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DGSS Münster, Deutscher Schmerzkongress, 9.
Oktober 2003 |
Deutscher Schmerzkongress 2003
08. - 12. Oktober in Münster |
Pressemitteilung |
Neue Aspekte der Migräne
PD Dr. med. Dr. phil. Stefan Evers
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In den letzten Jahren haben sich in der Forschung über Migräne einige
neue Aspekte ergeben, die auf dem Schmerzkongress einem größeren Publikum vorgestellt
werden sollen. So hat die neue Fassung der Kopfschmerzklassifikation der International
Headache Society erstmals eine sog. chronische Migräne beschrieben. Hierunter wird das
Phänomen verstanden, dass manche Patienten an mehr als 15 Tagen im Monat über einen
längeren Zeitraum hinweg unter Kopfschmerzen leiden, die die Kriterien für eine Migräne
erfüllen. Die Angaben über die Häufigkeit dieser Migräneform schwanken, sie wird auf
unter fünf Prozent aller Migränepatienten geschätzt. Damit ist das alte Paradigma, dass
Migräne ein attackenartige Erkrankung sein muss, verlassen worden. |
Weiterer Genort entdeckt
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Im Bereich der genetischen Forschung ist ein weiterer Genort für die
Familiäre Hemiplegische Migräne (FHM) identifiziert worden. Es handelt sich um ein Gen,
das für einen Kaliumkanal kodiert und auf Chromosom 1q23 lokalisiert ist. Somit sind
jetzt zwei Gene für die FHM bekannt, an zwei weiteren Stellen (1q21 und X) müssen
weitere Gene lokalisiert sein, die Mutationen aufweisen können, die zu Migräne führen. |
Veränderte Reizverarbeitung zwischen Migräneattacken
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Weiterhin stand im Mittelpunkt der pathophysiologischen Forschung über
Migräne in den letzten Jahren das Phänomen der sog. fehlenden Gewöhnung (Habituation):
Migränepatienten weisen zwischen zwei Migräneattacken eine veränderte Reizverarbeitung
auf. Sie habituieren auf immer wieder präsentierte Reize nicht in dem Maße, wie dies
Gesunde tun. In einem Symposium auf dem Schmerzkongress wird dieses Phänomen vorgestellt
und insbesondere diskutiert, ob man es zur Vorhersage von Migräneattacken nutzen kann. |
Differenziertere Triptane
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Im Bereich der Therapieforschung haben sich in den letzten Jahren
ebenfalls neue Ansätze ergeben. So sind immer mehr sog. Triptane in immer mehr
Applikationsformen auf den Markt gekommen. Inzwischen können Ärzte zwischen sieben
Präparaten und insgesamt fünf verschiedenen Applikationsformen dieser spezifischen
Migränemedikamente auswählen. Dadurch ist die Therapie der Migräneattacke durch
Triptane differenzierter und individueller geworden. Auch hat man nun entdeckt, dass eine
sog. stratifizierte Behandlung der Migräneattacke besser ist als eine sog.
Stufentherapie. Dies bedeutet, dass Migränepatienten selber entscheiden sollen, mit
welchem Medikament (sei es ein Triptan, sei es ein Analgetikum) sie eine akute Attacke
behandeln, wenn sie vorher mit diesen Medikamenten Erfahrungen gewonnen haben. Früher war
empfohlen worden, jede Attacke immer erst mit einem Analgetikum zu behandeln und erst dann
ein Triptan einzunehmen, wenn das Analgetikum nicht gewirkt hat. Derzeit sind neue
Substanzen in der klinischen Erprobung, die einen anderen Wirkmechanismus haben als die
Triptane. Hier ist zu hoffen, dass in den nächsten zehn Jahren noch effektivere und
nebenwirkungsarme Präparate für die Behandlung von Migräneattacken zur Verfügung
stehen. |
Antiepileptika und Naturheilkunde zur Vorbeugung
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Für die medikamentöse Migräneprophylaxe werden zunehmend die
Antiepileptika als eigene Substanzgruppe entdeckt. Insbesondere Topiramat ist in mehreren
Studien untersucht worden und hat dabei einen signifikanten Effekt auf die
Attackenfrequenz der Migräne, insbesondere bei der Migräne mit Aura, gezeigt. Außerdem
haben einige naturheilkundliche Präparate (Pestwurz, Mutterkraut, Riboflavin, Coenzym
Q10) in modernen doppelblinden kontrollierten Studien eine bessere Wirksamkeit als Placebo
in der Migräneprophylaxe gezeigt. Auch hier ist zu hoffen, dass sich in den nächsten
Jahren das Spektrum von effektiven und nebenwirkungsarmen Medikamenten für die
Migräneprophylaxe erweitern wird. |
Ansprechpartner
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PD Dr. med. Dr. phil. Stefan Evers, Vizepräsident der Deutschen Migräne-
und Kopfschmerzgesellschaft, Co-Kongresspräsident des Deutschen Schmerzkongresses 2003,
Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Münster,
Albert-Schweitzer-Str. 33, 48129 Münster, Fax 0251/8348181, E-Mail everss@uni-muenster.de
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