| |
DGSS Münster, Deutscher Schmerzkongress, 9.
Oktober 2003 |
Deutscher Schmerzkongress 2003
08. - 12. Oktober in Münster |
Deutscher Schmerzkongress, Münster, 10. Oktober 2003 |
Medikamenteninduzierter Dauerkopfschmerz ist heilbar
Dr. Astrid Eikermann
|
|
Kopfschmerzen sind eine
Volkserkrankung. Die häufigsten primären Kopfschmerzen wie Migräne und Spannungskopfschmerz sind nicht
heilbar, sondern lediglich gut zu behandeln anders der Kopfschmerz, der durch
regelmäßige Einnahme von Schmerz- und Migränemitteln ausgelöst und unterhalten wird.
Zwischen ein und zwei Prozent der Allgemeinbevölkerung sind von diesem sog. medikamenten-induzierten Kopfschmerz betroffen, in
Spezialambulanzen betrifft er ca. ein Viertel der Patienten. Eine Kombination aus
verschiedenen vorbeugenden und den Entzugskopfschmerz lindernden Medikamenten,
Entspannungsmaßnahmen und intensiver Nachsorge kann dem Leiden dauerhaft ein Ende setzen.
|
Angst und Depressionen begünstigen den Missbrauch
|
Menschen, die häufig an Migräne oder Spannungskopfschmerzen leiden,
tragen ein höheres Risiko, einen solchen Kopfschmerz zu entwickeln, wenn Sie an mehr als
der Hälfte aller Tage eines Monats Schmerzmittel egal welcher Art einnehmen. Abhängig
von den einzelnen Substanzen reichen aber auch schon niedrigere Einnahmefrequenzen aus, um
einen medikamenten-induzierten Kopfschmerz zu entwickeln. Der Zeitraum, in dem sich ein
medikamenteninduzierter Kopfschmerz entwickelt, liegt für freiverkäufliche Schmerzmittel
bei 4,7 Jahren, für Triptane bei 1,7 Jahren (Limmroth et al, Neurology 2002; 59: 1911-4).
Medikamentenmissbrauch basiert generell auf mehreren Faktoren. Aktuelle Studien belegen,
dass Migränepatienten, die einen medikamenteninduzierten Kopfschmerz entwickeln, eine
höhere Tendenz zu Angst und Depression haben (Fritsche et al, Schmerz 2000; 14: 217-25). |
Vor der Behandlung: Motivieren, Schulzuweisungen vermeiden
|
Vor der Behandlung sollte das oberste Ziel sein, unnötige
Schuldzuweisungen zu vermeiden und dem Betroffenen zu vermitteln, dass diese Erkrankung
gut zu behandeln ist. Nach ausreichender Motivation des Patienten muss die Entscheidung
fallen, ob die Behandlung stationär oder ambulant durchgeführt werden soll. Für eine
stationäre Behandlung sprechen gute Gründe: Der Patient ist vom Alltag entlastet, was
vor allem in den ersten Tagen des Entzuges hilfreich sein kann, an denen es regelmäßig
zu einer Verstärkung des Schmerzes und der Begleitsymptome wie Blutdruckschwankungen und
Übelkeit mit Erbrechen kommt. Menschen, die schon mehrfach vergeblich selbst entzogen
haben, die Angst vor dem Entzug haben, an Begleiterkrankungen wie z.B. einer Depression
leiden, andere Substanzen (Beruhigungsmittel etc.) missbrauchen oder ungünstige
familiäre Begleitumstände haben, sind stationär besser aufgehoben. |
Entzugskopfschmerz lindern
|
Der Entzugskopfschmerz, der sich nach dem abrupten Absetzen entwickelt,
wird mit Infusionen, z.B. Aspisol, flüssigem Aspirin, behandelt. Eine vom BMBF
geförderte Studie untersucht den Effekt von Cortison in der Behandlung von
Entzugskopfschmerzen. Sinnvoll ist es, bereits im Vorfeld der Behandlung eine
medikamentöse Vorbeugung zu etablieren: Je nach primärem Kopfschmerz eine
migräneprophylaktische Therapie (z.B. durch Betablocker) oder bei zugrundeliegendem
Spannungskopfschmerz eine Behandlung mit einem schmerzdistanzierenden Medikament, das die
Schmerzschwelle anhebt, z. B. Amitriptylin. Unterstützt werden sollte der Patient durch
nicht medikamentöse Maßnahmen wie Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson oder
Stressbewältigungsstrategien. |
Nachsorge ist besonders im ersten Jahr wichtig
|
Aktuelle Studien belegen, dass die Rückfallquote im ersten Jahr bei 40
Prozent liegt (Fritsche, Expert Opin Drug Saf 2002; 1: 331-8). Dies ist also die Zeit, in
der Patienten der intensivsten Nachsorge bedürfen. Mögliche Strategien sind dabei Sport,
Entspannungstraining, Tagebuch führen. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass der
Patient die Medikamente nicht mehr als achtmal im Monat einnimmt. |
Ansprechpartner
|
Dr. Astrid Eikermann, Oberärztin der Kopfschmerzambulanz,
Universitätsklinik Essen, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Tel. 0201/7233268,
E-mail: astrid.eikermann@uni-essen.de
|
| |
|