster- Patienten jahrzehntelang von Arzt zu Arzt laufen und die unterschiedlichsten Diagnosen aber nur selten die richtige Behandlung bekommen. Dabei können die Attakken heute gut mit den modernen Triptanen behandelt werden - Medikamenten, die auch gegen Migräne eingesetzt werden. Ebenso stehen auch Arzneimittel zur Verfügung, die prophylaktisch Häufigkeit und Schwere der Anfälle reduzieren. Allerdings räumt Arne May ein, daß trotz aller Fortschritte die chronischen Formen dieses Schmerzes noch immer schwer zu behandeln sind. Doch vielleicht liefert die neue Einsicht in das Gehirn der Betroffenen nun auch Ansatzpunkte für eine neue, gezielte Behandlung des Leidens.
Kontakt: Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universität Essen, Hufelandstraße 55, 45122 Essen Tel.: O2O1-72~246O /61 Fax: O2O1-72~59O e-mail: h.diener@uni-essen.de

Dr. med. Arne May, Universitätsklinikum Essen, Neurologische Klinik und Poliklinik, Hufelandstraße 55, 45122 Essen Tel.: 0201-7227-248 Fax: 0201-723~590
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