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Medikamentöse Therapie seelischer und geistiger Beschwerden bei
Palliativpatienten
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Allgemeine Grundlagen
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Es gibt kaum Studien
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Für die Behandlung seelischer und geistiger Beschwerden gibt es eine Reihe
von medikamentösen Behandlungsansätzen, deren Beschreibung Sie bei den
entsprechenden Krankheitsbildern bei MedizInfo®Kopf und Seele
näher beschrieben finden. Für die Gabe von Psychopharmaka bei
Palliativpatienten gibt es dagegen bisher kaum aussagekräftige Studien.
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Grundlegende Fragen vorab klären
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Allgemein sollten Psychopharmaka bei Palliativpatienten unter
Berücksichtigung der im Vordergrund stehenden Beschwerden und des allgemeinen
körperlichen Zustands verabreicht werden. Zudem sollten vor Beginn einer
Psychopharmakatherapie bei Palliativpatienten folgende Fragen berücksichtigt
werden:
- Bestehen bei dem Patienten Organschäden (beispielsweise an der Leber
oder den Nieren), welche die Wirksamkeit, Verstoffwechselung oder
Ausscheidung der Medikamente beeinflussen?
- Wie alt ist der Patient, und ist sein Alter bei der Dosierung der
Medikamente zu berücksichtigen?
- In welchem Allgemeinzustand befindet sich der Patient, und ist sein
Allgemeinzustand für die Dosierung der Medikamente von Bedeutung?
- Nimmt der Patient Medikamente ein, welche zusammen mit den
Psychopharmaka Wechselwirkungen entfalten könnten?
- Auf welche Weise können die Medikamente verabreicht werden (als
Tabletten oder Saft oder mittels Spritze beziehungsweise Infusion)?
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Angststörungen
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Informationen finden Sie auch bei
MedizInfo®Kopf und Seele: Angst-
und Angststörungen.
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Stützende Gespräche
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Die medikamentöse Behandlung von Ängsten bei Palliativpatienten sollte immer
durch stützende und beruhigende Gespräche begleitet werden. Dabei stehen bei
diesen Patienten häufig ihre schwere Erkrankung und die dadurch bedingten
Beschwerden sowie der nahende Tod im Mittelpunkt. Zudem hat man festgestellt,
dass Palliativpatienten nach einem Aufenthalt auf einer Intensivstation
besonders häufig Hilfe durch Gespräche benötigen, da es nach der
Intensivtherapie oft zu Stressreaktionen und damit verbunden auch zu
ausgeprägten Ängsten kommen kann. |
Linderung der Beschwerden im Vordergrund
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Einige Medikamente, die zur Therapie von Angststörungen eingesetzt werden,
können eine Abhängigkeit auslösen. Hier sind insbesondere die Wirkstoffe aus der
Gruppe der Benzodiazepine zu nennen, beispielsweise die Wirkstoffe Lorazepam,
Oxazepam und Alprazolam. Weil Palliativpatienten aber häufig nur noch eine
geringe Lebenserwartung haben, kann das Risiko einer Abhängigkeit von geringerer
Bedeutung sein, als die Linderung der Beschwerden, bzw. die Lösung von Ängsten.
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Abbauprozesse können gestört sein
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Einige Palliativpatienten leiden unter Funktionseinschränkungen von Leber
oder Nieren. Das muss bei der Dosierung von angstlösenden Medikamenten
berücksichtigt werden. Zudem kann es bei älteren und schwer kranken Menschen,
die einen großen Teil der Palliativpatienten ausmachen, zu sogenannten paradoxen
Wirkungen dieser Medikamente kommen. Damit ist die gegenteilige Wirkung gemeint.
In diesem Fall würden die Ängste verstärkt. Deshalb ist eine genau Beobachtung
der Wirkung bei der Gabe dieser Medikamente notwendig.
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Depressionen
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Zur medikamentösen Behandlung bei Depressionen finden
Sie Informationen bei
MedizInfo®Kopf und Seele: Depressionen. |
Psychotherapie ist sinnvoll
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Auch bei Palliativpatienten sollte eine medikamentöse Therapie mit
Antidepressiva nach Möglichkeit mit einer Psychotherapie kombiniert werden.
Ein besonderes Augenmerk sollte darauf gerichtet werden, die allgemeine
palliativmedizinische Behandlung zu optimieren, beispielsweise bei der
Schmerztherapie oder der physiotherapeutischen Behandlung zur Verbesserung der
Bewegungsfähigkeit. Diese Maßnahmen wirken unterstützend und entlastend.
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Gruppen verschiedener Wirkstoffe
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Palliativpatienten sollten eher mit den sogenannten neueren Antidepressiva
behandelt werden statt mit den "klassischen" Substanzen. Zu den neueren
Wirkstoffen gehören unter anderem:
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Nebenwirkungen gering halten
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Als "klassische" Substanzen bezeichnet man
tetrazyklische Antidepressiva
(beispielsweise der Wirkstoff Mirtazapin) und
trizyklische Antidepressiva (unter
anderem die Substanzen Amitriptylin, Doxepin und Clomipramin). Da diese
klassischen Substanzen häufig Nebenwirkungen wie Sehstörungen, Mundtrockenheit,
Störungen beim Wasserlassen und Verstopfung sowie Nebenwirkungen am Herzen haben
können, wird ihr Einsatz bei Palliativpatienten nicht empfohlen. Die neueren
Medikamente werden von diesen schwer kranken Patienten in der Regel besser
vertragen. Speziell Wirkstoffe aus der Gruppe der selektiven
Serotonin-Wiederaufnahmehemmer sind zudem auch bei Leberfunktionsstörungen gut
einsetzbar und weisen kaum Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auf.
Bezüglich der Wirksamkeit sind die klassischen und die neuren Antidepressiva
vergleichbar.
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Beschwerden können gebessert werden
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Da Palliativpatienten häufig unter mehreren verschiedenen Erkrankungen
leiden, sollten Antidepressiva zu Therapiebeginn zunächst in einer niedrigen
Dosis verabreicht werden, um die Verträglichkeit zu testen. Bei guter
Verträglichkeit ist im Laufe der Behandlung eine Dosissteigerung möglich. Mit
einer Wirkung der Antidepressiva ist allerdings frühestens nach 8 bis 14 Tagen
zu rechnen, das sollten die Betroffenen unbedingt wissen. Positiv ist, dass sich bei 63 bis 75 Prozent der behandelten Patienten durch die
medikamentöse Therapie eine deutliche Besserung ihrer Beschwerden feststellen
lässt.
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Delir
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Bei Palliativpatienten mit Delir sollte vor Beginn einer medikamentösen
Behandlung unbedingt nach einer körperlichen Ursache des Delirs gesucht werden.
In einem solchen Fall muss die Ursache entsprechend behandelt werden.
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Zudem sollte eine medikamentöse Behandlung des Delirs bei Palliativpatienten
nie isoliert erfolgen. Vielmehr sind begleitende allgemeine und spezielle
Maßnahmen erforderlich, beispielsweise gute Ernährung des Betroffenen sowie
adäquate Behandlung eventueller Störungen des Blutzucker-, Spurenelemente- und
Flüssigkeitshaushaltes.
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Als Wirkstoff zur Linderung akuter Beschwerden hat sich das Neuroleptikum
Haloperidol bewährt, beispielsweise bei akuten Erregungszuständen aufgrund von
Ängsten oder Halluzinationen. Bei Palliativpatienten ist jedoch zu
berücksichtigen, dass dieses Medikament im höheren Alter oder bei einer
Gehirnschädigung (beispielsweise bei Absiedlung von Tochtergeschwülsten im
Gehirn) zunächst sehr niedrig dosiert werden muss. Zudem sollte Haloperidol nur
bis zur Besserung der akuten Beschwerden eingesetzt werden und nicht als
Dauermedikation.
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