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Kongressbericht: Deutscher Schmerzkongress 1998 |
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Kopfschmerzen |
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Kopfschmerz
durch Hormone: Die Last der Frauen |
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Frauen
leiden häufiger als Männer an Kopfschmerzen. Ein Grund dafür sind die natürlichen
Schwankungen im weiblichen Hormonhaushalt. Sie verursachen die zum Teil heftigen
Migräneattacken während der Regelblutung. Hingegen bessern sich Kopfschmerzen bei vielen
Frauen in der Schwangerschaft und oft auch nach den Wechseljahren, wie Experten auf dem
Deutschen Schmerzkongreß in Düsseldorf berichteten. |
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Die
nimmt mal wieder ihre Migräne," heißt es oft abschätzig, wenn Frauen starke
Kopfschmerzen haben. Kopfweh gilt noch immer als typisches Frauenleiden. Richtig ist, daß
Frauen häufiger als Männer über Migräne oder Spannungskopfschmerzen klagen. Ein Vorurteil ist hingegen die
Annahme, die Betroffenen seien nur wehleidiger. Denn zu den möglichen Auslösern der Pein
unter der Schädeldecke -im Fachjargon Triggerfaktoren genannt - gehört das Auf und Ab
von Geschlechtshormonen, das Frauen vor allem für Migräne anfälliger macht. Darum ist
bis zur Pubertät die Migräne bei Jungen und Mädchen gleich häufig, erst danach
verändert sich das Muster zu Ungunsten der Frauen: Sie sind dann drei mal häufiger
betroffen als Männer. Erst nach den Wechseljahren verändert sich das Muster wieder:
Frauen leiden dann ,,nur noch" doppelt so häufig wie Männer unter Migräne.
,,Ursache von hormonell bedingten Kopfschmerzen ist der Abfall des weiblichen
Geschlechtshormons Östrogen im Blut," erklärt Dr. Astrid Gendolla, Assistenzärztin
in der Kopfschmerzambulanz der Rheinischen Universitätsklinik in Essen. Ebenso gibt es
Hinweise, daß die weiblichen Geschlechtshormone auch die Verarbeitung schmerzhafter Reize
im Gehirn beeinflussen. Ebenso machen hormonell bedingte psychische Veränderungen vor der
Regelblutung Frauen gegenüber Streßfaktoren, die ebenfalls eine Migräne-Attacke
auslösen können, empfindlicher. |
Oft
besonders heftig: die menstruelle Migräne |
Etwa
14 Prozent aller Migränikerinnen leiden an einer sogenannten ,,menstruellen
Migräne". Ihre Attacken treten in den meisten Fällen kurz - etwa zwei Tage - vor
der Regelblutung auf. Bei einigen Frauen setzen die Schmerzen erst während der
Menstruation ein. Zwei Tage nach der Regelblutung ist der böse Spuk vorüber. Zumeist
handelt es sich um eine Migräne ohne Aura, also ohne vorausgehende neurologische
Ausfallserscheinungen wie Sehstörungen oder Taubheitsgefühle im Gesicht. Die
Behandlung unterscheidet sich nicht wesentlich von der einer ,,normalen" Migräne ,
erklärt Astrid Cendolla. ,,Es muß jedoch berücksichtigt werden, daß die
Migräneattacken während der Menstruation oft länger und intensiver sind." Deshalb
sollten in der Akuttherapie vor allem Schmerzmittel mit langanhaltende Wirkung, wie zum
Beispiel Ibuprofen oder Naproxen eingesetzt werden. Übelkeit und Erbrechen lassen Sich
mit Paspertin behandeln. Aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen mit einer neuen Klasse von
Migränemedikamenten, den sogenannten Triptanen,
schlugen die Kopfschmerz Experten einer der Herstellerfirmen vor, die Wirksamkeit der
Substanz Zolmitriptan bei menstrueller Migräne zu untersuchen. Darauf hin wurde eine
Studie mit mehr als 2000 Frauen, die unter einer menstruellen Migräne litten, begonnen.
Das Ergebnis: Zolmitriptan beeinflußte die Intensität der Kopfschmerzen sowie die
Begleitsymptome positiv. Dies gilt auch höchstwahrscheinlich für die anderen Triptane.
Darum werden diese Medikamente von den Experten als Mittel der ersten Wahl zur
Akuttherapie der menstruellen Migräne angesehen. Zur Prophylaxe empfiehlt die Neurologin
die Einnahme von Magnesium in höherer Dosierung (360mg pro Tag). Auch Hormonpflaster,
zwei Tage vor Beginn und während der Menstruation getragen, können ebenfalls helfen, die
Attacken zu mildem. |
Migräne
und ,,die Pille'' |
Ob
eine hormonelle Schwangerschaftsverhütung, also die ,,Pille" eine Migräne positiv
oder negativ beeinflußt ist unklar. ,,Einige wissenschaftliche Untersuchungen belegen
eine Verschlechterung der Migräne durch die Einnahme der Antibabypille, andere zeigen
eine Verbesserung," sagt Dr. Stefan Evers, Leiter der Kopfschmerzambulanz am Klinikum
der Westfälischen Universität Münster. ,,Deshalb kann man den betroffenen Frauen
momentan nur empfehlen, unter fachärztlicher Anleitung genau zu testen, welchen Einfluß
das Absetzen, bzw. die Einnahme der Pille - möglichst ein kontinuierliches
Einphasenpräparat - auf ihre Kopfschmerzen hat." Erst wenn durch weitere klinische
Untersuchungen klar ist, wie sich die verschiedenen Hormonpräparate auf Kopfschmerzen
auswirken, ,,sind allgemeingültige Aussagen möglich," meint der Neurologe. |
Migränikerinnen,
die die Pille nehmen, sollten nicht rauchen |
Jüngeren
Frauen rät Evers zur Vorsicht: Neuere Untersuchungen belegen, daß insbesondere
Migräne-Patientinnen unter 45 Jahren möglicherweise ein erhöhtes Risiko haben, eine
Thrombose oder einen Gehirnschlag zu erleiden. Bei Einnahme der Pille kann sich dieses
Risiko um das drei- bis sechsfache erhöhen. Bei Raucherinnen ist es sogar um das
Zehnfache erhöht. Evers: ,,Wenn Migränikerinnen die Pille nehmen, müssen sie darum noch
stärker als andere Frauen auf zusätzliche Riskofaktoren achten; vor allem dürfen sie
nicht rauchen." |
Kopfschmerzen
lassen in der Schwangerschaft oft nach |
Werden
Migränikerinnen erstmals schwanger, bessern sich die Beschwerden in den meisten Fällen
oder verschwinden sogar ganz. Oft kommen die Attacken aber nach der Geburt des Kindes
wieder und verschwinden dann häufig auch bei nachfolgenden Schwangerschaften nicht mehr.
Vorsicht ist geboten, wenn eine Migräne während der Schwangerschaft erstmals auftritt.
,,Das kann auf mögliche Komplikationen, wie zum Beispiel eine Präeklampsie, also
Schwangerschafts Bluthochdruck, hindeuten", erklärt Evers. Bei der Behandlung von
Kopfschmerzen während der Schwangerschaft empfiehlt Evers, zunächst alle
nicht-medikamentösen Maßnahmen auszuschöpfen. Dazu gehören beispielsweise Akupunktur,
Entspannungstechniken oder Lymphdrainage. Zur Vorbeugung von Migräneattacken sollte vor
allem Magnesium eingesetzt werden. Aber auch Metropolol, ein ß-Blocker, kann verschrieben
werden. Als Medikament der ersten Wahl zur Bekämpfung akuter Kopfschmerzen auch während
der Stillzeit gilt Paracetamol. Bei Übelkeit und Erbrechen helfen Paspertin oder
Diurenhydrat. Doch Evers warnt: ,,Eine medikamentöse Therapie von Spannungskopfschmerzen
und Migräne sollte nur sehr zurückhaltend und immer unter strikter ärztlicher Anleitung
erfolgen." |
Hormonpräparate
helfen gegen Migräne nach den Wechseljahren |
Die
weit verbreitete Annahme, daß eine Migräne in oder nach der Menopause verschwindet, ist
ebenfalls unzutreffend. Zwar bessert sich eine Migräne bei 60 Prozent der Frauen, doch
bei den übrigen bleibt sie unverändert oder wird sogar schlimmer. Andere Untersuchungen
belegen, daß vor den Wechseljahren
etwa 15 Prozent aller Frauen und nach der Menopause immerhin noch etwa neun Prozent
Migräne haben. Evers: ,,Besteht eine Migräne über die Menopause hinaus oder tritt dann
erstmals auf, sollte ein Hormonpräparat eingesetzt werden. Vor allem dann, wenn die
Attacken auf die herkömmliche Therapie nur ungenügend ansprechen und wenn keine
gynakologischen Gegenanzeigen (verbieten die Verabreichung) bestehen." Eine operative
Entfernung der Gebärmutter oder der Eierstöcke, um eine Migräne zu bekämpfen, sei
keinesfalls zu empfehlen: ,,Die Migräne ist danach eher häufiger als zuvor und
verschlechtert sich sogar bei 40 bis 60 Prozent der Frauen," so der Mediziner. |
Kontakt: |
Dr.
med. Astrid Gendolla, Rheinische Klinik Essen, Klinik für Psychotherapie, Virchowstraße
174, 45147 Essen Tel.: 0201-7227425, Fax: 0201~087661
Dr. med. Stefan Evers, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Westfälische
Wilhelms-Universität, Albert-Schweitzer-Straße 33, 48129 Münster Tel.: 0251-834~175'
Fax: 0251-8348-181 e-mail: everss@uni-muenster.de |
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