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Arzneimittelklassen
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Sympathomimetika:
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Sympathomimetika sind Arzneimittel, die die Wirkung des Sympathikus
imitieren. Der Sympathikus ist ein Teil des vegetativen Nervensystems, das wir mit unserem
Willen nicht beeinflussen können. Es funktioniert selbstständig, weshalb man es auch als
autonomes Nervensystem bezeichnet (vgl. Aufbau des Nervensystems).
Wesentliche Bestandteile des vegetativen Nervensystems befinden sich im Hypothalamus,
Hirnstamm und Rückenmark. Von dort aus reguliert es die Abläufe im Inneren des Körpers. |
Der Sympathikus
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Durch Erregung des Sympathikus, z.B. bei Prüfungsängsten, wird der
Mensch auf "Flucht" oder "Kampf" eingestellt. Dies war besonders in
der Urzeit von oft lebensrettender Bedeutung. So wichtig die Einstellung des Körpers auf
"Flucht" in vielen Fällen sein mag, so hinderlich kann sie in Situationen sein,
die ein Weglaufen nicht zulassen. Vor Prüfungen hat bestimmt jeder in seinem Leben schon
einmal gezittert, konnte aber, trotz starken Wunsches, dieser nicht entfliehen. Der
Körper läuft sozusagen auf Hochtouren, ist aber an Ort und Stelle gebunden und kann
seine überschüssige Energie nicht in körperliche Aktivität umwandeln. Aber auch dieser
Stress hat neben den unangenehmen Begleiterscheinungen, wie z.B. Zittern oder
Mundtrockenheit, seinen Sinn. Eine gewisse Adrenalindosis, die bei Sympathikus-Erregung
von den Nebennierenrinden ausgeschüttet wird, sorgt für ein Höchstmaß an
Konzentration. Und die ist in einer Prüfung zwar nicht gerade lebensrettend, aber doch
von großer Wichtigkeit. |
Flucht und Kampf werden durch den Sympathikus unterstützt
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Alle Körperfunktionen, die im Moment des Flüchtens oder Kämpfens nötig
sind, werden mit Aktivierung des Sympathikus mobilisiert. Das Herz schlägt schneller und
mit wesentlich größerer Kraft, damit Lunge und Muskeln gut durchblutet werden. Das ist
notwendig, damit man bei einer Flucht nicht so schnell aus der "Puste" kommt,
und weil die Beine einen möglichst schnell weit weg bringen sollen. Damit er sein Ziel
auch genau vor Augen hat, muss der flüchtende Mensch weit blicken können. Aus diesem
Grund werden bei Sympathikuserregung die Pupillen geweitet. Umgekehrt stellt der Körper
in furchterregenden Situationen Körperfunktionen ein, die im Moment hinderlich wären. So
wäre ein plötzlicher Harndrang nicht sehr förderlich. Deswegen sorgt der Sympathikus
dafür, dass der Blasenschließmuskel angespannt und die Blasenmuskulatur dagegen
entspannt ist. |
Die nebenstehende Tabelle zeigt eine Übersicht über die
Körperreaktionen bei einer Sympathikuserregung:
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ZNS |
- Antrieb erhöht
- Aufmerksamkeit erhöht
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Augen |
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Speichel |
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Bronchien |
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Herz |
- Frequenz erhöht
- Kraft erhöht
- Blutdruck erhöht
- Koronargefäße erweitert
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Fettgewebe |
- Triglycerid-Abbau
- Fettsäurefreisetzung
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Leber |
- Glykogen-Abbau
- Glukose-Freisetzung
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Magen-Darm |
- Peristaltik sinkt
- Sphinktertonus erhöht
- Durchblutung sinkt
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Blase |
- Sphinktertonus erhöht
- Wandmuskeltonus sinkt
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Skelettmuskulatur |
- Durchblutung erhöht
- Glykogenabbau erhöht
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Haut-/Schleimhaut |
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Gefäße |
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Schilddrüse |
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Schweiß |
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Galle |
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Bauchspeicheldrüse |
- Insulinproduktion sinkt
- Pankreassaftproduktion sinkt
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Nebennierenrinde |
- Adrenalinsekretion erhöht
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Nierengefäße |
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Überwiegen die Einflüsse des Sympathikus auf den Körper, so ist die
Körpertemperatur (Fieber) erhöht, ebenso der Blutzuckerspiegel, der Stoffwechsel und der
Eiweißabbau. Diese Mechanismen dienen der Bereitstellung von Energie, die bei einer
Flucht für die umfangreichen Prozesse benötigt werden.
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Alpha-Sympathomimetika
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Die Sympathomimetika, die die Wirkung des Sympathikus
imitieren, unterscheidet man entsprechend der Rezeptoren, an denen sie angreifen in
Alpha-Sympathomimetika und Beta-Sympathomimetika. Alpha-Sympathomimetika werden zudem noch
in direkt oder indirekt wirkende unterteilt. Die direkt wirkenden Arzneistoffe binden
unmittelbar an den Rezeptor, während die indirekt wirkenden zur Konzentrationserhöhung
von Noradrenalin führen. |
Direkte Alpha-Sympathomimetika:
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Zu den direkten Alpha-Sympathomimetika gehören u.a.
Xylometazolin, Naphazolin, Oxymetazolin und Tetryzolin. Sie finden lokale Anwendung in
Form von Sprays oder Tropfen bei Schnupfen und Nasennebenhöhlenentzündung. Die
Schleimhäute schwellen ab und man kann wieder frei durchatmen. Das ist wichtig, damit
sich durch die Verstopfung der Nase keine Bakteriennester bilden können, deren Entstehung
durch das feuchtwarme Milieu begünstigt ist. Freie und gut belüftete Atemwege behindert
die bakterielle Besiedelung. Die Anwendung von abschwellenden Nasentropfen oder
Nasensprays sollte allerdings nicht länger als maximal 14 Tage andauern, denn sonst kann
es zu einer Austrocknung der Nasenschleimhaut kommen. Das führt wiederum dazu, dass die
Nasenschleimhaut anschwillt. Viele greifen dann wieder bzw. weiterhin zu Nasensprays und
setzten so einen Teufelskreis in Gang, der das Medikament unwirksam macht und die
Nasenschleimhaut schädigt. Bei einer Bindehautentzündung kann die Rötung durch
sympathomimetische Augentropfen beseitigt werden, weil die Medikamente die Blutgefäße
verengen (siehe oben). Das hat allerdings nur einen kosmetischen Nutzen und sonst
keinerlei Auswirkung auf die Erkrankung und deren Heilung.
Über den Blutkreislauf wirkende (systemische) Sympathomimetika werden zur
Blutdrucksteigerung eingesetzt. Etilefrin und Norfenefrin findet man in verschiedenen
kreislaufanregenden Medikamenten. Die Gabe von Adrenalin bewahrt bei einem anaphylaktischen Schock vor einer
Erstickung. Die Bronchien, die sich aufgrund der Histaminfreisetzung bei einem
allergischen Schock plötzlich verengen, werden durch die sympathomimetische Wirkung
wieder erweitert. Auch bei Herzstillständen ist die schnelle Verabreichung von Adrenalin
lebensrettend.
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Indirekte Alpha-Sympathomimetika:
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Indirekte Alpha-Sympathomimetika führen eine Freisetzung von
Noradrenalin herbei. Noradrenalin ist ein Hormon, das in der Nebennierenrinde gebildet
wird. Es bewirkt eine Erhöhung des Blutdrucks und senkt die Herzschlagfrequenz und
steigert die Stoffwechselaktivität. Zu den indirekten Alpha-Sympathomimetika gehören
u.a.:
- Kokain: Kokain wird äußerlich zur lokalen Betäubung verwendet. Innerlich angewendet
wirkt es euphorisierend, appetithemmend und leistungssteigernd. Das ist der Grund für den
häufigen Missbrauch dieses Arzneistoffes. Kokain unterliegt aus diesem Grund dem
Betäubungsmittelgesetz (vgl. MedizInfo®Sucht: Kokain) Bei hohen Dosierungen verursacht
Kokain eine große innere Erregung die verbunden ist mit Halluzinationen, Schwindel und
Lähmungen. Da hiervon auch die Atemmuskulatur betroffen ist, kommt es bei
Überdosierungen zum Tod durch Atemlähmung.
- Amphetamin: Amphetamin besitzt aufgrund seines ähnlichen Wirkungsspektrums wie Kokain
ein gleich hohes Suchtpotential (vgl. MedizInfo®Sucht:
Amphetamine). Es wird vielfach
missbräuchlich im Sport zur Leistungssteigerung eingesetzt. Therapeutischen Nutzen findet
es jedoch z.B. bei der Behandlung von Kindern, die unter einem Aufmerksamkeitsdefizit in
Verbindung mit einer Hyperaktivität leiden, dem sogenannten ADH-Syndrom. Hier Verweis auf: "Kinder
Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung".
Viele indirekte Alpha-Sympathomimetika wurden als Appetithemmer (Anorektika)
eingesetzt. Der therapeutische Nutzen ist jedoch im Vergleich zum Risiko als zu gering
betrachtet worden. So wurden seit Anfang 2000 in Deutschland Appetitzügler, die u.a.
Amfepramon oder Fenfluramin enthielten, vom Markt genommen.
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Beta-Sympathomimetika:
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Beta-Sympathomimetika wirken auf die Beta-Rezeptoren. Am
Herzen befinden sich die sogenannten Beta-1-Rezeptoren. Werden sie erregt, so kommt es zu
einer Beeinflussung von Herzschlagfrequenz, Reizleitungsgeschwindigkeit
und Kontraktionskraft des Herzmuskels des Herzens. Beta-1-Sympathomimetika werden
insbesondere in der Therapie von Herzrhythmusstörungen
eingesetzt. Beta-2-Rezeptoren befinden sich in den Bronchien und in der
Gebärmutterschleimhaut. Werden diese Rezeptoren aktiviert, so kommt es dort zur
Erschlaffung der glatten Muskulatur. Man unterscheidet zwischen den kurzwirksamen und
langwirksamen Beta-2-Sympathomimetika. Die kurzwirksamen Formen, z.B. Salbutamol oder
Fenoterol, finden in Kombination mit Glukokortikoiden Anwendung in der Asthmatherapie. Sie wirken der
Bronchienverkrampfung bei einem Asthmaanfall entgegen, indem sie die Muskulatur der
Bronchialgefäße erschlaffen lassen. Daraufhin können sie sich wieder erweitern und der
Betroffene kann normal weiter atmen. Fenoterol wird parenteral zur Tokolyse, der Hemmung
einer vorzeitigen Wehentätigkeit, eingesetzt.
Zur Dauertherapie bei Asthma
eignen sich die langwirksamen Beta-2-Sympathomimetika wie z.B. Salmeterol oder Formoterol.
Ihre Wirkung tritt erst nach ungefähr einer halben Stunde ein, was bei einem Anfall zu
lange dauern würde. Nach ca. 12 Stunden lässt die Wirkung wieder nach.
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