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Pressemitteilung

Sexualität war wie eine ansteckende Krankheit
Oswalt Kolle über die sexuelle Revolution der sechziger Jahre

(Hamburg, 4.12.2002) Sex auf allen TV-Kanälen, biedere Typen, die in Talkshows ihre intimsten Praktiken offenlegen und das Titelgirl der Bildzeitung - ist das alles, was uns von der sexuellen Revolution geblieben ist? Der deutsch-niederländische Autor Oswalt Kolle, der in den siebziger Jahren mit Filmen wie "Deine Frau, das unbekannte Wesen" zum umstrittenen "Aufklärer der Nation" wurde, betont auf dem Europäischen Kongress über Sexual- und Impotenzforschung (ESSIR) in Hamburg die Vorteile der neuen sexuellen Offenheit.

 

Von der "guten alten Zeit", nach der sich manche zurücksehnen, kann Oswalt Kolle ein Lied singen - er war immerhin einer der ersten, der das Schweigen über das Tabuthema Sexualität gebrochen hat. "Noch in den 50er Jahren war das Thema unaussprechbar", so Oswalt Kolle. "Als damals die Kinsey-Reporte über das Sexualverhalten amerikanischer Bürger in deutscher Sprache erschienen, galt schon die Veröffentlichung einzelner Statistiken daraus als jugendgefährdend." Bis zum Ende der 60er Jahre war in Westdeutschland die Werbung für empfängnisverhütende Mittel verboten, Kondome durften nur an Ehepaare verkauft werden. Und als die Pille 1962 auf den Markt kam, erschienen unzählige Warnungen in der Presse, in denen die Furcht vor Nebenwirkungen geschürt wurde. Noch zwei Jahre später forderten führende deutsche Gynäkologen in der so genannten Ulmer Denkschrift, dass die Pille entweder verboten oder nur noch unter strikten Regeln verschrieben werden solle. Zitat: "Eine wahllose Ausgabe solcher Tabletten würde bei vielen Mädchen und Frauen in und außerhalb der Ehe die letzten Bremsen beseitigen." Die Kehrseite waren zwei bis drei Millionen illegale Abtreibungen pro Jahr, mit Stricknadeln auf dem Küchentisch ausgeführt oder von Ärzten, die sich horrend dafür bezahlen ließen. Im Hintergrund stand ein ideologischer Kampf der Kirchen in Westdeutschland. In der DDR hingegen wurde die so genannte "Wunschkindpille" von den Behörden begrüßt und gefördert.

 

Homosexuelle als Verbrecher

In den 50er Jahren war die geltende Sexualnorm noch Gesetz: Ehebruch war strafbar und Eltern, die ihre heranwachsenden Kinder mit deren Partner in ihrer Wohnung übernachten ließen, drohte bis zu sechs Jahre Zuchthaus. Noch Anfang der sechziger Jahre wurde ein Hannoveraner Frauenarzt verurteilt, der kinderreiche Bäuerinnen sterilisiert und damit der "hemmungslosen Genusssucht Vorschub geleistet hatte", so der Urteilstenor. Zu den allgemein verbreiteten Gewissheiten gehörte, dass eine Frau, die vergewaltigt wurde, sich das selbst oder ihrem aufreizenden Äußeren zuzuschreiben hatte und Inzest ein Phantasieprodukt überhitzter Frauen war, allenfalls in der Unterschicht angesiedelt. "Wenn überhaupt aufgeklärt wurde, dann als Warnung", so Oswalt Kolle auf dem Europäischen Kongress über Sexual- und Impotenzforschung (ESSIR) in Hamburg. "Sexualität war eine ansteckende Krankheit, die bis zur Ehe zu vermeiden war." Das dunkelste Kapitel betrifft die Homosexuellen: Die Mehrheit der Bevölkerung hielt homosexuelle Männer für Verbrecher, eine Minderheit für krank. Von 1949 bis 1969 gab es rund 70.000 Verfahren gegen schwule Männer, und bis 1974 war Homosexualität strafbar. Wie tief die Vorurteile sitzen, zeigte sich 1999 in einer Sendung des ZDF-Frauenmagazins "Mona Lisa": Darin fragte die Moderatorin eine Expertin, was die Krankheit Transsexualität von den Krankheiten Homosexualität und Schizophrenie unterscheide.

 

Schmerzhafter Prozess des Voneinander-Lernens

So war die Zeit ab 1967 der Aufbruch in eine neue sexuelle Freiheit. Zum ersten Mal konnten Paare offen miteinander über ihre Probleme reden. "Doch das war keine Spur von Revolution", so Oswalt Kolle. "Eher ein mühsamer, schmerzhafter Prozess, der auf beiden Seiten auch seine Opfer gefordert hat." Zum ersten Mal brachen mehr Frauen als Männer aus der Ehe aus, rund 70 Prozent beantragten die Scheidung. Oswalt Kolle erhielt Morddrohungen, radikale Feministinnen gingen so weit, schon Verführung als Vergewaltigung zu bezeichnen. "Der Prozess ist noch lange nicht abgeschlossen", resümiert Kolle. "Was allerdings Männer und Frauen dabei nicht brauchen können, sind Kriegshetzer im Geschlechterkrieg, weder weibliche noch männliche. Je besser wir die Unterschiede zwischen Männern und Frauen begreifen, desto eher werden wir alle akzeptieren können, dass es nicht nur eine Sexualität gibt, sondern viele."

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