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Poliomyelitis / Kinderlähmung
 

Poliomyelitis
im Internet

 
Kurzinfo: Poliomyelitis / Kinderlähmung
Symptome Grippeähnliche Symptome im ersten Stadium: Fieber, Husten, Halsschmerzen, Kopfweh, Gliederschmerzen, Schweißausbrüche. Nach 1 bis 2 Wochen ohne Beschwerden kommt es zu einem erneuten Fieberschub. Präparalytischen Stadium: Meningitis mit Kopf-, Rücken- und Gliederschmerzen, steife Wirbelsäule, Bewusstseinseintrübung, Erbrechen, Lichtempfindlichkeit, Nackenstarre und u.U. psychischen Veränderungen. Lähmungsstadium 2 Tage später mit Lähmungen bevorzugt an Schultergürtel- und Beinmuskeln. Unvollständige Rückbildungsprozesse nach 4 bis 5 Tagen. Kann auch noch nach 2 Jahren auftreten.
Inkubations-
zeit
3 - 14Tage
Ansteckungs-
gefahr
Vom Symptombeginn so lange, bis keine Viren mehr in den Ausscheidungen nachweisbar sind.
Immunität Lebenslang gegen einen Virustyp (es gibt 3). Nur Impfung schützt vollständig.
Wann zum Arzt? Bei Verdacht sofort.
Therapie Eine ursächliche Therapie gibt es nicht. Symptomatisch vorwiegend Fiebersenkung, ggf. Beatmung. Zur Rehabilitation Physiotherapie.
Vorbeugung 100 prozentiger Schutz bietet die Impfung. Hygiene.
Inhaltsübersicht:
Infektion
Symptome
Wann zum Arzt?
Therapie
Vorsorge
Geschichtliche Entwicklung
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Infektion
Poliomyelitis wird durch Viren verursacht. Die Kinderlähmung, oder Poliomyelitis, ist eine fieberhafte Erkrankung, die durch Viren der Gruppe Enteroviren verursacht wird. Es gibt drei verschiedene Polio-Erreger. Die Viren befallen die grauen Zellen des Gehirns. Dabei bevorzugen sie diejenigen Zellen, die für die willkürlichen Bewegungen des Menschen verantwortlich sind. Dadurch können Lähmungen verursacht werden.

 

Die Inkubationszeit beträgt 3 bis 14 Tage. Während dieser Zeit besteht die Gefahr der Ansteckung. Die Ansteckung erfolgt von Mensch zu Mensch, meistens durch Schmierinfektion. Nur in der Frühphase ist auch eine Tropfcheninfektion durch Rachensekret möglich. Die Viren vermehren sich im Rachen und Darm und werden mit dem Stuhl ausgeschieden. Die Übertragung vollzieht sich dann oft  durch Verteilen und Spielen mit Kot oder durch verunreinigtes Trinkwasser. Aus dem Darm gelangen die Viren ins Blut und von dort in das Zentrale Nervensystem und Gehirn. Dort wandert das Virus die Nervenstränge entlang und schädigt diese. Die Zeit von der Ansteckung bis zu den ersten Symptomen beträgt 3 bis 14 Tage. In dieser Zeit kann der Infizierte auch andere anstecken. Die Übertragungsgefahr bleibt solange bestehen, bis keine Erreger mehr im Kot nachweisbar sind.

 

Vollständige Immunität nur durch Impfung. Es erkranken vornehmlich Kinder. Aber es können auch Erwachsene erkranken. Das gilt auch für Erwachsene, die in ihrer Kindheit schon einmal eine Polio-Infektion durchgemacht haben. Die erworbene Immunität besteht nur gegen einen der drei Polio-Erreger lebenslang. Nur eine Impfung schützt vor allen drei Erregern. Da Polio-Erreger hoch infektiös sind, ist eine Impfrate in der Bevölkerung sehr wichtig. So kann sich auch in Einzelfällen durch eingeschleppte Erkrankungen nur schwer eine Epidemie entwickeln.

 

Es besteht Meldepflicht. Die Poliomyelitis ist eine nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtige Erkrankung. Nähere Informationen zu den gesetzlichen Bestimmungen finden Sie hier.

 

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Symptome
Im ersten Stadium treten grippeähnliche Symptome auf. Die Erkrankung ist sehr ansteckend. 90 bis 95 Prozent der Infektionen verlaufen jedoch ohne sichtbare Symptome. In 5 Prozent der Fälle kommt es zu einem grippeähnlichen Krankheitsbild mit
  • Fieber,
  • Husten,
  • Halsschmerzen,
  • Kopfweh,
  • Gliederschmerzen und
  • Schweißausbrüchen.

Die Symptome heilen in wenigen Tagen ohne Folgen ab. Sie bilden das erste Stadium der Poliomyelitis. Ein großer Teil der Erkrankungen endet mit diesem Stadium.

 

Nach 1 bis 2 Wochen ohne Beschwerden kommt es zu einem erneuten Fieberschub. In den restlichen 5 - 10 Prozent der Fälle kommt es, nach einer beschwerdefreien Zeit innerhalb von 1 bis 2 Wochen zu einer Hirnhautentzündung. Diese Hirnhautentzündung kann schwer verlaufen und mit anschließenden Lähmungen einhergehen. Grundsätzlich fangen auch die schweren Verläufe der Poliomyelitis wie eine Grippe an:
  • 2 bis 3 Tagen mit hohem Fieber, dann
  • 3 bis 4 Tage mit leichtem Fieber oder ohne Fieber.

 

Im präparalytischen Stadium kommt es zu einer Meningitis mit Kopf-, Rücken- und Gliederschmerzen und einer steifen Wirbelsäule. Ist der Organismus nicht in der Lage, mit den Erregern fertigzuwerden, kommt es anschließend zu den Symptomen der Hirnhautentzündung (Meningitis). Dies sind insbesondere:
  • Kopfschmerzen,
  • Bewusstseinseintrübung,
  • Erbrechen,
  • Lichtempfindlichkeit,
  • Nackenstarre und u.U.
  • psychischen Veränderungen.

Dieses Stadium wird auch präparalytisches Stadium genannt. Es ist außerdem gekennzeichnet durch erneuten Fieberanstieg, Kopf-, Rücken- und Gliederschmerzen und eine steife Wirbelsäule. Deshalb kommt es bei den Betroffenen zum Aufstützen mit den Armen beim Aufsetzen. Das führt zu einer Entlastung der Wirbelsäule. Die Betroffenen können auch unfähig sein, den Kopf beim Aufrichten gerade zu halten. Außerdem kann es zu Muskelschwäche kommen, die in Lähmungen übergehen kann.

 

2 Tage später zeigen sich plötzlich Lähmungen, bevorzugt an der Muskulatur der Beine und des Schultergürtels. Das endgültige Lähmungsstadium setzt wenige Stunden bis höchstens 2 Tage nach dem präparalytischen Stadium ein und 7-10 Tage nach Beginn des ersten Fieberanstiegs. Die Lähmungen treten plötzlich auf. Typischerweise gehen die Kinder abends munter ins Bett und können sich morgens nicht rühren. Die Art und das Ausmaß der Lähmungen sind verschieden. Bevorzugt betroffen sind die Muskeln des Schultergürtels und der Beine. Es können sowohl ganze Muskelgruppen, als auch einzelne Muskeln betroffen sein. Die Lähmungen erreichen nach 4 bis 5 Tagen ihren Höhepunkt und bilden sich anschließend zurück. Die Rückbildung ist allerdings unvollständig. 25 Prozent der Betroffenen leiden danach dauerhaft an leichten  und 25 Prozent unter schweren Muskelschäden.

 

Spontane Rückbildung kann auch noch nach 2 Jahren vorkommen. Mit spontaner Rückbildung der Lähmungen kann noch nach 2 Jahren gerechnet werden. Das erfordert allerdings intensive Physiotherapie. Entscheidend für die Prognose sind die ersten 6 Monate. In seltenen Fällen ist der Krankheitsverlauf so heftig, dass vom Beginn der Erkrankung bis zum Tod nur wenige Tage oder gar nur Stunden vergehen.

 

Wichtig: Poliomyelitis endet nur in seltenen Fällen mit schweren Lähmungen. Es muss betont werden, dass die Kinderlähmung in allen Stadien stehen bleiben oder nur die Phase des grippalen Infekts durchlaufen kann. Nur ungefähr 1 Prozent aller an Poliomyelitis Erkrankten, sind von der paralytischen Form betroffen. Am meisten gefährdet sind nicht geimpfte Säuglinge, weil bei ihnen die Krankheitszeichen nicht so ausgeprägt sind. Die Lähmungen sind bei ihnen jedoch schwerer und die Verläufe häufiger tödlich. Bei Kindern und Kleinkindern beobachtet man dafür häufiger die Entwicklung einer Meningitis. Jugendliche und Erwachsene erkranken wiederum, ähnlich wie Säuglinge, schwerer. Hier sind die Verläufe äußerst schmerzhaft und enden ebenfalls häufiger tödlich.

 

Die Diagnose ist im Anfangsstadium schwierig. Für den Arzt ist die Kinderlähmung im Anfangsstadium schwer erkennbar, weil sie in ihren Symptomen einer Grippe gleicht. Bei Vorkommen von Epidemien sollte man bei diesen Krankheitszeichen allerdings hellhörig werden und an die Polio denken. Eltern sollten gegebenenfalls den Arzt darauf hinweisen, dass im Bekanntenkreis oder im Kindergarten ein Polio-Fall vorgekommen ist. Besteht der Verdacht, so können die Viren im Rachenabstrich oder im Stuhl nachgewiesen werden. Der Kranke muss bei der Diagnose der Polio für mindestens eine Woche isoliert werden.

 

Das Post- Polio- Syndrom kann noch Jahrzehnte nach der Erstinfektion auftreten. Je nach Schwere der ursprünglichen Erkrankung, nach Alter, individueller Belastungbarkeit und Konstitution kann es bei Polio-Betroffenen Jahrezente nach der Ersterkrankung zu Spätfolgen kommen. Diese Spätfolgen werden unter dem Begriff Post-Polio-Syndrom (PPS) zusammengefasst. Zu den Symptomen gehören:
  • Ungewöhnliche Müdigkeit nicht nur bei körperlicher Anstrengung, sondern auch bei Stress oder größerer allgemeiner Belastung. Dann kann die Müdigkeit anfallsartig auftreten.
  • Gelenk- oder Muskelschmerzen können vorübergehend und spontan auftreten oder sich chronisch entwickeln. Besonders häufig betroffen sind die Halswirbelsäule, der untere Rücken und Arme und Beine.
  • Zunehmende Muskelschwäche insbesondere von Muskeln, die sich von der ursprünglichen Erkrankung gut erholt hatten und wieder normal funktionsfähig waren. Schwäche und Schmerzen zeigen sich aber auch in Körperbereichen, die vorher nicht betroffen waren.
  • Atembeschwerden durch mangelnde Funktionsfähigkeit der Brustmuskulatur treten auf. Die Folge können Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit und allgemeine Abgeschlagenheit sein. In schwerwiegenden Fällen kann es zu einem Atemstillstand während des Schlafes kommen.

 

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Wann zum Arzt?
Bei Verdacht sofort zum Arzt. Treten bei Fieber gleichzeitig Gliederschmerzen und mangelnde Beweglichkeit auf, so sollten Sie einen Arzt aufsuchen. Wenn Sie von aktuellen Poliofällen in Ihrer Umgebung gehört haben, so sollten Sie den Arzt auch dann aufsuchen, wenn das Fieber nicht von mangelnder Beweglichkeit begleitet wird. Weisen Sie den Arzt unbedingt auf ihren Verdacht hin.

 

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Therapie
Eine ursächliche Therapie gibt es nicht. Erste Maßnahme ist grundsätzlich strenge Bettruhe. Betroffene werden sofort in ein Krankenhaus aufgenommen. Eine Therapie, die sich gegen die verursachenden Viren richtet, gibt es nicht. Deshalb können nur die Symptome behandelt werden. Dabei steht im Mittelpunkt die Senkung des Fiebers. Kommt es zu Schluckbeschwerden, oder auch zu Problemen mit der Atmung, so muss schon frühzeitig künstlich beatmet werden.

 

Die Physiotherapie ist sehr wichtig für die Prognose. Mit der Physiotherapie kann bereits nach 2 bis 4 Wochen nach der Erkrankung begonnen werden. Das hängt von den individuellen Bedingungen ab. Eine intensive Physiotherapie ist für die Prognose von Spätschäden bzw. für die Rückentwicklung von Lähmungen sehr wichtig.

 

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Vorsorge
Eine Impfung schützt vor allen drei Erregertypen. Die beste Vorsorge ist die Impfung. Personen, die in der Kindheit eine Polio-Infektion durchgemacht haben, sind gegen das Virus lebenslang immun. Da es jedoch drei Typen des Polio-Virus auf der Welt gibt, sind sie trotzdem danach gefährdet, erneut an Poliomyelitis zu erkranken, wenn der Verursacher einer der anderen Typen ist. Die Impfung schützt vor allen drei Erregertypen.

 

Infektion durch Fernreisende Seit 2002 wurde Europa von der WHO für "polio-frei" erklärt. Dennoch kann die Erkrankung vor allem durch Fernreisende eingeschleppt werden. Weil das Virus sehr ansteckend ist, kann es sich unter nicht geimpfte Menschen sehr schnell ausbreiten. Deshalb ist wird auch heute noch eine Impfung empfohlen, denn immer wieder kommen auch hier Erkrankungen vor.

 

Totimpfstoff kann keine Erkrankung auslösen Für die Routine-Impfung gegen Poliomyelitis wird in Deutschland nur noch der inaktivierte Impfstoff (IPV) verwendet. Seit 1998 wird die Schluckimpfung mit abgeschwächten Lebendviren nicht mehr angewandt. Die früher gelegentlich vorkommenden Impferkrankungen können so nicht mehr auftreten, denn der Totimpfstoff kann keine Erkrankung auslösen. Auch Menschen mit Immunschwäche können deshalb risikolos geimpft werden.

 

Grundimmunisierung Die Grundimmunisierung mit 6fach-Kombinationsimpfstoff wird bei Säuglingen nach vollenden des 2.3.4. Monats und nochmals nach vollenden des 11. bis 14. Monat durchgeführt. Mit einer nochmaligen Auffrischimpfung im Alter zwischen 9 und 17 Jahren ist die Immunisierung komplett. Wurde die Grundimmunisierung als Kind versäumt, kann sie mit 2 Injektionen im Abstand von 8 Wochen jederzeit nachgeholt werden. Eine routinemäßige Auffrischung wird nach dem 18. Lebensjahr nicht empfohlen.

 

Auffrischung für Risikogruppen Dennoch ist eine Auffrischung der Impfung alle 10 Jahre sinnvoll für medizinisches Personal und für Fernreisende. Die Auffrischung kann am besten im Kombination mit den Impfungen gegen Tetanus und Diphtherie durchgeführt werden.

 

Verträglichkeit Die Verträglichkeit des Polio-Impfstoffes ist in der Regel gut. Es können leichte Reaktionen an der Einstichstelle und leichte allgemeine Reaktionen wie Abgeschlagenheit, Erhöhung der Temperatur oder Magen-Darm-Beschwerden auftreten.

 

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Geschichtliche Entwicklung
Zunahme von Infektionen trotz steigender Hygiene. Interessanterweise war die Kinderlähmung in früheren Jahrhunderten eine konstant auftretende, aber seltene Erkrankung. Mit der zunehmenden Urbanisierung und einem steigenden Hygienestandart um die Jahrhundertwende (19./20. Jh.), hat man eine explosionsartige Zunahme von Neuerkrankungen festgestellt. Der Grund dafür ist, dass Kinder mehr und mehr zu Hause aufwuchsen. Die hygienisch Bedingungen waren besser. Die Familien waren nicht so eng verbunden mit ihren Nachbarn.

 

Kinder erkrankten später und waren nicht mehr durch mütterliche Antikörper geschützt. Vor dieser Zeit war die Ansteckungsrate bei Kinder sehr hoch. Die Kinder steckten sich aber bereits im frühen Säuglingsalter an. In dieser Zeit besteht aber noch ein Schutz durch mütterliche Antikörper. Mit der zunehmenden Urbanisierung wurden zwar die hygienischen Bedingungen verbessert, die Ansteckung mit Polio-Viren erfolgte aber oft erst später. Dadurch kam es zu einem verstärkten Auftreten der Krankheit.

 

Impfmüdigkeit erhöht die Gefahr einer Epidemie wieder. Mit der Einführung der Impfung nach dem Zweiten Weltkrieg gingen die Erkrankungszahlen zurück. Durch zunehmende "Impfmüdigkeit" in den Industrienationen in der letzten Zeit kam es in den letzten 20 Jahren mehrmals zu Polio-Epidemien in Europa, wie z.B. 1984/85 in Finnland.

 

Europa ist poliofrei - aber impfen ist dennoch sehr wichtig. Am 21. Juni 2002 erklärte die Weltgesundheitsorganisation WHO die Region Europa für poliofrei. Die letzte, von der WHO in Europa registrierte Erkrankung trag 1998 bei einem 33 Monate alten Kind in der Türkei auf. Eingeschleppte Viren aus Indien wurden im Jahr 2000 registriert. In Bulgarien und in Georgien kamen in dieser Zeit 4 Erkrankungen vor. In allen Fällen konnte eine massive regionale Impfkampagne die Ausbreitung der Erkrankung verhindern. Das zeigt die Wichtigkeit der Impfung. Auch jetzt, da Europa für "poliofrei" erklärt wurde, ist die noch genau so wichtig. Aus anderen Ländern können durch Reisende oder Einwanderer Viren in den europäischen Bereich gelangen. Nur hohe Durchimpfungsraten können dann ein Ausbreiten der Erkrankung verhindern.

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