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Deutscher Schmerzkongress 2001
03. - 07. Oktober in Berlin |
Pressemitteilung Nr. 5 2. Oktober 2001 |
Auftrieb für die Schmerzforschung, Defizite in der
Patientenversorgung
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Auf dem Deutschen Schmerzkongress loben Wissenschaftler die Stärkung
der Schmerzforschung durch spezielle Forschungsverbünde. Doch ungebrochen ungenügend ist
die schmerztherapeutische Ausbildung der meisten Ärzte. Kritik üben Experten auch an der
Politik einzelner Ärztekammern.
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Forschung besser miteinander verzahnen.
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Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert seit Juli
2001 drei "Forschungsverbünde für die Schmerzforschung" zu den Themen
Kopfschmerz, Rückenschmerz und neuropathischer Schmerz. Die Netzwerke sollen nicht nur
das Wissen über die Behandlung von Schmerzen erweitern, sondern vor allem Forschung und
Versorgung besser miteinander verzahnen, damit den Patienten neue Erkenntnisse schneller
zugute kommen. "Wir freuen uns sehr, dass die Bundesregierung die Notwendigkeit
erkannt hat, die Schmerzforschung und -therapie in Deutschland zu stärken", erklärt
Professor Dr. Dr. Klaus A. Lehmann, der Präsident der Deutschen Gesellschaft zum Studium
des Schmerzes (DGSS). "Die DGSS hat schon bei der Planung der Schmerzverbünde
beratend mitgewirkt. Sie möchte nun dazu beitragen, dass die Umsetzung der hoch
gesteckten Ziele gelingt." So wäre es aus Sicht der DGSS wünschenswert, ein
Verbund-übergreifendes Methodenteam zu schaffen. Dieses Team sollte beispielsweise dafür
sorgen, dass die in den einzelnen Verbünden gewonnenen epidemiologischen Daten
vergleichbar sind und zusammengefasst werden können. So ließen sich über die speziellen
Schmerzformen hinaus Informationen über die Häufigkeit von Schmerzen in der Bevölkerung
gewinnen, was für Schmerzforschung und -therapie von Bedeutung ist. |
Ausbildung vernachlässigt chronische Schmerzen.
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In der schmerztherapeutischen Aus-, Fort- und Weiterbildung liegt in
Deutschland nach Meinung des DGSS-Präsidenten noch immer vieles im Argen. Obwohl jeder
Arzt in seiner täglichen Praxis mit akuten oder chronischen Schmerzen konfrontiert sei,
hätten die meisten der heute praktizierenden Ärzte in ihrem Studium kaum etwas darüber
erfahren, wie Schmerzen gelindert werden können. "Die meisten Ärzte haben im
Studium nie Patienten mit chronischen Schmerzen gesehen, geschweige denn praktisch
gelernt, wie man mit starken Schmerzmitteln umgeht und welche Strategien zu einer
komplexen modernen Schmerzbehandlung gehören. An diesen Verhältnissen hat sich bis heute
wenig geändert". |
Gerandel um Patienten verhindert Anerkennung durch
Landesärztekammern.
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Besonders kritisiert Lehmann das Verhalten einzelner Landesärztekammern:
Bereits im Jahr 1996 hatte der Deutsche Ärztetag die Einführung einer Zusatzbezeichnung
"Spezielle Schmerztherapie" beschlossen, um die Versorgung von Patienten mit
chronischen Schmerzen zu verbessern. Die meisten Kammern haben diesen Beschluss auch
umgesetzt. Nur die Ärztekammern in Brandenburg, Nordrhein, Hessen und Bayern sind der
Empfehlung bisher nicht gefolgt. Die Argumente seien vielfältig, berichtet Lehmann, aber
zumeist von der Überzeugung getragen, man bräuchte derartige Spezialkenntnisse nicht zu
sanktionieren. "Weil wir Ärzte sind?", fragt der DGSS-Präsident. Zumindest in
einem Kammerbereich, so Lehmann, "war man aufrichtig oder unbedacht genug, auch
verlauten zu lassen, die Kennzeichnung der Zusatzbezeichnung auf dem Praxisschild könne
anderen Kollegen Patienten abziehen, weshalb man sie gar nicht erst einführte." Der
DGSS-Präsident appelliert eindringlich an die Delegierten der nächsten
Kammerversammlungen in den betreffenden Bundesländern, ihre Argumentation gegen die
Zusatzbezeichnung "Spezielle Schmerztherapie" noch einmal zu überdenken. |
Spezielle Scherztherapeutische Ausbildung ist in den meisten
EU-Ländern "Mangelware".
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Eine Umfrage des DGSS-Präsidenten zur Lage der Aus-, Weiter- und
Fortbildung in Europa hat erschreckend deutlich gezeigt, dass Deutschland mit seinen
Defiziten nicht allein steht: eine zufriedenstellende schmerztherapeutische Ausbildung
findet praktisch nirgendwo statt. Entsprechend desolat ist auch die Versorgung von
Schmerzpatienten in den meisten EU-Ländern. Die "European Federation of IASP
Chapters" (EFIC), der Zusammenschluss der nationalen Schmerzgesellschaften in Europa,
startet derzeit eine europaweite Initiative, um das Thema Schmerz vor allem die
Versorgung von Patienten mit chronischen Schmerzen ins Bewusstsein der Öffentlichkeit
und der politischen Entscheidungsträger zu rücken. Am 9. Oktober 2001 wird im
Europäischen Parlament in Brüssel eine gemeinsame Deklaration zu chronischem Schmerz als
einer eigenständigen Krankheit übergeben. Parallel dazu finden in dieser Woche überall
in Europa Veranstaltungen zum Thema Schmerz statt. |
Internationale Zusammenarbeit fördern.
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Auch mit ihrem Partnerschaftskonzept möchte die DGSS in einem
zusammenwachsenden Europa grenzüberschreitende Kontakte ermöglichen. "In diesem
Jahr ist die tschechische Schmerzgesellschaft unser Partner beim Deutschen
Schmerzkongress", erläutert Lehmann. "Von den Tschechen können wir vielleicht
vor allem lernen, wie man mit knappsten Ressourcen überlebt und wie man in dieser
Situation versucht, eine ausreichende Schmerztherapie durchzuführen. Wir möchten in
diesem Jahr den Tschechen signalisieren, dass sie mit dazu gehören." |
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Rückfragen an:
Prof. Dr. Dr. Klaus A. Lehmann
Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Universität zu Köln
Joseph-Stelzmann-Str. 9, 50924 Köln
Tel.: 0221-478-6686,
Fax: 0221-478-6688
E-Mail: Klaus.Lehmann@uni-koeln.de
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