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Vorsorgedokumente
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Vielen Menschen ist es ein wichtiges Anliegen, für das Ende ihres Lebens und
auch für Sterben und Tod Vorsorge zu treffen. Dies ist häufig durch die
Befürchtung begründet, im Fall einer schweren Krankheit in wichtigen
Entscheidungen von anderen abhängig zu sein oder über lange Zeit bei fehlendem
Bewusstsein von Maschinen und an Schläuchen am Leben erhalten zu werden. Ein
umfassendes Vorsorgedokument erscheint vielen Menschen als eine wirkungsvolle
Maßnahme, um für den Fall einer schweren Krankheit oder des Sterbens Vorsorge zu
treffen und die Dinge im Voraus zu regeln. Weiterhin sind der Wunsch nach
Selbstbestimmung bis zum Lebensende, die Angst vor unerträglichen Leiden und die
Befürchtung, anderen zur Last zu fallen, Gründe für das Abfassen eines
Vorsorgedokuments.
Ein umfassendes Vorsorgedokument sollte folgende Elemente enthalten:
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Patientenverfügung
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Die eigentliche Voraus- beziehungsweise Patientenverfügung ist der wichtigste
Abschnitt eines Vorsorgedokuments. In der Patientenverfügung ist festgelegt,
welche therapeutischen Maßnahmen im Fall einer bestimmten Erkrankung ergriffen
oder auch nicht ergriffen werden sollen.
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Vorsorgevollmacht
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In der Vorsorgevollmacht wird einer oder werden mehrere Bevollmächtigte
ernannt, welche sich dazu bereit erklären, die vom Patienten unterschriebene
Patientenverfügung durchzusetzen. Bei dem Bevollmächtigten sollte es sich um
eine Person handeln, die dem Unterzeichner der Patientenverfügung möglichst nahe
steht und dessen Wünsche gut kennt. In dem Fall, dass eine bestimmte Situation
oder eine konkret eingetretene Krankheit nicht genau in der Patientenverfügung
genannt ist, kann der Bevollmächtigte zusammen mit den Ärzten und den anderen
Mitgliedern des palliativmedizinischen Teams dazu beitragen, den
mutmaßlichen
Willen des Patienten zu ermitteln.
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Betreuungsverfügung
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Die Betreuungsverfügung wird dann relevant, wenn für einen Patienten die
Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung erforderlich wird. In der
Betreuungsverfügung kann man vorab festlegen, welche Vertrauensperson für diesen
Fall als gesetzlicher Betreuer fungieren soll. Sinnvoll ist es zudem, eine
zweite Person anzugeben, falls die erstgenannte Vertrauensperson selbst erkrankt
oder anderweitig verhindert ist. Das Vormundschaftsgericht muss sich in der
Regel an die Betreuungsverfügung halten und die gewünschte Vertrauensperson als
gesetzlichen Betreuer einsetzen.
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Umsetzung einer Patientenverfügung in die Praxis
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Am 01. September 2009 ist das "3. Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts"
("Patientenverfügungsgesetz") in Kraft getreten, welches die Umsetzung von
Patientenverfügungen in der Praxis regelt. Darin heißt es unter anderem: "Eine
von einem einwilligungsunfähigen Patienten für den Fall des späteren Verlustes
der Einwilligungsfähigkeit errichtete schriftliche Patientenverfügung ist
verbindlich (§ 1901a Abs. 1 BGB). Sie ist bei der Entscheidung über ärztliche
Maßnahmen zu beachten, wobei es auf das Stadium der Erkrankung ausdrücklich
nicht ankommt (§ 1901a Abs. 3). Sofern für den nicht mehr einwilligungsfähigen
Patienten ein von ihm für diesen Fall Bevollmächtigter
(Vorsorgebevollmächtigter) oder ein vom Gericht hierfür bestellter Betreuer
handelt, muss dieser den Willen des Patienten gegenüber Arzt, Pflegepersonal und
Einrichtung, in der der Patient untergebracht ist, durchsetzen. Gibt es keine
schriftliche Patientenverfügung, sind die Behandlungswünsche oder der
mutmaßliche Wille des Patienten anhand konkreter Anhaltspunkte, etwa früherer
mündlicher Äußerungen, zu ermitteln (§ 1901a Abs. 2). Was der Patientenwille im
konkreten Fall ist und ob die Lebens- und Behandlungssituation derjenigen
entspricht, für die die Behandlungswünsche geäußert wurden, wird in einem
dialogischen Prozess zwischen Arzt und Vertreter des Patienten ermittelt, wobei
die Indikationsstellung durch den Arzt vorangehen muss (§ 1901b). Eine
Genehmigung des Betreuungsgerichtes (vormals: Vormundschaftsgerichtes) ist nicht
erforderlich, wenn zwischen Arzt und Bevollmächtigtem oder Betreuer Einvernehmen
über den Patientenwillen besteht (§ 1904)."
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Grundsatzurteil
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Der Bundesgerichtshof hat zudem in einem Grundsatzurteil vom 25. Juni 2010
das Selbstbestimmungsrecht des Patienten gestärkt. Er urteilte, dass (im
strafrechtlichen Sinne) eine entsprechende Einwilligung des Patienten sowohl das
Unterlassen weiterer lebenserhaltender Maßnahmen rechtfertige als auch die
aktive Beendigung oder Verhinderung einer von dem Patienten nicht oder nicht
mehr gewollten Behandlung.
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Gesetzliche Regeln der Anerkennung einer Patientenverfügung
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Eine Patientenverfügung, die vor dem Gesetz als solche anerkannt wird, muss
in jedem Fall in schriftlicher Form vorliegen; eine mündliche Äußerung ist nicht
ausreichend. Eine notarielle Beglaubigung der Patientenverfügung ist allerdings
nicht notwendig. Die Forderung nach § 126 BGB nach einem vom Patienten
eigenhändig unterschriebenen Schriftstück wird auch durch die in verschiedenen
Ausführungen erhältlichen Ankreuzformulare erfüllt; bei diesen Ankreuzformularen
kann man sich durch das Setzen von Kreuzen für oder gegen bestimmte Maßnahmen in
bestimmten Lebens- oder Krankheitssituationen entscheiden. Zudem wird eine
unterschriebene Patientenverfügung vor dem Gesetz nur dann als solche anerkannt,
wenn der Unterzeichner volljährig ist. Jugendliche Palliativpatienten können
demnach keine rechtsverbindliche Patientenverfügung verfassen beziehungsweise
unterzeichnen. Ein von einem schwer kranken Jugendlichen verfasstes Schriftstück
kann aber dennoch bedeutsam sein, um den mutmaßlichen Willen des Patienten zu
ermitteln, wenn dies erforderlich wird. |
Patientenwille
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Der Patientenwille ist immer als Maßstab für jegliches medizinische Handeln
anzusehen. Dabei wird folgende Abstufung berücksichtigt:
- aktuell vom Patienten erklärter Wille, wobei der Patient über seine
Situation und die geplanten Maßnahmen aufgeklärt wurde und voll
einwilligungsfähig ist
- vorausverfügter Wille, den ein momentan nicht einwilligungsfähiger
Patient zu einem früheren Zeitpunkt im Rahmen einer Patientenverfügung
schriftlich zum Ausdruck gebracht hat
- mutmaßlicher Wille, welchen der Arzt und die Angehörigen
beziehungsweise der Arzt und der gesetzliche Betreuer ermitteln müssen,
wobei sie sich auf frühere Wünsche, Äußerungen und Vorstellungen des
Patienten stützen
- Entscheidung zum Wohl des Patienten, welche auf dem medizinischen
Nutzen der geplanten Maßnahmen basiert und die dann gefällt wird, wenn
sich der mutmaßliche Wille des Patienten nicht ermitteln lässt
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Mutmaßlicher Patientenwille
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Bei allen Entscheidungen müssen der Arzt und der Betreuer beziehungsweise die
Angehörigen immer den mutmaßlichen Willen des Patienten zugrunde legen - und
nicht das, was nach ihrer eigenen Meinung für den Patienten das Beste wäre.
Besteht Unsicherheit oder Uneinigkeit darüber, ob eine geplante Maßnahme aus
medizinischer Sicht indiziert ist oder nicht, sollte man einen anderen Arzt um
eine zweite Meinung bitten. Idealerweise handelt es sich dabei um einen Arzt,
dem alle Beteiligten vertrauen.
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